Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162546/8/Br/Ps

Linz, 05.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H K, geb., B, M, vertreten durch RA Dr. N N, R, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mann­schaft Grieskirchen vom 15. Mai 2007, Zl. VerkR96-10053-2006, nach der am 5. November 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

I.        Das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass in dessen Spruch von einem Nachfahrabstand von nur "bis zu fünf Metern" und dem Tatort "im Bereich des Strkm 32,00" auszugehen ist. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.      Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 40 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen wegen der Übertretung nach § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 40 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt.

Es wurde wider ihn folgender Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben am 02.11.2006 kurz vor 21.05 Uhr im Gemeindegebiet von Meggenhofen, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, auf der Innkreisautobahn A 8 auf Höhe des Strkm.s 32,000 in Fahrtrichtung Suben als Lenker des Sattelzugfahrzeuges der Marke V, Type mit dem behördlichen Kennzeichen samt dem Sattelanhänger der Marke K mit dem behördlichen Kennzeichen beim Hintereinanderfahren keinen ausreichenden, ein rechtzeitiges Anhalten ermöglichenden Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug, nämlich einem PKW der Marke F, Type E, eingehalten, weil Sie bei einer Geschwindigkeit von etwa 80 km/h einen Abstand zum Vorderfahrzeug von lediglich etwa 1,5 m einhielten, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird."

 

1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses hat die Behörde erster Instanz erwogen:

"Sie haben am 02.11.2006 im Gemeindegebiet von Meggenhofen, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, auf der Innkreisautobahn A 8 das Sattelkraftfahrzeug der Marke V, Type, mit den behördlichen Kennzeichen samt dem Sattelanhänger der Marke K, Type, mit dem behördlichen Kennzeichen in Fahrtrichtung Suben gelenkt und kurz vor 21.05 Uhr auf Höhe des Strkm.s 32,000 der A 8 beim Hintereinanderfahren keinen solchen Abstand vom nächsten vor Ihnen fahrenden Fahrzeug, nämlich einen PKW, eingehalten, dass Ihnen jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird, da der bei einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 80 km/h Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug lediglich etwa 1,5 m betrug.

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes wurden Sie von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu einer Rechtfertigung, die Ihnen persönlich - Rückschein liegt dem hs. Amt auf - zugestellt wurde. Nach Akteneinsichtnahme Ihres bevollmächtigten Rechtsvertreters Rechtsanwalt Dr. N N bestritten Sie die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung und wiesen darauf hin, dass es sich um eine Privatanzeige handle und die Tatzeit und der -ort nicht stimmen würde. Die Fahrgeschwindigkeitsreduzierung von 80 km/h auf 40 km/h sei nicht durch eine langsame Reduzierung des Anzeigers erfolgt, sondern durch eine starke Betriebsbremsung. Dadurch sei es zu der Ihnen angelasteten Unterschreitung des Sicherheitsabstandes gekommen. Auch sei bei Nacht und während der Fahrt bei einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h eine Abstands"messung" von ca. 1,5 m durchzuführen nicht möglich und stellten abschließend verschiedene nicht zum Sachverhalt relevante Anträge.

 

Aufgrund dieser Einspruchsangaben wurde das erforderliche Ermittlungsverfahren eingeleitet und der Anzeiger und dessen mitgefahrene Lebensgefährtin als Zeuge/in unter Wahrheitspflicht einvernommen.

 

Dabei führte der Zeuge und Anzeiger aus, dass die Tatzeit zwischen 20.45 Uhr und 21.05 Uhr (Zeit der telefonischen Anzeigeerstattung) war. Zur Geschwindigkeitsreduktion gab dieser nachvollziehbar an, dass er vom "Gas" gestiegen ist, ausgekuppelte und dadurch das Kraftfahrzeug langsamer wurde. Von einem Sicherheitsabstand war auf einer Wegstrecke von mehreren Kilometern keine Rede mehr, zumal Sie nicht mehr als 50 cm Abstand zu seinem Fahrzeug eingehalten haben. In Anbetracht der Witterungs- und Straßenverhältnissen hätten Sie bei einer Geschwindigkeit von etwa 80 km/h einen deutlich größeren Abstand einhalten müssen. Auch ist festzuhalten, dass diese zeugenschaftlich getätigten Angaben vor. seiner mitgefahrenen Lebensgefährtin unter Wahrheitspflicht bestätigt wurden.

