Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720149/2/WEI/Ps

Linz, 03.10.2007

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der H V, geb., tschechische Staatsangehörige, vertreten durch Dr. C S, Rechtsanwalt in L, M, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Dezember 2006, Zl. 1054717/FRB, betreffend die Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit Folge gegeben, als die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf zweieinhalb Jahre (30 Monate) herabgesetzt wird.

 

Soweit die Berufung den Ausschluss ihrer aufschiebenden Wirkung bekämpft, wird ihr Folge gegeben und dieser Ausspruch für rechtswidrig erklärt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Dezember 2006, Zl. 1054717/FRB, wurde gegen die Berufungswerberin (Bwin) auf der Grundlage des § 86 Abs 1 iVm § 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005 idgF) ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen und gemäß § 64 Abs 2 AVG iVm § 64 FPG einer Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Der Bescheidbegründung der belangten Behörde und der Aktenlage ist der folgende unbestrittene S a c h v e r h a l t  zu entnehmen:

 

Die Bwin, eine tschechische Staatsangehörige, wurde am 8. März 1966 in L geboren. Sie ist verheiratet und arbeitet als Marketingmanagerin in der Firma ihres Mannes.

 

Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 7. August 2006, Zl. 21 Hv 115/06d, wurde die Bwin wegen des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB, wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15 Abs 1, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 1. Fall und Z 3 letzter Fall StGB und wegen des Vergehens der versuchten Entziehung eines Minderjährigen aus der Macht des Erziehungsberechtigten nach den §§ 15 Abs 1, 195 Abs 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 20 Monaten verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 3 StGB ein Teil der Freiheitsstrafe im Ausmaß von 15 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Der Berufung der Staatsanwaltschaft Linz wegen Strafe hat das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 17. November 2006, 8 Bs 361/06d, teilweise Folge gegeben und das Urteil im Strafausspruch dahin abgeändert, dass die Freiheitsstrafe auf 30 Monate erhöht wird und davon 20 Monate bedingt auf drei Jahre nachgesehen werden.

 

Nach dem rechtskräftigen Schuldspruch des Landesgerichts Linz hat die Bwin am 20. Juni 2006 in Freistadt dadurch, dass sie zum Zweck der Aneignung eines fremden Kindes, nämlich des 3monatigen Säuglings S E L, sich unter einem Vorwand Zutritt zum Haus der Familie L verschaffte, dort der Kindesmutter mit einem mitgeführten Hammer von hinten zwei wuchtige Schläge gegen den Hinterkopf versetzte und ihr zumindest zwei weitere Schläge zu versetzen versuchte, was jedoch infolge Gegenwehr der Kindesmutter scheiterte, wobei sie auch äußerte, wenn S L nicht aufhöre um Hilfe zu schreien, werde sie den Säugling umbringen. Auf Grund der Hammerschläge erlitt S L eine Gehirnerschütterung und zwei Rissquetschwunden am Kopf verbunden mit einer Subarachnoidalblutung im rechten Gehirnbereich, sohin eine an sich schwere Verletzung. Bei der Gegenwehr, bei der sie von der Bwin auch an der Kehle erfasst worden war, erlitt sie ferner eine Prellung und Abschürfung im Halsbereich sowie eine Zerrung des rechten Daumengrundgelenkes.

 

Mit Schreiben vom 11. Juli 2006 teilte die belangte Behörde der Bwin im Hinblick auf ihre strafgerichtliche Verurteilung mit, dass die Erlassung eines fünfjährigen Aufenthaltsverbots beabsichtigt sei und räumte Gelegenheit zur Stellungnahme ein.

In der rechtsfreundlich vertretenen Stellungnahme wird unter mehrfacher Bezugnahme auf das im Strafverfahren eingeholte psychiatrisch neurologische Fachgutachten der Prim. Dr. A K ausgeführt, dass sich die begangene Tat als einmalige Verzweiflungstat auf Grund eines falschen selbst auferlegten Erwartungsdruckes darstelle und dass eine Wiederholung auf Grund der intellektuellen Fähigkeiten und der Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen, nicht anzunehmen sei. Die Bwin habe den Kinderwunsch bei ihr und im familiären Umfeld auf Grund einer Fehlgeburt nicht erfüllen können und sich selbst in einen Zugzwang gesetzt, den sie im Nachhinein nicht mehr rational begründen könne.

