Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110722/11/Kl/Pe

Linz, 16.10.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Y D, vertreten durch F H & P Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19.7.2006, VerkGe96-174-2006, wegen einer Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1.6.2007 zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.    Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 300 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 9, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 19.7.2006, VerkGe96-174-2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Abs.1 Z1 iVm § 23 Abs.1 Z3 GütbefG verhängt, weil er es als Inhaber des Güterbeförderungsbetriebes in, zu verantworten hat, dass am 22.5.2006, 9.25 Uhr, durch sein Unternehmen auf der A8 Innkreisautobahn bei Straßenkilometer 24.900 im Gemeindegebiet von K., Oberösterreich, mit dem Lastkraftwagen mit dem deutschen Kennzeichen sowie dem Anhänger mit dem deutschen Kennzeichen eine gewerbsmäßige grenzüberschreitende Beförderung von Gütern (Sammelgut) von (Deutschland) nach (Türkei) durch den türkischen Fahrer H K ohne Fahrerbescheinigung durchgeführt wurde, obwohl der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass nicht ermittelt worden sei, ob es sich um einen gewerblichen Gütertransport über die Grenze handle, wo die Fahrt durch den Lenker begonnen wurde, ob dieser über eine Fahrerbescheinigung verfügen könne und ob überhaupt der Lenker zur Aushändigung der Fahrerbescheinigung aufgefordert worden sei. Auch die Strafbemessung wurde bekämpft und auf die Unbescholtenheit des Berufungswerbers hingewiesen. Auch wurde behauptet, dass der Lenker als türkischer Staatsbürger sich bereits jahrelang legal in Deutschland aufhalte und aufgrund des Assoziationsabkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Türkei und der Entscheidung Nr. 1/80 des Assoziationsrates nicht zum Mitführen einer Fahrerbescheinigung verpflichtet sei. Auch sei die Voraussetzung für das Mitführen einer Gemeinschaftslizenz und einer Fahrerbescheinigung nicht gegeben. Auch sei es für den Lenker weder vorhersehbar noch verhinderbar gewesen, dass die Fahrerbescheinigung zum Zeitpunkt der Durchführung der gegenständlichen Fahrt bereits abgelaufen sein würde.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben  durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die dort aufliegenden Ablichtungen der vom Lenker mitgeführten Papiere wie europäische Gemeinschaftslizenz mit der Nr., gültig vom 15.5.2006 bis 14.5.2011, Fahrerbescheinigung für den Lenker K A H mit der Nr., ausgestellt am 20.1.2006 und abgelaufen am 15.5.2006, Fahrzeugschein für Lkw und Anhänger, Passkopie des Lenkers sowie CMR-Frachtbrief für Sammelgut mit Ausgangsort H in Deutschland und Zielort I in der Türkei. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung am 1.6.2007 anberaumt und durchgeführt, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber wurde durch seinen Rechtsanwalt vertreten, weiters nahm ein Vertreter der belangten Behörde teil. Der Meldungsleger GI F V wurde als Zeuge geladen und einvernommen. Der weiters als Zeuge geladene Lenker H K ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen.

 

4.1. Als erwiesen steht fest, dass der Lenker H K, welcher türkischer Staatsangehöriger ist, aber über ein gültiges Schengenvisum verfügt (gültig bis 28.9.2006) am 22.5.2006 einen gewerblichen Gütertransport, nämlich Transport von Sammelgut von H in Deutschland über Österreich nach I in der Türkei für den Berufungswerber mit Sitz in Deutschland, durchgeführt hat und anlässlich der Kontrolle eine gültige Gemeinschaftslizenz, aber keine gültige Fahrerbescheinigung vorlegen konnte. Die vorgelegte Fahrerbescheinigung war bereits mit 15.5.2006 abgelaufen. Das Kraftfahrzeug war auf den Berufungswerber zugelassen. Aus dem CMR-Frachtbrief ist ein grenzüberschreitender Gütertransport von Deutschland in die Türkei ersichtlich. Das Kontrollorgan hatte auch den Eindruck, dass der Lenker wusste, worum es ging und was vorzulegen war, legte er doch tatsächlich die verlangten Papiere vor.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Akt befindlichen Kopien der Urkunden, auf die glaubwürdigen Aussagen des Kontrollorgans sowie auf den Umstand, dass die tatsächliche Fahrt, die Kontrolle und das Vorliegen nur einer abgelaufenen Fahrerbescheinigung vom Berufungswerber nicht bestritten wurde.

