Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280992/20/Kl/Pe

Linz, 06.11.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn P S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. M L, DDr. K R H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkhauptmannschaft Braunau/Inn vom 3.4.2007, Ge96-102-2006, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Bäckereiarbeiter/Innengesetz 1996 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 11.7.2007 zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird hinsichtlich der Schuld keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt. Hinsichtlich der Strafe wird der Berufung insofern Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe zu Faktum 1) auf 80 Euro und zum Faktum 2) die Geldstrafe auf 120 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe zu Faktum 1) auf 20 Stunden und zu Faktum 2) auf 35 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.    Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 20 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafen. Zum Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 16, 19 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkhauptmannschaft Braunau/Inn vom 3.4.2007, Ge96-102-2006, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen von 150 Euro bzw. 250 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von 46 Stunden bzw. 77 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß 1) § 2 Abs.1 iVm § 20 Bäckereiarbeiter/Innengesetz 1996 und zu 2) § 8 iVm § 20 Bäckereiarbeiter/Innengesetz 1996 verhängt, weil er in seinem Bäckereibetrieb am Standort als Arbeitgeber der Jugendlichen B L den Vorschriften des Bäckereiarbeiter/Innengesetzes zuwidergehandelt hat, indem er

1.    die Jugendliche B L in der 22. Kalenderwoche vom 29.5.2006 bis 4.6.2006 insgesamt 44 Stunden 20 Minuten sowie in der 27. Kalenderwoche vom 3.7.2006 bis 9.7.2006 insgesamt 41 Stunden und 29 Minuten und somit über die höchstmögliche Wochearbeitszeit von 40 Stunden hinaus beschäftigt hat, obwohl der Kollektivvertrag eine Ausdehnung der Wochenarbeitszeit bis zu 43 Stunden nicht zulässt bzw. die gearbeitete Arbeitszeit den in der Durchrechnung festgelegten Höchstwert überschritten hat,

