Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550348/11/Wim/Be

Linz, 14.08.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag der Z GmbH, A, vertreten durch H, I & Partner Rechtsanwälte GmbH, M, W, vom 29.6.2007 auf Nachprüfung der Ausscheidensentscheidung im Vergabeverfahren der Stadtgemeinde Marchtrenk betreffend das Vorhaben "Wasserversorgungsanlage Stadtgemeinde Marchtrenk, BA 06", nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 7.8.2007 zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird Folge gegeben und die Ausscheidensentscheidung, der Antragstellerin bekannt gegeben mit Schreiben vom 20.6.2005, für nichtig erklärt.

 

Die Stadtgemeinde Marchtrenk wird verpflichtet der Antragstellerin die im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren entrichteten Gebühren in der Höhe von 3.750,00 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu Handen ihrer rechtsfreundlichen Vertretung zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 7 und 23 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006 iVm. mit §§ 231, 248  und 269 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 29.6.2007 hat die Z GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungs­verfahrens sowie einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung (richtig wohl: Ausscheidensentscheidung) sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 3.750  Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich gegenständlich um ein offenes Verfahren gemäß § 25 Abs.2 BVergG 2006, nämlich um Erd-, Baumeister-, Rohrliefer- und Rohrverlegearbeiten im Rahmen des Bauvorhabens Wasserversorgungsanlage Stadtgemeinde Marchtrenk, Bauabschnitt 06, im Unterschwellenbereich handle und der Zuschlag nach dem Billigstbieterprinzip erfolgen solle. Angebote seien bis zum 14.5.2007 bei der Auftraggeberin einzubringen gewesen. Die Antragstellerin habe fristgerecht ein Angebot gelegt. Die Verlesung der abgegebenen Angebote habe ergeben, dass das Angebot der Antragstellerin die niedrigste Angebotssumme, und zwar 1.576.486,00 Euro, aufgewiesen habe.

 

Von der Auftraggeberin wurde eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt und wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.5.2007 aufgefordert, K7-Blätter bzw Erklärungen über die Zusammensetzung einzelner Positionen, die einen sehr niedrigen bzw sehr hohen Einheitspreis aufweisen, zu übermitteln. Dieser Aufforderung sei fristgerecht nachgekommen worden.

 

Mit Schreiben vom 20.6.2007, der Antragstellerin zugegangen am 22.6.2007, habe die ausschreibende Stelle mitgeteilt, dass bei der wesentlichen Position Pos. 21 06 02 Z1 "RDS Rohrdurchf. DA25 bis 63 gesamt" nicht die entsprechend der Ausschreibung geforderte RDS Rohrdurchführung angeboten worden sei und daher das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden sei. Eine nähere Begründung für die Ausscheidung sei nicht bekannt gegeben worden; so sei nicht angeführt worden, wodurch die Antragstellerin gegen wesentliche Positionen der Ausschreibung verstoßen hätte. Die Antragstellerin habe mit Schriftsatz vom 22.6.2007 hiezu Stellung genommen und erläutert, dass die angebotene RDS-Rohrdurchführung sehr wohl der Ausschreibung entspreche und verwies gleichzeitig auf das vorgelegte K7-Blatt und einen Prospekt des Unternehmens P.

 

Zur behaupteten Rechtswidrigkeit führte die Antragstellerin aus, dass die Auftraggeberin die Ausführung von Erd-, Baumeister-, Rohrliefer- und Rohrverlegearbeiten zur Herstellung von näher bezeichneten Wasserrohrleitungen sowie von Wasserhausanschlüssen in der Stadtgemeinde Marchtrenk ausgeschrieben habe, wobei die Einzelheiten des Bauvorhabens im Leistungsverzeichnis und im Angebotsschreiben enthalten seien.

Im Leistungsverzeichnis sei unter der Unterleistungsgruppe 21 06 "Rohrdurchführungen gesamt" die Grundposition 21 06 02 "RDS-Rohrdurchführungen liefern und montieren" angeführt. Darin seien die Anforderungen mit "komplett für 3/4 – DN 80, bestehend aus Lamellenrohr, Dichteinsatz, Länge nach der jeweiligen Mauerstärke mit Dichtungslamellen und aufgerauter Oberfläche, zur Herstellung einer Dichtheit von 1,5 bar gegenüber drückendem Wasser mit spannbarem Dichteinsatz zur dichten Durchführung von PE-Druckrohren der Fa. P oder gleichwertiger Art ... Geeignet zum bündigen Einbau in Schalung und zum nachträglichen Einbau in Beton- und Mauerdurchführungen als dichte Rohrdurchführung durch Wände und Decken" präzisiert worden. Unter der Pos. 21 06 02 Z1 sei diese Anforderung weiters präzisiert worden, mit "RDS-Rohrdurchführung DA 25 bis 63 gesamt Zentrierstopfen bis 3". Nähere Angaben hätten sich nicht gefunden.

Über Aufforderung habe die Antragstellerin auch ein K7-Blatt zur näheren Erläuterung der Pos. 21 06 02 Z1 vorgelegt und darin "RDS-Rohrdurchführung Dichteinsatz aufklappbar" angeführt.