 

Nach Kenntnisnahme dieser Zeugenaussagen wiederholten Sie sinngemäß Ihre schriftlichen Rechtfertigungsangaben vom 19.01.2007 und zweifelten den eingehaltenen Abstand von 1,5 m (Anzeige) bzw. 0,5 m (Zeugenaussage) an.

 

Zu diesen angegebenen Sicherheitsabständen ist das Folgende festzuhalten:

 

Sie hätten jedenfalls einen Abstand einhalten müssen, der etwa der Länge des Reaktions(Sekunden)weges entspricht, das sind in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h (vgl.Dittrich/Stolzlechner, StraßenverkehrsO, § 18 Rz 9). Im gegenständlichen Fall hätte somit der Sicherheitsabstand rund 24 m ! betragen müssen. Es kann somit dahinstehen, ob Sie tatsächlich einen Abstand von 1,5 m oder einen von 0,5 m beim Hintereinanderfahren bei einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 80 km/h eingehalten haben. Diese vom Anzeiger angegebenen Abstände lagen angesichts der von Ihnen eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit von ca. 80 km/h weit unter dem nach der angegebenen Regel erforderlichen Sicherheitsabstand beim "Hintereinanderfahren".

 

Aufgrund dieser Ausführungen ist es auch entbehrlich einen techn. Sachverständigen zum Zwecke der Tachografenschaublattauswertung beizuziehen und kann daher nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen keinesfalls Ihrem weiteren Antrag, das gegenständlicher Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, nachgekommen werden.

 

Zusammenfassend wird festgehalten, dass aufgrund der Angaben in der Anzeige der Landespolizeiinspektion Ried im Innkreis vom 08.11.2006 und des durchgeführten Ermittlungsverfahrens die vorgeworfene Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen ist.

 

Gemäß § 18 Abs.l StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Wer dieser Bestimmung zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 99 Abs.3 lita StVO 1960 mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.

 

Wiederholt erkannte der Verwaltungsgerichtshof, dass der nötige Abstand, wie oben bereits angeführt, etwa der Länge des Reaktionsweges entsprechen muss. Das sind in Metern 3/10 der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit. Die Gültigkeit dieser Regel hat Reifen und Bremsen von normaler Beschaffenheit, guten Straßenzustand und ebensolche Sichtverhältnisse zur Voraussetzung.

 

Der Reaktionsweg spielt deshalb eine so bedeutende Rolle, weil auf dieser Strecke keine Geschwindigkeit abgebaut wird.

 

Die Ausführungen des Anzeigers konnten keine Zweifel an der vorschriftswidrigen Einhaltung des Sicherheitsabstandes zum Vorderfahrzeug erwecken.

Unter Berücksichtigung all der gegebenen Verhältnisse und wegen der Bedeutung des Schutzzweckes der gegebenen Nonnen erscheint die verhängte Strafe zweifellos als gerechtfertigt und sicherlich nicht als zu hoch bemessen.

 

Bei der Strafbemessung wurde auf das Ausmaß des Verschuldens und die mit der Tat verbundene Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, Bedacht genommen.

 

Laut der Unfallstatistik Oberösterreich 2002 ist bedingt durch das erhöhte Verkehrsaufkommen auf oberösterreichischen Straßen und vor allem durch zunehmende Missachtung des notwendigen Sicherheitsabstandes die Obergruppe der Auffahrunfälle mit 30% des Unfallgeschehens mit Verletzten und Getöteten die größten Gruppen aller Unfalltypen.

 

Gerade durch die erhebliche Unterschreitung des Mindestabstandes zeigten Sie eine hohe Unfallbereitschaft, die nicht nur Ihre eigene Sicherheit, sondern auch anderer Verkehrsteilnehmer beeinträchtigte.