 

4.3. Weiters wurde anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung eine Bescheinigung über die „Übertragung von selbstverantwortlichen Tätigkeitsbereichen (gemäß § 9 VStG)“ vom 2.1.2006 zwischen Herrn A D und der Firma A T, vorgelegt, wonach Herr A D zum „verantwortlichen Beauftragten mit Wirkung ab 1.1.1006 für den örtlichen Teilbereich Transitverkehr zwischen Deutschland, Österreich und Italien“ bestellt ist. Er übernimmt damit die Verantwortung für den Einsatz und die Schulung der Fahrer, für den ordnungsgemäßen Zustand der eingesetzten Fahrzeuge sowie die ordnungsgemäße Beladung derselben. Er ist zuständig für den Einsatz, Kontrolle, Belehrung und Schulung der Fahrer.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Im Hinblick auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers wird auf die Bestimmung des § 9 Abs.1 VStG hingewiesen, wonach für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften strafrechtlich verantwortlich ist, wer zur Vertretung nach außen berufen ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind.

 

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen.

 

Gemäß § 9 Abs.3 VStG kann auch eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

 

Im Grunde der vorgelegten Bestätigung ist aber ersichtlich, dass die Firma A T die Verantwortlichkeit übertragen wollte, es sich dabei aber nicht um eine juristische Person, Personengesellschaft oder eingetragene Erwerbsgesellschaft handelt. Es handelt sich dabei um ein Einzelunternehmen, das keine Rechtspersönlichkeit besitzt; verantwortlich ist daher der Berufungswerber. Auch handelt es sich nicht um ein räumlich oder sachlich gegliedertes Unternehmen. Schon aus diesem Grunde kann daher eine Verantwortung rechtmäßig und rechtswirksam nicht übergegangen sein. Darüber hinaus wurde eine Bestellung „für den örtlichen Teilbereich Transitverkehr zwischen Deutschland, Österreich und Italien“ vorgenommen, allerdings handelt es sich im vorgeworfenen Tatverhalten nicht um diesen örtlichen Teilbereich, sondern um eine grenzüberschreitende Beförderung zwischen Deutschland und der Türkei. Auch aus diesem Aspekt ist daher der vorgeworfene Transport nicht von der Urkunde umfasst. Schließlich ist der nach der Urkunde Bestellte für den sachlichen Bereich „Einsatz, Kontrolle, Belehrung und Schulung der Fahrer“ verantwortlich, woraus sich eine Verantwortlichkeit für die Einholung der Fahrerbescheinigungen nicht ausdrücklich ergibt.

Es kann daher von keiner wirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 VStG ausgegangen werden. Es ist somit die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung weiterhin beim Berufungswerber gegeben.

 

5.2. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG, BGBl. Nr. 593/1995 idF BGBl. I Nr.23/2006, ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr.881/92 sind.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z3 und Abs.4 GütbefG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von mindestens 1.493 Euro bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer Beförderungen gemäß §§ 7 bis 9 ohne die hiefür erforderliche Berechtigung durchführt.

 

Gemäß § 25 Abs.2 GütbefG ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/92 verwiesen wird, diese Verordnung, geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 484/2002 anzuwenden.

 

Gemäß Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 (kurz EU-VO genannt), unterliegt der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaats ist – mit einer Fahrerbescheinigung.

 

Gemäß Art.3 Abs.3 EU-VO wird die Fahrerbescheinigung von einem Mitgliedstaat gemäß Art.6 jedem Verkehrsunternehmer ausgestellt, der Inhaber einer Gemeinschaftslizenz ist und der in diesem Mitgliedstaat Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind, rechtmäßig beschäftigt oder Fahrer rechtmäßig einsetzt, die Staatsangehörige eines Drittstaates sind und ihm als Arbeitskraft gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung und die Berufsausbildung von Fahrern durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften und gegebenenfalls Tarifverträge nach den in diesem Mitgliedstaat geltenden Vorschriften festgelegt wurden.

 

5.3. Im Grunde der Sachverhaltsfeststellungen ist daher erwiesen, dass der Berufungswerber zwar grundsätzlich über eine Gemeinschaftslizenz verfügt, allerdings für den Lenker, der türkischer Staatsangehöriger ist, eine gültige Fahrerbescheinigung nicht vorlag. Es wurde daher ein gewerblicher Gütertransport über die Grenze mit einem türkischen Lenker ohne Fahrerbescheinigung vorgenommen und daher der Tatbestand gemäß § 7 Abs.1 Z1 iVm § 23 Abs.1 Z3 GütbefG erfüllt.