Die Antragstellerin habe damit auf die am Markt verfügbaren Modelle des Unternehmens P Bezug genommen und habe damit nachgewiesen, dass sie ein den gegenständlichen Anforderungen im Leistungsverzeichnis entsprechendes Angebot gelegt habe, da die von ihr angebotene Rohrdurchführung den Vorgaben der Auftraggeberin entsprochen habe. Die Angabe "Dichteinsatz aufklappbar" entspreche der Angabe im Lieferprogramm der Fa. P, wo von "Dichtelement aufklappbar" die Rede sei. Die angebotene Rohrdurchführung entspreche daher jedenfalls der Ausschreibung.

 

Damit liege aber kein Grund für das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin vor. Insbesondere enthalte das Angebot keine den Ausschreibungsbestimmungen widersprechenden Angaben oder sei sonst fehlerhaft. Die Auftraggeberin könne bezeichnender Weise auch nicht anführen, in welchem Punkt das Angebot von der Ausschreibungsunterlage abweichen würde. Eine Auseinandersetzung mit dem Angebot der Antragstellerin habe die Auftraggeberin unterlassen. 

 

Da kein Anhaltspunkt dafür erkennbar sei, weshalb das Angebot der Antragstellerin nicht der Ausschreibung entsprechen sollte, sei die angefochtene Ausscheidensentscheidung daher rechtswidrig. In dem die Auftraggeberin es unterlassen habe, die Anforderungen an die Rohrdurchführung im Leistungsverzeichnis näher zu präzisieren, als sie es dort getan hat, habe sie es den Bietern überlassen, Rohrdurchführungen, die diesen Anforderungen entsprechen, anzubieten. Rohrdurchführungen hätten nur die in der Ausschreibung angeführten Eigenschaften aufzuweisen oder gleichwertig zu sein. Die Festlegung auf eine ganz bestimmte Produktionstype oder Marke wäre unzulässig. Die Verwendung anderer Worte (Dichteinsatz statt Dichtelement) ergebe keinen sachlichen Unterschied, weshalb ein Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin darauf nicht gegründet werden könne. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung des Angebots der Antragstellerin hätte die Auftraggeberin die Ausscheidensentscheidung daher nicht aussprechen dürfen.

 

Die Antragstellerin erachte sich im Übrigen in ihrem Recht auf Durchführung eines gesetzeskonformen Vergabeverfahrens und auf Bewertung ihres Angebots entsprechend der Ausschreibungsunterlage sowie in ihrem Recht auf Berücksichtigung ihres Angebots bei der Zuschlagsentscheidung als bestes Angebot und ihrem Recht auf Erteilung des Zuschlages verletzt.

 

Weiters hätte die Antragstellerin ihr Interesse an der Teilnahme am Vergabeverfahren und damit am Abschluss eines Vertrages mit der Auftraggeberin durch fristgerechte Einreichung des Angebots und den vorliegenden Antrag nachgewiesen. Zudem sei sie befähigt und habe sie die Möglichkeit, den Bauauftrag auszuführen und habe sie auch ein erhebliches wirtschaftliches Interesse, den Auftrag über die Durchführung der Bauleistungen zu erhalten.

 

Der gegenständliche Bauauftrag stelle für die Antragstellerin ein Referenzprojekt dar und drohe bei Nichterlangung des Auftrages ein erheblicher Imageverlust. Zudem sei die Durchführung des Auftrages auch von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Den drohenden Schaden bezifferte die Antragstellerin mit mindestens 6.935 Euro für Kalkulationsaufwand, Stillliegezeiten der Gerätschaften einer Leitungsbaupartie unter der Annahme, dass es sechs Wochen dauern werde, einen entsprechenden Ersatzauftrag zu erlangen.

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat die Stadtgemeinde Marchtrenk als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. In einer mit Schreiben vom 5.7.2007 vorgelegten Stellungnahme wird zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, dass die Antragstellerin mit Schreiben vom 16.5.2007 von der ausschreibenden Stelle davon informiert wurde, dass ihr Angebot einer vertieften Angebotsprüfung unterzogen werde. Mit diesem Schreiben sei die Antragstellerin auch aufgefordert worden bis längstens 29.5.2007 zum Einen Unterlagen bezüglich des Eignungsnachweises beizubringen und zum Anderen hinsichtlich einzelner im Schreiben vom 16.5.2007 explizit angeführter Positionen, darunter auch die gegenständliche Position 21 06 02 Z1, eine Erklärung über die Zusammensetzung der Einheitspreise abzugeben sowie K7 Blätter mit detaillierter nachprüfbarer Preisgliederung der Einheitspreise vorzulegen.

Dieser Aufforderung sei die Antragstellerin mit Schreiben vom 29.5.2007 lediglich teilweise nachgekommen, weshalb die Antragstellerin von der ausschreibenden Stelle mit Schreiben vom 1.6.2007 aufgefordert wurde die noch ausständigen Unterlagen bis längstens 11.6.2007 nachzureichen, andernfalls das Angebot der Antragstellerin ausgeschieden werden müsse. Dieser Aufforderung sei die Antragstellerin mit ihren Schreiben vom 6.6., 11.6. sowie 14.6.2007 nachgekommen, wobei mit letzterem Schreiben die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Sozialversicherungsträgers des Subunternehmers Sanitärtechnik nachgereicht worden sei. Mit Schreiben vom 20.6.2007 – am 22.6.2007 per Telefax an die Antragstellerin übermittelt - sei dieser mitgeteilt worden, dass ihr Angebot gemäß § 269 Abs.1 Z.5 BVergG 2006 auszuscheiden sei.

