Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280983/16/Py/Da

Linz, 30.10.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn J M, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L J K und Dr. J M, S, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20. Februar 2007, Ge96-23-2006, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2007, zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches zu Faktum 1 und Faktum 2 keine Folge gegeben. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die zu Faktum 2 verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 185 Stunden) herabgesetzt wird. Die Strafhöhe zu Faktum 1 wird bestätigt.

 

II.      Hinsichtlich Faktum 1 hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von 58 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten. Hinsichtlich Faktum 2 hat der Berufungswerber zum Berufungsverfahren keinen Kostenbeitrag zu leisten, der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 100 Euro. Der Gesamtkostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz beträgt somit 129 Euro.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20.2.2007, Ge96-23-2006, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) Geldstrafen von 290 Euro (zu Faktum 1) und von 1.450 Euro (zu Faktum 2), Ersatzfreiheitsstrafen von 53 Stunden (zu Faktum 1) und von 268 Stunden (zu Faktum 2), wegen Verwaltungsübertretungen gemäß Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85 iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe und § 28 Abs.1a Z4 AZG (Faktum 1) und Art.8 Abs.1 EG-VO 3820/85 iVm dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe und § 28 Abs.1a Z2 AZG (Faktum 2) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ der S Speditionsges.m.b.H. mit Sitz in B, B, gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass der im Güterbeförderungsbetrieb der Gesellschaft beschäftigte Arbeitnehmer B T, geb. am , als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem belgischen Kennzeichen VAS-, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr

1.    zwischen 16.3.2006, 8.35 Uhr und 17.3.2006, 9.30 Uhr, insgesamt 15 Stunden 40 Minuten zum Lenken des Kraftfahrzeuges herangezogen wurde, obwohl die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten von maximal 10 Stunden nicht überschritten werden darf;

2.    innerhalb des Zeitraumes vom 16.3.2006, 8.35 Uhr bis 17.3.2006, 8.35 Uhr keine Ruhezeit gewährt bekam, obwohl innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden zu gewähren ist.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Berufung ein. Als Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass jeder Fahrer der Firma S Speditionsges.m.b.H. bei seiner Einstellung eine ausführliche Einschulung darüber, wie er sich während seiner Arbeit zu verhalten hat, erhält. Dazu wird ihm ein Fahrerhandbuch ausgehändigt und er wird ausdrücklich darauf hingewiesen, die Lenk- und Ruhezeiten genauestens einzuhalten. Der Fahrer wird auch auf etwaige Strafen hingewiesen. Die Einhaltung dieser Weisungen an die Fahrer wird durch ein betriebsinternes Kontroll- und Überwachungssystem genauestens kontrolliert. Nach Rückkehr in die Firmen- und Konzernzentrale werden die Tachographscheiben bzw. –blätter vom Beschuldigten regelmäßig kontrolliert. Bei Verletzung von Anweisungen hinsichtlich der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeit werden dienstrechtliche Konsequenzen angedroht und auch vollstreckt. Hätte der Beschuldigte Kenntnis davon gehabt, dass der Fahrer B T den gegenständlichen Transport unter Nichteinhaltung der gesetzlichen Ruhe- und Lenkzeiten durchführt, was aber ausdrücklich bestritten werde, hätte er diesem sofort die Weiterführung des Transportes untersagt. Beim betreffenden Fahrer seien bisher noch keine Unzulänglichkeiten festgestellt worden. Im Fall eines Verstoßes gegen die betriebsinternen Weisungen, die Ruhezeiten einzuhalten, wird ein Strafbetrag von 72,67 Euro bis 1.816,82 Euro angedroht und auch vollstreckt, weshalb für den Arbeitnehmer keinerlei Anreiz zur Verletzung der Arbeitnehmerschutzvorschriften bestehe. Darüber hinaus wurde der gegenständliche Fahrer so disponiert, dass ihm die Durchführung der Transporte auch unter Einhaltung der jeweils vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten möglich gewesen wäre. Zum Beweis für dieses Vorbringen werde die Einvernahme des zuständigen Disponenten beantragt. Darüber hinaus hätten die Zeugenaussagen der von der Erstbehörde einvernommenen Disponenten ergeben, dass die Fahrer mit den Disponenten telefonisch in Kontakt stehen und gefragt werden, ob bzw. welches Zeitguthaben sie noch haben und entsprechende Dispositionen nach den diesbezüglichen Angaben der Fahrer getroffen werden. Auch seien die Entlohnungsmethoden so gestaltet, dass zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften keinerlei Anreiz bestehe, die Fahrer würden nach Kollektivvertrag bezahlt.