2.    die Jugendliche B L am 29., 30. und 31.5.2006, am 1., 2., 3., 4., 19., 20., 21., 22., 23. und 24.6.2006 sowie am 3., 4., 5., 6., 7. und 8.7.2006 jeweils bereits vor 4.00 Uhr beschäftigt hat, obwohl jugendliche Lehrlinge erst ab 4.00 Uhr mit Arbeiten, die der Berufsausbildung dienen, beschäftigt werden dürfen.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses, in eventu Herabsetzung der Geldstrafen beantragt. Begründend wurde auf Ungenauigkeiten der Aufzeichnungen hingewiesen, insbesondere, ob die Aufzeichnungen tatsächlich den Arbeitsbeginn beinhalten oder das Erscheinen auf der Arbeitsstelle. Auch seien keine Aufzeichnungen über die eingelegten Pausen enthalten. Weiters sei nicht angegeben, wie lang die Beschäftigung vor 4.00 Uhr erfolgt sei. Der Beschuldigte sei sorgepflichtig für eine geschiedene Ehegattin und Kinder aus erster Ehe und sei mit 10.000 ATS belastet. Bemessungsgrundlage wäre daher ein Nettoeinkommen von rund 1.200 Euro monatlich. Es wurde darauf hingewiesen, dass keine Äußerungen der Eltern und der Beschäftigten über Arbeitsbeginn und Arbeitsende bzw. über das mangelnde Einverständnis gemacht wurden. Auch wurde auf die betriebliche Situation hingewiesen. Die Strafe möge auf 50 Euro bzw. 100 Euro reduziert werden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.7.2007, zu welcher die Parteien geladen wurden und mit Ausnahme des Berufungswerbers erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen Arbeitsinspektor H W vom Arbeitsinspektorat V sowie der Lehrling B L geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass der Berufungswerber Inhaber des Bäckereibetriebes am Standort ist und die Jugendliche B L als Lehrling beschäftigt hat. Der Berufungswerber hat keine Arbeitsaufzeichnungen durchgeführt und solche auch nicht über Aufforderung des Arbeitsinspektorates vorgelegt. Die Arbeitszeiten werden nach den Angaben der Jugendlichen von der Verkäuferin an der Verkaufsstelle in einem Kalender eingetragen. Dabei geben die Jugendlichen, so auch B L den Arbeitsbeginn und das Arbeitsende jeweils nach Beendigung der Arbeit an. Kopien dieser Kalendereintragungen lagen der Anzeige zugrunde. Auch wurden diese Eintragungen mit den persönlichen Aufzeichnungen des Lehrlings überprüft und Übereinstimmung festgestellt. Der persönliche Kalender, in dem die Arbeit vom Lehrling aufgezeichnet wurde, liegt dem Akt bei. Die Stunden wurden vom Vater hinzugefügt. Pausen wurden nicht eingetragen. Pausen durften nach Befragen des Meisters gemacht werden, meist am Ende der Arbeitszeit. Die Pausen dauerten ca. 10 bis 30 Minuten. Darüber hinausgehende längere Pausen wurden nicht genehmigt und nicht gemacht. Eine Arbeitszeiteinteilung sowie eine Pausenfestlegung im Vorhinein gab es nicht. Der Arbeitsbeginn wurde immer am Vortag für den nächsten Tag vom Meister festgelegt. Nur in Abwesenheit des Meisters bestimmte dies der Berufungswerber. Die Eintragungen im Kalender wurden ebenfalls vom Meister überprüft, der Berufungswerber nahm eine Überprüfung der Arbeitszeiten nicht vor. Der Arbeitsbeginn war meist um 2.00 Uhr bzw. 2.30 Uhr. Arbeitsbeginn war regelmäßig vor 4.00 Uhr. Die Nachtstunden wurden mit einem 50 % Zuschlag bezahlt. Das Lehrverhältnis wurde aufgelöst, da keine Lehrberechtigung mehr vorhanden war.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die der Anzeige zugrunde liegenden Kalenderaufzeichnungen sowie auf das im Akt befindliche Notizbuch sowie auch auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Es hat der Oö. Verwaltungssenat keinen Grund an den Aufzeichnungen und der Wahrheit der Aussagen der Zeugen zu zweifeln. Darüber hinaus bestehen auch im Verfahren erster Instanz zeugenschaftliche Einvernahmen von Frau A F, Herrn B W und Herrn P K, welche kein anderes Ergebnis brachten bzw. dazu widersprüchliche Angaben machten.

 

4.3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde die Beschäftigung der Jugendlichen grundsätzlich nicht bestritten und zugegeben, dass Arbeitszeitaufzeichnungen nicht bestehen. Es wurden weiters Unterhaltspflichten für die geschiedene Ehegattin und Kinder nach gerichtlichem Vergleich in der Höhe von 10.000 ATS monatlich nachgewiesen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.1 Bäckereiarbeiter/Innengesetz 1996 – BäckAG 1996, BGBl. Nr. 410/1996 idF BGBl. I Nr. 79/2003, darf die Tagesarbeitszeit 8 Stunden, die Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird.

 

Gemäß § 8 BäckAG 1996 dürfen jugendliche Lehrlinge im Lehrberuf „Bäcker“, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, ab 4.00 Uhr mit Arbeiten, die der Berufungsausbildung dienen, beschäftigt werden.

 

Gemäß § 20 leg.cit. sind Arbeitgeber/Innen und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der §§ 2 und 8 zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen von 20 Euro bis 1.090 Euro zu bestrafen.

 

Es ist daher als erwiesen festzustellen, dass die Jugendliche B L, die das 15. Lebensjahr vollendet hat, in der 22. Kalenderwoche insgesamt 44 Stunden 20 Minuten und in der 27. Kalenderwoche insgesamt 41 Stunden 29 Minuten beschäftigt wurde. Auch wurde sie am 29., 30. und 31.5.2006 sowie am 1., 2., 3., 4., 19., 20., 21., 22., 23., und 24.6.2006 sowie am 3., 4., 5., 6., 7. und 8.7.2006 jeweils vor 4.00 Uhr beschäftigt.