 

Die Auftraggeberin habe bei der Ausschreibung ein bestimmtes Rohrdurch­führungssystem (RDS) verlangt. Bei diesem System werde zunächst ein Rohr mit an der Außenseite befindlichen Lamellen (Lamellenrohr) durch den Mauerdurchbruch geführt und sodann der sich zwischen dem Mauerdurchbruch und dem Lamellenrohr befindlichen Raum abgedichtet. In weiterer Folge werde innerhalb des Lamellenrohres das wasserführende Rohr verlegt und der sich zwischen diesen Rohren befindliche Raum mit einem Dichtungselement, welches einen zwiebelschaligen Aufbau aufweise, abgedichtet.

Hinsichtlich dieses Systems sei in der Position 21 06 02 des gegenständlichen Leistungsverzeichnisses als Leitfabrikat das System der Firma P mit dem Zusatz oder gleichwertig angegeben worden. Aus den von der Antragstellerin vorgelegten K7 Blättern ergebe sich hinsichtlich der Position 21 06 02 Z1, dass sie ein Produkt zu verwenden beabsichtige, welches aus EPDM-Gliedern samt Edelstahlschrauben bestehe. Da das Leitfabrikat der Firma P ein Dichtungselement mit einem zwiebelschaligen Aufbau aufweise und die Antragstellerin hinsichtlich dieses Dichtungselementes ein aus mehreren Gliedern bestehendes Kettensystem angeboten habe unterscheide sich das Angebote vom ausgeschriebenen System, weshalb das Angebot als ein von den Ausschreibungsbedingungen abweichendes Angebot zu qualifizieren gewesen sei und daher gemäß § 269 Abs.1 Z.5 BVergG auszuscheiden gewesen sei.

 

Weiters stelle das Angebot der Antragstellerin ein Abänderungsangebot gemäß § 2 Z.1 BVergG 2006 bzw. ein Alternativangebot gemäß § 2 Z.2 BVergG 2006 dar, das auch aus diesem Grund gemäß § 269 Abs.1 Z.5 BVergG 2006 auszuscheiden war, da in den Ausschreibungsbedingungen weder Abänderungs- noch Alternativangebote zugelassen worden seien.

 

Sollte die Antragstellerin tatsächlich das angeführte Leitprodukt der Firma P angeboten haben so wäre das Angebot dennoch gemäß § 269 Abs.1 Z.3 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen, da die Antragstellerin die Position 21 06 01 Z1 mit einem Einheitspreis von Netto 9,05 Euro pro Stück angeboten habe, der Nettolistenpreis für die unter dieser Position ausgeschriebene Type der Firma P jedoch 104,64 Euro pro Stück betrage. Selbst bei Berücksichtigung eines Rabattes von bis zu 30 % ergebe sich immer noch ein Materialpreis von ca. Netto 60,00 Euro pro Stück. Daraus ergebe sich, dass der Materialpreis des Angebotes der Antragstellerin ca. 600 % unter dem marktüblichen Einheitspreis liege, sodass entweder eine wettbewerbsbeeinträchtigende, spekulative Preisgestaltung vorliege oder dem Angebot nicht das Leitprodukt der Firma P zu Grund liege.

 

Schließlich sei das Angebot der Antragstellerin auch noch gemäß § 269 Abs.3 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen, da die geforderte Unbedenklichkeits­bescheinigung der Sozialversicherung erst drei Tage nach Ablauf der gesetzten Nachfrist vorgelegt worden sei.

Der Tatbestand des § 269 Abs.3 BVergG 2006 sei auch insofern verwirklicht, als von der Antragstellerin lediglich Seminarbestätigungen hinsichtlich der Eignungsprüfung für Kunststoffschweißer von Mitarbeitern vorgelegt wurden jedoch nicht die geforderte Prüfung über den gelernten Stoff damit bestätigt worden wäre.

 

Die Auftraggeberin hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung noch vorgebracht, dass die Nachreichung dieser Unbedenklichkeitsbescheinigung explizit nach der gesetzten Nachfrist erfolgt sei und es dem Auftraggeber obliege hier entsprechenden in einem solchen Fall Ausscheidungen vorzunehmen.

 

Aus dem Angebotspreis sei für die Auftraggeberin nicht ersichtlich, dass es sich um ein RDS-System handle und nicht um ein einzelnes Dichtelement.

 

2.2. Zu dieser Stellungnahme replizierte die Antragstellerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 7.8.2007 und brachte zusammengefasst im Wesentlichen vor:

 

Zum Vorwurf der verspäteten Nachreichung der Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialversicherung sei die Beantragung dieser Unbedenklichkeitsbescheinigung rechtzeitig erfolgt. Die Verzögerung sei im Bereich der Sozialversicherung gelegen und sie wurde sobald diese Bescheinigung vorgelegt wurde auch nachgereicht. Es handle sich daher dabei um einen behebbaren Mangel der auch vor dem Fassen der Ausscheidensentscheidung tatsächlich behoben wurde. Es sei tatsächlich das im Angebot geforderte RDS Rohrdurchführungssystem angeboten worden. Hiezu könne auf die Ausführungen im K7 Blatt zur Position 21 06 02 Z2 und die dortige Formulierung "RDS-Rohrdurchführung, Dichteinsatz aufklappbar oder EPDM-Glieder ..." verwiesen werden. Auch die von der Auftraggeberin vorgelegte Beilage betreffend die Dichtheitsbestätigung der MA 39 beziehe sich genau auf dieses Rohrdurchführungssystem. Auch daraus sei zu ersehen, dass die Auftraggeberin gerade dieses System auch in der Ausschreibung gewünscht habe.