 

Es werde daher die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu der Ausspruch einer Ermahnung, in eventu eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafen, beantragt.

 

3. Mit Schreiben vom 12. März 2007 hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt, der gemäß § 51c VStG zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4. Oktober 2007, an welcher der Rechtsvertreter des Bw, ein Vertreter der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Wels teilgenommen haben. Als Zeugen wurden die Fahrer O, T, Ö, Y und C sowie die Disponenten A, G, W und Z einvernommen. Zur Befragung der türkischen Fahrer wurde eine Dolmetscherin der Verhandlung beigezogen.

 

Weiters wurde aufgrund des gleichgelagerten Sachverhaltes in den Akt des           Oö. Verwaltungssenates zu VwSen-280890-2006 mit den dort einliegenden Verhandlungsschriften vom 19. April 2006 und vom 22. Mai 2006 Einsicht genommen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

4.1. Der Bw war zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma S Speditionsges.m.b.H. mit Sitz in B, B.

 

Der bei der S Speditionsges.m.b.H. mit Sitz in B beschäftigte Arbeitnehmer B T, geboren am , hat das Kraftfahrzeug mit dem belgischen Kennzeichen VAS-, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr

1. zwischen 16.3.2006, 8.35 Uhr und 17.3.2006, 9.30 Uhr, insgesamt 15 Stunden 40 Minuten gelenkt;

2. innerhalb des Zeitraumes vom 16.3.2006, 8.35 Uhr bis 17.3.2006, 8.35 Uhr wurde von ihm keine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden eingehalten.

 

Im Betrieb besteht kein funktionierendes Kontrollsystem das sicherstellt, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie aus den Zeugenaussagen im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom 4. Oktober 2007 über das Kontroll- und Sanktionssystem der Firma S Speditionsges.m.b.H.

 

Vom Bw wurde nicht bestritten, dass durch den Lenker B T zum angegebenen Tatzeitpunkt die tägliche Lenkzeit über- und die Ruhezeit unterschritten wurde.

 

Die als Zeugen einvernommenen Fahrer der S Speditionsges.m.b.H. haben übereinstimmend und glaubwürdig ausgesagt, dass es im Betrieb keine mehrfachen und ausdrücklichen Anweisungen gab, die Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten. Die Ausfolgung einer Informationsbroschüre bei Dienstantritt wurde zwar bestätig, allerdings wurde ebenfalls übereinstimmend angegeben, dass gesonderte Schulungen bezüglich der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes nicht abgehalten werden. Die Tachographscheiben würden von den Fahrern einmal im Monat im Büro der Firmenzentrale abgegeben, Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Lenk- und Ruhezeiten seien den Fahrern aber nicht bekannt.

 

Der gegenständliche Fahrer B T gab an, dass seitens der Disponenten hin und wieder nach den noch verbleibenden Fahrzeiten gefragt werde, wenn aber etwas dringend zu erledigen sei, könne darauf keine Rücksicht genommen werden. Schulungen gebe es dazu jedenfalls nicht, es hätte auch keine Konsequenzen gegeben, wenn die Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten wurden. Ob die Nichteinhaltung der Lenk- bzw. Ruhezeit im gegenständlichen Fall aus privaten Gründen erfolgt sei, könne er aber heute nicht mehr sagen.  Die Zeugin P G, die im gegenständlichen Fall die Disposition durchgeführt hat, gab in der mündlichen Verhandlung an, dass sie die Fahrer nach der noch verbleibenden Fahrzeit befragt, bevor sie eine Disposition trifft, wobei sie sich aber auf die Angaben des Fahrers verlässt, sofern diese für sie nachvollziehbar sind. Eine Einhaltung der Ruhezeit wäre jedenfalls im vorliegenden Fall leicht möglich gewesen.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Im vorliegenden Fall steht zweifelsfrei fest, dass der Bw zum Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit das für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ der Firma S Speditionsges.m.b.H. war. Dies wurde von ihm ebenso wenig bestritten wie der Umstand, dass die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im gegenständlichen Fall nicht vorlag.

