Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521694/8/Fra/Bb/Sta

Linz, 02.11.2007

 

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn J A, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. W O, 40 L, vom 27.6.2007, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14.6.2007, AZ. 07, betreffend Einschränkung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass sich der Berufungswerber innerhalb eines Jahres, gerechnet ab Zustellung der Berufungsentscheidung, fünfmal, jeweils binnen fünf Tagen ab schriftlicher Aufforderung durch die zuständige Führerscheinbehörde, einer ärztlichen Kontrolluntersuchung betreffend Drogenmetabolite im Harn (Cannabis) zu unterziehen und den darüber ausgestellten Facharztbefund für Labormedizin auf Cannabis im Original spätestens zwei Wochen nach Erhalt der schriftlichen Aufforderung zur Untersuchung, der Behörde vorzulegen hat.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG 1991 iVm §§ 8 und 24 FSG 1997 iVm § 14 Abs.5 FSG-GV 1997.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 14.6.2007, AZ. 07/217319, dem Berufungswerber (Bw) die Gültigkeit der erteilten Lenkberechtigung für die Klasse B dahingehend eingeschränkt, dass als Auflage vorgeschrieben wurde, der Bw habe sich in Abständen von einem Monat einer ärztlichen Kontrolluntersuchung zu unterziehen und bis spätestens am 30.6.2007, 30.7.2007, 30.8.2007, 30.9.2007, 30.10.2007, 30.11.2007, 30.12.2007, 30.1.2008, 28.2.2008, 30.3.2007, 30.4.2007, 30.5.2008 der Behörde persönlich oder per Post folgende Befunde im Original vorzulegen: Facharztbefund für Labormedizin auf Cannabis laut amtsärztlichen Gutachten vom 30.5.2007.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig – durch den ausgewiesenen Vertreter – eingebrachte Berufung, in welcher der Bw im Ergebnis ärztliche Kontrolluntersuchen in einem zeitlichen Abstand von zwei bis drei Monaten begehrt.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bundespolizeidirektion Linz und Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Bw sowie Wahrung des Parteiengehörs an den Bw zu diesem Ermittlungsergebnis.

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und erschien aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auch nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

 

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

Der Bw ist im Besitz einer Lenkberechtigung für die Klasse B, welche am 13.5.1998 zu Zahl VerkR20-2751-1997/BR von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn erteilt wurde.

 

Laut entsprechender Strafanzeige des Stadtpolizeikommandos Linz, Kriminalreferat FB 3, wurde der Bw am 5.3.2007 wegen des Verdachtes des Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz beim Bezirksgericht Linz angezeigt. Gemäß dieser Anzeige gab der Bw den erhebenden Polizisten gegenüber u.a. an, dass er seit etwa zwei Jahren gelegentlich, zuletzt am 25.2.2007, Cannabis konsumiere.

 

Diesen Vorfall nahm die Bundespolizeidirektion Linz zum Anlass, die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B zu überprüfen, indem sie zunächst mit einem Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG vorging. Dieser Bescheid stützt sich auf die oben angeführte Anzeige und erwuchs in Rechtskraft.

 

Am 15.5.2007 unterzog sich der Bw bei Frau Dr. C Z, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, der psychiatrischen Untersuchung.

Diese Untersuchung ergab zusammengefasst, dass der Bw vor ca. vier bis fünf Jahren begonnen habe, mit Freunden Cannabis zu konsumieren. Nach seinem Umzug nach Linz habe er den Drogenkonsum intensiviert und sich die Droge selbst gekauft, wobei er drei- bis viermal pro Woche eine Cannabiszigarette, mit einem Inhalt von ungefähr 0,3 Gramm pro Zigarette, geraucht habe. Der Bw erklärte gegenüber der Fachärztin, seit 1.3.2007 abstinent zu sein. Diese Behauptung war von Frau Dr. Z aufgrund des ihr zum Untersuchungszeitpunkt vorliegenden Laborbefundes vom 26.4.2007 (negativ auf Metabolite von Cannabis, Amphetaminen, Kokain und Opiaten) nicht widerlegbar. Etwa eine Woche nach Absetzen traten beim Bw Entzugserscheinungen (wie Unruhe, Nervosität, Verlangen nach der Droge) auf. Derzeit fühle er sich ohne Droge wohl und habe den Vorsatz gefasst, auch in Zukunft drogenfrei zu leben, könne aber nicht sicher sagen, ob er diesen Vorsatz auch einhalten kann.