 

Die ausgesprochene Strafe soll in Anbetracht der Verkehrssicherheit und vor allem einem Lenker eines Fahrzeuges mit größeren Längsabmessungen (höheres Gefahrenpotential) einen spürbaren Nachteil darstellen, um Sie Hinkunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Des weiteren wurden bei der Strafbemessung, wie im Schreiben zur Aufforderung einer Rechtfertigung vom 16.11.2006 angeführt, Ihre Einkommens- (monatl. netto 1.200 Euro), Vermögens- (kein Vermögen) und Familienverhältnisse (keine Sorgepflichten) berücksichtigt.

 

Strafmildernde Umstände liegen keine vor. Straferschwerend mussten - trotz des Umstandes, dass die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen nicht Ihre Wohnsitzbehörde ist - insgesamt vier rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretungen der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Bestimmungen bei der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen gewertet werden.

 

Zur Schätzung Ihrer Familienverhältnisse in Bezug auf Vermögen, Einkommen und Sorgepflichten darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass Sie bei der Einschätzung dieser Verhältnisse es sich Ihrer unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben haben, sollte die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen bei dieser Einschätzung zu Ihrem Nachteil Umstände unberücksichtigt gelassen haben, die ohne Ihrer Mitwirkung der hs. Behörde nicht zur Kenntnis gelangen konnten (VwGH vom 14.01.1981, ZI: 3033/80).

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen."

 

2. In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung tritt der Berufungswerber dem Schuldspruch mit nachfolgenden Ausführungen entgegen:

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich durch meinen ausgewiese­nen Rechtsfreund gegen das da. Straferkenntnis VerkR96-10053-2006 vom 15.05. 2007 an den Unabhängigen Verwaltungssenat Oberösterreich das Rechtsmittel der

 

BERUFUNG

 

und führe diese aus wie folgt:

 

Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Umfange und Inhalte nach wegen Rechts­widrigkeit/Mangelhaftigkeit bekämpft und im einzelnen ausgeführt wie folgt:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird mir angelastet wie folgt:

 

„Sie haben am 02.11.2006 kurz vor 21.05 Uhr im Gemeindegebiet von Meggenhofen, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, auf der Innkreisautobahn A 8 auf Höhe des Strkm.s 32,000 in Fahrtrichtung Suben als Lenker des Sattelzugfahrzeuges der Marke V, Type mit dem behördlichen Kennzeichen samt dem Sattelanhänger der Marke K mit dem behördlichen Kennzeichen beim Hintereinanderfahren keinen ausreichenden, ein rechtzeitiges Anhalten ermöglichenden Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug, nämlich einem PKW der Marke F, Type E, eingehalten, weil Sie bei einer Geschwindigkeit von etwa 80 km/h einen Abstand zum Vorderfahrzeug von lediglich 1,5 m einhielten, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahren­den Fahrzeug einzuhalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 18 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159 i.d.g.F.

 

Es wurde deshalb über mich eine Geldstrafe von € 220,-- (inkl. Verfahrenskosten) ver­hängt.

 

Das Verfahren blieb deshalb mangelhaft, da den von mir bzw. meinem ausgewiesenen Rechtsfreund gestellten Beweisanträgen nicht entsprochen wurde und wird daher nochmals ausgeführt wie folgt:

 

Die angelastete Verwaltungsübertretung wird ausdrücklich bestritten.

 

Zu der nunmehr vorliegenden Einvernahme des Privatanzeigeerstatters R M vom 13.03.2007 ist darauf zu verweisen, dass der Zeuge nunmehr bestätigt, dass bisher ein unrichtiger Tatzeitpunkt angelastet wurde. In der ursprünglichen Textierung ist die Uhrzeit „.. zwischen 20.45 Uhr und 21.00 Uhr ..“ angegeben. Aus für den Ein­schreiter nicht nachvollziehbaren Gründen weist die vorliegende Textierung nunmehr eine handschriftliche Korrektur dahingehend auf, dass die Zeitangabe 21.00 Uhr hand­schriftlich korrigiert wurde auf 21.05 Uhr. Dies stellt einen gänzlich untauglichen Ver­such dar den bisher unrichtigen Tatzeitpunkt aufrecht zu erhalten.