 

Wie sich aus dem vorgelegten Aktenvermerk der PI Freistadt vom 20. Juni 2006 ergibt, ist die Bwin in Tschechien unbescholten. Sie versuche auch den zivilrechtlichen Rechtsfrieden wiederherzustellen, wie sich aus der Korrespondenz entnehmen lasse. Der vorgelegten Kopie eines rechtsfreundlich verfassten Schreibens vom 11. Juli 2006 an den Vertreter der Geschädigten ist die Bereitschaft zur vollen Schadensgutmachung (Schmerzensgeld für körperliche und seelische Schmerzen, Kosten psychologischer Hilfe) zu entnehmen.

 

2.1. In rechtlicher Hinsicht hat die belangte Behörde die §§ 86 und 66 iVm § 60 Abs 6 FPG dargestellt. Bei der Gewichtung des strafrechtlichen Fehlverhaltens der Bwin wertete die belangte Behörde dieses als schwer und meinte, dass die verwirklichten Delikte zu den schwersten Verbrechen nach dem StGB überhaupt gehörten. Die Selbstverständlichkeit, mit der die Bwin Gewalt anwendete, wäre bezeichnend für die von ihr ausgehende Gefahr für Leib und Leben anderer. Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass das kriminelle Verhalten der Bwin eine tatsächliche gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstelle, die das Grundinteresse der Gesellschaft an der Bekämpfung von Delikten gegen die körperliche Unversehrtheit berühre. Im Falle des Gelingens hätte die Tat die irreparable Zerstörung einer Familie zur Folge gehabt. Das mache deutlich, mit welcher Rücksichtslosigkeit die Vorgehensweise der Bwin verbunden gewesen wäre. Das allgemeine Sicherungsbedürfnis sei nachhaltig und nachdrücklich berührt.

 

Wenn die Bwin in ihrer Stellungnahme auf Grund des psychiatrischen Gutachtens anführe, dass von ihr künftig keine Gefahr ausginge, so sei zu entgegnen, dass bei Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger grundsätzlich auf den Tatbestandskatalog des § 60 Abs 2 FPG als Orientierungsmaßstab zurückgegriffen werden könne. Die Voraussetzungen des § 60 Abs 2 Z 1 FPG wären durch die Verurteilung der Bwin zweifelsohne gegeben. Im Hinblick auf die negative Zukunftsprognose würden die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von einem Aufenthaltsverbot wesentlich schwerer wiegen als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation der Bwin. Abgesehen davon, dass die Bwin in Österreich keine privaten oder familiären Bindungen hat, sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbots nicht nur zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Zwecke dringend geboten, sondern auch im Lichte des § 66 Abs 2 FPG zulässig.

 

Die belangte Behörde schloss weiter die aufschiebende Wirkung einer Berufung aus, weil auf Grund des kriminellen Verhaltens der Bwin die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich wäre.

 

2.2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde, der der Bwin am 4. Dezember 2006 zu Händen ihres ausgewiesenen Rechtsvertreters zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitige, bei der belangten Behörde am 13. Dezember 2006 rechtsfreundlich eingebrachte Berufung vom 12. Dezember 2006, mit der die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes und der Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bekämpft werden. Diese Berufung wurde von der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich im Hinblick auf § 9 Abs 1 Z 1 FPG zuständigkeitshalber an den Oö. Verwaltungssenat weitergeleitet.

 

Die Berufung bekämpft den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Sie bestreitet das Vorliegen einer gegenwärtigen und erheblichen Gefahr iSd § 86 Abs 1 FPG, die von der Bwin noch ausgeht, und betont, dass vom Einzelfall losgelöste und auf Generalprävention verweisende Begründungen nicht zulässig sind. Die belangte Behörde habe unrichtig behauptet, dass die verwirklichten Delikte zu den schwersten Verbrechen nach dem StGB gehörten. Dazu sei festzuhalten, dass die maximale Strafdrohung des § 87 StGB bei fünf Jahren, der §§ 105, 106 ebenfalls bei fünf Jahren und des § 195 StGB bei drei Jahren liege, wobei nur die Zuständigkeit des Einzelrichters gegeben war.