 

5.2. Gemäß Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 darf die nachstehende "Tageslenkzeit" genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden. Der Fahrer muss nach höchstens 6 Tageslenkzeiten eine wöchentliche Ruhezeit im Sinne vom Artikel 8 Abs.3 einlegen. Die wöchentliche Ruhezeit kann bis zum Ende des 6. Tages verschoben werden, falls die Gesamtlenkzeit während der 6 Tage nicht die Höchstdauer übersteigt, die 6 Tageslenkzeiten entspricht.

 

Gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zu Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird. Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabsatz 1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitte genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Fall erhöht sich jedoch die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.

 

Gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenker über die gemäß Artikel 6 Abs.1 Unterabsatz 1 und Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 28 Abs.1a Z2 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die tägliche Ruhezeit gemäß Artikel 8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 nicht gewähren, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

5.3. Die im Spruch angeführte Überschreitung der Lenkzeit und Unterschreitung der Ruhezeit durch Herrn T ist durch die Auswertung der Schaublätter erwiesen. Sie wird vom Bw auch nicht bestritten. Es hat damit der Bw als das im gegenständlichen Fall für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliche Organ Herrn T die erforderliche Ruhezeit nicht gewährt und diesen über die zulässige Lenkzeit hinaus eingesetzt.

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu bewerten.

 

Die Überschreitung der Lenkzeit und das Unterschreiten der Ruhezeit sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwei selbständige Delikte, weshalb die belangte Behörde zu Recht zwei Strafen verhängt hat (vgl. VwGH vom 28.06.2005, Zl. 2004/11/0028).

 

5.4. Hinsichtlich des Verschuldens ist festzustellen, dass die vom Bw angelasteten Taten sogenannte Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs.1 VStG darstellen, zu deren Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber nicht gelungen.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der/die Arbeitgeber/in durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden und den Anordnungen auch entsprochen wird. Es bedarf konkreter Behauptungen, durch welche innerbetriebliche organisatorische Maßnahmen eine Übertretung des AZG hätte verhindert werden sollen, wobei die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen nicht ausreicht (vgl. VwGH vom 20.7.1992, Zl. 91/19/0201, mit der dort zitierten Judikatur). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt ist. Dabei reichen nur kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, es liege ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die tatsächliche Einhaltung des AZG sicherstellt, vor.

 

Der Verantwortung des Bw, wonach er im Betrieb ein Kontrollsystem installiert habe, nämlich durch Aushändigen eines Fahrerhandbuches, Einschulung bei Einstellung, Androhung von Sanktionen bei Nichteinhaltung und Überprüfung der Tachographscheiben bzw. -blätter bei Rückkehr in die Konzernzentrale, stellt kein solches effizientes Kontrollsystem, wie dies vom Verwaltungsgerichtshof gefordert wird, dar. Es wurde vom Bw nicht einmal behauptet, dass regelmäßige Schulungen über die Arbeitszeitvorschriften abgehalten werden. Dies hat auch die Befragung der Fahrer als Zeugen im Zuge der Berufungsverhandlung ergeben. Auch die Aussage des im gegenständlichen Fall eingesetzten Disponentin G als Zeugin vermag das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems nicht darzulegen.

 

Das Vorbringen des Bw und das durchgeführte Beweisverfahren haben daher ergeben, dass der Bw bei weitem nicht ausreichend dafür Sorge getragen hat, dass Verwaltungsübertretungen wie die gegenständlichen hintangehalten werden. Selbst wenn der Fahrer in der mündlichen Verhandlung aussagt, die Verwaltungsübertretungen seien möglicherweise in Eigeninitiative zu Stande gekommen, vermag dies den Bw nicht zu entlasten. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH muss ein Kontrollsystem insbesondere auch eigenmächtige Handlungen der Arbeitnehmer verhindern (vgl. z.B. VwGH vom 25.1.2005, Zl. 2004/02/0293). Es ist daher unerheblich, ob Herr T aus privaten Interessen gegen die Anordnungen seines Arbeitgebers verstoßen hat. Es wäre Aufgabe des Bw gewesen, im Vorfeld diesbezügliche Vorkehrungen zu treffen, zumal Lenker ständig in solche Situationen gebracht werden.