 

Weiters ist es für einen durchschnittlichen Normadressaten nicht verständlich weshalb ein Verkehrsteilnehmer laut eigenen Angaben auf einer Autobahn sein Fahrzeug auskuppelt und so das Fahrzeug über einen geraumen Zeitraum/eine geraume Weg­strecke „auslaufen“ lässt. Laut eigenen Angaben hat der Zeuge weder einen tech­nischen Defekt noch sonstige Notwendigkeit für ein derartiges Fahrmanöver auf einer Autobahn gehabt und ist bereits aus diesem Grunde diese Aussage nicht nachvoll­ziehbar.

 

Ohne dass es weiter Verwunderung nimmt wird vom Zeugen nunmehr behauptet es sei lediglich ein Sicherheitsabstand von nicht mehr als 50 cm eingehalten worden. Bisher sollten es 1,5 m gewesen sein. Auch diese „drastische“ Reduktion ist nicht nachvoll­ziehbar und stellt unter Beweis, dass der Zeuge unter Wahrnehmungsfehlern litt (Witterungs-, Fahrbahn- und Sichtverhältnisse).

 

In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass bei einem derartigen „Sicher­heitsabstand“ von lediglich 50 cm für einen LKW Lenker aus der Kabine der davor befindliche PKW überhaupt nicht mehr wahrnehmbar ist, da er in den gänzlichen „toten Winkel“ des Armaturenbrettes fallen würde.

 

Im Hinblick auf diese Widersprüchlichkeiten wird daher nochmals ausgeführt wie folgt:

 

Mit der da. Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.11.2006 wird mir angelastet wie folgt:

 

„Es wird Ihnen zur Last gelegt am 02.11.2006 vor und nach 21.05 Uhr im Gemeindege­biet von Meggenhofen, Bezirk Grieskirchen, Oberösterreich, auf der Innkreisautobahn A 8 auf Höhe des Strkm. 32,000 in Fahrtrichtung Suben als Lenker des Sattelzugzeu­ges der Marke V mit dem behördlichen Kennzeichen samt dem Sattelanhänger der Marke K mit dem behördlichen Kennzeichen beim Hintereinanderfahren keinen ausreichenden, ein rechtzeitiges Anhalten er­möglichenden Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug, nämlich einem PKW der Marke F, Type E, eingehalten zu haben, weil Sie bei einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h einen Abstand von lediglich ca. 1,5 Meter einhielten, obwohl der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten hat, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Verwaltungsübertretungen nach  § 18 Abs. 1 StVO 1960, BGBl. Nr. 159 i.d.g.F.

 

Diese Anlastung wird ausdrücklich bestritten.

 

Wie der Anzeigeerstattung vom 08.11.2006 zu entnehmen basiert die Anzeige einzig und allein auf der Privatanzeigeerstattung des Zeugen R M, K, W.

 

Bereits aus der Anzeige ist ersichtlich, dass mit 21.05 Uhr eine unrichtige Tatzeit ange­lastet wird. Bei diesem Zeitpunkt handelte es sich um den Zeitpunkt, als seitens der Polizeiinspektion Marchtrenk die Anzeige an die Autobahnpolizeiinspektion Ried weiter geleitet wurde und nicht um den Tatzeitpunkt.

 

Weiters wird eingewendet, dass Km. 32,000 der A 8 auch nicht der richtige Tatort sein kann. Dies unter Berücksichtigung der aus dem Tachografenblatt ersichtlichen einge­haltenen Geschwindigkeiten und dem Anhalteort bei Km. 61,900 um 21.15 Uhr.

 

Entgegen den Ausführungen des Anzeigeerstatters in dessen E-Mail vom 05.11.2006 erfolgte keine langsame Geschwindigkeitsreduktion durch den PKW Lenker, sondern hat dieser eine rechtsgrundlose starke Betriebsbremsung ausgeführt, wodurch ich genötigt war die Geschwindigkeit von vorerst ca. 80 km/h auf 40 km/h zu reduzieren, wodurch es zu einer mir nicht anlastbaren Unterschreitung des Sicherheitsabstandes kam.

 

Die Tatsache der gravierenden Geschwindigkeitsreduktion ist aus dem Tachografen­blatt, welches in Kopie bereits im Behördenakt erliegt, ersichtlich.

