Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400912/6/Gf/Mu/Ga

Linz, 31.10.2007

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des R H, dzt. Polizeianhalte­zentrum Linz, vertreten durch RA Dr. W, gegen seine Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Rohrbach zu Recht erkannt:

 

I.              Der Beschwerde wird stattgegeben und die Anhaltung des Rechtsmittel­werbers in Schubhaft als rechtswidrig festgestellt.

 

II.            Der Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Rohrbach), hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von 673,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 67c Abs. 3 AVG; § 83 FPG; § 79a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, ist am 25. November 2005 ohne Reisedokumente und mit Unterstützung durch Schlepper am Landweg über eine ihm unbekannte Reiseroute – allenfalls auch über Ungarn – ins Bundesgebiet eingereist und hat am 26. November 2005 einen Asylantrag gestellt. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. März 2007, Zl. 0520.616-BAL, abgewiesen und gleichzeitig die Ausweisung aus dem Bundesgebiet verfügt. In gleicher Weise wurde die dagegen eingebrachte Berufung mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 17. August 2007, Zl. 311.419-1/2E-XVII/55/07, abgewiesen.

 

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Rohrbach vom 27. August 2007, Zl. Sich40-273-2005, wurde über den Rechtsmittelwerber zur Sicherung der Ausweisung im Wege der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Über­stellung in das PAZ Linz sofort vollzogen.

                             

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass er einerseits weder über einen Identitätsnachweis noch über gültige Reisedokumente oder eine anderweitige Aufenthaltsberechtigung verfüge und er anderseits unerlaubt ins Bundesgebiet eingereist sei. Überdies sei er völlig mittellos und habe er keine familiären Bindungen in Österreich, weil seine Mutter und Geschwister im Kosovo leben. Darüber hinaus scheine auch bereits eine Anzeige des Zollamtes Linz auf, weshalb zu befürchten sei, dass er – auf freiem Fuß belassen – seinen Lebensunterhalt auch auf illegale Weise erwerben könne. Auf Grund dieser Umstände sei die Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der sofortige Abschiebung notwendig. Im Hinblick auf das Wissen um die bevorstehende Abschiebung sei die Anwendung gelinderer Mittel nicht in Betracht gekommen, weil die Gefahr bestanden habe, dass er in die Illegalität abtauchen würde.

 

1.4. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 29. Oktober 2007 beim Oö. Verwaltungssenat eingegangene Beschwerde.

 

Darin wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer während der Schubhaft einen Folgeantrag nach dem Asylgesetz gestellt habe, der mit Bescheid vom 20. September 2007 zurückgewiesen worden sei. Die dagegen eingebrachte Berufung sei mit Bescheid des UBAS vom 22. Oktober 2007 gemäß § 68 Abs.1 AVG zurückgewiesen worden. In der Folge habe die belangte Behörde mit Schreiben vom 23. Oktober 2007 mitgeteilt, dass die Schubhaft ausschließlich aus den Gründen des § 80 Abs. 3 und Abs. 4 FPG aufrechterhalten würde und seine Ausweisung mit 29. Oktober 2007 geplant ist.

 

Dazu sei jedoch einzuwenden, dass ein Tatbestand gemäß § 80 Abs. 4 deshalb nicht vorliege, weil seine Staatsangehörigkeit feststehe, eine Einreisebewilligung der UNMIK vorliege und er seine geplante Abschiebung nicht vereiteln wolle. Zudem habe er keinen Antrag gemäß § 51 FPG gestellt, weshalb auch die Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 nicht gegeben seien. Nachdem er durch den Folgeantrag wieder zum Asylwerber geworden sei, die belangte Behörde die Schubhaft jedoch nicht auf § 76 Abs. 2 FPG gestützt habe, sei sohin die Aufrechterhaltung der Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger negativen Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz – wie in seinem Fall – nicht zulässig. Die Voraussetzungen dafür seien ab dem 27. Oktober 2007 weggefallen, weshalb auch die Ausweisung bis zum 27. Oktober 2007 hätte durchgeführt werden müssen.