 

Auch ist es dem Bw nicht gelungen darzulegen, welche wirksamen Schritte den Arbeitnehmern für den Fall festgestellter Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften in Aussicht gestellt werden, um Verstößen vorzubeugen (vgl. z.B. VwGH 04.07.2002, Zl. 2000/11/0123). Dabei ist zu beachten, dass – nach Sinn und Wortlaut dieses Leitsatzes – nicht nur die (im Einzelnen darzustellende) in Aussichtstellung von Maßnahmen darzulegen ist, sondern auch die Wirksamkeit der Maßnahmen aus der Darstellung hervorzugehen hat.

 

Darüber hinaus ist der Arbeitgeber gehalten, alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften sicherzustellen, wozu es z.B. gehört, die Arbeitsbedingungen und die Entlohnungsmethoden so zu gestalten, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung von Arbeitszeitvorschriften darstellen (vgl. VwGH 30.05.1989, Zl. 88/08/0007). Der Bw hat es in diesem Zusammenhang verabsäumt darzulegen, dass das Entlohnungssystem so gestaltet ist, dass kein Anreiz zur Verletzung von Arbeitszeitvorschriften besteht. Zu einer solchen Darlegung hatte der Bw umso mehr Anlass, als sich im Zuge der mündlichen Verhandlung unwidersprochen herausstellte, dass die Entlohnung der Fahrer nach gefahrenen Touren erfolgt. Dieses Entlohnungssystem stellt keine Maßnahme dar, die Arbeitszeitüberschreitungen hintanhält.

 

Dem Berufungsvorbringen des Bw, dass ein taugliches und hinreichendes Kontrollsystem im Betrieb eingerichtet wäre, kann daher nicht gefolgt werden, zumal der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13.11.1996, Zl. 96/03/0232, ausführt, dass ein besonders strenger Maßstab bezüglich des Kontrollsystems anzulegen ist.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld in beiden Fakten zu bestätigen.

 

6. Zur Strafbemessung ist zu bemerken:

 

6.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides hinsichtlich der für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

6.2. Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeit ist neben dem Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer/innen jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenkern/innen hintan gehalten wird, stellen sie doch ein immenses Gefahrenpotential für andere Verkehrsteilnehmer/innen, etwa aufgrund erhöhter Unfallgefahr durch Sekundenschlaf, dar. Es besteht somit ein besonderes öffentliches Interesse an der Einhaltung der diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen.

 

6.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen von 290 Euro (Faktum 1) sowie 1.450 Euro (Faktum 2) bei einem Strafrahmen von 72 Euro bis zu 1.815 Euro über den Bw verhängt, wobei als erschwerend die mangelnde Unbescholtenheit des Bw gewertet wurde. Im Übrigen führt die Erstbehörde aus, dass im Rahmen der Strafbemessung auf das vom Bw im Zuge eines anderen Verwaltungsstrafverfahrens angegebene monatliche Nettoeinkommen von ca. 960 Euro Bedacht genommen wurde.

 

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates erscheint im Hinblick auf die Höhe der zu Faktum 1 vorliegenden Überschreitung der Lenkzeit um 5 Stunden und 40 Minuten die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe jedenfalls angemessen, zumal der Bw nicht unbescholten ist und bereits wegen Übertretungen von Verwaltungsvorschriften, die bei der Ausübung der gewerblichen Güterbeförderung zu beachten sind, betreten wurde.

 

Zu Faktum 2 wurde von der belangten Behörde eine Geldstrafe in Höhe von 1.450 Euro bei einer im Gesetz vorgesehenen Höchststrafe von 1.815 Euro verhängt. Auch wenn nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates die Höhe des vom Bw angegebenen Einkommens aufgrund seiner Stellung im Unternehmen und seines Aufgabenbereiches durchaus in Zweifel gezogen werden kann, so erscheint die Verhängung einer Geldstrafe im Ausmaß von 80 % der gesetzlichen Höchststrafe doch als überschießend. Die zu Faktum 2 verhängte Geldstrafe konnte daher vom Oö. Verwaltungssenat aus Anlass der Berufung herabgesetzt werden, zumal mit der nunmehr verhängten Strafe im Ausmaß von rd. 55 % der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe dem spezial- und generalpräventiven Aspekt ausreichend Rechnung getragen wird.

 

Von einer Anwendung des § 20 bzw. § 21 VStG war abzusehen, zumal die hiefür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen sind.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

7. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe zu Faktum 2 neu festzusetzen. Da die Berufung dazu teilweise Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren zu Faktum 2 gemäß § 65 VStG nicht zu leisten. Zu Faktum 1 war gemäß § 64 Abs.2 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Panny

 

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