 

Die belangte Behörde habe weder den Inhalt des psychiatrisch-neurologischen Sachverständigengutachtens von Prim. Dr. A K noch die Begründung der Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz über die teilbedingte Strafnachsicht ihren Erwägungen zugrunde gelegt. Unter Hinweis auf die Seiten 29, 30 und 48 bis 50 des Gutachtens wird ausgeführt, dass das Verhalten der Bwin nur der einmalige Ausbruch einer Verzweiflungstat auf Grund eines falschen aufgestauten und selbst auferlegten Erwartungsdruckes gewesen sei. Das Oberlandesgericht habe eine teilbedingte Strafnachsicht auf Grund der qualifiziert günstigen Spezialprognose für vertretbar gehalten. Die Erwägungen im Gutachten und in der Begründung des Oberlandesgerichts seien im erstbehördlichen Bescheid nicht ordnungsgemäß gewürdigt worden. Im Gegensatz dazu werde im angefochtenen Bescheid eine negative Zukunftsprognose zugrunde gelegt.

 

Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird gerügt, dass der belangten Behörde hätte bekannt sein müssen, dass sich die Bwin bis 20. April 2007 in Strafhaft befinden wird. Somit könne wohl nicht davon die Rede sein, dass die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots im Interesse der öffentlichen Ordnung lag. Nach Ansicht der Bwin hätte dieser Ausspruch gemäß § 64 FPG schon allein wegen der faktischen Unmöglichkeit der Befolgung zu entfallen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den fremdenpolizeilichen Verwaltungsakt der belangten Behörde. Daraus ergab sich in Verbindung mit der Berufung der oben geschilderte im Wesentlichen unstrittige Sachverhalt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 60 Abs 1 Z 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Nach § 60 Abs 2 FPG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs 1 zu gelten, wenn ein Fremder

 

1.    von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.    ...

 

Nach § 60 Abs 3 FPG liegt eine gemäß Abs 2 maßgebliche Verurteilung nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. Eine solche Verurteilung liegt jedoch vor, wenn sie durch ein ausländisches Gericht erfolgte und den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht.

 

Gemäß § 63 Abs 1 FPG kann ein Aufenthaltsverbot im Fall des § 60 Abs 2 Z 1 FPG unbefristet und sonst für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

 

Gemäß § 86 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dabei können strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

 

4.2. Im gegenständlichen Fall liegt durch das Urteil des Landesgerichts Linz vom 7. August 2006, Zl. 21 Hv 115/06d, in der Fassung des Urteils des Oberlandesgerichts Linz vom 17. November 2006, Zl. 8 Bs 361/06d, mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 30 Monaten (davon 10 Monate unbedingt) wegen Verbrechen und Vergehen nach dem StGB eine bestimmte Tatsache iSd § 60 Abs 2 Z 1 FPG vor. Diese Verurteilung würde schon die erste Variante des Wortlauts des § 60 Abs 2 Z 1 FPG (unbedingte Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten) übererfüllen, wenn nicht die teilbedingte Freiheitsstrafe als 2. Variante eigens geregelt wäre. Damit war die belangte Behörde gemäß § 63 Abs 1 FPG grundsätzlich zur Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbots ermächtigt.

 

Bei einem EWR-Bürger sind allerdings auch die Anforderungen des § 86 Abs 1 FPG zu beachten. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/18/0162, zur vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 48 Abs 2 FrG 1997 ausgesprochen, dass zu prüfen sei, ob sich aus dem Gesamtverhalten des Fremden ableiten lässt, dass ein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet. Dabei sei anders als beim Tatbestand des § 36 Abs 2 Z 1 FrG 1997 (entspricht nunmehr § 60 Abs 2 Z 1 FPG) nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Fremden abzustellen. Bei der Frage, ob gegen einen EWR-Bürger ein Aufenthaltsverbot erlassen werden darf, kommt dem Katalog des § 36 Abs 2 FrG 1997 (nunmehr § 60 Abs 2 FPG) dabei die Bedeutung eines Orientierungsmaßstabs zu (vgl VwGH 20.2.2001, Zl. 2000/18/0162; VwGH 4.10.2006, Zl. 2006/18/0306).