 

Hinsichtlich der vorgeworfenen spekulativen Preisbildung wurde von der Antragstellerin vorgebracht, dass sie ein Angebot eines Lieferanten für die Rohre mit Zentrierstopfen eingeholt habe. Dieses Angebot sei Grundlage der angebotenen Preise gewesen. Im Zuge der K7 Blatterstellung sei auch angegeben worden, dass auch das RDS-Rohrdurchführungssystem um den selben Preis geliefert werden könne. Dies deshalb weil das dafür notwendige Dichtelement noch in größeren Mengen von einer anderen Baustelle vorhanden sei.

 

Zu den behaupteten fehlenden Kunststoffschweißerprüfungen sei mit Schreiben vom 11.6.2007 ein Zertifikat Rohrverleger-Gas des Ö vorgelegt worden mit einer Unterschrift eines Prüfers in der bestätigt werde, dass hier eine Rohrverlegerprüfung abgelegt worden sei von Herrn G A. Nach der Website des Ö seien die Voraussetzungen für die Prüfung Wasser mit jener für Gas gleichzusetzen. Überdies sei die Vorlage eines derartigen Prüfungszertifikates in den Aus­schreibungs­­unterlagen nicht gefordert worden und könne somit auch nicht verlangt werden.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in die Vergabeunterlagen sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 7.8.2007 bei der die Sachlage ausführlich erörtert wurde und ein Amtssachverständiger für Wasserbautechnik aus dem Bereich Wasserversorgung beigezogen wurde sowie auch die mit der Ausschreibung bzw. dem Angebot konkrete befassten Personen der Antragstellerin und der Auftraggeberin als Auskunftspersonen befragt wurden.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus:

 

Die Auftraggeberin schieb Erd-, Baumeister-, Rohrliefer- und Rohrverlegearbeiten im Rahmen des Bauvorhabens Wasserversorgungsanlage Stadtgemeinde Marchtrenk Bauabschnitt 06 im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich als Sektorenauftraggeberin aus. Der Zuschlag soll nach dem Billigstbieterprinzip erfolgen. Abänderungs- und Alternativangebote wurden explizit nicht zugelassen.

 

Die Angebotsunterlagen und auch die Bekanntmachung enthalten keine expliziten Bestimmungen über Eignungsnachweise und deren Vorlage.

 

Die Beschreibungen der maßgeblichen Leistungspositionen lauten:

 

21 05 PE-Wasserleitungsrohre gesamt

21 05 04 PE-Kabelschutzrohr gesamt. Hausanschlussschutzrohr 4 m Stangen inkl. Steckmuffen, Bögen, Übergänge auf andere Schutzrohr und diverses Abdichtungsmaterial

21 05 04 Z1 PE-Kabelschutzrohr DN/OD 90 (1700 m)

21 05 04 Z2 PE-Kabelschutz DN/OD 110 (100 m).

21 06 Rohrdurchführungen gesamt

21 06 01 Gummistopfen gesamt zum Verschließen zwischen Schutzrohr und An­schluss­leitungen bei Hausanschlüssen

21 06 01 Z1 Gummistopfen DN 80 gesamt (260 Stück)

21 06 01 Z2 Gummistopfen DN 100 gesamt (20 Stück)

21 06 02 RDS-Rohrdurchführungen liefern und mont., komplett für 3/4 Zoll - DN 80, bestehenden aus Lamellenrohr, Dichteinsatz, Länge nach der jeweiligen Mauerstärke, mit Dichtungslamellen und aufgerauter Oberfläche, zur Herstellung einer Wasserdichtheit von 1,5 Bar gegenüber drückendem Wasser mit spannbarem Dichteinsatz zur dichten Durchführung von PE Druckrohren der Firma P oder gleichwertiger Art ................

Geignet zum bündigen Einbau in Schalung und zum nachträglichen Einbau in Beton- und Mauerdurchführungen als dichte Rohrd­urchführung durch Wände und Decken.

21 06 02 Z1 RDS-Rohrdurchf. DA 25 bis 63 gesamt, Zentrierstopfen bis 3 Zoll (260 Stück)

21 06 02 Z2 RDS-Rohrduchf. DA 63 bis 125 gesamt, Zentrierstopfen bis 4 Zoll (20 Stück)

Dieser Zentrierstopfen wird in Spezialanfertigung nur für die ausschreibende Stelle L GmbH von der Firma P hergestellt und von dort so bezeichnet und hat einen Nettopreis von 32,00 Euro.

Die Antragstellerin hat sich an dieser Ausschreibung beteiligt und fristgerecht ein Angebot abgegeben, welches von der preislichen Reihung an erster Stelle lag.