 

Weiters wird ausdrücklich eingewendet, dass es einem PKW Lenker bei Nacht während Fahrt mit Geschwindigkeit von ca. 80 km/h nicht möglich ist eine Abstands­messung – im konkreten Fall angelastet 1,5 Meter – durchzuführen.

 

In diesem Zusammenhang wird gestellt der

 

ANTRAG

 

auf Beiziehung eines technischen Sachverständigen zum Zwecke der Tachografen­blattauswertung und Stellungnahme zu den obigen Ausführungen und zum Beweise dafür, dass die angelastete Verwaltungsübertretung dem Einschreiter nicht als rechts­widriges und schuldhaftes Verhalten mangels subjektiver Tatseite angelastet werden kann.

 

Über all diese Punkte liegen keinerlei Beweisergebnisse vor, weshalb das Verfahren noch nicht spruchreif war und die angefochtene Entscheidung sohin rechtswidrig ist.

 

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Milderungsgründe ist die verhängte Geld­strafe überdies als überhöht anzusehen. Im konkreten Fall liegen nachfolgende Mil­derungsgründe vor:

 

·        der bisher ordentliche Lebenswandel und die Tatsache, dass die Tat mit dem sonstigen Verhalten in Widerspruch steht;

·        die Tat lediglich aus Fahrlässigkeit begangen wurde;

·        die Tat nur aus Unbesonnenheit (Unachtsamkeit) begangen wurde;

·        die Tat mehr durch besonders verlockende Gelegenheit, als mit vorgefasster Absicht begangen wurde;

·        optimale Fahrbahn- und Straßen-, sowie Verkehrsverhältnisse herrschten (kein anderer Fahrzeugverkehr);

·        die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen;

·        es trotz Vollendung der Tat zu keinen Schäden Dritter gekommen ist;

·        sich von der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl dazu die Gelegenheit offengestanden wäre, freiwillig Abstand genommen wurde;

·        die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde und seither ein Wohlverhalten vorliegt.

 

Abschließend werden gestellt nachfolgende

 

ANTRÄGE:

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge das ange­fochtene Straferkenntnis der BH Grieskirchen VerkR96-10053-2006 vom 15.05.2007 ersatzlos beheben und das anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen;

dies nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung;

Abführung der bisher unerledigt gebliebenen Beweisanträge;

in eventu Aussprache einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG;

in eventu Herabsetzung der Geldstrafe auf ein gesetzeskonformes mildes Maß im Sinne des § 20 VStG.

 

G, am 06.06.2007                                                                              H K"

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Der Berufungswerber u. ein Vertreter der Behörde erster Instanz erschienen trotz ausgewiesener Ladung zur Berufungsverhandlung nicht. Als Zeugen wurden R und N M einvernommen.

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der  Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

 

4.1. Der Berufungswerber lenkte um 21.05 Uhr seinen Lkw auf der A25 im Bereich des Strkm 32,00, als er auf den mit 80 km/h fahrenden Pkw des Zeugen M auflief und dabei für zumindest einige Minuten den Nachfahrabstand auf teilweise nur fünf Meter verkürzte.

Zur fraglichen Zeit herrschten durch Schneefall bedingt matschige Fahrbahnverhältnisse, welche den Zeugen M, der mit seiner nunmehrigen Ehegattin in Richtung Suben unterwegs war, zu der relativ geringen Fahrgeschwindigkeit von etwa nur 80 km/h zwangen.

Als Folge dieser offenbar dem Berufungswerber als Lenker des Lastkraftwagens zu gering erscheinenden Geschwindigkeit versuchte dieser durch das mit einem knappen Auffahren eines Lkw einhergehende "Drohpotenzial", offenbar zu einem schnelleren Fahren zu veranlassen. Dies wurde laut Zeugen – dem Ehepaar M – durch mehrfaches Hupen noch unterstützt. 

Der Zeuge M vermochte den von ihm mit nur bis zu einem halben Meter empfunden Nachfahrabstand sowohl über die Außenspiegel als auch durch den Innenspiegel in Verbindung mit seiner Erfahrung der Sichtlage beim Einparken in nachvollziehbarer Weise festzustellen und schlüssig darzutun. Ebenfalls wurde diese Darstellung von der im Fahrzeug mitfahrenden Ehefrau im Ergebnis inhaltsgleich bestätigt.

