Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310306/11/Kü/Hu

Linz, 19.10.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn F M sen., H, W, vom 13. November 2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. November 2006, Zl. UR96-16-2006, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. Juni 2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. November 2006, Zl. UR96-16-2006, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z3 iVm § 15 Abs.3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 700 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden, verhängt, weil er, wie anlässlich eines Lokalaugenscheins durch das Amt der Oö. Landesregierung, Umweltrechtsabteilung, am 24. April 2006 festgestellt wurde, auf den Grundstücken Nr. … und …, beide KG W, Gemeinde S, Baurestmassen wie nicht recyclierte, mineralische Baurestmassen, Asbestzement und teilweise mit nicht mineralischen Baurestmassen (Kunststoffe etc.) vermengt, in einem Ausmaß von 80 m x 10 - 15 m x 35 cm abgelagert hat, obwohl gemäß § 15 Abs.3 AWG 2002, Abfälle außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass vor Ort beobachtbar gewesen sei, dass geländegestaltende Maßnahmen mit Erdmaterial auf Grundstück Nr. … und …, vorgenommen werden sollten und der ca. 10 – 15 m breite Streifen zur besseren Befahrbarkeit der „Straße“ mit Baurestmassen angeschüttet worden sei. Laut Auskunft der BH Linz-Land hätte bestätigt werden können, dass keine Genehmigung (bzw. kein Antrag auf Genehmigung) für geländegestaltende Maßnahmen für die beiden Grundstücke vorliegen würde. Der Lokalaugenschein am 29.6.2006 habe ergeben, dass die Schüttung großteils mit Erdmaterialien (ca. 1 bis 1,5 m hoch) überdeckt worden sei.

 

Bei seiner Einvernahme bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land habe sich der Beschuldigte durch seine Tochter vertreten lassen, die die Angaben der Umweltrechtsabteilung bestätigt habe und angegeben habe, dass sie nichts mit der Sache zu tun hätte, sondern allein der Beschuldigte die Angelegenheit zu vertreten habe.

 

Durch die Tat seien die Belange einer geordneten Abfallwirtschaft zumindest nicht unwesentlich geschädigt worden, zumal die Durchführung der Ablagerung mit anschließender Humusierung durchaus Vorsatz erkennen ließe. Die außerordentliche Milde der Strafbemessung könne nur durch die bisherige Unbescholtenheit in Angelegenheiten des Umweltrechts und unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse getroffen werden.

 

2.   Dagegen wurde rechtzeitig vom Bw Berufung eingebracht und diese über Aufforderung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat wie folgt begründet:

 

Die in der Anzeige vorgebrachten Vorwürfe würden insofern nicht stimmen, da es sich bei dem aufgebrachten Material um gebrochenes Recyclingmaterial aus seinem Firmenareal handle. Die Straße sei bereits im Dezember 2005 errichtet worden und würde infolge, nachdem der Hang aufgeforstet würde, als Forststraße verwendet.   

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 20. November 2006 die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5. Juni 2007, an der in Vertretung des Bw dessen Sohn teilgenommen hat.  

 

4.1. Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. Jänner 2006, ForstR10-20-2004, wurde Frau E und Herrn F M, H, W, die dauernde Rodungsbewilligung im Ausmaß von 5.331 auf Grundstücken Nr. … und …, beide KG H, Gemeinde H, zwecks Erweiterung des Betriebsgeländes erteilt.

In den Auflagen dieser Rodungsbewilligung wurde festgehalten, dass als Ersatz für die gesamte beantragte Rodung auf den Parzellen …, …, …, alle KG W, eine Ersatzaufforstung im Ausmaß von mindestens 22.900 vorzunehmen ist.

 

Die Grundstücke, auf denen die Ersatzaufforstung durchzuführen ist, befinden sich im Nahbereich des Firmengeländes der F M GmbH.

 

Aufgrund dieser behördlichen Vorschreibung wurde von der F M GmbH mit der Landesstraßenverwaltung Kontakt aufgenommen und die Genehmigung eingeholt, dass entlang der W Landesstraße ein Wald aufgeforstet werden kann. Von der Landesstraßenverwaltung wurde allerdings die Bedingung gesetzt, dass der Wald ca. 6 bis 7 m von der Landesstraße entfernt sein muss.

 

Die Grundstücke für die Ersatzaufforstung stellten im ursprünglichen Zustand eine Mulde dar, sodass von der F M GmbH in Abstimmung mit dem forsttechnischen Sachverständigen geplant war, das Gelände auf das Niveau der Landesstraße anzupassen. In der Folge wurden daher die Grundstücke Nr. … und … , KG W, mit Erdmaterial in der Höhe von 1 bis 1,20 m aufgefüllt. Zur W Landesstraße hin wurde an den Erdaushub angrenzend ein Streifen in einer Breite von 4 m mit Baurestmassenrecyclingmaterial aufgeschüttet. Zweck dieser Aufschüttung war die Errichtung eines Unterbaus für eine Straße. Die neue Straße soll als Zufahrt zu bestehenden Fischteichen und einem Gehege dienen, die bisherigen Zufahrt durch Waldgebiet sollte damit aufgelassen werden.

 

Das aufgeschüttete Baurestmassenrecyclingmaterial stammt aus dem Firmengelände der F M GmbH. Das Material wurde mit einem Brecher auf die Größe 0 bis 200  mm gebrochen. Der Fremdanteil im aufgeschütteten Material liegt unter 1 %.

