Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521735/4/Zo/Bb/Jo

Linz, 15.10.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn B F, geb. , F, vom 26.8.2007, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 7.8.2007, Zl. VerkR21-2007, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und weiterer Anordnungen, zu Recht erkannt:

 

1)     Der Berufungswerber wird verpflichtet, sich binnen eines Monats ab Zustellung der Berufungsentscheidung hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B von einem Amtsarzt untersuchen zu lassen und die für die Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.  

 

2)     Im Übrigen wird der Berufung stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm § 3 Abs.1 Z2, § 7 Abs.1 Z2 und Abs.3 Z11, § 24 Abs.1 Z1 und § 24 Abs.4 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat mit Bescheid vom 7.8.2007,                    Zl. VerkR21-2007, dem Berufungswerber die Lenkberechtigung der Klassen AV, A und B für einen Zeitraum von einem Jahr, gerechnet ab Rechtskraft des Bescheides, entzogen und ausgesprochen, dass sich diese Entziehung auch auf eine allfällig von einer Behörde eines EWR-Staates erteilte oder innerhalb der Entziehungsdauer zukünftig erteilte ausländische Lenkberechtigung erstreckt. Ferner wurde dem Berufungswerber das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung wurde ihm auch das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges verboten. Gleichzeitig wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige (suchtmittelauffällige) Kraftfahrzeuglenker innerhalb der Entziehungs-/Verbotsdauer angeordnet und der Berufungswerber aufgefordert, sich innerhalb der Entziehungsdauer von einem Amtsarzt einer im Bundesland Oberösterreich gelegenen Bezirkshauptmannschaft hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen, untersuchen zu lassen. Dem Berufungswerber wurde auch aufgetragen, seinen Führerschein, einen allfällig vorhandenen ausländischen Führerschein sowie seinen Mopedausweis unverzüglich ab Vollstreckbarkeit des Bescheides abzuliefern.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber im Ergebnis vorbringt, dass er am 9.8.2007 bei der stattgefundenen Hauptverhandlung vom Bezirksgericht Linz nach § 27 Abs.1 SMG verurteilt worden sei. Er habe keine strafbare Handlung nach § 28 Abs.2 – 5 oder         § 31 Abs.2 SMG begangen. Seiner Meinung nach hätte in diesem Fall kein Führerscheinentzugsbescheid an ihn ergehen dürfen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden              (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt und Einholung des Urteiles des Bezirksgerichtes Linz vom 9.8.2007,        AZ. 14 U/07p. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und war nicht erforderlich, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

 

4.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

 

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 9.8.2007, AZ. 14 U/07p, wurde der Berufungswerber unter Punkt 1) des Vergehens nach § 27 Abs.1 erster und zweiter Fall Suchtmittelgesetz - SMG, unter Punkt 2) nach § 27 Abs.1 erster, zweiter und sechster Fall SMG als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall Strafgesetzbuch - StGB und unter Punkt 3) dieses Urteils des Vergehens nach § 27 Abs.1 erster, zweiter und sechster Fall SMG als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB für schuldig erkannt und gemäß § 27 Abs.1 SMG unter Anwendung der §§ 28 und 36 StGB zu einer Geldstrafe von insgesamt 1.500 Euro (100 Tagsätze à 15 Euro), im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tagen verurteilt, wobei gemäß § 43 Abs.1 StGB die Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

 

Nach den Feststellungen des Strafurteils hat der Berufungswerber in Linz und anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider

1)     Suchtgift erworben und zum Eigenkonsum besessen, indem er a) im Zeitraum Ende März 2006 bis Ende Juni 2006 zumindest 12 g in wöchentlichen Teilkäufen von 1 bis 2 g Cannabiskraut zum Preis von 10 bis 12 Euro, b) im Zeitraum Anfang Juli 2006 bis 31.1.2007 zumindest 84 g in wöchentlichen drei bis fünf Teilkäufen von je 1 bis 2 g Cannabiskraut zum Preis von 10 bis 12 Euro und c) im Zeitraum Anfang Februar bis Ende März 2007 zumindest 4 g in monatlich zwei Teilkäufen von je 1 bis 2 g Cannabiskraut zum Preis von 10 bis 12 Euro von unbekannten Personen ankaufte und bis zum Eigenkonsum besaß,

2)     andere dazu bestimmt hat, Suchtgift zu erwerben, zu besitzen und ihm zu überlassen, indem er im Zeitraum Februar bis März 2007 abwechselnd an zwei namentlich genannte Personen wöchentlich 20 bis 40 Euro aushändigte und die jeweils mit dem Kauf und der Übergabe an ihn von 2 bis 4 g Cannabiskraut, sohin insgesamt zumindest 16 g, beauftragte und

3)     dadurch beigetragen hat, Suchtgifte zu erwerben, zu besitzen und anderen zu überlassen, indem er im Zeitraum Juni/Juli 2006 bis 31.1.2007 eine näher bezeichnete Person mit seinem Pkw Alfa 145, zu Beschaffungsfahrten zu einem näher genannten Hochhaus chauffierte, wo diese Person von unbekannten Personen über Auftrag seiner Freunde in Teilmengen von jeweils 8 bis 12 g Cannabiskraut zum Preis von 10 bis 12 Euro ankaufte und seinen Freunden überbrachte.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 Suchtmittelgesetz - SMG, BGBl. I Nr. 112/1997, begangen hat.