 

Im Zuge einer vertieften Angebotsprüfung wurde die Antragstellerin von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 16.5.2007 aufgefordert bis längstens 29.5.2007 zum Einen Eignungsnachweise für die Antragstellerin und ihre Subunternehmer für die Wasserleitungs- und Installationsarbeiten nachzureichen, darunter Unbedenklichkeitsbescheinigungen von Finanzamt und Sozialversicherungsträgern und zum Anderen Angaben über die Preiszusammensetzung der wesentlichen Positionen, darunter auch die Position 21 06 02 Z1 in Form einer Erklärung über die Zusammensetzung der Einheitspreise abzugeben und K7 Blätter mit detaillierter nachprüfbarer Preisgliederung der Einheitspreise vorzulegen.

 

Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 29.5.2007 gewisse Eignungsnachweise vorgelegt und mitgeteilt, dass aufgrund der erst vor einigen Werktagen erhaltenen Aufforderung der Nachweisvorlage es ihr nicht gelungen sei die Bestätigungen für den Subunternehmer Sanitärtechnik fristgerecht einzuholen. Es wurde um Verständnis ersucht für die kleine Verzögerung und angekündigt, dass die Nachreichung bis spätestens Ende KW 22/2007 erfolgen würde.

Weiters wurden die K7 Blätter vorgelegt.

Überdies wurden Seminarbestätigungen der Firma P für insgesamt 5 Mitarbeiter der Antragstellerin vom 16. März 2004 vorgelegt zum Schulungsinhalt Kunststofftechnik-Werkstoffkunde, Schweißtechnik-Schweißverfahren: Elektro­muffen­­schweißung des ELGEF-Plus Systems in Theorie und Praxis.

 

Im entsprechenden K7 Formblatt wurde von der Antragstellerin zur Position 21 06 02 Z1 handschriftlich angeführt:

"RDS-Rohrdurchführung, Dichteinsatz aufklappbar oder EPDM-Glieder mit Edelstrahlschrauben – 5,00 Euro +  20 % Zuschlag – 1,00 Euro; Montage: 38,15 x 0,08 – 3,05 Euro; Gesamt 9,05 Euro.

 

Weiters wurde von der Antragstellerin eine Referenzliste vorgelegt in der die Gemeinden Hinterstoder, Zelking-Matzleinsdorf, Sonntagberg, Oed-Öhling, Emmersdorf an der Donau, Biberbach und Kirchberg am Wagram angeführt sind.

Für die Gemeinde Kirchberg am Wagram wird als Baujahr 05 bis 06 angegeben.

 

Mit Schreiben vom 1.6.2007 hat die Auftraggeberin die Antragstellerin davon informiert, dass die von ihr nachgereichten Unterlagen noch unvollständig sind. Gleichzeitig setzte sie eine Nachfrist bis 11.6.2007, die fehlenden Unterlagen zu übermitteln. Weiters wurde mitgeteilt, falls diese Frist nicht eingehalten wird, würde sich die Auftraggeberin gezwungen sehen das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden.

 

Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schreiben vom 6.6.2007 mit dem Betreff "2. Aufklärungsschreiben" mitgeteilt, dass nunmehr die ausständigen Nachweise übermittelt würden.

Mit Schreiben vom 11.6.2007 und dem Betreff "3. Aufklärungsschreiben" hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass im zweiten Aufklärungsschreiben vom 6.6.2007 irrtümlich die dritte Beilage als Unbedenklichkeitsbescheinigung des Sozialversicherungsträgers bezeichnet worden sei. Sollte nunmehr diese Bestätigung des Sozialversicherungsträgers vorliegen (wahrscheinlich am 13.6.2007, da nach telefonischer Auskunft bei der WGKK nur eine Übermittlung per Post möglich sei (werde diese umgehend weitergeleitet). Dafür dass die Verzögerung nachweislich bei der WGKK liege, wurde in der Anlage ein Antragsmail des Steuerberaters des Subunternehmers A vom 30.5.2007, Absendezeit 9.44 Uhr übermittelt.

In diesem Schreiben wurde unter anderem auch ein Zertifikat Kunststoffrohrleger-Gas des Ö vom 28. Dezember 2004 vorgelegt in dem bescheinigt wird, dass Herr G A die Rohrlegerprüfung abgelegt hat und der entsprechende Kunststoffrohrlegerausweis bis Ende Dezember 2007 gültig sei.

 

Mit Faxschreiben vom 14.6.2007 mit dem Betreff "4. Aufklärungsschreiben" wurde schließlich die Unbedenklichkeitsbescheinigung des Sozialversicherungsträgers des Subunternehmers Sanitärtechnik (A) vorgelegt.

 

Mit Schreiben vom 20.6.2007 wurde der Antragstellerin das Ausscheiden ihres Angebotes entsprechend BVergG § 269 Abs.1 Z.5 mitgeteilt, da festgestellt worden sei, dass bei der wesentlichen Position 21 06 02 Z1 "RDS-Rohrduchf. DA 25 bis 63 gesamt" nicht die entsprechend der Ausschreibung geforderte RDS-Rohrdurchführung angeboten wurde.

