Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162264/2/Fra/Sta

Linz, 09.10.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn M V, N, 43 S, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. R F, H, 43 S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 9.5.2007,Zl. S 23.831/06-4, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z3 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 102 Abs.1 iVm § 101 Abs.1 lit. e KFG 1967 gemäß § 134 Abs.1 leg.cit. eine Geldstrafe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er am 12.6.2006 um 16.25 Uhr in L, D vor Nr. , Richtung stadteinwärts, das KFZ KZ.: U gelenkt und sich vor Inbetriebnahme nicht zumutbar vom vorschriftsmäßigen Zustand überzeugt hat, da er eine Holzleiter derart im Fahrgastraum (Beifahrerseite) verstaute, wodurch es beispielsweise bei einem Auffahrunfall zu schweren Verletzungen des Beifahrers gekommen wäre.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Der Bw bringt unter anderem vor, dass es sich beim gegenständlichen Fahrzeug um einen viertürigen VW-Golf handelt, bei welchem die Beifahrersitzlehne nicht mit einem Mechanismus zum Vorklappen ausgestattet sei. Er habe unter anderem ein Sachverständigengutachten zu der Frage beantragt, ob die im normalen Fahrbetrieb erzielten Brems- und Ausweichmanöver derartige Verzögerungs- und Beschleunigungskräfte aufbauen können, dass dadurch unweigerlich ein Verrutschen der Leiter verursacht wird. Die belangte Behörde vermeine allerdings in vorgreifender Beweiswürdigung, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht erforderlich wäre, weil aus den Fotos ersichtlich sei, dass die Leiter zwischen erster und zweiter Sprosse über die Kopfstütze des Beifahrers eingehängt gewesen sei. Die Frage, welche Verzögerungs- und Beschleunigungskräfte im Fahrzeuginneren auftreten können, sei eine rein technische, die ein Sachverständiger zur klären habe.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 101 Abs.1 lit. e KFG 1967 ist unbeschadet der Bestimmungen der Abs.2 und 5 die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhängern nur zulässig, wenn die Ladung und auch einzelnen Teile dieser, auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sind, dass sie den im

normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und

der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und

niemand gefährdet wird.

Diese Bestimmung enthält sohin drei Tatbilder.

 

Der Spruch eines Straferkenntnisses muss die als erwiesen angenommene Tat mit allen Merkmalen des gesetzlichen Tatbestandes enthalten. Die Regelung des § 44a Z1 VStG erfordert somit, die als erwiesen angenommene Tat im Spruch entsprechend zu konkretisieren, wozu es der Anführung aller Tatbestandsmerkmale bedarf, die zur Individualisierung und Konkretisierung des Verhaltens erforderlich sind. Zu dieser Konkretisierung des Tatvorwurfes im Sinne des § 44a Z1 leg.cit. ist die individualisierte Beschreibung jener Handlungen erforderlich, die dem Täter als inkriminiertes Verhalten (Handlung oder Unterlassung) zur Last gelegt werden. Dies bedeutet, dass die Sachverhaltselemente im Spruch des Straferkenntnisses derart festgestellt werden müssen, dass unmissverständlich klargestellt ist, welche Tat als erwiesen angenommen wurde. Der Spruch ist demnach so hinreichend zu konkretisieren, dass über den Inhalt dessen, was dem Beschuldigten zum Vorwurf gemacht wird, kein Zweifel bestehen kann.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht nicht den oa Kriterien, welche der VwGH in langjähriger Judikatur entwickelt hat.

 

Den Tatvorwurf, eine Holzleiter verstaut zu haben, enthält nicht die Merkmale des Tatbestandes des § 101 Abs.1 lit. e KFG 1967. Es findet sich zwar im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Halbsatz "wodurch es beispielsweise bei einem Auffahrunfall zu schweren Verletzungen des Beifahrers gekommen wäre". Diese Umschreibung ist jedoch lediglich eine Schlussfolgerung der belangten Behörde und keineswegs zwingend. Dies Schlussfolgerung könnte zwar dahingehend interpretiert werden, dass die belangte Behörde zunächst den dritten Fall des § 101 Abs.1 lit. e KFG 1967 – Gefährdungstatbestandsmerkmal – als erfüllt betrachtet hat. Aus Rechtsschutzüberlegungen ist es jedoch abzulehnen, dem Beschuldigten eine Pflicht aufzuerlegen, aus unzureichenden Tatumschreibungen interpretativ zu ermitteln, was ihm nun konkret zur Last gelegt wird.

Mit Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Linz vom 8.1.2007, GZ. S-23831/06-4, wurde erstmals genauer auf die Tatbildmerkmale eingegangen. Das Parteiengehör wurde mit "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 18.1.2007 gewahrt. Dies erfolgte jedoch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist. Da sohin während dieser Frist keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb schon aus diesem Grunde spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Der Vollständigkeit halber wird abschließend noch festgehalten, dass zur abschließenden Beurteilung, ob der Bw den Tatbestand auch tatsächlich zu verantworten hätte, das vom Bw relevierte Sachverständigengutachten einzuholen gewesen wäre.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfiel die Durchführung einer Berufungsverhandlung.

 

5. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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