Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108366/15/Bi/Be

Linz, 21.02.2003

 

 

 VwSen-108366/15/Bi/Be Linz, am 21. Februar 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn S, vertreten durch RA U, vom 27. Juni 2002 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 11. Juni 2002, III-S-11.786/01/B, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 40 Euro, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 Verwaltungsstrafgesetz - VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

zu I.:

  1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro (84 Stunden EFS) verhängt, weil er am
    29. Oktober 2001 um 15.41 Uhr in Wels, Salzburger Straße bei der Kreuzung mit der Vogelweiderstraße, Fahrtrichtung Osten, als Lenker des Kfz, (internationales Unterscheidungskennzeichen "D"), das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet habe, indem das Fahrzeug nicht vor der dortigen Haltelinie angehalten wurde.
  2. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 20 Euro auferlegt.

     

     

     

  3. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, aus den Lichtbildern sei zu ersehen, dass sich vor seinem Fahrzeug weitere solche befunden hätten. Er sei bei Grün in die Kreuzung eingefahren, habe aber wie die Fahrzeuge vor ihm anhalten müssen. Beim Haltevorgang habe er die Lichtzeichenanlage nicht einsehen können. Beim Stoppen des Gegenverkehrs habe er dann die Kreuzung geräumt. Ihm möge ein Lageplan der Kreuzung mit eingezeichneten Induktionsschleifen vorgelegt werden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Einholung eines Gutachtens des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen Ing. H anhand der vorliegenden Fotos, die von der Kamera vor der gegenständlichen Kreuzung vom Bw gelenkten Pkw gemacht wurden, wobei dem Bw hinsichtlich der technischen Ausführungen des Sachverständigen Parteiengehör gewährt wurde.

 

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, dass der in Deutschland auf die Quick-Mix Baumarkt-ProgrammGesmbH in Osnabrück zugelassene Pkw zum Vorfallszeitpunkt in Wels bei der genannten Kreuzung fotografiert wurde. Der Bw bezeichnete sich als Verantwortlicher der GesmbH selbst im Rahmen der Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 als Lenker zum Vorfallszeitpunkt. Da nach dem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 7. März 2002 keine Stellung-nahme durch den inzwischen rechtsfreundlich vertretenen Bw mehr erfolgte, erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

Im Gutachten vom 12. November 2002, VT-010191/757-2002-Hag, gelangt der Amtssachverständige Ing. Robert Hagen auf der Grundlage zweier im Abstand von einer Sekunde angefertigter Fotos, die 0,5 sek bzw 1,5 sek nach Beginn der Rotlichtphase der VLSA ausgelöst wurden, zu der Auffassung, dass der Bw in der Messzeit mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 26 bis 28 km/h gefahren ist, wobei das Fahrzeug nach dem 1. Foto abgebremst wurde. Der Sachverständige gelangt auf Grund des Umstandes, dass der Weg zwischen der Haltelinie und der Induktionsschleife 2,6 m, der Schutzweg eine Breite von 3 m und der Weg zwischen der Quermarkierung und dem Schutzweg 2,55 m aufweist, zu dem Schluss, dass, wenn der Bw, wie er behauptet, bei Grünlicht die Haltelinie überquert hätte, er für die 2,6 m

 

 

von der Haltelinie zur Induktionsschleife eine Zeit von 3,3 sek benötigt hätte, dh mindestens 3 sek Gelblicht und 0,3 sek Rotlicht, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 2,8 km/h entspricht. Der Pkw hätte dann innerhalb einer Sekunde eine Geschwindigkeit von 27-30 km/h, dh eine Beschleunigung beim Anfahren von 6,6 -7,5 m/s² erreichen müssen, was technisch nicht nachvollziehbar sei. Die Zeit für das Auslösen der Rotlichtkamera vom Befahren der Induktonsschleife an wurde mit 0,02 sek und eine Erkennungszeit für das Rotlicht von 0,1 sek angenommen. Daraus ergibt sich für den Sachverständigen der Schluss, dass der Bw entweder am Ende der Gelbphase oder am Beginn der Rotlichtphase mit der unterstellten Durchschnittsgeschwindigkeit die Haltelinie überfahren haben muss. Ist er mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h in die Kreuzung eingefahren, war ihm das Rotlicht bereits mindestens 0,1 sek vor dem Überfahren der Haltelinie erkennbar.

 

Das Gutachten wurde dem Bw zu Handen seines rechtsfreudlichen Vertreters zur Kenntnis gebracht. Dieser hat im Schreiben vom 12. Dezember 2002 bemängelt, dass der Sachverständige die Variante nicht berücksichtigt habe, dass der Bw hinter der Haltelinie verkehrsbedingt zum Stehen gekommen sei, wobei er zu diesem Zeitpunkt zwar die Haltelinie bei Grün, aber noch nicht die Induktionsschleife überfahren habe. Nach dem Anhalten des Gegenverkehrs habe er stark beschleunigt, sodass der Pkw beim Erreichen der Induktionsschleife eine über 2,8 km/h liegende Geschwindigkeit hatte.