 

Im Angebotsprüfungsprotokoll wurde dazu von der Auftraggeberin als Begründung angeführt:

Es wurde ein komplettes Rohrdurchführungssystem und nicht einfach nur ein Dichtelement ausgeschrieben. Aus Gründen der Kompatibilität und der Schnittstellenminimierung ist es wesentlich Produkte nicht zu mischen. Ausgeschrieben wurde ein Dimensionsbereich von 3/4 Zoll bis DN 80 für das Dichtelement. Dies erfordert zwingend einen zwiebelschaligen Aufbau des Dichtelementes was eine Kettengliederdichtung nicht bieten kann. Der Nettopreis für die unter Position 21 06 02 Z1 ausgeschriebene Type der Firma P beträgt 104,65 Euro pro Stück. Unter Berücksichtigung üblicher Rabattsätze von ca. 30 % ergibt sich ein angemessener Materialpreis von ca. 60 Euro pro Stück. Die oben angeführte Position wurde von der Z GmbH mit einem Einheitspreis für Liefern und Montieren (gesamt) mit 9,05 Euro pro Stück ausgepreist. Aufgrund der angeführten Textierung im Kalkulationsformblatt K7 und aufgrund der Preisdifferenz zwischen einem angemessen Materialpreis und dem angebotenen Einheitspreis werde der Schluss gezogen, dass die angebotene nicht der ausgeschriebenen Position entspricht. Da keine Alternativangebote zugelassen sind, wurde das Angebot ausgeschieden.

 

Die Auftraggeberin wollte die entsprechende Hauszuleitung und speziell die Rohrdurchführung zum Gebäude in der Form ausgeführt haben, dass von der Anschlussleitung die abzweigende Hauszuleitung in einem Kabelschutzrohr verlegt wird und dieses Kabelschutzrohr in die Rohrdurchführung flüssigkeitsdicht eingebunden wird sowie das innenliegende Mediumrohr flüssigkeitsdicht gegenüber dem Lamellenrohr der Rohrdurchführung mittels eines spannbaren Dichtelementes abgedichtet wird.

 

Die Antragstellerin ist bei der Abgabe ihres Angebotes grundsätzlich nicht von einer solchen wasserdichten Einbindung des Schutzrohres in die Rohrdurchführung ausgegangen.

Sie hat vorweg ein Angebot der Fa. P eingeholt in dem die Position 21 06 02 Z1 mit netto 5,96 Euro angeboten wurde.

 

3.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den Ausschreibungsunterlagen sowie aus den Aussagen der befragten Auskunftspersonen und des Amtssachverständigen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Er wurde im Rahmen der gemachten Feststellungen auch nicht bestritten. Insbesondere wurde auch nicht von der jeweiligen Gegenpartei die jeweilig beabsichtigte Art der Einbindung des Kabelschutzrohres in Zweifel gezogen, insofern als dies von der jeweils anderen Partei so verstanden worden ist, wenngleich auch nicht unbedingt schriftlich so festgehalten wurde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. VergRSG regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Die Stadtgemeinde Marchtrenk ist öffentlicher Auftraggeber iSd Art. 14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG. 

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären wenn

1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung von den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. ihr nach § 5 Abs.1 Z.1 geltend gemachten Recht verletzt und

2. diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung kommt als Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen insbesondere auch die Streichung von diskriminierenden Anforderungen hinsichtlich technischer Leistungsmerkmale sowie hinsichtlich der wirtschaftlichen oder finanziellen Leistungsfähigkeit in den Ausschreibungs­unterlagen oder in jedem sonstigen Dokument des Vergabeverfahrens in Betracht.

 

Gemäß § 231 Abs.1 BVergG 2006 können Sektorenauftraggeber von Unternehmern die an einem Vergabeverfahren teilnehmen, Nachweise darüber verlangen, dass ihre

1. berufliche Befugnis,

2. berufliche Zuverlässigkeit,

3. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie

4. technische Leistungsfähigkeit gegeben ist.

 

Gemäß Abs.2 sind die vom Unternehmer geforderten Nachweise vom Sektorenauftraggeber festzulegen. Nachweise dürfen vom Unternehmer nur so weit verlangt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages gerechtfertigt ist. Dabei hat der Sektorenauftraggeber die berechtigten Interessen des Unternehmers am Schutz seiner technischen und handelsbezogenen Betriebsgeheimnisse zu berücksichtigen.

 

Gemäß Abs.3 kann der Sektorenauftraggeber den Unternehmer auffordern erforderliche Nachweise binnen einer angemessenen Frist vorzulegen bzw. vorgelegte Bescheinigungen binnen einer angemessenen Frist zu vervollständigen oder zu erläutern. Nachweise können auch in Kopie oder elektronisch vorgelegt werden.

 

Gemäß § 248 Abs.6 BVergG 2006 sind in den Ausschreibungsunterlagen die als erforderlich erachteten oder die auf Aufforderung durch den Sektorenauftraggeber nachzureichenden Nachweise gemäß § 231 aufzunehmen, soweit sie nicht bereits im Aufruf zum Wettbewerb angeführt waren.

 

Gemäß Abs.10 gelten für die Leistungsbeschreibung von Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich die §§ 245 bis 247. Gemäß § 246 Abs.1 BVergG 2006 sind die Leistungen bei einer konstruktiven Leistungsbeschreibung so eindeutig, vollständig und neutral zu beschreiben, dass die Vergleichbarkeit der Angebote gewährleistet ist. Eine konstruktive Leistungsbeschreibung hat technische Spezifikationen zu enthalten und ist erforderlichenfalls durch Pläne, Zeichnungen, Modelle, Proben, Muster und dergleichen zu ergänzen.