 

4.3. Im vorliegenden Fall hat die Bwin nach den auch für das gegenständliche Verwaltungsverfahren maßgeblichen strafgerichtlichen Feststellungen (vgl Urteil des LG Linz, Seiten 4 ff) nach einer Fehlgeburt im 5. Schwangerschaftsmonat gegenüber dem Ehegatten und den Verwandten eine aufrechte Schwangerschaft und die beabsichtigte Endbindung eines gesunden Jungen mit 3,55 kg in einer Privatklinik in der Schweiz vorgetäuscht. Tatsächlich fuhr sie mit dem Pkw ziellos umher und verhielt sich wie eine Touristin. Der psychische Druck verstärkte sich, als der Termin ihrer erwarteten Rückkehr nach Tschechien näher kam. Sie beschloss, über Budweis nach Hause zu fahren, machte dabei auf der Durchreise am 20. Juni 2006 in F am Stadtplatz Halt und kaufte zunächst noch bei ein. Da sie sonst ihrer Familie die Wahrheit hätte sagen müssen, fasste sie den Entschluss, ein Baby, falls erforderlich auch mit Gewalt, zu entführen. Sie parkte ihr Auto in einer Siedlung mit Einfamilienhäusern, nahm eine Sporttasche, gab einen gebrauchten Hammer, eine Rolle Klebeband und eine Tragetasche für Kleinkinder hinein, und spazierte durch das Siedlungsgebiet und hielt Ausschau nach unbeaufsichtigten Kinderwägen. Auf ihrer Suche läutete sie auch vergeblich bei verschiedenen Einfamilienhäusern und erfrischte sich zwischendurch an einem Brunnen in unmittelbarer Nähe des Hauses der Familie L, wobei sie vom Schwager der S L angesprochen wurde und dabei behauptete, eine Familie R zu suchen. Nach dieser Begegnung zog sie sich vorübergehend in ein nahe gelegenes Waldstück zurück, kehrte dann aber etwa ein Stunde später zum Haus der Familie L zurück, um an der Wohnungstüre, neben der sich ein blauer, auf ein Kleinkind hinweisender Storch befand, zu läuten. S L öffnete und wurde von der angeblich die Familie R suchenden Bwin, die um ein Glas Wasser bat und die Toilette benutzen wollte, in ein Gespräch verwickelt. Sie verschaffte sich so Zutritt zur Wohnung. Auf dem Weg zur Toilette bemerkte sie im Wohnzimmer den 3 Monate alten Säugling in einem Kindersitz am Boden schlafend. Im weiteren Gespräch gab die Bwin vor, selbst schwanger zu sein, fragte Frau L über ihren Sohn aus und vergewisserte sich so, dass es sich um einen Jungen handelte. S L fragte dann noch vergeblich die Nachbarn nach der Familie R. Als sie zurückkam ersuchte die Bwin neuerlich um ein Glas Wasser. Diese hatte unbemerkt den Hammer aus der Sporttasche in ihre Handtasche gegeben. Bei der Verabschiedung gab sie das Wasserglas zurück und verlangte noch nach ihrer Sporttasche. Als sich S L umdrehte, um diese aus dem Wohnzimmer zu holen, schlug ihr die Bwin mit dem stumpfen Ende des Hammers zwei Mal mit einer gewissen Wucht auf den Hinterkopf. Wie das Strafgericht feststellte, kam es der Bwin dabei darauf an, Frau L schwer zu verletzen, um ungehindert das Baby mitnehmen und gefahrlos flüchten zu können. Die Bwin versuchte in der Folge Frau L noch weitere Schläge zu versetzen, jedoch gelang es dieser den Hammer am Stiel zu erfassen und dies im anschließenden Kampf zu verhindern. Die Bwin schlug dann mit der anderen Hand und versuchte noch S L an der Kehle zu erfassen, die ihrerseits die Bwin zur noch geöffneten Haustür ziehen wollte. Als sie um Hilfe schrie, drohte die Bwin, ihren Sohn umzubringen, wenn sie nicht aufhöre. Schließlich gelang es Frau L aber die Bwin an den Haaren nach draußen zu ziehen und die Wohnungstüre zu schließen.