Frau Dr. Z gelangte in ihrer fachärztlichen Stellungnahme vom 15.5.2007 zu folgender Diagnose:

§         langjähriger regelmäßiger Konsum von Cannabis - psychische Abhängigkeit dringend anzunehmen, gegenwärtig abstinent (F12.20)

§         Essentieller Tremor.

Das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klasse B wurde fachärztlicherseits unter den Voraussetzungen der Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr und monatlichem Bestimmungen der Drogenmetaboliten im Harn (Cannabinoide) befürwortet.

 

Unter Berücksichtigung des psychiatrischen Facharztbefundes vom 15.5.2007 und des Laborbefundes vom 26.4.2007 gelangte der Polizeiarzt der Bundespolizeidirektion Linz, Herr Dr. G H nach Untersuchung des Bw in seinem Gutachten gemäß § 8 FSG vom 30.5.2007, Zl. FE/2007, ebenso zu dem Schluss, dass der Bw über mehrere Jahre regelmäßig Cannabismissbrauch betrieben habe, wobei ein dringender Verdacht auf psychische Abhängigkeit bestehe. Dr. Häusler erachtete den Bw als "bedingt geeignet" zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B. Als Auflage wurden monatliche Kontrolluntersuchungen auf negativen Drogenharn (Cannabis) auf ein Jahr durch einen Facharzt für Labormedizin vorgeschlagen.

 

Entsprechend dem amtärztlichen Gutachten erließ die Bundespolizeidirektion Linz am 14.6.3007 den nunmehr angefochtenen Bescheid, wogegen die oben näher bezeichnete Berufung erhoben wurde.

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde – im Hinblick auf das Berufungsvorbringen - ein neuerliches amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG über die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B eingeholt. Zur Frage, ob die im erstinstanzlichen Bescheid vorgeschriebenen Auflagen aus ärztlicher Sicht notwendig sind bzw. es vertretbar ist, den zeitlichen Abstand der Kontrolluntersuchungen im Sinne des Antrages des Bw auszudehnen, hat die amtsärztliche Sachverständige, Frau Dr. E W der Abteilung Landessanitätsdirektion des Landes Oberösterreich unter Zugrundelegung der vorliegenden Befunde und Stellungnahmen das amtsärztliche Gutachten vom 21.9.2007, Zl. San-23/1-2007, erstellt.

Die Amtärztin gelangte desgleichen zum Ergebnis, dass es sich beim Bw offensichtlich um eine psychische Abhängigkeit nach langjährig regelmäßigem Konsum einer psychotropen Substanz (Cannabis) handelt. Gemäß diesem Gutachten ist als Voraussetzung für das Lenken von Kraftfahrzeugen nachweisliche Drogenabstinenz erforderlich. Abstinenz sei zwar seit März 2007 angegeben worden, um jedoch die weitere lückenlose Drogenabstinenz zu gewährleisten, befand die Amtsärztin ebenso ärztliche Kontrolluntersuchungen als notwendig. Sie empfahl, die fachärztlich vorgeschlagenen Intervalle von monatlichen Bestimmungen auf Drogenmetabolite im Harn abzuändern und fünf ärztliche Kontrolluntersuchungen in einem Jahr auf Abruf durch die Behörde durchzuführen. Dies sei nach Aussage von Frau Dr. W auf Grund der unvorbereiteten Situation des Probanden einer lückenlosen Kontrolle gleichzusetzen.