 

§ 269 BVergG 2006 lautet:

(1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Sektoren­auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung im Oberschwellenbereich folgende Angebote auszuscheiden:

1. Angebote von Bietern, die von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 188 Abs.5 oder – sofern der Sektorenauftraggeber dies so vorgesehen hat – gemäß § 229 Abs.1 auszuschließen sind;

2. Angebote von Bietern, deren Befugnis, finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit oder Zuverlässigkeit nicht gegeben ist;

3. Angebote, die eine – durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen;

4. verspätet eingelangte Angebote;

5. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind;

6. Angebote von Bietern, die mit anderen Unternehmern für die Sektorenauftraggeber nachteilige, gegen die guten Sitten oder gegen den Grundsatz des Wettbewerbs verstoßende Abreden getroffen haben;

7. Angebote von Bietern, bei welchen dem Sektorenauftraggeber im Zeitpunkt der Zuschlagsentscheidung bzw. des Ablaufes der gemäß § 260 Abs.3 gesetzten Nachfrist kein Bescheid über die Erteilung der Anerkennung bzw. den Ausspruch der Gleichhaltung gemäß den §§ 373c, 373d und 373e GewO 1994 oder keine Bestätigung gemäß der EWR-Architektenverordnung oder der EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung vorliegt.

(2) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der Sektorenauftraggeber im Unterschwellenbereich Angebote von Bietern gemäß den in Abs.1 genannten Gründen ausscheiden.

(3) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung kann der Sektorenauftraggeber Angebote von Bietern ausscheiden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangte Aufklärung zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt.

(4) Der Sektorenauftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes nachweislich elektronisch oder mittels Telefax zu verständigen.

 

4.2. Im Ausscheidungsschreiben hat die Auftraggeberin als offiziellen Ausscheidensgrund ein nicht ausschreibungskonformes Angebot gemäß § 269 Abs.1 Z.5 BVergG 2006 angeführt und diesen Widerspruch in der angebotenen Position  21 06 02 Z1 geortet.

Der zentrale Widerspruch und Auffassungsunterschied über den Inhalt der Ausschreibung besteht in der Funktion des Zentrierstopfens bis 3 Zoll in der Position 21 06 02 Z1 bzw. bis 4 Zoll in der Position 21 06 02 Z2. Die Auftraggeberin versteht darin das Abdichtungselement zwischen Schutzrohr und Lamellenrohr während die Antragstellerin hier das Abdichtungselement zwischen Mediumrohr und Lamellenrohr meint. Dieser Zentrierstopfen wird in Spezialanfertigung nur für die ausschreibende Stelle L GmbH von der Firma P hergestellt und von dort so bezeichnet.

Die erläuternden Bemerkungen zu § 246 iVm. § 96 BVergG 2006 stellen klar, dass es Zweck einer detaillierten Leistungsbeschreibung ist, die aufgrund der Ausschreibung einlangenden Angebote vergleichen und daraus das beste Angebot auswählen zu können. Dies setzt voraus, dass die Leistung für die Bieter kalkulierbar ist. Die Planung muss daher vor der Ausschreibung so weit abgeschlossen sein, dass Inhalt und Umfang der Leistung genau beurteilt werden können.

Die Ausschreibung als solches wurde nicht angefochten und ist daher in Bestandskraft erwachsen. Der Inhalt der Ausschreibung muss nach dem Erklärungswert, den er für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter hat, verstanden werden.

Die Bezeichnung Zentrierstopfen bis 3 Zoll ist für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter insofern nicht eindeutig, als die Formulierung bis 3 Zoll eher darauf hindeutet, dass es sich hier um die Abdichtung des Medienrohres bzw. die Zentrierung eines Medienrohres bis 3 Zoll handeln könnte nicht jedoch das dieser Zentrierstopfen, der eine reine Spezialanfertigung einer einzelnen Firma für die ausschreibende Stelle darstellt, ein Dichtelement für das Kabelschutzrohr ist, zumal auch die ausgeschriebenen Kabelschutzrohre in den Positionen 21 05 04 Z1 und Z2 mit DN 90 und DN 100 nicht unbedingt darauf hindeuten.

Bei diesen Kabelschutzrohren gibt es, wie der Amtssachverständige bestätigt hat, Ausführungen mit glatter und gewellter Außenoberfläche, wobei eine gewellte Außenoberfläche hier auch mit diesem sogen. Zentrierstopfen nicht völlig flüssigkeitsdicht eingebunden werden kann. Da auch beim Kabelschutzrohr keine solche Einschränkung auf glatte Außenoberflächen getroffen wurde, kann von einem fachkundigen Bieter nicht erwartet werden hier automatisch das Richtige anzubieten. Noch dazu als die Antragstellerin nach den vorgelegten Referenzprojekten bisher keine  ausgeführt hat an denen die ausschreibende Stelle offensichtlich beteiligt war, da sie nicht in Linz und der näheren Umgebung liegen.

 

Auch der Umstand, dass in den Positionen 21 06 01 Z1 und Z2 Gummistopfen für das Verschließen zwischen Schutzrohr und Anschlussleitung bei Hausanschlüssen vorgesehen waren, muss für einen fachkundigen Bieter noch nicht zwingend bedeuten, dass hier das Schutzrohr auch flüssigkeitsdicht gegenüber der Rohrdurchführung abzudichten wäre, zumal dies nirgendwo in der Ausschreibung ausdrücklich festgelegt ist, in keiner technischen Norm vorgesehen ist und durch die Abdichtung mit dem Dichtelement  zwischen Mediumrohr und Lamellenrohr auf jeden Fall ein Wassereintritt ins Gebäude vermieden wird.

