Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150593/15/Bm/Hue

Linz, 17.10.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier nach der am 9. Oktober 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des A S, W, G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F H, Y, H, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 19. Juni 2007, Zl. BauR96-714-2005/Je, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.       Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.  

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er am 31. Juli 2005, 12.50 Uhr, den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen   auf der A1 bei km 171.500, Raststation Ansfelden, in Fahrtrichtung Wien abgestellt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Am Kfz sei eine Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde.

 

2. In der Berufung wird der Tatvorwurf bestritten. Zur Tatzeit sei jedenfalls eine Mautvignette mit dem Originalkleber auf dem Kfz angebracht gewesen. Die Vignette sei bereits zu Jahresanfang 2005 aufgeklebt worden. Dies könne der Sohn des Bw bestätigen. Die Erstbehörde führe im angefochtenen Bescheid aus, dass sie den schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Angaben des Meldungslegers, welcher aufgrund seines Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliege, mehr Glauben schenke, da sich dieser noch genau an den PKW erinnern konnte und es sich dabei um kein alltägliches Modell gehandelt habe. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung berechtige die belangte Behörde nicht davon auszugehen, dass allein die Eigenschaft des nicht als Zeugen vernommenen und unter Strafsanktion zur Wahrheit verpflichteten Organs der öffentlichen Sicherheit schon ausreiche, den leugnenden Beschuldigten der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung als unwiderlegbar überführt und damit als schuldig anzusehen. Unglaubwürdig erscheint dabei, dass sich das Mautaufsichtsorgan ein Jahr nach der Anzeige noch konkret an die noch deutlich sichtbare Folie erinnern habe können. Zudem sei sowohl der Spruch als auch die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses mangelhaft geblieben, da sich diese hinsichtlich des angenommenen Sachverhaltes mit der Verweisung auf den nur dem reinen Gesetzeswortlaut enthaltenen Spruch beschränke. Der gegenständliche Parkplatz unterliege auch nicht der Mautpflicht. Beantragt werde die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers. Auch sei die verhängte Geldstrafe völlig überhöht und nicht tat- und schuldangemessen, die subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat seien nicht berücksichtigt worden. Es würden die Milderungsgründe der Unbescholtenheit, die Nichtherbeiführung eines Schadens und das Wohlverhalten des Bw seit der Tat vorliegen.

 

Beantragt wird die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zu vermeiden (gemeint wohl: zurückzuverweisen).    

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 31. Juli 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz eine Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde. Als Zusatz findet sich noch der Hinweis: "Vignette auf Folie geklebt JVNR.: 25486675".

 

Nach Strafverfügung vom 4. Oktober 2005 äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 7. November 2005 sind im Wesentlichen die Angaben der Anzeige und die Rechtslage wiedergegeben.  

 

Dazu brachte der Bw vor, dass das ASFINAG-Schreiben äußerst allgemein gehalten und zudem nicht vom Mautaufsichtsorgan verfasst worden sei. Beantragt wurde wiederum die Einvernahme des Sohnes des Bw als Zeugen.

 

In einer weiteren Stellungnahme der ASFINAG vom 3. April 2006 ist zusätzlich ergänzt, dass keine Beweisbilder zur Verfügung stehen würden.

 

Dazu rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung.

 

In seiner zeugenschaftlichen Einvernahme am 7. Juni 2006 sagte der Meldungsleger M L Folgendes aus:

"Ich kann mich noch genau erinnern, daß es sich bei dem beanstandeten Auto um einen Oldtimer, der Marke Opel gehandelt hat.

Es ist mir auch noch in Erinnerung, daß man die Folie ziemlich deutlich gesehen hat und deswegen wurde das Auto auch von mir beanstandet. Wenn ich mir nicht sicher bin, warte ich bis entweder der Lenker zum Auto zurückkommt um die Beanstandung vor Ort zu klären und wenn dieser nicht innerhalb der nächsten halben Stunde zum Auto zurückkehrt, wird von mir das Auto ganz sicher nicht beanstandet.

In diesem Fall halte ich jedoch voll inhaltlich an der Anzeige fest."