 

5.2. Im Grunde des als erwiesen festgestellten Sachverhaltes wurde daher der objektive Tatbestand der vorzitierten Verwaltungsvorschriften erfüllt. Als Bäckereiinhaber und Arbeitgeber hat der Berufungswerber die Verwaltungsübertretungen auch verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

Dem Berufungswerber war aber auch Verschulden anzulasten. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen Ungehorsamsdelikte dar und reicht zur Strafbarkeit Fahrlässigkeit aus. Im Sinn der Bestimmungen war Fahrlässigkeit auch ohne weiteres anzunehmen, weil vom Berufungswerber ein Entlastungsnachweis nicht erbracht wurde. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge. Ein Entlastungsvorbringen hat der Berufungswerber nicht gemacht. Auch wurden keine Beweisanträge diesbezüglich gestellt. Es war daher auch vom Verschulden des Berufungswerbers auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat auf den Unrechtsgehalt der Tat hingewiesen, insbesondere auf die größtmögliche Schonung der Gesundheit der Jugendlichen und einer Hintanhaltung einer Überlastung der Jugendlichen. Sie hat die persönlichen Verhältnisse mit einem Nettoeinkommen von ca. 2.000 Euro und einem Vermögen von 50.000 Euro und keinen Sorgepflichten geschätzt. Milderungsgründe lagen nicht vor.

Die Ausführungen der belangten Behörde zum Unrechtsgehalt der Tat sind zu bestätigen. Insbesondere ist auch auf die Dauer der Tatbegehung und das Beschäftigungsausmaß in der Nacht hinzuweisen. Allerdings hat der Berufungswerber in der mündlichen Verhandlung Sorgepflichten in der Höhe von 10.000 ATS monatlich nachgewiesen, sodass von einem Nettoeinkommen von ca. 1.200 Euro auszugehen ist. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber die Lehrberechtigung verloren hat und sohin keine Wiederholungsgefahr mehr gegeben ist. Ist der Berufungswerber zwar nicht unbescholten und kommt ihm dieser Milderungsgrund nicht zugute, so war aber doch darauf Bedacht zu nehmen, dass gegen den Berufungswerber auch keine einschlägigen Vorstrafen bestehen und daher kein Erschwerungsgrund gegeben ist.

 

Unter Abwägung all dieser Umstände, insbesondere aber auch der geminderten Einkommens- und Vermögensverhältnisse, war dies bei der Strafbemessung zu berücksichtigen und mit einer Strafherabsetzung vorzugehen. Insbesondere waren aber keine spezialpräventiven Gründe (wiederholte  Tatbegehung) gegeben. Es konnte daher mit dem herabgesetzten Strafausmaß das Auslangen gefunden werden. Darüber hinaus ist auch auf den gesetzlichen Strafrahmen Bedacht zu nehmen und die Verhängung einer die Mindeststrafe von 20 Euro weit übersteigenden Geldstrafe bei der ersten Tatbegehung nicht gerechtfertigt. Die nunmehr verhängten Geldstrafen sind tat- und schuldangemessen und insbesondere auch den Einkommensverhältnissen des Berufungswerbers angepasst. Eine weitere Herabsetzung war jedoch nicht möglich. Insbesondere waren Milderungsgründe nicht gegeben, sodass eine Unterschreitung der Mindeststrafe nicht vorzunehmen war. Auch war das Verschulden nicht geringfügig, sodass nicht von der Strafe abgesehen werden konnte.

Entsprechend der Bestimmung des § 16 VStG war auch die Ersatzfreiheitsstrafe jeweils angemessen herabzusetzen.

 

6. Gemäß § 64 VStG beträgt der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz 10 % der verhängten Geldstrafe. Der Kostenbeitrag musste daher entsprechend herabgesetzt werden. Weil die Berufung zumindest hinsichtlich der Strafe Erfolg hatte, war gemäß § 65 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat nicht vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Arbeitszeit, Nachtarbeit, Jugendliche, Strafbemessung

 

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