 

Das Landesgericht Linz (Urteil, Seite 8) ging von absichtlicher Tatbegehung mit gezieltem Gewalteinsatz und Drohung aus, wobei es der Bwin bei sämtlichen Tathandlungen durchaus bewusst war, dass es sich um besonders wichtige Interessen der S L handelte. Unter Hinweis auf das eingeholte psychiatrische Gutachten wird festgestellt, dass die Bwin zum Zeitpunkt der Tatbegehung auf Grund einer situativen Krise und einer zunehmenden gedanklichen Einengung in einem Zustand eingeschränkter Dispositionsfreiheit, aber mit uneingeschränkter Diskretionsfähigkeit handelte. Sie leidet unter einer neurotischen Persönlichkeitsstruktur, die nicht die Kriterien der höhergradigen seelischen und geistigen Abartigkeit erfüllt. In der Beweiswürdigung wird die im Hinblick auf die subjektive Tatseite leugnende Verantwortung der Bwin durch die Beweisergebnisse als widerlegt angesehen (näher Urteil, Seiten 9 ff). Im Rahmen der Strafbemessung hat das Erstgericht die Unbescholtenheit, das Geständnis zum schweren Nötigungsversuch und zur versuchten Kindesentziehung, das Tatsachengeständnis zur absichtlich schweren Körperverletzung, die teilweise erfolgte Schadensgutmachung, die eingeschränkte Dispositionsfähigkeit und den Umstand, dass die schwere Nötigung und die Kindesentziehung beim Versuch blieben, als mildernd gewertet. Als erschwerend nahm es das Zusammentreffen dreier Straftaten und die zweifache Qualifikation bei der versuchten schweren Nötigung an.

 

Das Urteil des Oberlandesgerichts Linz vom 17. November 2006 erging über Berufung der Staatsanwaltschaft Linz wegen Strafe und gab dieser teilweise Folge. Dabei hielt das Berufungsgericht den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, das Erstgericht habe eine inadäquate Wertung der Strafzumessungsgründe vorgenommen, für weitgehend berechtigt und führte dazu auf Seiten 3 f u.A. aus:

 

          "Einerseits wird die Tatschuld der Angeklagten (§ 32 Abs 3 StGB) durch einen auffallend hohen Gesinnungsunwert belastet. Das deliktische Vorgehen hatte primär zum Ziel, auf gewaltsamem Weg die Macht über einen Säugling (bleibend) zu erlangen. Aber untrennbar damit – ganz ersichtlich auch mitumfasst vom Vorsatz der (lediglich in ihrer Dispositionsfähigkeit eingeschränkten) Angeklagten – wäre mit einem Gelingen der Tat die (voraussichtlich) irreparable Zerstörung einer familiären Sozietät verbunden gewesen. Dies macht deutlich, welcher Grad an Rücksichtslosigkeit in den Rechtsbrüchen zum Ausdruck kam.

          Eben diese Tatumstände, aber auch die Ziele der Straftaten, berühren das allgemeine Sicherheitsbedürfnis nachdrücklich und nachhaltig. Diese verlangt wieder nach besonderer Beachtung generalpräventiver Effektivität der Sanktion.

          So erfordert diese Delinquenz, die in ihren Modalitäten und Zielsetzungen den durchschnittlichen Störwert (der Tatbilder nach den §§ 87 und 105, 106 StGB) deutlich übersteigt, nach einer Strafe, die die Hälfte des Höchstmaßes (von 5 Jahren) ausmacht.

          Indes dürfen generalpräventive Erwägungen auch die Umstände des Einzelfalls nicht außer Acht lassen, soll schematisches und generalisierendes Sanktionieren vermieden werden (Leukauf-Steininger Komm3 § 43 RN 9). In diesem Licht gewinnen vor allem die Unbescholtenheit der Angeklagten, aber auch ihre eingeschränkte Dispositionsfähigkeit, die (aus einem mehrfach frustrierten Kinderwunsch heraus) in einem Konnex zur Delinquenz steht, an Bedeutung. Auch war der Angeklagten Reue nicht abzusprechen."

