Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521727/8/Bi/Se

Linz, 12.10.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau E R, L, vertreten durch Herrn RA Mag. M H, L, vom 20. August 2007 gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Linz vom 8. August 2007, FE-835/2007, ua wegen Entziehung der Lenkberechtigung, aufgrund des Ergebnisses der am 4. Oktober 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

 

      Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Entziehungs­dauer auf sechs Monate, gerechnet ab 19. Juli 2007, herabgesetzt wird.

                 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 7, 24, 25, 29, 30, 32 FSG die von der BPD Linz am 22. August 2006, Zl. 06324868, für die Klasse B erteilte Lenk­berechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässig­keit für die Dauer von sieben Monaten, gerechnet ab 19. Juli 2007, entzogen und für den selben Zeitraum ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges verboten und das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkbe­rech­ti­gung in Österreich Gebrauch zu machen. Weiters wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker spätestens bis zum Ablauf der Dauer der Entziehung angeordnet und bis dahin auch die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG über ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie einer verkehrspsychologischen Stellungnahme angeordnet. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 10. August 2007.

 

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Am 4. Oktober 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsver­handlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters der Bw RA Mag. M H sowie der Zeugen RI H R (R) und R B (B) durchgeführt. Die Bw war ebenso entschuldigt wie ein Vertreter der Erstinstanz. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, ihr Rechtsvertreter sei am 6.8.2007 für 8.8.2007 zur Erstinstanz geladen worden, habe sich aber erst am 8.8.2007 nach dem VH-Termin 8.15 Uhr entschuldigen können. Da sei der angefochtene Bescheid aber schon erlassen gewesen. Er habe daher keine angemessene Frist zur Abgabe einer Stellungnahme erhalten, die Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens habe er somit nicht zur Kenntnis erhalten.

Es habe sich bei der ausgeronnenen Flüssigkeit nicht um Öl sondern um Kühlflüssig­keit gehandelt. Eine Absicherung der Fahrbahn sei nicht notwendig gewesen, weil die Fahrzeuge außerhalb gestanden seien. Sie habe insofern lebensnah gehandelt, als sie kein Handy bei sich gehabt habe und deshalb in die nahe der Unfallstelle gelegene Wohnung gefahren sei. Da sie von einem Badeaufenthalt gekommen sei, habe sie sich umgezogen und sei sofort zur Unfallstelle zurückgekehrt. Zum Beweis dafür mache sie ihren Lebensgefährten als Zeugen geltend.

Das Eintreten eines Sachschadens könne nicht zur Verdoppelung der Mindestent­ziehungsdauer führen, zumal sie unbescholten sei. Eine Übertretung nach § 4 Abs.5 StVO liege nicht vor und die hohe Alkoholisierung sei bereits in der gesetzlichen Bestimmung enthalten und könne nicht nochmals herangezogen werden.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsvertreter des Bw gehört, die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt und die beiden Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einver­nommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Bw lenkte am 19. Juli 2007 gegen 18.25 Uhr den Pkw .... in Linz auf der Europastraße in Richtung ihrer Wohnung in der Zibermayrstraße ..... Die Europastraße geht in einer fast rechtwinkeligen Rechtskurve in die Zibermayrstraße über. Die Bw fuhr aus welchen Gründen immer geradeaus und schob zwei dort geparkte Pkw ineinander. Beim von ihr gelenkten Pkw, der ebenfalls im Frontbereich stark beschädigt wurde, rann eine zunächst nicht zuzuordnende Flüssigkeit aus, die den Weg der Bw zum Parkplatz ihres Wohn­hauses – die Bw fuhr nach dem Anstoß weiter – offensichtlich machte. Auf der Straße anwesende Zeugen verständigten daraufhin die Polizei.

Feststeht, dass noch vor dem Eintreffen des Verkehrsunfallkommandos die Streife der PI Neue Heimat bereits Erhebungen durchführte, nämlich die Flüssigkeits­spur bis zum Haus Zibermayrstraße .... verfolgte.