 

In Wahrung des Parteiengehörs wurde dem Bw dieses Gutachten nachweisbar zur Kenntnis gebracht, wobei der Rechtsvertreter des Bw über fernmündliche Rücksprache mitteilte, mit den nunmehr vorgeschlagenen Einschränkungen der Amtsärztin einverstanden zu sein.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrsicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen erforderlich sind.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2. Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass beim Bw eine eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B gegeben ist. Nach den Feststellungen im psychiatrischen Facharztgutachten hat der Bw jahrelang (ca. 4 bis 5 Jahre) Cannabis konsumiert. Während er anfangs ca. zweimal pro Monat Cannabis zu sich nahm, intensivierte er ab 2005 den Konsum, indem er drei- bis viermal pro Woche Cannabis konsumierte. Seit März 2007 gibt er nunmehr Cannabisabstinenz an.

Die fachärztliche Stellungnahme, die gutachtliche Äußerung des Polizeiarztes und das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten der Amtärztin gelangen infolge des langjährigen regelmäßigen dargelegten Konsums von Cannabis einhellig zum Verdacht einer psychischen Abhängigkeit mit gegenwärtiger Abstinenz, wobei unter der Voraussetzung nachweislicher Drogenabstinenz aber gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B grundsätzlich kein Einwand erblickt wird. Um die völlige Abstinenz zu gewährleisten, erscheint ärztlicherseits jedenfalls die Vorschreibung von ärztlichen Kontrolluntersuchungen in Form der regelmäßigen Untersuchung des Harns auf Cannabis geboten und notwendig.

Während die Fachärztin und der Polizeiarzt grundsätzlich monatliche Untersuchungen auf ein Jahr vorschlagen, erachtet die Amtsärztin auch fünf Kontrolluntersuchungen innerhalb eines Jahres - jedoch auf Abruf durch die Führerscheinbehörde - als ausreichend, um die Abstinenz des Bw zu verifizieren.

 

Steht der gehäufte Suchtmittelmissbrauch einer Person (oder eine vorherige Abhängigkeit) fest, so darf ihr die Behörde die beantragte Lenkberechtigung nur unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV 1997 (wieder)erteilen (VwGH 20.3.2001, 2000/11/0264).

 

Die von der Amtsärztin vorgeschlagene Vorgangsweise, nämlich die fünfmalige Untersuchung innerhalb eines Jahres auf Abruf durch die Führerscheinbehörde erscheint jedenfalls notwendig und angemessen, um ein verlässliches Bild über den zukünftigen Cannabiskonsum des Bw zu erhalten und die angegebene Abstinenz seit März 2007 unter Beweis zu stellen und auch, um ein allfälliges Rückfallrisiko ausschließen zu können, hat der Bw doch auch selbst dargetan, nicht sicher sagen zu können, seinen gefassten Vorsatz auf Drogenabstinenz einhalten zu können. Die Einschränkungen erscheinen auch aus Gründen der Verkehrssicherheit erforderlich.

 

Das erstattete Gutachten der Amtsärztin vom 21.9.2007 ist schlüssig und nachvollziehbar, es stützt sich auf die entsprechende fachärztliche Stellungnahme, wobei diese insgesamt ein einheitliches Bild ergeben. Der Bw hat diesem Gutachten nicht widersprochen, er erklärte sich mit den vorgeschlagenen Einschränkungen einverstanden. Das Gutachten war daher der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

Zum Vorbringen des Bw, die aufgetragenen Facharztgutachten würden sowohl eine Belastung seines Arbeitslebens als auch eine Belastung seiner finanziellen Lage darstellen, wird darauf hingewiesen, dass der Besitzer einer Lenkberechtigung die fachärztliche Stellungnahmen über Kontrolluntersuchungen auf eigene Kosten beizubringen hat (VwGH 22.3.2002, 2001/11/0137). Dabei ist es belanglos, ob die Befolgung dieser Vorschrift allenfalls eine unzumutbare finanzielle Belastung darstellt (VwGH 23.1.2001, 2000/11/0217). Berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile des Bw, welche mit den auferlegten Kontrolluntersuchungen verbunden sind, sind - auch im Interesse der Verkehrssicherheit - nicht zu berücksichtigen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Fall sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Dr.  F r a g n e r

 

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