Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162535/2/Br/Ps

Linz, 03.10.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn K K, geb., H, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 29. August 2007, Zl. VerkR96-1897-2005, zu Recht:

 

I.        Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.3 Z3 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – VStG.

 

II.      Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren 11,60 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt wegen der Übertretung nach Art. III Abs.1 und Abs.5 lit.a 3. KFG-Novelle, BGBl. Nr. 352/76, eine Geldstrafe in Höhe von 58 Euro und 19 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 13.5.2005 um 12:40 Uhr als Lenker des PKW's auf der Nordkamm Landesstraße bei Strkm. 20,540 im Gemeindegebiet von Weitersfelden, Fahrtrichtung Freistadt, wie bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt worden sei, den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet habe, obwohl der von ihm benützte Sitzplatz mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet war und keine Ausnahmebestimmung in Betracht gekommen sei und er weiters die Zahlung einer Organstrafverfugung verweigert habe, obwohl eine solche ihm angeboten wurde.

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Der im Spruch angeführte Sachverhalt stellt aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostens Weitersfelden vom 16.05.2005, die auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organes der Straßenaufsicht beruht, sowie des Ermittlungsverfahrens fest.

 

Sie haben gegen die Strafverfügung vom 17.05.2005, in der Ihnen die im Spruch beschriebene Tat zur Last gelegt wurde, in offener Frist Einspruch erhoben. Sie fuhren darin im Wesentlichen aus, dass der Sicherheitsgurt von Ihnen bestimmungsgemäß verwendet worden sei. Die gegenteilige Feststellung würde sich möglicherweise auf einen Grenzbereich der Anhaltung beziehen, in dem das Fahrzeug bereits nicht mehr gelenkt worden sei. Die Zahlung der Organstrafverfügung wäre aus diesem Grund nicht nachvollziehbar gewesen. Von einer Verweigerung könne aber schon deshalb nicht die Rede sein, da Sie einen Betrag in Höhe der Organstrafverfügung nicht mitgeführt hätten.

 

Die Behörde hat folgendes erwogen:

 

Gemäß Art. III Abs. 1  3. KFG Novelle sind, wenn ein Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet ist, Lenker und beförderte Person, die einen solchen Sitzplatz benützen, je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes verpflichtet. Die Verletzung dieser Pflicht begründet, jedoch nur soweit es sich um einen allfälligen Schmerzensgeldanspruch handelt, im Fall der Tötung oder Verletzung des Benutzers durch einen Unfall ein Mitverschulden an diesen Folgen in Sinne des § 1304 ABGB. Das Mitverschulden ist soweit nicht gegeben, als der Geschädigte (sein Rechtsnachfolger) beweist, dass die Folge in dieser Schwere auch beim Gebrauch des Sicherheitsgurtes eingetreten wäre.

 

Nach Abs. 5 der zitierten Rechtsnorm begeht, wer

a)   als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder

b)   als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person, die im Abs. 1 erster Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 7 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages oder die Entgegennahme eines zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneten Beleges verweigert wird (§ 50 Abs. 6 4. Satz VStG), ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 21 Euro (richtig wohl 35 Euro), im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden zu verhängen.

 

Gemäß § 97 Abs. 5 StVO 1960 sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt, durch deutlich sichtbare oder hörbare Zeichen Fahrzeuglenker zwecks Lenker- oder Fahrzeugkontrolle, zwecks anderer, den Fahrzeuglenker oder eine beförderte Person betreffende Amtshandlungen oder zwecks Durchführung von Verkehrserhebungen zum Anhalten aufzufordern.

