Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521746/8/Bi/Se

Linz, 11.11.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau Mag. M P, St. F, vertreten durch Herrn RA Mag. H M, St. F, vom 26. September 2007 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 3. September 2007, VerkR21-678-2007/LL, wegen der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, aufgrund des Ergebnisses der am 6. November 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsver­handlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

      Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde die Berufungswerberin (Bw) gemäß § 24 Abs. 4 iVm 8 FSG aufgefordert, sich innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 12. September 2007.

 

2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz  AVG). Am 6. November 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­verhandlung in Anwesenheit des Rechtsvertreters der Bw, RA Mag. H M, und des Meldungslegers Insp. G M (Ml) durchgeführt. Die Bw war ebenso entschuldigt wie der Vertreter der Erstinstanz. Die Berufungs­entscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, aus dem angefochtenen Bescheid gehe nicht hervor, inwieweit tatsächlich begründete Bedenken hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung bestünden. Die bloße Feststellung, sie sei in den letzten fünf Jahren zweimal in Verkehrsunfälle verwickelt gewesen und habe "mehrmals" Verkehrsordnungwidrigkeiten begangen, reiche dazu nicht aus. Die Rahmenum­stände der genannten Vorfälle wären näher zu erheben gewesen. Sie sei in den letzten fünf Jahren bei einer Vielzahl durchgeführter Fahrten zweimal in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen. Beim Vorfall 2006 sei das gerichtliche Verfahren gemäß § 90 StPO eingestellt worden. Begründete Bedenken seien jedenfalls nicht begründbar, weshalb Bescheidaufhebung beantragt werde.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsvertreter der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz im angefochtenen Bescheid berücksichtigt und der Meldungsleger unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einver­nommen wurde.

 

Zunächst ist festzuhalten, dass Grundlage für den angefochtenen Bescheid ein Bericht des Ml war, wonach die Bw in der "B" in St. F an einem Verkehrsunfall beteiligt gewesen sei. In St. F gibt es keine "B", wohl aber eine "B" und eine "B".

Nach dem vom Rechtsvertreter vorgelegten Unfallbericht war die Bw als Lenkerin eines Pkw am 20. Juli 2007 gegen 17.35 Uhr in St. F, B, an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden insofern ursächlich beteiligt, als sie im Zuge des Gegenverkehrs zum Ausweichen auf die rechte Seite der rechts stark verparkten Badstraße – im nahe­gelegenen Freibad herrschte Badebetrieb und es war auch ein Fußballspiel – gezwungen war und beim Weiterfahren mit der rechten vorderen Ecke ihres Fahrzeuges die rechte vordere Ecke eines geparkten Pkw touchierte, sodass geringer Sachschaden entstand. Der Ml führte aus, es habe sich um die Straße, die zum Freibad führt, gehandelt, dh die Badstraße. Er und sein Kollege hätten über die Funkleitstelle vom Unfall erfahren; wer die Polizei verständigt hat, wusste er nicht. Bei ihrem Eintreffen hätten sich die Bw, die Lenkerin des geparkten Fahrzeuges – die offenbar vom Freibad kam, da sie einen Badeanzug trug – mit zwei Kindern und ein Bewohner des dortigen Hauses, der die Fahrzeuge fotografiert habe, an der Unfallstelle befunden und der Pkw der Bw sei in Unfallsendlage gestanden, sodass das Zustandekommen des Unfalls nachvollzieh­bar gewesen sei. Die Bw habe auch sofort gesagt, sie sei da angefahren. Es sei niemand verletzt und eine Unfalls­aufnahme nicht erwünscht gewesen, sodass ein Unfallbericht ausgefüllt wurde. Sowohl die Bw als auch die Lenkerin des geparkten Pkw hätten bereits den Führerschein in der Hand gehabt. Der Ml erklärte anhand des vom Rechtsvertreter vorgelegten Unfallberichtes, dass sein Kollege RI D das Ausfüllen der Daten der Bw übernommen habe, wobei sich auf dem Unfallbericht auch handschriftliche Eintragungen in der Spalte der Bw, insbesondere Geschäftszahl und Datum ihres Führerscheins und die Beschreibung des Unfallschadens an ihrem Fahrzeug, in einer anderen Schrift befinden, die der Ml nicht zuordnen konnte; er selbst habe das aber nicht geschrieben.