Der Zeuge versuchte dem Lkw-Lenker durch Blinken nach rechts zum Überholen zu bewegen, wobei ihm nicht bewusst war, dass dort ein Überholverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einer höchstzulässigen Gesamtmasse von 7,5 t besteht.

Dem Zeugen kann auch darin gefolgt werden, dass er den Berufungswerber – entgegen dessen Vorbringen durch den Rechtsvertreter in der Berufungsverhandlung – nicht zum Abbremsen auf 40 km/h gezwungen haben konnte. Der Zeuge meinte, er habe sein Fahrzeug, um ein Auffahren des Lkw zu vermeiden und diesen "von ihm loszubekommen", durch Auskuppeln auslaufen lassen. Jedes Abbremsen wäre vor dem Hintergrund eines derart knappen Sicherheitsabstandes wohl einem Akt der Selbstzerstörung gleichzusetzen gewesen, weil eine wirkungsvolle Reaktion darauf schlechthin auszuschließen ist. Mit Blick darauf kann dem Zeugen M wohl nicht zugesonnen werden auf diese Weise ein Auffahren des Lkw auf seinen Pkw zu provozieren.

Der Zeuge M hat folglich über die Notrufnummer die Polizei verständigt, wobei eine zufällig in unmittelbarer Nähe befindliche Polizeistreife den Berufungswerber auf einen etwa 30 km in Richtung Suben liegenden Parkplatz eskortierte bzw. dort zur Anhaltung brachte. Dorthin wurde ebenfalls der Zeuge M gelotst.

 

4.2. An den Angaben der Zeugen M vermag nicht gezweifelt werden. Sie wurden anlässlich der Berufungsverhandlung sachlich und überzeugend vorgetragen. Der Zeuge vermittelte keinesfalls den Eindruck, dass er in seiner Darstellung übertrieben hätte oder er damit den ihm gänzlich unbekannten Berufungswerber gar wahrheitswidrig zu belasten geneigt gewesen sein könnte.  

Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob nun der Nachfahrabstand tatsächlich bis auf einen halben Meter verkürzt wurde, wobei die Darstellung des Zeugen auch in diesem Punkt durchaus plausibel scheint. Wenn aber als gesicherte Basis von einem Abstand von fünf Metern ausgegangen wird, entspricht dies immer noch einer gravierenden Unterschreitung des gebotenen Nachfahr(sicherheits)abstandes von mindestens einer Sekunde bei trockenen und von drei Sekunden bei rutschigen Fahrbahnverhältnissen.  

Jedem erfahrenen Fahrzeuglenker kann die Unterscheidung eines üblichen Sicherheitsabstandes von einer eklatanten Unterschreitung desselben zugemutet werden. Wenn der Zeuge ein Detail etwa dahingehend schilderte, dass die Scheinwerfer des Lkw direkt am Heck seines Fahrzeuges wahrzunehmen waren, lässt dies keinen Zweifel an der vom Zeugen vorgenommenen Einschätzung offen. Da letztlich eine Messung nicht vorliegt, wird jedoch im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers von einem Abstand von jedenfalls fünf Metern ausgegangen.

Auch die am Beifahrersitz mitfahrende Ehefrau des Berufungswerbers bestätigte letztlich diesen Vorfall.

Demgegenüber erschien der Berufungswerber nicht einmal zur Berufungsverhandlung, sodass seiner bestreitenden Verantwortung letztlich nicht gefolgt werden mag.

Auch mit dem Hinweis, dass die Tatzeit nicht stimmen könne, lässt für ihn schon deshalb nichts gewinnen, weil doch völlig logisch und praxisnah im Straferkenntnis von einer Tatzeit "kurz vor 21:05 Uhr" die Rede ist, wobei im Anzeigetext von der telefonischen Weiterleitung "der Anzeige unverzüglich um 21:05 Uhr" die Rede ist.