 

Das Oberlandesgericht sah eine teilbedingte Strafnachsicht bei Zusammenschau dieser Präventionserwägungen für vertretbar an und ging von einer qualifiziert günstigen Spezialprognose aus, um den § 43a Abs 4 StGB anwenden zu können. Dabei bestimmte es den unbedingten Teil im höchstmöglichen und den bedingt nachgesehenen Teil im kürzest möglichen Ausmaß.

 

4.4. Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes zu den Anforderungen für EWR-Bürger (§ 86 Abs 1 FPG) ist auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild des Fremden abzustellen. Dabei hat der Oö. Verwaltungssenat die im gerichtlichen Strafverfahren zum Ausdruck gebrachten Umstände zu berücksichtigen und auf das von der Bwin ausgehende Gefahrenpotential für die öffentlichen Interessen zu schließen.

 

Nun trifft es zwar zu, dass die psychiatrische Gutachterin "die Wahrscheinlichkeit einer unkritischen Wiederholung" aus der Persönlichkeitskonstellation der Bwin nicht annimmt und bei der nachvollziehbar von ihren eigenen Handlungen erschütterten Bwin "eine analoge Wiederholung der gesetzten Tathandlung" nicht zu erwarten sei.

In gewissem Gegensatz zu den strafgerichtlichen Tatsachenfeststellungen über die subjektive Tatseite der Bwin heißt es dann im Gutachten (Seite 49 letzter Absatz), die Bwin habe keineswegs ihre gesamte Kraft eingesetzt und auch nie die Absicht gehabt, die Frau ernsthaft zu verletzen oder gar zu töten. Sie habe auch durchgängig gewusst, dass ihr Verhalten völlig falsch und intolerabel sei. Diese Schilderung der Bwin wird so bewertet, dass selbst während des Deliktsablaufs "diese moralischen Instanzen" wirksam gewesen wären. Eine Wiederholung des Tatgeschehens sei somit auf Grund der mittlerweile wirksamen intellektuellen Kontrolle nicht zu erwarten (vgl Gutachten, Seiten 49 f).

 

Der erkennende Verwaltungssenat hält diese Darstellung im psychiatrischen Gerichtsgutachten für nicht völlig schlüssig. Sie widerspricht auch teilweise den Annahmen der Strafgerichte, die von einem gezielten Gewalteinsatz der Bwin verbunden mit einer schweren Drohung ausgingen, um sich des Säuglings zu bemächtigen (vgl Ersturteil, Seite 8). Der Bwin kam es auch geradezu darauf an, S L schwer zu verletzen, damit sie ungehindert das Baby nehmen und gefahrlos hätte flüchten können (Ersturteil, Seite 6 letzter Absatz). Wenn es der Bwin bei sämtlichen Tathandlungen durchaus bewusst war, dass es um besonders wichtige Interessen der S L ging (Ersturteil, Seite 8), was auch im Gutachten zum Ausdruck kommt (vgl Seite 49: "... habe durchgängig gewusst, dass ihr Verhalten völlig falsch und intolerabel sei."), so kann daraus entgegen dem Gutachten nach den Denkgesetzen wohl nicht geschlossen werden, dass die moralischen Instanzen während des Deliktsablaufs bei der Bwin wirksam waren.

 

Auch wenn das psychiatrische Gutachten der Bwin eine besonders günstige Spezialprognose attestiert, bedeutet dies nur eine mangelnde Rückfallswahrscheinlichkeit, was die großzügige Aussetzung eines Teils der Haftstrafe auf Bewährung rechtfertigt. Objektiv betrachtet kann bei der Bwin aber nicht schlechthin ausgeschlossen werden, dass eine ähnliche Delinquenz nicht mehr möglich wäre und deshalb keinerlei Gefahr von ihr ausginge. Die Behauptung in der Berufung, dass es der einmalige Ausbruch einer Verzweiflungstat gewesen wäre, ist zwar durch das Gutachten indiziert, kann aber nicht als sicher, sondern nur als subjektiv wahrscheinlich angenommen werden. Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher in objektiver Hinsicht davon aus, dass von der Bwin grundsätzlich nach wie vor eine tatsächliche und erhebliche Gefahr ausgeht. Die vor allem im Urteil des Oberlandesgerichts Linz hervorgehobenen Tatumstände und Ziele der Straftaten der Bwin berühren das allgemeine Sicherungsbedürfnis nachdrücklich und nachhaltig. Die Tatschuld der Bwin ist mit auffallend hohem Gesinnungsunwert belastet und der Störwert ihrer Delinquenz übersteigt den Durchschnitt beträchtlich. Die vom Vorsatz der Bwin mit umfasste Zerstörung der familiären Sozietät der S L verdeutlicht den Grad an Rücksichtslosigkeit (vgl näher Urteil des OLG Linz, Seite 3).