Nach den glaubwürdigen Aussagen des Zeugen B, der sich in der Wohnung der Bw aufhielt, kam seine Lebensgefährtin von einem Besuch im Hummelhofbad nach Hause und teilte ihm sofort mit, sie habe einen Unfall gehabt, aber mit dem Pkw noch heimfahren können. Sie müsse die Polizei verständigen, wolle sich aber noch etwas anders anziehen. Der Zeuge B sah vom Balkon auf den Parkplatz hinunter und stellte fest, dass bereits die Feuerwehr dort anwesend war, aber auch ein Polizist. Er teilte daraufhin der Bw, die vom Baden oben mit einem Trägerleibchen bekleidet heimge­kommen war und sich etwas anderes angezogen hatte, mit, sie brauche die Polizei nicht mehr zu verständigen, die sei schon da. Daraufhin verließ die Bw sofort die Wohnung und ging zum Parkplatz hinunter.

Der Zeuge bestätigte, es sei nie in Frage gestellt worden, ob die Bw hinuntergehen solle oder nicht, es sei klar gewesen, dass sie nur etwas anders anziehen wollte.

 

Frau RI R bestätigte, sie sei mit ihrem Kollegen zur Unfallstelle gerufen worden, wo sie die beiden beschädigten Pkw besichtigt hätten. Gleich darauf sei die Streife der PI Neue Heimat mit der Bw gekommen. Zu den in der Anzeige vermerkten Uhrzeiten konnte sie nichts sagen.

Ihr Kollege habe die Bw (laut Anzeige um 18.50 Uhr) zum Alkotest aufgefordert, nachdem diese Alkoholisierungssymptome aufgewiesen habe. Sie habe mit der Bw den Alkoltest mit dem im Bus mitgeführten Alkomat durchgeführt. Der günstigste Atemalkoholwert habe sich um 18.54 Uhr mit 1,06 mg/l ergeben. Die Bw sei bei der Mitteilung dieses Wertes sichtlich geschockt gewesen und habe darauf verwiesen, sie habe im Hummelhofbad nur zwei Gespritzte getrunken.

 

Frau RI R legte in der Verhandlung nachvollziehbar und glaubhaft dar, dass sie vom persönlichen Eindruck von der Bw her keine Zweifel gehabt habe, dass der ermittelte Atemalkoholwert richtig sei. Das  Atemalkoholmessgerät der Fa Dräger, SerienNr. ARLH-0041, sei ordnungsgemäß geeicht gewesen und bei der halbjährlichen Über­prüfung durch den Hersteller vor und nach dem Vorfallstag für in Ordnung befunden worden. Ihr sei kein Anhaltspunkt bekannt, aus dem sich Zweifel an der Richtig­keit des Messergebnisses ergeben hätten. Die Eichbestätigung des BEV und die Prüfberichte der Fa Dräger wurden in der Verhandlung vorgelegt und erörtert.

Der Zeuge B bestätigte in der Verhandlung, er habe nach dem Vorfall die Flüssig­keits­spur angesehen und mit dem Mechaniker gesprochen. Beim von der Bw gelenkten Pkw sei nichts kaputt gewesen, was ein Ausrinnen von Öl zur Folge gehabt hätte. Die Spur auf  der Fahrbahn sei Kühlflüssigkeit gewesen.     

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrs­sicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) ange­nommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraft­fahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit ... beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicher­heitspolizeigesetz zu beurteilen ist.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 %o oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.  

 

Aus der Sicht des UVS besteht kein Zweifel, dass die Bw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand – 1,06 mg/l AAG entspricht immerhin 2,12 %o BAG – einen Verkehrsunfall mit – nach den im Akt befindlichen Unfallfotos – erheblichem Sachschaden verursacht und nach dem Anstoß die Fahrt mit dem Pkw fortgesetzt hat. Daraus folgt, dass, wären nicht Passanten auf der Straße gewesen und hätten den Vorfall beobachtet und die Polizei verständigt, die Bw sich möglicherweise ihrer Verantwortung entziehen hätte können. Auch wenn sie in der Nähe wohnt, wäre ohne die Flüssigkeitsspur der spätere Abstellort ihres Fahrzeuges, je nach Blickwinkel eines Beobachters, vermutlich schwer zu finden gewesen, da vom Unfallort aus keine Sicht auf den Parkplatz besteht. Andererseits sind die Ausführungen des Zeugen B, die Bw sei oben nur mit einem Trägerleibchen bekleidet heimgekommen und habe sich daher etwas geeignetes anziehen wollen, durchaus nachvollziehbar. Auch wenn sich die Zeitspanne zwischen Verkehrsunfall und Erscheinen der Bw bei den vor ihrem Wohnhaus befindlichen Beamten der PI Neue Heimat nicht genau eruieren ließ – laut Anzeige "kurz darauf" – ist aufgrund der glaubwürdigen und letztlich nicht widerlegbaren Aussagen des Zeugen B davon auszugehen, dass die Bw die telefonische Verständigung der Polizei zunächst beabsichtigt hatte, eine solche sich jedoch tatsächlich erübrigte. Die Bw ging nach dem Umziehen sofort auf den Parkplatz hinunter, ohne auf den Unfall angesprochen worden zu sein.