 

Am 24. April 2006 wurde von einer Sachbearbeiterin des Amtes der Oö. Landesregierung, Umweltrechtsabteilung, ein Lokalaugenschein bei der gegenständlichen Aufschüttung durchgeführt. Im Aktenvermerk über den Lokalaugenschein wurde festgehalten, dass vor Ort beobachtbar war, dass geländegestaltende Maßnahmen mit Erdmaterial auf dem Grundstück Nr. … und …, KG W, vorgenommen werden sollen und der ca. 10 – 15 m breite Streifen  zur besseren Befahrbarkeit als Straße mit Baurestmassen angeschüttet wurde. Laut Ausführungen der Sachbearbeiterin war nicht recyclierte mineralische Baurestmassen, teilweise vermengt mit Asbestzement und teilweise vermengt mit nicht mineralischen Baurestmassen vorzufinden. Bei den verwendeten Materialien war nicht erkennbar, dass diese in einer Recyclinganlage aufbereitet wurden.

 

Diesen Feststellungen der Sachbearbeiterin im Aktenvermerk widersprechen die im Zuge des Lokalaugenscheins aufgenommenen Lichtbilder. Darin ist nicht ersichtlich, dass ein 10 – 15 m breiter Streifen mit Baurestmassen aufgeschüttet wurde bzw. ist auch nicht ersichtlich, dass die zur Anschüttung gelangenden Baurestmassen nicht aus einer Recyclinganlage stammen sollen. An Fremdstoffen der Aufschüttung ist lediglich ein Stück Kunststoff-Siphon erkennbar. Ansonsten sind auf diesen Lichtbildern keine Fremdstoffe zu sehen. Außerdem finden sich auf den Lichtbildern keine Hinweise darauf, dass Asbestzement zur Aufschüttung verwendet wurde. Insgesamt ist daher festzustellen, dass die aufgenommenen Lichtbilder nicht mit der verbalen Beschreibung übereinstimmen.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf den schlüssigen Ausführungen des Vertreters des Bw, welche zudem durch die Lichtbilder, welche beim Lokalaugenschein am 24. April 2006 aufgenommen wurden, eindeutig bestätigt werden. Aus den Lichtbildern ergibt sich nachvollziehbar, dass vorbehandelte Baurestmassen in einer Größe von 0 bis 200 mm zur Aufschüttung als Unterbau für eine Straße gelangt sind. Es erscheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat unverständlich, wie aufgrund der angefertigten Lichtbilder eine verbale Beschreibung dahingehend zustande gekommen ist, dass nicht recyclierte Baurestmassen, Asbestzement und Fremdanteile wie Kunststoffe zur Aufschüttung gelangt sein sollen. Die Fotos zeigen auf der gesamten Fläche lediglich einen Siphon, der in den Ablagerungen zu sehen war, der als geringfügige Beimengung eines Fremdanteiles gewertet werden kann. Insgesamt ist daher die Feststellung der Sachbearbeiterin zu den Aufschüttungen nicht nachvollziehbar und liefert diese keinen Beweis bezüglich der angelasteten Aufschüttungen des gegenständlichen Geländes.

 

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.1 AWG 2002 sind Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1.    deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.    deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs.3) nicht zu beeinträchtigen.

 

§ 1 Abs.3 AWG 2002 lautet:

Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6. Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9. Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.

 

Gemäß § 2 Abs.3 AWG 2002 ist eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes jedenfalls so lange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs.3) erforderlich, so lange

1.    eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.    sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

 

Nach § 2 Abs.5 AWG 2002 ist „stoffliche Verwertung“ die ökologisch zweckmäßige Behandlung von Abfällen zur Nutzung der stofflichen Eigenschaften des Ausgangsmaterials mit dem Hauptzweck, die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar für die Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten zu verwenden, ausgenommen die Abfälle oder die aus ihnen gewonnen Stoffe werden einer thermischen Verwertung zugeführt.

 

Nach § 15 Abs.3 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von

1.    hiefür genehmigten Anlagen oder

2.    für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

 

5.2. Wie bereits in den Sachverhaltsfeststellungen dargestellt, liegt keinerlei Beweis dafür vor, dass der Bw nicht recyclierte mineralische Baurestmassen, Asbestzement teilweise mit Kunststoffen vermengt auf den gegenständlichen Grundstücken zur Aufschüttung gebracht hat. Es ist mit den abfallwirtschaftsrechtlichen Vorschriften nicht unvereinbar, dass für den Unterbau einer Forststraße mit einem Brecher vorbehandelte Baurestmassen als Ersatz für Rohstoffe Verwendung finden, weshalb grundsätzlich von einer stofflichen Verwertung dieser Materialien ausgegangen werden kann. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind keine anderen Feststellungen darüber möglich, ob die im Spruch aufgelisteten Materialien tatsächlich Verwendung gefunden haben. Anhand der aufgenommenen Lichtbilder über den Lokalaugenschein vom 24. April 2006 ist jedenfalls nicht erwiesen, dass unbehandelte Baurestmassen auf dem Wiesengrundstück neben der W Landesstraße gleichsam entsorgt werden sollten. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die vorgefundenen behandelten Baurestmassen entgegen § 15 Abs.3 AWG 2002 gelagert wurden, zumal nachträglich auch keine Feststellung darüber getroffen werden kann, inwieweit es sich beim Ort der Lagerung der Materialien um einen ungeeigneten Ort im Sinne des AWG 2002 handeln soll.

 

Aus den bereits erwähnten Gründen war daher der Darstellung des Vertreters des Bw Folge zu geben und festzustellen, dass der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Das gegenständliche Verwaltungs­strafverfahren war daher einzustellen.

 

 

6. Da das gegenständliche Strafverfahren einzustellen war, entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Kühberger

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum