Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521789/2/Ki/Da

Linz, 29.11.2007

 

 

                                                          E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung von Frau U S, L, A, vom 20.11.2007, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 13.11.2007, Zl. FE-1287/2007, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen, der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm § 24 Abs.1 FSG; § 64 Abs.2 AVG.

 

 

                                                     Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Bescheid vom 13.11.2007, Zl. FE-1287/2007, der Berufungswerberin die mit Führerschein der BPD Linz vom 23.4.1999 zu F 2155/99 für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung ab 8.12.2007 mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bis zur behördlichen Feststellung, dass sie wieder geeignet ist, entzogen und überdies einer Berufung gem. § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung versagt.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz stützt diese Entscheidung auf ein amtsärztliches Gutachten vom 23.10.2007, dieses Gutachten wurde unter Berücksichtigung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme des Institutes für Nachschulung und Fahrerrehabilitation INFAR, Landesstelle Oberösterreich, vom 17.10.2007 erstellt.

 

2. Frau S erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Berufung und führt darin aus, sie sei einsichtig, dass zum Zeitpunkt des amtsärztlichen Gutachtens vom 23.10.2007 die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in ihrem Fall nicht gegeben waren. Die im amtsärztlichen Gutachten festgestellte latente Neigung zu einer depressiven Verstimmung und der zufolge liegenden Stimmungssteigerung durch Alkohol sei bedingt durch knapp aufeinander folgende Schicksalsschläge im Familienkreis. Sie befinde sich zum jetzigen Zeitpunkt wieder in einer gefestigten Partnerschaft, sei sowohl körperlich als auch psychisch wieder in einer besseren Verfassung als zum damaligen Zeitpunkt und die Alkoholproblematik sei auch kein Thema mehr. Sie werde eine sechsmonatige Alkoholkarenz mittels Beibringung von normwertigen alkoholrelevanten Laborparametern nach 3 und 6 Monaten nachweisen.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt, der hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

 

Eine mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wird im vorliegenden Fall die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten (§ 67d Abs.1 AVG).

 

Der Berufungswerberin wurde mit Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14.8.2007 die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 4 Monaten entzogen und es wurde u.a. verlangt, dass sie bis spätestens zum Ablauf der Dauer der Entziehung ein amtsärztliches Gutachten über ihre gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme beibringt.

 

Zu Grunde lag dieser Entscheidung, dass sie am 7.8.2007 ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,89 mg/l Atemluftalkoholgehalt) gelenkt hat.

 

Am 3. und am 4.10.2007 unterzog sich Frau S beim Institut für Nachschulung und Fahrerrehabilitation INFAR, Landesstelle Oberösterreich, einer verkehrspsychologischen Untersuchung und es wurde in der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 17.10.2007 festgestellt, dass sie aus verkehrspsychologischer Sicht derzeit nicht geeignet ist, Kraftfahrzeuge zu lenken.

 

In der Zusammenfassung und Stellungnahme im Hinblick auf die Fragestellung wurde ausgeführt, dass Frau S bei der kraftfahrspezifischen Leistungsprüfung am 4.10.2007 folgende Befunde geboten habe: Es werde eine befriedigende Reaktionsschnelligkeit ausgewiesen, die sogenannte "Entscheidungszeit" könne wegen der hohen Anzahl an falschen Reaktionen allerdings nur unter Vorbehalt interpretiert werden. Die reaktive Dauerbelastbarkeit und Konzentrationsfähigkeit sei hinreichend gegeben. Allerdings wären die rasche und detailgetreue optische Überblicksgewinnung als auch die gezielte visuelle Wahrnehmungsfähigkeit eingeschränkt. Einschränkungen wären auch in den Bereichen sensomotorischer Koordinationsfähigkeit, verbale Kurzzeitmerkfähigkeit und kognitive Auffassungsfähigkeit festzustellen. Die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit sei wegen der festgestellten Einschränkungen derzeit nicht ausreichend gegeben.

 

Im persönlichkeitsbezogenen Screeningfragebogen werde hinsichtlich eines verkehrsrelevanten Risikopotentials keine normabweichende Akkumulation von psychischen Fehlhaltungen ausgewiesen. In der weiteren Vergangenheit würden die Explorationsdaten punkto Alkohol aber eine bisher etwas geringe Verkehrsbewältigung der Untersuchten zeigen. Insbesondere ohne Wandel der Untersuchten sei dies prognostisch nicht günstig, denn Verkehrsverstöße und Unfälle seien keine zufälligen Ereignisse, sondern brauchbare Prädikatoren für zukünftiges Fehlverhalten. Die Persönlichkeitsuntersuchung habe laut empirisch-statistisch genormten Fragebogenverfahren den Befund einer schwermütigen, innerlich unsicheren und pedantischen Persönlichkeit ergeben. Es sei eine latente Neigung zu einer depressiven Verstimmung festzustellen. Dadurch bestehe ein gewisses Bedürfnis zur Stimmungssteigerung. Nicht selten werde Alkohol dabei als Selbstmedikation eingesetzt.