 

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist gemäß § 24 Abs.4 FSG ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

5.2. Die Verurteilung des Berufungswerbers erfolgte entsprechend dem rechtskräftigen Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 9.8.2007, AZ: 14 U/07p, wegen Vergehen nach § 27 Abs.1 erster und zweiter Fall SMG, § 27 Abs.1 erster, zweiter und sechster Fall SMG als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB und § 27 Abs.1 erster, zweiter und sechster Fall SMG als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB.

 

§ 7 Abs.3 Z11 FSG schließt definitiv die Verkehrszuverlässigkeit bei Personen aus, die eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 SMG begangen haben. Vergehen nach § 27 SMG sind darin nicht aufgezählt. Dies schließt grundsätzlich nicht aus, auch solche strafbare Handlungen als bestimmte Tatsachen heranzuziehen, weil die Aufzählung in § 7 Abs.3 FSG nur demonstrativ ist             (arg. "insbesondere"). Auch nicht in dieser Aufzählung enthaltene strafbare Handlungen können demnach als bestimmte Tatsachen zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG führen, wenn sie den aufgezählten Straftaten an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen gleichkommen.

 

Im hier zu beurteilenden Fall hat der Berufungswerber im Zeitraum von Ende März 2006 bis Ende März 2007 regelmäßig Suchtmittel (Cannabiskraut) erworben und konsumiert. Ferner hat er im Zeitraum Februar bis März 2007 andere Personen mit dem Kauf von Cannabiskraut und der Übergabe an ihn beauftragt und von Juni/Juli 2006 bis 31.1.2007 als Beitragstäter fungiert, da er eine näher bezeichnete Person zwecks Ankauf von Suchtmitteln nach Linz chauffiert hat. Bei den sogenannten "Beschaffungsfahrten" wurde der Personenkraftwagen des Berufungswerbers verwendet, wobei der Berufungswerber auch der Lenker dieses Fahrzeuges war.

 

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber die angekauften Suchtmittel nicht (gewerbsmäßig gewinnbringend) in Verkehr gesetzt hat, sondern diese bereits oben dargelegten Mengen für den Eigenkonsum bestimmt waren.

Der Besitz von Suchtgift zum Eigenkonsum ist, weil damit eine Gefährdung anderer Personen nicht verbunden ist, gegenüber dem Inverkehrsetzen von Suchtmitteln weniger verwerflich (vgl. z.B. VwGH 20.9.2001, 2001/11/0235). Die vom Berufungswerber begangenen und nicht in § 7 Abs.3 Z11 FSG aufgezählten strafbaren Handlungen nach § 27 SMG sind demzufolge nach ihrer Art und Schwere den aufgezählten strafbaren Handlungen gemäß § 28 SMG nicht gleichzustellen. Der Berufungswerber hat durch sein umschriebenes Verhalten damit keine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Wertungstatsache im Sinne des    § 7 Abs.1 Z2 iVm § 7 Abs.3 Z11 FSG verwirklicht.

 

Es liegt daher im konkreten Fall kein Grund für die Entziehung der Lenkberechtigung und die sonstigen Anordnungen vor, weshalb der angefochtene Bescheid in diesen Punkten zu beheben war.

 

Anders ist die Verpflichtung zur amtsärztlichen Untersuchung zu beurteilen:

 

Auch wenn aus dem Umstand, dass der Berufungswerber regelmäßig über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr Cannabiskraut zu sich genommen hat, eine Abhängigkeit des Berufungswerbers nicht abgeleitet werden kann, bestehen jedoch begründete Bedenken – im Sinne des § 24 Abs.4 FSG – an der Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen, sodass eine amtsärztliche Untersuchung als erforderlich erachtet wird.

In Anbetracht dessen, war die von der Erstinstanz unter Punkt 6 auferlegte Verpflichtung, sich innerhalb der Entziehungsdauer von einem Amtsarzt hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B sowie zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen, untersuchen zu lassen, dahingehend abzuändern, als dass der Berufungswerber gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert wird, sich binnen eines Monats ab Zustellung dieser Berufungsentscheidung hinsichtlich seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B ärztlich untersuchen zu lassen und die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­­­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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