 

5.4. Der Berufungswerber hat die Übertretung aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung gehört zu den Ungehorsamsdelikten und war daher Fahrlässigkeit zu vermuten. Ein Entlastungsnachweis ist dem Berufungswerber nicht gelungen. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich ein Unternehmer nur dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit guten Grund erwarten lassen. Ein entsprechendes Vorbringen hat der Berufungswerber aber tatsächlich gar nicht gemacht.

 

5.5. Wenn hingegen der Berufungswerber sich darauf stützt, dass er eine Fahrerbescheinigung gar nicht für den türkischen Lenker brauche, so ist ihm entgegenzuhalten, dass die Bestimmungen über die Gemeinschaftslizenz und daher die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF der Verordnung (EG) Nr. 484/2002 regeln, dass bei Verwendung von Fahrern, die Staatsangehörige von Drittstaaten sind, zusätzlich zur Gemeinschaftslizenz eine Fahrerbescheinigung vom Unternehmen zu erwirken und dem Fahrer zur Verfügung zu stellen ist, welcher diese Fahrerbescheinigung dann auch mitzuführen und vorzuweisen hat (vgl. Erwägung 3 der Verordnung [EG] Nr. 484/2002). Zweck der Fahrerbescheinigung ist, dass nachgeprüft werden kann, ob die Fahrer aus Drittstaaten rechtmäßig beschäftigt sind bzw. rechtmäßig dem für die Beförderung verantwortlichen Verkehrsunternehmen zur Verfügung gestellt werden (Erwägung 2 der Verordnung [EG] Nr. 484/2002). Dem Erwägungsgrund 4 der zitierten Verordnung ist aber auch eindeutig zu entnehmen, dass die Verordnung nicht die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft über die Freizügigkeit, den Wohnsitz und den Zugang einer Tätigkeit als Beschäftigter berührt.

Im Sinn des letztgenannten Erwägungsgrundes ist daher die Bestimmung des Art.3 Abs.3 der EU-VO weder in dem Sinne zu lesen, dass Staatsangehörige eines Drittlandes nur rechtmäßig beschäftigt in Deutschland sein müssen, noch dass überhaupt eine Beschäftigungsbewilligung bzw. Arbeitserlaubnis oder dergleichen Voraussetzung für eine Fahrerbescheinigung ist. Es ist nämlich der zitierten Bestimmung einerseits auch eine zweite Alternative zu entnehmen, nämlich dass Fahrer, die Staatsangehörige eines Drittlandes sind, rechtmäßig „gemäß den Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden, die in diesem Mitgliedstaat für die Beschäftigung … festgelegt wurden“. Diesfalls werden die ausländischen Fahrer nicht „rechtmäßig beschäftigt“ sondern „rechtmäßig eingesetzt“, nämlich unter dem Aspekt, dass alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften für das „Zurverfügungstellen“ erfüllt sind. Es dürfen daher Staatsangehörige eines Drittstaates nur dann eingesetzt werden, wenn sie den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaates, also konkret Deutschland, genügen. Dies bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass jedenfalls eine Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis und dergleichen vorliegen muss, vielmehr ist ein Entsprechen nach den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Mitgliedstaates auch darin zu erblicken, dass z.B. andere Vorschriften, die den geordneten Arbeitsmarkt regeln, wie z.B. auch das Assoziationsabkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Republik Türkei samt Zusatzprotokoll, erfüllt sind. Nach der Auffassung des Oö. Verwaltungssenates wäre es daher im Sinne der bereits ergangenen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (vgl. C-317/01 und C—369/01) durchaus möglich, dass ein türkischer Lenker, der für ein deutsches Güterbeförderungsunternehmen mit in Deutschland zugelassenen Lkw´s seine Leistung erbringt und je nach den Umständen im Einzelfall (z.B. Assoziationsabkommen) unter den gegebenen Voraussetzungen keine Arbeitserlaubnis braucht, dann ebenfalls eine Bescheinigung nach den deutschen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhalten muss. Die entsprechende Bestimmung des Art.3 Abs.3 der EU-VO lässt eine gemeinschaftsrechtskonforme Interpretation zu, dass auch neben den Vorschriften über die Arbeitserlaubnis sowie über die Arbeitnehmerüberlassung auch weitere Vorschriften darunter zu subsumieren sind, nämlich jede weitere dem Gesetz entsprechende Erwerbstätigkeit eines Fahrers, der Staatsangehöriger eines Drittlandes ist. Es ist daher zu berücksichtigen, dass die Fahrerbescheinigung eine Arbeitsbewilligung nicht ersetzt und auch mit einer solchen nicht gleichzuhalten ist. Entgegen der Auffassung des Berufungswerbers stellt daher die Fahrerbescheinigung keine unzulässige Einführung einer neuen innerstaatlichen Beschränkung dar, sondern ist die Fahrerbescheinigung lediglich ein Nachweispapier zur Kontrolle, wie ein Führerschein, Zulassungsschein usw. Dies bedeutet, dass die die Fahrerbescheinigung ausstellenden Behörden das Vorhandensein eines ordnungsgemäßen Arbeitsverhältnisses oder aber auch bei Vorhandensein der Voraussetzungen nach dem Assoziationsabkommen (und damit bewilligungsfrei) die Erfüllung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften eines Mitgliedstaates über Beschäftigung und Berufsausbildung zu überprüfen und festzustellen haben, wobei dies nur eine deklarative Wirkung, niemals eine konstitutive Wirkung hat. Dies bedeutet aber auch, dass über das Recht zur Erwerbstätigkeit nicht abgesprochen wird, das heißt eine ausgestellte Fahrerbescheinigung nicht eine Arbeitserlaubnis ersetzt und umgekehrt auch die Nichtausstellung einer Fahrerbescheinigung nicht eine bestehende Arbeitserlaubnis entzieht.