Zum persönlichen Eindruck von der Bw gab er an, sie sei verlangsamt gewesen und habe teilweise auf Anrede gar nicht reagiert. Sie habe immer wieder gesagt, sie wolle ihre Tochter holen, aber niemand habe das getan oder ihr geholfen. Als schließlich alles abge­schlossen gewesen sei, habe die Bw ihren Pkw weitergelenkt und dabei beim Zurückfahren beinahe den dahinter abgestellten Pkw touchiert. Sie habe sich beim Zurückschauen bzw Umdrehen schwer getan, ebenso bei der Handhabung und beim Schalten; der Pkw habe keine Automatik. Der Ml räumte ein, es sei an diesem Tag sehr heiß gewesen und der Bw habe möglicherweise die Hitze zu schaffen gemacht.

Zu den in seinem Bericht angesprochenen "mehreren Beanstandungen wegen Über­tretungen der StVO (zB Missachtung der Einbahn)" führte der Ml aus, in St. F werde an der L, einer H, ein Haus gebaut und des­wegen bestehe dort eine Einbahn­regelung, die die Bw zweimal missachtet habe, wobei sie einmal von ihm und einmal von einem Kollegen beanstandet worden sei. Der Rechts­vertreter bestätigte die Einbahnregelung und auch, dass die Umleitung über die enge, verwinkelte B führe, sodass viele Ortskundige bei Nichtvor­handensein von Gegenverkehr einfachheitshalber gegen die Einbahn fahren, um dem umständlichen Umweg zu entgehen, so auch die Bw. Der Ml bestätigte, sonst sei nichts vorgefallen. Von weiteren Verkehrsunfällen wusste er nichts.

 

Aus der Sicht des UVS ist festzuhalten, dass die Bw bislang außer den beiden unbedeutenden Einbahnverstößen nie nachteilig in Erscheinung getreten ist. Sie ist 1931 geboren, dh 76 Jahre alt, und hört nach Angaben ihres Rechtsvertreters etwas schlecht, was aber altersentsprechend nachvollziehbar ist. Ebenso nachvollziehbar ist eine eingeschränkte Beweglichkeit des Schulter- bzw Nackenbereichs, sodass die Beobachtungen des Ml diesbezüglich nicht überraschend anmuten. Dass in der engen verparkten B ein Ausweichen bei Gegenverkehr schwierig und nur mit Anhalten möglich ist, hat sogar der Ml zugestanden, der seine Aussagen im Bericht insofern korrigiert hat, es sei zwar die Fahrbahn für den Begegnungsverkehr ausreichend breit, allerdings nur, solange nicht eine Seite verparkt sei wie am Vorfallstag. Das Ausweichen bzw Weiterfahren danach unter Verursachung eines geringen Parkschadens stellt damit keinen Anlass dar, an der gesundheitlichen Eignung der Bw zu zweifeln. Da der Ml nicht alle Handschriften auf dem Unfallbericht zuordnen konnte, ist zumindest davon auszugehen, dass die FS-Daten von der Bw stammen. Ihre Unterschrift ist keineswegs zittrig.

Auffällig war in der Verhandlung, dass der sehr junge Ml zwar eine laute Stimme hat, jedoch sehr schnell spricht. Es ist daher durchaus vorstellbar, dass die Bw dem Ml aufgrund seiner Redegeschwindigkeit im Ergebnis nicht folgen konnte und daher "abschaltete", sodass dieser den Eindruck hatte, sie reagiere nicht auf seine Anrede bzw mache einen "verwirrten" Eindruck – diese Formulierung aus dem Bericht hat er in der Verhandlung nicht mehr gebraucht.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24  Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzung der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzu­schränken oder zu entziehen.

 

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach Abs.4 sind begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht mehr besitzt. Hierbei geht es noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen von Erteilungsvoraussetzungen geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen (vgl VwGH 30.9.2002, 2002/11/0120).

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens ergibt sich für solche begründete Bedenken im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B kein ausreichendes Substrat. Die Bw hat in ihrem Alter selbstverständlich gesundheitliche Mängel, die der Ml möglicherweise nicht nachzu­voll­ziehen in der Lage war, die aber noch keine Einschränkung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen erwarten lassen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

76-jährige Lenkerin, VU mit Parkschaden, Umstände der Amtshandlung begründen keine "begründeten Bedenken" gegen die gesundheitliche Eignung -> Einstellung

 

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