 

Kein Zweifel besteht, dass die Bw durch das Lenken eines Pkw in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Ausmaß von immerhin 1,06 mg/l AAG im Sinne des § 99 Abs. 1 lit.a StVO 1960 eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht hat.

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der im Abs.1 genannten und im Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht hervor, dass im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG die Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden ebenso berücksichtigt wurde wie die Nichteinhaltung der in § 4 Abs.1 lit.c und Abs.5 festgelegten Pflichten. Dazu wurde auf Angaben des Meldungslegers und die Erstangaben der Bw an der Unfallstelle verwiesen.

Dass die Bw unmittelbar nach dem Anstoß sich und ihr Fahrzeug von der Unfallstelle entfernt hat, steht außer Zweifel. § 4 Abs.5 StVO 1960 verlangt eine Unfallmeldung "ohne unnötigen Aufschub", was aber nicht gleichzusetzen ist mit dem Begriff "sofort" im Sinne des § 4 Abs.2 StVO und auch nicht zwingend den Besitz bzw das Mitführen eines Handys voraussetzt. Wenn daher ein auf der Straße den Vorfall beobachtender Zeuge früher die Polizei ruft und diese daher schon vor dem Verursacher des Unfalls an der Unfallstelle ist, bedeutet dies nicht zwingend eine Verletzung der Pflichten gemäß § 4 Abs.5 StVO – die Bw ist von sich aus heruntergekommen und hat an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt. Der Meldungsleger GI W konnte wegen Krankheit in der Verhandlung nicht zeugenschaftlich befragt werden, wohl aber die Zeugin RI R, die bestätigte, die Bw sei zusammen mit den Kollegen der PI Neue Heimat kurz nach ihrem Eintreffen an der Unfallstelle dorthin gekommen, die aber zur genauen Uhrzeit keine Angaben machen konnte, die in der Anzeige auch nicht enthalten sind.  

 

Aus all diesen Überlegungen hält der UVS die nunmehr geringfügig reduzierte Entziehungs­dauer von sechs Monaten noch für ausreichend, allerdings im Sinne einer Prognose, wann die Bw ihre Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangt haben wird, für geboten und unabdingbar. Eine über der Mindestdauer des § 26 Abs.2 FSG liegende Entziehungsdauer ist insofern gerechtfertigt, als, wie der VwGH bereits mehrfach ausgesprochen hat, Umstände vorliegen, die aufgrund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der Handlung die Annahme einer über der Mindestentziehungs­dauer liegenden Verkehrunzuverlässigkeit begründen und die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (vgl VwGH 6.7.2004, 2003/11/0250; 20.4.2004, 2003/11/0143). Solche Umstände hat der VwGH für gegeben angesehen, wenn der für die Erfüllung des Tatbestandes des § 99 Abs.1 lit.a StVO maßgebliche BAG-Wert "weit überschritten wird" (vgl VwGH 28.10.2003, 2003/11/0144: bei einem BAG von 2,16 %o war eine Entziehungsdauer von fünf Monaten unbedenklich).

 

Im ggst Fall war zum einen ein weit über 0,8 mg/l liegender Atemalkoholgehalt gegeben, weiters waren die Verursachung eines Verkehrsunfalles mit Sachschaden und das Verlassen der Unfallstelle samt Fahrzeug bei der Bemessung der Entziehungsdauer maßgeblich.  

Da die Bw ausdrücklich nur die Entziehungsdauer angefochten hat, der Bescheid jedoch ansonsten in Rechtskraft erwachsen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Im ggst Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

VU mit Sachschaden, verlassen der Unfallstelle, 1,06 mg/l aber kein 4/5 –> 6 Mon. FE ausreichend

 

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