 

Nicht hingegen wird die Rechtsauffassung geteilt, dass die genannte EU-VO überhaupt nicht für den Güterkraftverkehr zwischen Deutschland und der Türkei zur Anwendung kommt. Dies widerspricht ausdrücklich der Bestimmung des Art.2 zweiter Gedankenstrich zweiter Untergedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 881/92. Die Regelung des Art.1 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 betrifft hingegen nur die im Mitgliedstaat, in dem die Be- oder Entladung stattfindet, zurückgelegten Wegstrecken, also für Wegstrecken, die auf dem Bundesgebiet Deutschland zurückgelegt werden. Für die Durchfahrt durch Österreich ist diese Regelung nicht anwendbar, weil in Österreich weder eine Be- noch eine Entladung erfolgt.

 

Darüber hinaus wird aber auf die Bestimmung des Art.9 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 484/2002 hingewiesen, wonach Mitgliedstaaten garantieren, dass jeder Inhaber einer Gemeinschaftslizenz gegen Entscheidungen der zuständigen Behörde, durch die ihm eine Fahrerbescheinigung verweigert wird, Rechtsmittel einlegen kann. Es ist daher zumutbar, dass der Berufungswerber einen Rechtszug in Anspruch nimmt und ausschöpft.

Darüber hinaus ist aber darauf hinzuweisen, dass für den genannten türkischen Lenker bereits eine (abgelaufene) Fahrerbescheinigung ausgestellt wurde. Es wäre daher am Berufungswerber gelegen, eine Verlängerung bzw. Neuausstellung der Fahrerbescheinigung rechtzeitig zu verlangen.

 

5.6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat auf den besonderen Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung hingewiesen, insbesondere auf die mangelnde Kontrollmöglichkeit bei grenzüberschreitenden Transporten sowie auf die ernste Verzerrung des Wettbewerbes zwischen Verkehrsunternehmen. Sie hat mangels Angaben durch den Berufungswerber persönliche Verhältnisse von einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten zugrunde gelegt. Diese persönlichen Verhältnisse wurden vom Berufungswerber auch im Zuge des Berufungsverfahrens nicht bestritten und kamen keine geänderten Umstände hervor. Auch im Hinblick auf die vom Berufungswerber eingewendete Unbescholtenheit ist darauf hinzuweisen, dass im Güterbeförderungsgesetz eine Mindeststrafe von 1.453 Euro vorgesehen ist und die verhängte Geldstrafe im Bereich der Mindeststrafe gelegen ist. Weitere mildernde Umstände traten nicht hervor und wurden nicht vorgebracht. Es war daher kein erhebliches Überwiegen von Milderungsgründen festzustellen, sodass eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG nicht in Betracht kommt. Im Hinblick auf den gesetzlich vorgeschriebenen Strafrahmen war daher die verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers angepasst. Eine Herabsetzung war daher nicht gerechtfertigt. Auch kann nicht von geringfügigem Verschulden ausgegangen werden, weil das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Es war daher die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Fahrerbescheinigung, Assoziationsabkommen, keine Entlastung; kein verantwortlicher Beauftragter

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 26.03.2008, Zl.: 2007/03/0219-5

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