 

Dazu hat der Amtssachverständige am 23. Jänner 2003 ergänzend ausgeführt, dass es zwar grundsätzlich möglich sei, dass der vom Bw gelenkte Pkw bei Grün bis zu einer Position nach der Haltelinie, jedoch vor der Induktionsschleife einfuhr und dort so lange gestanden sei, bis durch das Weiterfahren die Rotlichtüberwachung ausgelöst wurde, jedoch liege zwischen den beiden "Rotlichtfotos" eine Zeitspanne von 1 sek. Unterstelle man eine Zeitmessungenauigkeit je Foto von 0,1 sek zugunsten des Bw, so hätte der Pkw in einer Zeit von 1,2 sek eine Strecke von 6 bis 6,5 m zurücklegen müssen. Bei der Länge eines VW-Passat von ca 4,6 m und unter Außerachtlassung des zusätzlich gefahrenen Weges von ca 1,5 bis 2 m ergäbe dies eine Anfahrbeschleunigung von ca 6,3 m, die nur im Rennsport zu realisieren sei. Die Ausführungen des Bw in der Stellungnahme von 12. Dezember 2002 hat der Sachverständige daher als techisch nicht nachvollziehbar bezeichnet.

 

Der Bw blieb in seiner abschließenden Stellungnahme vom 17. Februar 2003 bei seiner Schilderung des Vorfalls, vermochte den technischen Ausführungen jedoch nichts entgegenzusetzen.

Vonseiten des Unabhängigen Verwaltungssenates ist zu sagen, dass es nicht Aufgabe eines Sachverständigen sein kann, "Varianten" zu errechnen, um dem Bw

 

 

Spielraum für entsprechende verschiedene Verantwortungsmöglichkeiten zu eröffnen.

Der Bw hat sich überhaupt erst in der Berufung erstmals zum Tatvorwurf geäußert, obwohl ihm dieser schon zuvor in ausreichend konkretisierter Form zur Kenntnis gebracht worden war. Seine Verantwortung wurde vom Amtssachverständigen in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise als in technischer Hinsicht unrealistisch erkannt. Ein Gegengutachten auf gleicher fachlicher Ebene wurde vom Bw nicht vorgelegt und seine Schilderung lediglich pauschal, aber ohne Begründung aufrechterhalten.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 38 Abs.5 StVO 1960 gilt rotes Licht als Zeichen für "Halt". Bei diesem Zeichen haben die Lenker von Fahrzeugen unbeschadet der - hier mangels vorhandener Richtungspfeile unbeachtlicher - Bestimmungen des Abs.7 und des - ebenfalls mangels Straßenbahn unbeachtlichen - § 53 Z10a StVO ("Straßenbahn biegt bei Gelb oder Rot ein") an den im Abs.1 bezeichneten Stellen anzuhalten, dh wenn wie im gegenständlichen Fall eine Haltelinie vorhanden ist, vor der Haltelinie.

 

Grundlage für den Tatvorwurf waren zwei im Abstand von 1 sek ausgelösten Fotos der bei der Kreuzung Salzburger Straße - Vogelweiderstraße in Wels installierten Rotlichtkamera, die für den Tatzeitpunkt 29. Oktober 2001,15.41 Uhr, den vom Bw gelenkten Pkw jeweils bei Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage in zwei verschiedenen Positionen, dh in Bewegung, zeigen, die vom Sachverständigen mit ca 26 bis 28 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit errechnet wurde.

Der Sachverständige hat dezidiert ausgeschlossen, dass der Bw bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren ist, aufgrund der Verkehrslage warten musste und erst bei Rotlicht in der Lage war, die Kreuzung zu räumen. Er hat auch dezidiert ausgeschlossen, dass der Bw dabei zwar die Haltelinie, nicht aber die Induktionsschleife überfahren haben könnte.

Wenn bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h der Bw bereits mindestens 0,1 sek vor dem Überfahren der Haltelinie in der Lage war, das Rotlicht zu erkennen, musste er dies erst recht für eine längere Zeitspanne bei der vom Amtssachverständigen errechneten Durchschnittsgeschwindigkeit von 23 bis 31 km/h im Abschnitt zwischen Haltelinie und Induktionsschleife. Wenn der Pkw vor dem Überfahren der Haltelinie abgebremst wurde - was angesichts des Fahrmanövers (Linkseinbiegen), der vor ihm auf den Fotos ersichtlichen Pkw, der vom Sachverständigen beobachteten üblichen Geschwindigkeit im dortigen Kreuzungsbereich und dem Leuchten der Bremslichter am vom Bw gelenkten Pkw anzunehmen ist - , war diese Zeitspanne noch länger. Abgesehen davon ist nach dem Beginn des Grünblinkens die weitere Abfolge von Gelb- und Rotlicht für jeden Fahrzeuglenker vorhersehbar.

 

 

 

Aus all diesen Überlegungen gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe bzw bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

 

Die Erstinstanz hat - zutreffend - die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw als mildernd, hingegen nichts als erschwerend gewertet und in Ermangelung irgendwelcher Angaben des Bw dessen finanziellen Verhältnisse geschätzt (ca 1.500 Euro monatlich, keine Sorgepflichten, kein Vermögen). Dem hat der Bw nicht widersprochen, sodass auch im Rechtsmittelverfahren von dieser Schätzung ausgegangen werden konnte.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die Strafe liegt unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG bei nicht geringem Unrechts- und Schuldgehalt - Ignorieren des Rotlichts stellt eine Verletzung eines elementaren Grundsatzes der Straßenverkehrsordnung dar, bedeutet ein hohes Maß an Unzuverlässigkeit und verstößt massiv gegen den Vertrauensgrundsatz - noch im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmes, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll insbesondere den Bw zur genauesten Beachtung der elementaren Grundregeln im Straßenverkehr anhalten.

Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens angemessen. Eine Strafherabsetzung ist nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Beweisverfahren ergab Nichtbeachtung des Rotlichts

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