 

Die darauf folgende Stellungnahme des Bw entspricht im Wesentlichen Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw Fotos von dem gegenständlichen Kfz vor, auf dem die Vignette für das Jahr 2005 ersichtlich ist. Der Bw erklärte, dass der zum Tatzeitpunkt gegebene Zustand der Vignette beibehalten worden und zur Zeit keine Vignette für das Jahr 2007 angebracht sei und er drei PKWs (O A, P und O M) besitze, welche im Jahr 2005 auf das Wechselkennzeichen   und auf seinen Namen angemeldet gewesen seien. Der Bw sei zum Tatzeitpunkt mit dem O A unterwegs gewesen und habe das Kfz bei der Raststation Ansfelden abgestellt. Dieses Fahrzeug werde erst im April/Mai in Betrieb genommen und von ihm eine Jahresvignette angebracht, da dieses Kfz im Sommer als Alltagsfahrzeug verwendet werde. Auf den beiden anderen PKWs seien keine Jahresvignetten angebracht, da diese nur bei Schönwetter und nicht auf Autobahnen benutzt würden. Weiters besitze der Bw noch einen Opel Rekord für Winterfahrten, welcher nicht auf ein Wechselkennzeichen angemeldet sei. Auch auf dieses Kfz sei keine Jahresvignette aufgeklebt, da der Bw auf seinem Weg zur Arbeit keine Autobahn benützen müsse. Sollte dies dennoch notwendig werden, würde der Bw das Auto seiner Gattin benützen, auf dem eine Jahresvignette aufgeklebt sei. Dem Bw sei bewusst, dass die Raststation Ansfelden zur Autobahn gehöre und mautpflichtig sei. Wie auf Foto Nr. 1 erkennbar sei, reiche die Vignette in den Tönungsstreifen hinein.    

 

Vier Fotoaufnahmen wurden zum Akt genommen.

 

Der als Zeuge einvernommene K S sagte aus, dass die Vignette für das Jahr 2005 nach wie vor auf dem in Rede stehenden PKW klebe und die vorgelegten Beweisfotos am heutigen Tag von ihm angefertigt worden seien. Die Vignette 2005 sei vom Vater des Zeugen (=Bw) im April/Mai an der Windschutzscheibe teilweise innerhalb des Tönungsstreifens angebracht worden. Die Vignette sei mit Originalkleber nach Abziehen der Folie ordnungsgemäß aufgeklebt worden. Dies habe der Zeuge selbst gesehen. Der Bw besitze noch einen P und einen als Oldtimer zu wertenden Manta, auf denen keine Vignette angebracht sei. Beide Kfz seien auch nicht zum Fahren auf der Autobahn geeignet. Wenn der Bw die Autobahn benützen müsse, verwende er das Auto seiner Gattin bzw. seiner Schwiegertochter bzw. des Zeugen. Alle würden im selben Haus wohnen.  

 

Das Mautaufsichtsorgan M G sagte in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme aus, dass er am Tattag mit seinem Kollegen L bei der Raststation Ansfelden Dienst verrichtet habe. Die Überprüfung des gegenständlichen Kfz sei nicht mehr erinnerlich. Überprüfungen würden so vorgenommen werden, dass die Mautaufsichtsorgane grundsätzlich alleine durchgehen. Wenn eine möglicherweise manipulierte Vignette auffalle, werde diese von beiden Organen nach dem sogenannten "Vier-Augen-Prinzip" begutachtet. Der Zeuge sei seit 2003 bei der ASFINAG tätig und auch dahingehend eingeschult worden, manipulierte Vignetten erkennen zu können. Aus Erfahrung wisse das Mautaufsichtsorgan, dass Vignetten insoferne manipuliert werden würden, als die Trägerfolie ausgeschnitten und eine beidseitig klebende Folie verwendet werde. Dies erkenne man an den Schnitträndern der Trägerfolie. Auf den zur Einsicht vorgelegten Fotos könne nicht genau erkannt werden, ob die Vignette manipuliert sei. An die Überprüfung könne sich der Zeuge nicht mehr erinnern, da die Anzeige der Kollege aufgenommen habe. Seit kurzem würden manipulierte Vignetten fotografiert werden. Damals seien jedoch noch keine Fotoaufnahmen angefertigt worden.

 

Beantragt wurde die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Vignette zur Tatzeit ordnungsgemäß ­mit dem Originalkleber auf der Windschutzscheibe aufgeklebt war.

 

Da der Meldungsleger M L trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne Angabe von Gründen zur öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist, konnte er zu seinen Feststellungen und Beobachtungen nicht befragt werden. Dessen Feststellungen in der Anzeige über die Verwendung einer Folie steht die ebenfalls glaubwürdige Aussage des Zeugen K S gegenüber, wonach dieser die ordnungsgemäße Anbringung der Vignette im April/Mai 2005 beobachtet hat. Hingegen konnte das zweite zum Tatzeitpunkt anwesende Mautaufsichtsorgan mangels Erinnerung keine weiteren Angaben, insbesondere nicht über die konkrete Art der vorschriftswidrigen Vignettenabringung (zusätzliche Klebestreifen, Doppelklebeband o.ä.) tätigen. Weitere Beweismittel (z.B. Foto zur Tatzeit) liegen nicht vor. Es kann aus diesen Gründen ein Irrtum des Meldungslegers nicht völlig ausgeschlossen und somit die Deliktsverwirklichung durch den Bw nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bismaier

 

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