 

Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Tante nach Österreich gekommen sei und auch gemeinsam mit dieser in N wohne.

 

Daher wird die kostenpflichtige Aufhebung der Schubhaft beantragt.

 

1.5. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Rohrbach zu Zl. Sich40-273-2005; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Nach § 82 Abs. 1 Z. 3 FPG hat ein Fremder, gegen den die Schubhaft ange­ordnet wurde, u.a. das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft anzurufen.

 

Gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG kann die Behörde auch über einen Asylwerber (als solcher gilt nach § 2 Abs. 14 AsylG ein Fremder ab der Einbringung eines Antrages auf internationalen Schutz – d.i. gemäß § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG das auf welche Weise auch immer artikulierte Ersuchen, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen – bis zum rechtskräftigen Abschluss, bis zur Einstellung oder bis zur Gegenstands­losigkeit dieses Verfahrens) zum Zweck der Sicherung des Verfahrens einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängen, wenn auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungs­dienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Asylantrag mangels Zuständig­keit Österreichs zu dessen Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Nach dem auch insoweit maßgeblichen § 77 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in perio­dischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

3.2. In seinem zuletzt ergangenen Erkenntnis vom 28. Juni 2007, Zl. 2004/21/0003, hat der Verwaltungs­gerichtshof einer Schubhaftbeschwerde unter Hinweis auf seine mit der dg. Entscheidung vom 22. Juni 2006, Zl. 2006/21/0081, geänderte Recht­sprechung, wonach allein das Vorliegen einer vollstreckbaren aufenthalts- beenden­den Maßnahme, von strafgerichtliche Verur­teilungen und eine fehlende Ausreise­willigkeit für die Tragfähigkeit der Prognose, dass sich der Asylwerber dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde, nicht mehr hinreichen, stattge­geben: Vielmehr muss bei einer darauf abzielenden Behauptung seitens der Behörde konkret auch dessen soziale Verankerung in Österreich geprüft werden.

 

In diesem Zusammenhang bringt der Beschwerdeführer vor, gemeinsam mit seiner Tante in Österreich gelebt habe. Diesbezüglich hat eine Anfrage im ZMR ergeben, dass der Rechtsmittelwerber zunächst vom 26. November 2005 bis zum 6. Dezember 2005 gemeinsam mit seiner Tante im Flüchtlingslager St. G und anschließend bis zu seiner in Schubhaftnahme unter der Adresse, gemeldet war. Dass beide auch tatsächlich auch dort gewohnt haben, wird von der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt; Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem von ihr vorgelegten Akt.

 

Selbst wenn daher dem Rechtsmittelwerber seitens des Zollamtes Linz zu Recht vorgeworfen werden könnte, illegal einer Beschäftigung nachgegangen zu sein, vermag dies ebenso wie die übrige Faktenlage (illegale Einreise, fehlende Dokumente, Mittellosigkeit) eine Schubhaftverhängung einerseits deshalb nicht zu rechtfertigen, weil der Fremde einen Rechtsanspruch auf die vorhergehende Anwendung gelinderer Mittel hat und andererseits alle diese Umstände keinen gesetzlich anerkannten Schubhaftgrund bilden.

 

Daher hätte die belangte Behörde sohin in einem ersten Schritt die Vorschreibung gelinderer Mittel, zB insbesondere der periodischen Meldung gemäß § 77 Abs. 3 FPG, zur Anwendung bringen müssen. Erst wenn sich diese de facto als unzweckmäßig herausgestellt hätten, hätte allenfalls in einem nächsten Schritt zur Verhängung der Schubhaft übergegangen werden können.

 

3.3. Der gegenständliche Beschwerde war daher gemäß § 83 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG stattzugeben und die Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft festzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis waren dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 Z. 1 und 3 AVG iVm § 1 Z. 1 der UVS-Aufwandsersatzverordnung, BGBl. Nr. II 334/2003, antragsgemäß Kosten in Höhe von insgesamt 673,80 Euro zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1.    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2.    Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 16,80 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

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