 

Der Meldungsleger, Revlnsp. R R hat anlässlich seiner zeugenschriftlichen Vernehmung erklärt, dass es richtig sei, dass die Übertretung, die Sie begangen hätten, von ihm dienstlich wahrgenommen worden sei. Sie hätten zu der in der gegenständlichen Anzeige angeführten Zeit den PKW mit dem Kennzeichen auf der Nordkamm Landesstraße im Gemeindegebiet von Weitersfelden in Richtung Freistadt gelenkt. Er hätte damals auf der Nordkamm Landesstraße Verkehrsüberwachungsdienst durchgeführt, wobei sich sein Standort bei Strkm. 20,540 der genannten Straße befunden hätte. Als Sie sich mit Ihrem Fahrzeug zu seinem Standort genähert hätten, hätte er schon einwandfrei feststellen können, dass Sie den Sicherheitsgurt nicht verwendet hätten. Aufgrund dieses Umstandes hätte er Sie auf Höhe seines Standortes angehalten. Zum Zeitpunkt der Anhaltung seien Sie ebenfalls nicht angegurtet gewesen. Im Zuge der darauffolgenden Amtshandlung hätten Sie angegeben, dass Sie vor der Anhaltung bereits einige 100 Meter gefahren seien, wobei Sie den Sicherheitsgurt nicht verwendet hätten. Ihnen sei wegen dieser Übertretung die Möglichkeit eingeräumt worden, entweder ein Organmandat in der Höhe von 35 Euro sofort zu bezahlen, oder ein bargeldloses Organmandat in der selben Höhe innerhalb von 2 Wochen zu überweisen. Aufgrund dieses Umstandes, dass Sie diese beiden Möglichkeiten abgelehnt hätten, seien Sie in Kenntnis gesetzt worden, dass gegen Sie Anzeige erstattet werde. Mehr könne er zum gegenständlichen Sachverhalt nicht angeben.

 

Die Behörde hegt keinen Zweifel an der Richtigkeit und Glaubwürdigkeit der Aussage des einvernommen Zeugen, zumal dieser seine Angaben unter Wahrheitspflicht und unter der strafrechtlichen Sanktion des § 189 StGB stehend gemacht, während es Ihnen demgegenüber freisteht, sich als Beschuldigter im Verwaltungsstrafverfahren beliebig zu verantworten, ohne irgend welche nachteiligen Folgen befürchten zu müssen.

 

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes steht für die erkennende Behörde fest, dass Sie die Ihnen angelastete Tat zu verantworten haben.

 

Gemäß § 19 VStG 1991 ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren "§§ 40 bis 46" sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes, sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Mit der Tat war eine Schädigung und Gefährdung der Interessen des Staates und Ihrer eigenen Interessen verbunden, Verletzungen bei Verkehrsunfällen hintanzuhalten, zumindest aber zu verringern. Verstöße gegen die Gurtenanlegepflicht sind daher entsprechend zu ahnden, auch wenn die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat. Zum Ausmaß des Verschuldens ist festzustellen, dass Sie die verfahrensgegenständliche Übertretung zumindest fahrlässig begangen haben.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde der Umstand, dass Sie im Kulturbereich freiberuflich tätig sind und daher Ihr Einkommen projektbezogen und deshalb unregelmäßig ist, die Vermögenslosigkeit und die Sorgepflicht für 4 Kinder berücksichtigt.

Die Erschwerungs- und Milderungsgründe wurde gegeneinander abgewogen und dabei die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als Milderungsgrund gewertet. Ein Erschwerungsgrund wurde nicht gefunden.

 

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wurde eine dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstelle. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Schuldspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:

"In oben bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich fristgerecht

 

B e r u f u n g

 

Und begründe diese wie folgt:

Als Berufungsgründe werden Rechtwidrigkeit des Inhaltes und Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

 

Die Behörde sieht als erwiesen an, dass ich als Lenker des PKW's auf der Nordwaldkamm Landesstrasse bei Strkm. 20,540 im Gemeindegebiet von Weitersfelden, Fahrtrichtung Freistadt, wie bei einer Anhaltung gemäss § 97 Abs. 5 StvO I960 festgestellt wurde, den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäss verwendet habe, obwohl der von mir benützte Sitzplatz mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet war und keine Ausnahme­bestimmungen in Betracht kamen und ich weiters die Zahlung einer Organstrafverfügung verweigert habe, obwohl mir eine solche angeboten wurde.