Auch von der Auftraggeberin selbst wurden in der öffentlichen mündlichen Verhandlung Irrtümer bzw. Unklarheiten in der Übereinstimmung der Positionen zueinander zugestanden.

 

Eine neutrale und eindeutige Leistungsbeschreibung liegt somit nicht vor. Die gewählten Leistungsbeschreibungen entsprechen nicht den Grundsätzen des Vergabeverfahrens, insbesondere den Grundsätzen des freien und lauteren Wettbewerbs sowie der Gleichbehandlung aller Bieter.

Alls dies hat zur Folge, dass bei einem Angebot, das nicht den Vorstellungen der Auftraggeberin bzw. der ausschreibenden Stelle entspricht, letztendlich nicht überprüft werden kann, ob das Angebot ausschreibungskonform erstellt wurde oder nicht, sodass auf diese Basis auch eine Ausscheidensentscheidung nicht gestützt werden kann.

 

Da dieser Zentrierstopfen auch einen maßgeblichen Anteil an der Preisgestaltung dieser Position ausmacht mit einem angegebenen Nettopreis von immerhin 32,00 Euro kann in diesem Fall auch die angeführte spekulative Preisgestaltung der Antragstellerin nicht so ohne weiteres geltend machen. Ihre Argumentation, dass ihr die entsprechenden zwiebelschaligen Dichtungselemente von der Baustelle Kirchberg am Wagram übrig geblieben sind, scheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat durchaus glaubwürdig zumal diese Baustelle auch als Referenzprojekt mit Baujahr 05 bis 06 angegeben wurde. Es ist in diesem Fall zulässig die Rohrdurchführung zu einem verbilligten Preis anzubieten zumal nach Auffassung der Antragstellerin nur dass Lamellenrohr, ein bloßer Dichtring als Nebenleistung und das sowieso schon lagernde Dichtelement anzubieten waren. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin auf ein Preisangebot der Fa. P verwiest, die natürlich ebenfalls nicht die Bedeutung des eigens von der Fa. P angefertigten Zentrierstopfens kennen konnte, bestätigt bei grober Prüfung nicht von vornherein eine unplausible Preisgestaltung.

 

Der Umstand, dass von der Antragstellerin im K7 Blatt auch ein EPDM-Gliedersystem als Abdichtungselement angegeben wurde ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat insofern erklärlich, als eben die Zusätze Zentrierstopfen bis 3 bzw. 4 Zoll in der Positionsbeschreibung bei einem Nichtinsider, wie es die Antragstellerin offensichtlich ist, dazu führen kann, dass hier wegen dieser Unklarheiten auch ein Gliedersystem angeboten wird zumal dieses nach der Leistungsbeschreibung nicht von vornherein ausgeschlossen ist sondern die Anforderungen an einen spannbaren Dichteinsatz erfüllt. In diesem Fall muss sich die Auftraggeberin bzw. ausschreibende Stelle ihre unklare Leistungsbeschreibung in diesen Positionen zurechnen lassen und ist das Treffen einer Ausscheidensentscheidung auch wegen einer solchen Preisgestaltung nicht ohne weiters möglich. Die Auftraggeberin hätte hier zumindest noch nähere Aufklärungen einholen müssen.

 

Was die Eignungsnachweise für die technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit betrifft, sprich im speziellen die Kunststoffschweißerprüfung bzw. die Unbedenklichkeitsbescheinigung der Sozialversicherung ist anzuführen, dass schon von Gesetzes wegen gemäß § 248 Abs.6 BVergG 2006 solche Eignungsnachweise nur dann verlangt werden können, wenn sie auch in der Ausschreibung oder in der vorherigen Bekanntmachung entsprechend angeführt wurden. Dies ist nicht der Fall, sodass das Berufen auf ein Ausscheiden aus diesem Grund nicht zielführend sein kann.

 

Insgesamt war somit dem Nachprüfungsantrag Folge zu geben.

Es wird jedoch auch bezüglich anderer Bieter aufgrund der beschriebenen Mängel in der Leistungsbeschreibung keine eindeutigen Ausscheidensentscheidungen und auch keine eindeutigen Zuschlagsentscheidungen getroffen werden können, sodass hier wohl im Sinne der vergaberechtlichen Gleichbehandlung aller Bieter und des geltenden Transparenzgebotes mit einem Widerruf der Ausschreibung und einer Neuausschreibung mit eindeutigen gesetzeskonformen Leistungsbeschreibungen vorzugehen sein wird.

 

5. Die Kostentscheidung stützt sich auf § 23 Oö. VergRSG. Da die Antragstellerin mit ihrem Nachprüfungsantrag obsiegt hat, sind ihr von der Auftraggeberin die Kosten zu erstatten.

 

6. Für den Nachprüfungsantrag sind Stempelgebühren in der Höhe von 78,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein ist der Ausfertigung für die Antragstellerin angeschlossen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

Dr.  Wimmer

 

Beschlagwortung:

Ausscheiden, Widerruf

 

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