Der Beweisantrag über die Auswertung des Schaublattes lässt über die Tatfrage des Sicherheitsabstandes daher keine zusätzlichen Aufschlüsse erwarten, sodass dem offenbar im Hinblick auf § 44a VStG (Tatzeit u. Tatortübereinstimmung) gestellten Anträge nicht nachzukommen war.

Wenn der Berufungswerber laut Schaublatt schließlich um 21:15 Uhr erst 30 km später angehalten wurde, schließt dies im Ergebnis weder den Tatort "im Bereich von Strkm 32,00" noch die mit "kurz vor 21:05 Uhr" umschriebene Tatzeit aus.

Die Fahrzeit dorthin kann bei der vom Berufungswerber offenbar mit deutlich über 80 km/h festgestellten Fahrgeschwindigkeit durchaus nach etwas mehr als 15 Minuten erreicht worden sein. Laut Schaublatt lag in der fraglichen Zeitspanne die Fahrgeschwindigkeit überwiegend bei 90 km/h.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass bei einer Fahrgeschwindigkeit von etwa 80 km/h ein Abstand von 1,5 m nur einer Wegzeit von weniger als 0,07 Sekunden entsprechen würde. Selbst ein Abstand von fünf Metern ergibt lediglich eine Wegzeit von nur 0,225 Sekunden, welche laut gesicherter Expertenmeinung eine wirkungsvolle Abwehrhandlung – insbesondere nicht für einen Lkw – genauso unmöglich macht, als dies bei 0,023 Sekunden der Fall wäre.

Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Situation wohl zwingend zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der geringsten Reaktionszeit von einer halben Sekunde auf ein solches Manöver nicht mehr rechtzeitig und wirkungsvoll reagiert werden könnte (unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443).

 

5.2. Die Abänderung des Spruches erwies sich im Sinne des § 44a Z1 VStG mit Blick auf den Umstand, dass sich hier das Tatverhalten über eine Zeitspanne von mehreren Minuten und demnach auch auf mehrere Kilometer erstreckt hat, als geboten (vgl. VwGH 5.12.1983, 82/10/0125). Die Behörde erster Instanz stellte offenbar bloß auf einen vom Berufungswerber naturgemäß nicht im Detail bezeichenbaren Punkt, der sich über eine längere Wegstrecke ausdehnenden Tatörtlichkeit und ebenso auf einen solchen Zeitraum ab, an dem das zur Last liegende Verhalten währte. An der Tatidentität konnte ob dieser nur auf einen Punkt bezogenen Tatanlastung und die mit "vor 21:05 Uhr" bezeichnete Tatzeit wohl nie ein Zweifel bestanden haben und ebenfalls konnte diesbezüglich keine Einschränkung in den Verteidigungsrechten und die Gefahr einer Doppelbestrafung entstehen (vgl. VwGH 4.10.1996, 96/02/0402 mwN, sowie VwGH 3.9.2003, 2001/03/0150).

Sein darauf gestützter Beweisantrag auf Auswertung des Schaublattes zum Beweis einer falschen Tatanlastung war daher als belanglos abzuweisen.

 

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Betreffend die auf den Tatvorwurf nach § 18 Abs.1 StVO getätigte Strafzumessung muss wohl gesagt werden, dass insbesondere angesichts des hier konkret besonders hohen abstrakten Gefährdungspotenzials und der hinter diesem Verhalten zu erblickenden besonderen Rücksichtslosigkeit die Festsetzung einer empfindlichen Geldstrafe durchaus geboten ist. Daher kann trotz des unterdurchschnittlichen Einkommens von nur 800 Euro ein Ermessensfehler in der hier mit 200 Euro erfolgten Strafzumessung nicht erblickt werden. Auf ein aus jüngster Zeit von einem Gericht in Deutschland ergangenes Urteil wegen unfallskausalem Drängens iVm anderen gefährlichen Verhaltensmustern im Straßenverkehr sei beispielhaft verwiesen, wobei das Gericht für ein derartiges Fehlverhalten eine Freiheitsstrafe von 1½ Jahren ausgesprochen hat.

Die Fahrerlaubnisbehörde bzw. das Führerscheinzentralregister in Flensburg sollte über diesen Sachausgang in Kenntnis gesetzt werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

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