Ich stelle dazu fest, dass ich mit meinem Fahrzeug nicht auf der Nordwaldkamm Landesstrasse unterwegs war, sondern vielmehr im Ortsgebiet des Marktes Weitersfelden und zwar zwischen einer Tankstelle und einem Supermarkt Nah & Frisch. Von der Zapfsäule kommend bin ich etwa ein paar Dutzend Meter gefahren und konnte gerade mal den zweiten Gang einlegen, als ich von Inspektor R R angehalten wurde.

Während der Zeit ich das Fahrzeug gelenkt habe, war ich angegurtet.

Die Zahlung einer Organstrafe war aus diesem Grunde nicht nachvollziehbar.

Von einer Verweigerung der Zahlung kann aus dem einfachen Grund, dass ich keine Euro 35,00 mitführte, nicht gesprochen werden.

In der Begründung zum Straferkenntnis wird Art, III Abs 5 3. KFG Novelle zitiert, wonach die mir zur Last gelegte Verwaltungsübertretung mit einer Organstrafverfügung gemäss § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 7 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages oder die Entgegennahme eines zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneten Beleges verweigert wird (§50 Abs, 6 4, Satz VStG), ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 21 Euro, etczu verhängen.

Die Ausstellung des Organmandats mit einem Betrag in der Höhe von Euro 35,00 steht in Widerspruch zu diesen Bestimmungen.

Aufgrund öer eigenen Begründung der Erstbehörde und der Zitierung des Gesetzes war das Begehren auf Zahlung einer Organstrafe von 35,00 nicht gesetzeskonform, sohin rechtswidrig, Faktisch ergibt sich aus der eigenen Begründung der Behörde, dass ich nicht die Bezahlung eines gesetzeskonformen Organstrafmandates verweigert habe, sondern die Bezahlung eines überhöhten.

Es kann daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht mit einer Geldstrafe im Sinne des § 5 Art. III. Abs. 13. KFG Novelle von 21 vorgegangen werden, wenn sich meine Verweigerung auf eine um ein vielfaches überhöhte Organstrafe bezieht.

Im übrigen ist auch die Strafhöhe nicht gesetzeskonform, da die Erstbehörde im zitierten Gesetzestext von einer Höchststrafe von 21 ausgeht, tatsächlich jedoch eine weitaus höhere Strafe verhängt.

 

Im übrigen wird eingewendet, dass die der Bestrafung zugrunde gelegte Gesetzesstelle durch die letzte KFG-Novelle materiell derogiert wurde.

 

Weiters wird Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung eingewendet.

Es wird daher beantragt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, und das Verfahren einzustellen, in eventu mit einer Ermahnung vorzugehen, da meine bisherige strafrechtliche Unbescholtenheit feststeht, und das mir zur Last gefegte Delikt zumindest im Grenzbereich der Ausnahmebestimmung liegt, in eventu das Straferkenntnis aufzuheben, und die Verwaltungsstrafsache zur neuerliche Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen."

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakt. Diesem angeschlossen findet sich die vor der Behörde erster Instanz abgelegte Zeugenaussage des Meldungslegers. Demnach liegt der Berufungsbehörde eine schlüssige Entscheidungsgrundlage vor.

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung konnte hier angesichts der 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Verbindung mit der schlüssigen und vom Berufungswerber im Ergebnis nicht bestrittenen Faktenlage unterbleiben (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).  

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

 

4.1. Der Berufungswerber lenkte zum o.a Zeitpunkt seinen Pkw auf der Nordkamm Straße in Richtung Freistadt, wo er bei Strkm 20,540 vom Meldungsleger angehalten wurde. Schon bei der Annäherung an den Standort des Meldungslegers wurde erkannt, dass der Berufungswerber nicht angegurtet war. Der Berufungswerber bekannte gegenüber dem Meldungsleger ein, einige hundert Meter nicht angegurtet gefahren zu sein. Dennoch verweigerte er die Bezahlung eines OM in Höhe von 35 Euro.

