Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-162391/2/Fra/Sta

Linz, 22.10.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn N B, geb. , vertreten durch die Herren Rechtsanwälte G – B – T, F, D-34 K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Juni 2007, VerkR96-22548-2005/Bru/Pus, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG),  zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG;

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 106 Abs.1b KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden) verhängt, weil er als Lenker eines Kraftwagens bei der Beförderung von 4 Kindern unter 12 Jahren, welche kleiner als 150 cm waren, auf Sitzplätzen, die mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet waren, nicht dafür gesorgt hat, dass geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet wurden.

Tatort: Gemeinde E, auf der A, Strkm. 16, in Fahrtrichtung W.

Tatzeit: 16.7.2005, 01.25 Uhr.

Fahrzeug: Kennzeichen KS.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch die ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft  Linz-Land - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Vorerst war zu prüfen, ob sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet. Dies ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

Bereits im ordentlichen Verfahren brachte der Bw unter anderem rechtliche Argumente vor. Er argumentierte, dass lediglich von einer Tat im Rechtssinne auszugehen und nicht von vier Taten, weil vier Kinder nicht ordnungsgemäß im Fahrzeug angeschnallt gewesen seien. Es läge sohin ein so genannter gemeinsamer Tatentschluss, nämlich die Kinder in der festgestellten Art zu befördern, vor. Die Tatausführung sei identisch, sodass lediglich eine Tat anzunehmen sei. In seiner Stellungnahme vom 13.11.2006 an die belangte Behörde bedankte sich der Bw für die Überlassung der hier maßgeblichen Rechtsquelle und vertrat die Meinung, dass aus der Formulierung "Kinder" in § 106 Abs.1b KFG 1967 der Tatbegriff herzuleiten sei. Die Tat bestehe eben darin, dass alle im Fahrzeug befindlichen Kinder – nur dann mache der Plural Sinn – nicht ordnungsgemäß gesichert worden seien. Der Gesetzgeber habe ganz offensichtlich die gefährliche Beförderung der Insassen, hier die Kinder, unter Strafe stellen wollen. Es liege daher seiner Auffassung nach nach wie vor eine Tat vor, wenn gegen diese besondere Beförderungspflicht und Sicherungspflicht verstoßen worden ist. Wenn der Gesetzgeber eine andere Regelung hätte finden wollen, wäre es sicherlich ein Leichtes gewesen, dies auch entsprechend zu formulieren, indem beispielsweise die Formulierung gewählt worden wäre, dass "jedes Kind" entsprechend zu sichern ist. Dann hätte man durchaus argumentieren können, dass die unter Strafe stehende Handlung darin bestehe, dass jeweils ein Kind nicht gesichert wurde. Im vorliegenden Fall sei jedoch die Bestimmung so formuliert worden, dass die Beförderung von Kindern ohne die notwendige Sicherungsmaßnahme unter Strafe steht.

 

In seinem Rechtsmittel gegen das angefochtene Straferkenntnis macht der Bw Verfahrensmängel insofern geltend, als er behaupte, der Sachverhalt sei nicht vollständig ermittelt worden. Gemäß Beilage acht der Akte seien lediglich drei Kinder nicht ordnungsgemäß in dem Fahrzeug transportiert worden. Das Kind S sei auf dem Vordersitz gesessen. Dort habe sich auch ein Kindersitz befunden. Jedenfalls sei das Kind S ordnungsgemäß entsprechend den Bestimmungen in § 106 KFG 1967 befördert worden.

 

Im Hinblick auf die Ausführungen des Bw hätte sich sohin die belangte Behörde im angefochtenen Straferkenntnis nicht nur mit der Strafbemessung beschäftigen müssen, sondern hätte auch zum Schuldspruch entsprechende Feststellung zu treffen gehabt. Wenngleich der Bw im seinem Rechtsmittel abschließend nur die Herabsetzung der Strafe beantragt, kann dies im Ergebnis nur als Folge seiner rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen interpretiert werden. Die Berufung wird daher als "volle" Berufung, sohin als ein Rechtsmittel gegen den Schuld- und Strafausspruch gewertet.

 

Da der Schuldspruch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, war zuerst zu prüfen, ob eine rechtzeitige und taugliche Verfolgungshandlung vorliegt.

 

Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

 

Gemäß § 31 Abs.2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört.

 

Die dem Bw zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wurde am 16. Juli 2005 begangen. Die Verfolgungsverjährungsfrist ist somit am 16. Jänner 2006 abgelaufen. Die belangte Behörde setzte mit der Strafverfügung vom 24. Jänner 2006 die erste Verfolgungshandlung.

 

Gemäß Artikel IV Abs.2 Verkehrsrechts-Anpassungsgesetz 1971, BGBl. Nr.  274, ist die Zeit von der Erstattung der Strafanzeige wegen eines Verkehrsunfalls bis zum Einlangen der Mittlung nach Abs.1 dieser Gesetzesstellen (dass die Anzeige vom öffentlichen Ankläger zurückgelegt oder das gerichtliche Verfahren rechtskräftig ohne Schuldspruch des angezeigten beendet wurde) bei der zuständigen Verwaltungsbehörde in die Verjährungsfrist (§ 31 Abs.2 VStG) nicht einzurechnen. Im gegenständlichen Fall ist diese Anzeige am 13. Jänner 2006 bei der belangten Behörde eingelangt. Die Verfolgungsverjährungsfrist hinsichtlich Verwaltungsübertretungen, die mit dem Verkehrsunfall im untrennbaren Zusammenhang standen, begann sohin mit diesem Tag zu laufen, nicht jedoch die inkriminierte Verwaltungsübertretung, welche völlig unabhängig von dem stattgefundenen Verkehrsunfall begangen wurde und mit diesem Verkehrsunfall in keinem untrennbaren Zusammenhang steht, zumal es auch auf Verletzungsfolgen nicht ankam.

 

Es liegt sohin hinsichtlich des gegenständlichen Tatvorwurfes Verfolgungsverjährung vor, welche der Oö. Verwaltungssenat von Amts wegen wahrzunehmen hat. Daraus resultiert die spruchgemäße Entscheidung.

 

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum