Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162540/4/Ki/Da

Linz, 18.10.2007

 

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des R S, S, S, vom 14.9.2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 11.9.2007, VerkR96-1137-2007-Wg/Bau, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.    Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm  §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit Straferkenntnis vom 11.9.2007, VerkR96-1137-2007-Wg/Bau, den Berufungswerber für schuldig befunden, er habe am 30.4.2007, 18.30 Uhr mit dem Fahrzeug "Sattelzugfahrzeug, SD-" in der Gemeinde Fraham, Firmenzufahrt Fa. P, F, A, als Lenker dieses Sattelzugfahrzeuges mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt. Er habe dadurch § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 verletzt. Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 wurde eine Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weiters wurde er zu einem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens verpflichtet.

 

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob dagegen mit Schriftsatz vom 19.4.2007 Berufung mit dem Ersuchen um Einstellung des Verfahrens.

 

Neben einem Hinweis auf seine Einsprüche vom 17.5.2007 und 13.6.2007 argumentiert er, dass ein eventueller Verfahrensfehler vorliegen könne, da der zuständige Sachbearbeiter auch seinen Einspruch bearbeitet hätte.

 

In seinem Einspruch vom 17.5.2007 argumentierte der Rechtsmittelwerber, er habe von diesem Unfall nichts bemerkt und somit keine Unfallmeldung machen können.

 

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Weiters wurde das Gutachten eines verkehrstechnischen Amtssachverständigen zur Frage der Erkennbarkeit des gegenständlichen Verkehrsunfalles eingeholt.

 

Von der Durchführung der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige der Polizeiinspektion Eferding vom 8.5.2007 zu Grunde. Danach streifte der Berufungswerber mit dem Sattelauflieger SD-, gezogen mit dem Zugfahrzeug SD- einen an der Nordseite der Fa. P abgestellten italienischen Kombi C und beschädigte diesen an der linken hinteren Seitenwand. Die Schäden an den beteiligten Fahrzeugen sind durch im Akt aufliegende Lichtbilder dokumentiert.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige führte in seinem Gutachten vom 15.10.2007, VT-010191/1273-2007-He aus, dass Verkehrsunfälle mit Sachschaden grundsätzlich akustisch, optisch oder als Stoßreaktion ("Ruck") wahrnehmbar sind.

 

Bei der laut Verfahrensakt angegebenen Kontaktierung wurden bedingt durch den daraus entstandenen Sachschaden Anstoßgeräusche verursacht, die durch den üblichen Straßen- bzw. Umgebungslärm sowie durch das übliche Betriebsgeräusch des LKW überlagert werden können. Daher ist eine sichere akustische Wahrnehmung des Anstoßes nicht nachweisbar.

 

Zur Wahrnehmung des Verkehrsunfalles auf Grund der Stoßreaktion wird festgehalten, dass dies möglich ist, wenn das anstoßende Fahrzeug erschüttert wird, und somit die Fühlschwelle des Beschuldigten überschritten wurde.

 

Im gegenständlichen Fall kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte den Anstoß wahrgenommen hat, da nicht sichergestellt werden kann, dass der bei der Kontaktierung zwischen LKW und PKW entstandene "Ruck" die Wahrnehmungsschwelle überstiegen hat.

 

Unter Zugrundelegung der Schadensbilder des LKW und des beschädigten PKW ist auf Grund der Sichtmöglichkeiten festzustellen, dass der gegenständliche Verkehrsunfall als optisch nicht wahrnehmbar einzustufen ist, da durch das Rechtseinbiegen des LKW die Schadensstellen (linke hintere Begrenzungsleuchte am LKW, linke hintere Seitenwand am PKW) nicht im Sichtfeld des Herrn S lagen.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der gegenständliche Verkehrsunfall aus technischer Sicht als nicht wahrnehmbar einzustufen ist, da die Schadensstellen beider Fahrzeuge zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes nicht im Sichtfeld des Herrn S lagen.

 

I.6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Dazu wird zunächst festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Danach ist eine Bestrafung nur zulässig, wenn nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung keine Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben.

 

Wie die Erstbehörde zu Recht in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ausführt, ist für die im § 4 StVO 1960 normierten Handlungspflichten nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur das objektive Tatbestandsmerkmal des ursächlichen Zusammenhanges mit dem Verkehrsunfall Voraussetzung, sondern auch in subjektiver Hinsicht das Wissen oder auch fahrlässige Nichtwissen vom Eintritt eines derartigen Schadens. Der Tatbestand ist demnach schon dann gegeben, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte.

 

Im vorliegenden Falle hat jedoch der verkehrstechnische Amtssachverständige in seinem Gutachten vom 15.10.2007 festgehalten, dass der gegenständliche Verkehrsunfall aus technischer Sicht als nicht wahrnehmbar einzustufen ist, da die Schadensstellen beider Fahrzeuge zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes nicht im Sichtfeld des Herrn S lagen. Die erkennende Berufungsbehörde erachtet, dass dieses Gutachten durchaus schlüssig ist und somit der vorliegenden Entscheidung zu Grunde gelegt werden kann.

 

In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird jedoch auch argumentiert, der Berufungswerber hätte infolge der engen Verkehrsverhältnisse die dringende Gefahr erkennen müssen, dass es zu einer Kollision mit dem bezeichneten PKW kommen hätte können und er hätte daher sein Fahrzeug anhalten müssen um sich durch Nachschau zu vergewissern, ob sein Verhalten für einen Verkehrsunfall ursächlich gewesen sei.

 

Dazu vermeint jedoch die erkennende Berufungsbehörde, dass aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen eine derartige Situation nicht rekonstruiert werden kann und es wurde auch seitens des verkehrstechnischen Amtssachverständigen in seinem Gutachten kein Hinweis auf derartige Umstände gegeben. Mangels konkreter Anhaltspunkte kann daher auch dieser Umstand dem Beschuldigten nicht zur Last gelegt werden.

 

In Anbetracht all dieser Umstände kann daher dem Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht erwiesen werden, weshalb in Entsprechung der obzitierten Bestimmung des § 45 Abs.1 Z1 VStG der Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

                                                        Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

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