Diese Sachverhaltsdarstellung wird vom Meldungsleger in dessen Anzeige vom 16.5.2005 als auch in der Zeugenaussage vor der Behörde erster Instanz am 6.3.2006 dargelegt.

Dieser Darstellung tritt der Berufungswerber auch mit seinen Berufungsausführungen nicht stichhaltig entgegen. Wenn er die Umschreibung des Tatortes in Frage stellt, kommt diesbezüglich dem Meldungsleger mehr Glaubwürdigkeit zu, wenn dieser die Anhaltung "auf der L579 bei Strkm 20,540" bezeichnet. Dies ist eine klare Tatortumschreibung, während demgegenüber in der Berufung mit der Ortsangabe "vielmehr im Ortsgebiet des Marktes Weitersfelden und zwar zwischen einer Tankstelle und einem Supermarkt Nah & Frisch" nicht wirklich nachvollziehbar scheint. Wenn schließlich der Berufungswerber eine Lenkdistanz von "ein paar Dutzend Meter" offenkundig im nicht angegurteten Zustand einzuräumen scheint, bestreitet er damit selbst den Tatvorwurf an sich nicht.

Sein übriges Vorbringen reduziert sich auf dessen subjektive und letztlich sich als irrig zu bezeichnende Rechtsauffassung.

 

4.2. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

Der Art. III Abs.5 der 3. KFG-Novelle (Stammfassung BGBl. Nr. 352/1976) in der auf den Vorfallszeitpunkt anzuwendenden Fassung lautet:

"Wer

  1. als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder

  2. als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person

die im Abs.1 erster Satz angeführte Verpflichtung nicht erfüllt, begeht, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs. 5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 35 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden zu verhängen.

Die Fassung mit dem geänderten Strafrahmen trat durch BGBl. I Nr. 1875/2004 (25. KFG-Novelle) mit 31.12.2004 in Kraft und wurde durch das BGBl. I Nr. 117/2005 per 1.1.2005 außer Kraft gesetzt mit der inhaltsgleichen Nachfolgebestimmung des § 106 Abs.2 KFG ersetzt" (siehe RIS-DokNr.NOR40061623).

Demnach irrt der Berufungswerber in seiner Rechtsauffassung, wonach er lediglich eine OM-Strafe mit 21 Euro als rechtens erachtet. Diese Rechtslage herrschte wohl bis zum 30.12.2004, aber nicht mehr zum Zeitpunkt dieses Vorfalls.

Laut Judikatur begründet die Wortfolge "bei einer Anhaltung, die gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird" kein Tatbestandselement (VwGH 20.11.1986, 86/02/0118).

Strafbares – vom Gesetzgeber mit einem Unwerturteil versehenes – Verhalten ist die Verletzung der Verpflichtung zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes nach Art.III Abs.1 erster Satz der 3. KFG-Novelle, unabhängig davon, ob dies bei einer Anhaltung durch ein Straßenaufsichtsorgan (noch) der Fall ist. Dabei ist es auch unerheblich, ob, wie offenbar der Berufungswerber selbst einräumt, allenfalls nur "wenige Dutzend Meter" gefahren wurde.

Dass dieser Verstoß gegen die Rechtsordnung aus Anlass einer Anhaltung festgestellt sein muss, ist lediglich die verfahrensrechtliche Voraussetzung für die Ahndung dieser Verwaltungsübertretung. Diese Regelung hängt engstens mit der weiteren verfahrensrechtlichen Besonderheit der Verfolgung einer Übertretung gemäß dem – zum Zeitpunkt der Begehung noch anzuwendenden Art. III Abs.5 leg.cit. zusammen, nämlich dem Umstand, dass ein Rechtsanspruch auf Bestrafung in Form einer Organstrafverfügung nach § 50 VStG besteht. Eine zeitliche Definition der zitierten Wortfolge "bei einer Anhaltung" existiert nicht. Dem Sinn der Norm des Art. III Abs.5 der 3. KFG-Novelle – nämlich die Ahndung des oben umschriebenen strafbaren Verhaltens nach Art. III Abs.1 erster Satz leg.cit. durch Normierung einer Strafdrohung – entsprechend, umfasst die Wortfolge "bei einer Anhaltung" jedenfalls auch alle jene Feststellungen, die Organe der Straßenaufsicht im Zuge einer eine Anhaltung einschließenden Amtshandlung, die mit der Anhaltung in einem engen, zeitlichen und örtlichen Zusammenhang steht, gemacht haben; also auch solche Vorgänge, die sie während des vorangegangenen Lenkens noch kurz vor dem ersten dem Lenker gegebenen Zeichen der Aufforderung zum Anhalten beobachtet haben (VwGH 27.2.2004, 2003/02/0293).

 

4.3. Wie oben bereits festgestellt, findet die Gurtenpflicht nach der 26. KFG-Novelle im § 106 Abs.2 iVm § 134 Abs.3 lit.d KFG 1967 idF BGBl. Nr.117/2005 ihre Grundlage, wobei die hier noch anzuwendende, aber inhaltsgleich gebliebene Bestimmung, durch das zuletzt zitierte  Bundesgesetz aufgehoben wurde.

Dieser lautet:

"Ist ein Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet, so sind Lenker und beförderte Personen, die einen solchen Sitzplatz benützen, je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes verpflichtet, sofern nicht Abs. 5 Anwendung findet. Die Verletzung dieser Pflicht begründet, jedoch nur soweit es sich um einen allfälligen Schmerzengeldanspruch handelt, im Fall der Tötung oder Verletzung des Benützers durch einen Unfall ein Mitverschulden an diesen Folgen im Sinn des § 1304 ABGB. Das Mitverschulden ist so weit nicht gegeben, als der Geschädigte (sein Rechtsnachfolger) beweist, dass die Folge in dieser Schwere auch beim Gebrauch des Sicherheitsgurts eingetreten wäre."

 

Der § 134 Abs.3d KFG 1967 lautet: 

"Wer als Lenker eines Kraftfahrzeuges oder als mit einem Kraftfahrzeug beförderte Person

  1. die im § 106 Abs.2 angeführte Verpflichtung, oder

  2. die im § 106 Abs.7 angeführte Verpflichtung

nicht erfüllt, begeht, wenn dies bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO 1960 festgestellt wird, eine Verwaltungsübertretung, welche mit einer Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG mit einer Geldstrafe von 35 Euro zu ahnden ist. Wenn die Zahlung des Strafbetrages verweigert wird, ist von der Behörde eine Geldstrafe bis zu 72 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe bis zu 24 Stunden, zu verhängen."

 

5. Zur Strafzumessung:

 

5.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzu­wägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Aus Judikatur des VfGH ist abzuleiten, dass die Gurtenpflicht nicht bloß dem Selbstschutz sondern auch dem Schutze öffentlicher Interessen dient. Diese Pflicht greife, so der VfGH, in keiner Weise in das Privatleben und ebenso wenig in ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht ein (Hinweis auf EMRK v. 13.12.1979, Nr. 8707/79, EuGRZ 1980, S 170).

Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs.1 VStG). Diesbezüglich ist selbst den Berufungsausführungen nicht zu entnehmen, welche Umstände dem Anlegen des Sicherheitsgurtes vor Fahrtantritt entgegen gestanden wären. Selbst mit dem Hinweis nur wenige "Dutzend Meter" gefahren zu sein, kann ein fehlendes Verschulden nicht erblickt werden.

Der Berufungswerber vermochte demnach mit seinem Berufungsvorbringen eine Rechtswidrigkeit der wider ihn verhängten Geldstrafe nicht aufzuzeigen. Insbesondere vermag auch in der mit nur 58,00 Euro durchaus als maßvoll zu bezeichnenden Strafzumessung ein Ermessensfehler der Behörde erster Instanz nicht erblickt werden.

Seiner Berufung musste daher ein Erfolg versagt werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

 

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