 

Die begangenen Delikte sind – wenn auch nicht die schwersten des StGB – ihrer Art nach schwerwiegend und die Tatumstände weisen auf eine erhebliche kriminelle Energie bei der Bwin hin. Diese hat in planvoller Weise qualifizierte Nötigungsmittel eingesetzt, um ein Kind zu entführen. Auch wenn sie sich durch eine Fehlgeburt und den durch Unwahrheit mitverschuldeten familiären Erwartungsdruck in einer situativen Krise befand, die ihre Dispositionsfähigkeit einschränkte, zeigt sich insgesamt doch deutlich ein negatives Persönlichkeitsbild mit hohem Gesinnungsunwert. Ihre neurotische Persönlichkeitsstruktur hat gezeigt, welche Gefahren für persönliche Rechtgüter anderer von ihr ausgehen.

 

Auf Grund der dargelegten Umstände vertritt der Oö. Verwaltungssenat die Auffassung, dass der weitere Aufenthalt der Bwin in Österreich die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 60 Abs 1 Z 1 FPG gefährden würde und dass ihr Gesamtfehlverhalten eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die das besondere Grundinteresse der Gesellschaft an der Verhinderung von Delikten gegen die körperliche Sicherheit und Freiheit berührt.

 

4.5. Zur Interessenabwägung nach § 60 Abs 6 iVm § 66 Abs 2 FPG hat die belangte Behörde bereits festgestellt, dass die Bwin in Österreich keine privaten oder familiären Bindungen hat. Schon deshalb kann von einem relevanten Eingriff ins Privatleben nicht gesprochen werden. Außerdem vermögen allfällige private Interessen, als Tourist nach Österreich zu reisen oder Freunde zu besuchen, das durch das gravierende Fehlverhalten nachhaltig beeinträchtigte Allgemeininteresse iSd Art 8 Abs 2 EMRK nicht zu überwiegen (vgl idS zB VwGH 27.06.2006, Zl. 2006/18/0092). Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbots für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wiegen wesentlich schwerer als die Auswirkungen auf die persönliche Lebenssituation der Bw. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes war auch zur Erreichung von im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Zielen geboten.

 

4.6. Bei Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist nach § 63 Abs 2 FPG auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist beginnt mit dem Eintritt der Durchsetzbarkeit zu laufen.

 

Die belangte Behörde hat nicht begründet, wieso sie gerade ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot gegen die Bwin verhängte. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats hätte bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbots die besonders günstige spezialpräventive Prognose Berücksichtigung finden müssen. Das Oberlandesgericht hat im Urteil vom 17. November 2006 für den bedingt nachgesehenen Teil der Freiheitsstrafe von 20 Monaten eine Probezeit von drei Jahren vorgesehen. Aus der zehnmonatigen unbedingten Haftstrafe wurde die Bwin nach der Aktenlage am 20. April 2007 entlassen. Gemäß § 49 StGB beginnt die Probezeit zwar mit Rechtskraft der Entscheidung über die bedingte Nachsicht, jedoch werden Zeiten der behördlichen Anhaltung in die Probezeit nicht eingerechnet, was auf eine entsprechende Verlängerung der Probezeit (Fortlaufhemmung) hinausläuft. Somit dauert die Bewährungszeit der Bwin jedenfalls noch bis 20. April 2010.