 

Die Untersuchte habe sich als handelnd geschildert und damit ein Bedürfnis gezeigt, Dinge umzusetzen und auf Ereignisse eher unmittelbar zu reagieren. Sie liebe eher das Unkomplizierte. Im Persönlichkeitsbefund des EPPD werde eine geringe emotionale Stabilität ausgewiesen. Dieser Befund spreche dafür, dass die Untersuchte dazu neige, auf Reize überzureagieren und ihr emotionales Gleichgewicht nach emotionalen Ausbrüchen schwer wieder zurückgewinne. Im empirisch-statistisch genormten Selbstbeurteilungsfragebogen zu den empfundenen psychischen und sozialen Funktionen des Trinkens seien psychometrisch keine inneren Fehlhaltungen zu verifizieren, welche als Auslösebedingungen für eine eventuelle pathologische Alkoholtrinkgewohnheit herangezogen werden könnten. In den Alkoholfragebögen AUDIT und KFA sei derzeit kein pathologischer Alkoholgebrauch zu verifizieren, allerdings könne mit diesen Fragebogenverfahren eine Bagatellisierung der Probandin zum Thema Alkohol allerdings nicht ausgeschlossen werden. Die erhobenen Daten würden für eine erhöhte Alkoholtoleranz der Untersuchten sprechen, eine Bagatellisierung zum Thema Alkohol und eine zugrundeliegende Alkoholabhängigkeit. Die verkehrspsychologische Problematik einer erhöhten Alkoholtoleranz liege darin, dass einerseits somatische Warnsignale beim Überschreiten der gesetzlich relevanten Alkohollimits fehlen würden und andererseits ein subjektives Trunkenheitsgefühl erst zu einem Zeitpunkt eintrete, zu dem die willentliche Verhaltenskontrolle bereits deutlich reduziert sei und auf diese Weise in nüchternem Zustand gefasste Vorsätze nicht mehr ausreichend realisiert werden könnten. Wegen der erhöhten Alkoholtoleranz, der fehlenden problembewussten und selbstkritischen Auseinandersetzung mit dem Thema Alkohol und eines fehlenden Änderungsprozesses, der für eine stabile und dauerhafte Einstellungs- und Verhaltensänderung sprechen würde, als auch der ausgewiesenen Emotionalität sei die sogenannte psychologische Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht ausreichend zu beurteilen.

 

Empfohlen wurde die Einhaltung einer strikten und dauerhaften Alkoholabstinenz mit ärztlicher und psychologischer oder psychotherapeutischer Begleitung, dadurch könne auch mit einer Regeneration der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit gerechnet werden.

 

Unter Berücksichtigung dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme und auch des Umstandes, dass bei Frau S das dritte aktenkundige § 5 StVO Delikt mit hohem Alkoholisierungsgrad vorliege, gelangte der Amtsarzt der Bundespolizeidirektion Linz zur Auffassung, dass sie derzeit nicht geeignet sei, Kraftfahrzeuge der Klasse B zu lenken.

 

In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass sowohl das amtsärztliche Gutachten als auch die verkehrspsychologische Stellungnahme schlüssig sind und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen stehen. Der Stellungnahme sowie der amtsärztlichen Beurteilung ging eine korrekte Befunderhebung voraus und es wird letztlich seitens der Berufungswerberin – bezogen auf das Untersuchungsdatum – auch eingestanden, dass die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht gegeben gewesen sind.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis Z4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken.

 

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kfz einer bestimmten Fahrzeugklasse iSd § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kfz und das Einhalten der für das Lenken dieser Kfz geltenden Vorschriften

1.      die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2.      die nötige Körpergröße besitzt,

3.      ausreichend frei von Behinderungen ist und

4.      aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die geforderten Voraussetzungen hinsichtlich gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bei der Berufungswerberin zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht gegeben waren und es erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass in Anbetracht des seither verstrichenen kurzen Zeitraumes noch keine wesentliche Änderung eingetreten sein kann.

 

Hingewiesen wird auf die Empfehlung der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle im Zusammenhang mit der Alkoholabstinenz verbunden mit ärztlicher und psychologischer oder psychotherapeutischer Begleitung. Es obliegt der Berufungswerberin, allenfalls um Wiedererteilung der Lenkberechtigung zum gegebenen Zeitpunkt bei der zuständigen Erstbehörde anzusuchen.

 

5.2. Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung (einer Berufung) ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentliches Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

 

Die Teilnahme am Straßenverkehr durch gesundheitlich nicht geeignete Fahrzeuglenker stellt jedenfalls eine potentielle Gefährdung der allgemeinen Verkehrssicherheit dar, weshalb die angeordnete Maßnahme wegen Gefahr im Verzug durchaus zu Recht erfolgte.

 

6. Zusammenfassend wird festgestellt, dass Frau S durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt wurde, die Berufung musste daher als unbegründet abgewiesen werden.

 

 

                                                     Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

                                                                    Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

                                                                Mag. K i s c h

 

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