 

Das erstbehördlich ausgesprochene Aufenthaltsverbot von 5 Jahren wirkt ab seiner Erlassung mit 4. Dezember 2006 (Zustelldatum), weil die aufschiebende Wirkung der Berufung von der Erstbehörde ausgeschlossen wurde. Da die hohe Wahrscheinlichkeit des künftigen Wohlverhaltens der Bwin im Strafverfahren die Sanktion wesentlich beeinflusste, erscheint es im Interesse einer Harmonisierung der Unrechtsfolgen auch im fremdenpolizeilichen Verwaltungsverfahren angebracht, bei der Gültigkeitsdauer darauf stärker abzustellen. Der Oö. Verwaltungssenat hält es daher unter den gegebenen Umständen für angemessen, die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes auf 2,5 Jahre oder 30 Monate zu verkürzen.

 

4.7. Gemäß § 64 FPG darf bei Fremden, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen ein Aufenthaltsverbot oder ein Rückkehrverbot ausgeschlossen werden, wenn die sofortige Ausreise des Fremden oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder aus Gründen der nationalen Sicherheit erforderlich ist.

 

Beispielsweise im Erkenntnis vom 27. Juni 2006, Zl. 2006/18/0092, hat der Verwaltungsgerichtshof ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers daran bejaht, dass sich der unabhängige Verwaltungssenat mit der Frage der Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung auseinandersetzt. Einer Berufung gegen einen Ausspruch nach § 64 Abs 2 AVG kommt keine aufschiebende Wirkung zu. Dies verbietet der Sinn des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung. Ein Rechtsmittel gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung soll lediglich die Überprüfung der dafür bestehenden Voraussetzungen durch die Berufungsbehörde ermöglichen. Bei der Berufungsentscheidung ist auf den Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides abzustellen und sind die Voraussetzungen für diesen Zeitpunkt zu beurteilen (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], E 13a, 13b und 13c zum vergleichbaren § 64 Abs 2 AVG).

 

In der vorliegenden Berufung hat die Bwin zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung im Hinblick auf die bis 20. April 2007 zu verbüßende Strafhaft kritisiert, dass die sofortige Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots nicht im Interesse der öffentlichen Ordnung gelegen sein könne. Der Ausspruch gemäß § 64 FPG hätte schon allein auf Grund der faktischen Unmöglichkeit der Befolgung zu entfallen. Mit diesem Vorbringen ist die Bwin im Recht.

 

Die belangte Behörde hat auf § 64 Abs 2 AVG iVm § 64 FPG Bezug genommen und begründend zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung lediglich pauschal behauptet, dass auf Grund des kriminellen Verhaltens der Bwin ihre sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich sei.

 

Die Begründung der belangten Behörde ist schon deshalb unzutreffend, weil die Bwin wegen des unbedingten Teils der Haftstrafe bis 20. April 2007 in Strafhaft verbrachte und das Aufenthaltsverbot sofort mit Bescheiderlassung und nicht erst nach der Entlassung aus der Strafhaft  wirksam wurde. Es kann beim gegebenen Sachverhalt gerade nicht behauptet werden, dass die sofortige (!) Ausreise des Fremden im Interesse der öffentlichen Ordnung wäre. Vielmehr erforderte der ordnungsgemäße Vollzug der rechtskräftigen Freiheitsstrafe und damit auch die öffentliche Ordnung, dass die Bwin ihre unbedingte Strafhaft verbüßt.

 

Im Übrigen hält der erkennende Verwaltungssenat den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch im Hinblick auf die der Bwin attestierte besonders günstige Spezialprognose für unangebracht. Von einer sofort erforderlichen Durchsetzbarkeit bei sonstiger Gefahr im Verzug kann nach den Ergebnissen des Strafverfahrens keine Rede sein.

 

Aus diesen Gründen war der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung im angefochtenen Bescheid als rechtswidrig festzustellen. Eine Aufhebung dieses Ausspruchs kommt nicht in Betracht, weil er sachlogisch mit der Berufungsentscheidung ohnehin wegfällt.

 

5. Im Ergebnis war der Berufung teilweise Folge zu geben, das angefochtene Aufenthaltsverbot dem Grunde nach zu bestätigen, jedoch die Gültigkeitsdauer auf die Hälfte herabzusetzen, und der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung für rechtswidrig zu erklären.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabengebühren in Höhe von 13 Euro für die Berufung angefallen.

 

Dr. W e i ß

 

 

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