Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110799/3/Kl/Rd/Pe

Linz, 19.11.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des E H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11.7.2007, VerkGe96-8-2007, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 11.7.2007, VerkGe96-8-2007, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.320,91 Euro, ohne Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Art.1 Abs.1, Art.3 Abs.1 und Art.5 Abs.4 der Verordnung (EWG) Nr. 881/1992 des Rates vom 26.3.1992 über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten iVm § 23 Abs.1 Z8 und Abs.2 GütbefG verhängt.

Folgender Sachverhalt wurde dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

"Sie haben es als Verantwortlicher der Firma I E-I, PL, zu vertreten, dass, wie anlässlich der am 6. Februar 2007 um 16.02 Uhr bei der Grenzkontrollstelle Wullowitz durchgeführten Ausgangsabfertigung festgestellt wurde, der Lenker (P A) des Lastkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen (PL), zugelassen auf die Firma I E-I, eine gewerbsmäßige Güterbeförderung in Österreich (das KFZ war auf der Fahrt von R (Fa. M) nach T (Fa. R) und hatte 75 Stück Gitterboxen geladen) durchgeführt hat, ohne jedoch den Kontrollberechtigten eine beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr vorweisen zu können, obwohl im Sinne Art.5 Abs.4 der VO (EWG) Nr. 884/1992 eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz in den Fahrzeugen mitgeführt werden muss und den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen ist.

....

Hinweis:

Die verhängte Geldstrafe ist durch die eingehobene Sicherheitsleistung bereits beglichen und braucht daher nicht mehr einbezahlt werden. Die Androhung einer Ersatzfreiheitsstrafe entfällt, da der zu zahlende Geldbetrag bereits beglichen wurde."  

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine ins Deutsche übersetzte Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Rückstellung der Kaution beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw über ein eigenes Unternehmen in Polen verfüge und Metallgeräte, die in Polen hergestellt und von einem österreichischen Abnehmer bestellt wurden, transportiert habe. Die Firma sei mit den Transportkosten der Waren belastet und werden keine Rechnungen für die Fracht ausgestellt. Der Bw beschäftige sich mit der Herstellung von Anlagen aus Metall und betreibe keine Firma im Rahmen von Warentransporten auf dem Gebiet der Staaten der Europäischen Union. Er sei grundlos als Frachtführer behandelt worden, der sich mit dem Warentransport beschäftige. Im Rahmen seiner Tätigkeit werden die vom Bw hergestellten Anlagen (Waren) an den von dem Abnehmer (Kunden) gewünschten Ort geliefert und sei er dazu aufgrund von der internationalen Erlaubnis berechtigt, die ihm in Polen ausgestellt worden sei. Der ursprünglich in polnischer Sprache abgeführten Berufung wurden Beilagen in Kopie (Bescheinigung Nr. 0066073 für Straßenbeförderung für Eigenbedarf, Verbindlicher Vertrag datiert mit 18.3.2003, abgeschlossen zwischen der Fa. M und der Fa. I E H, zwei Lieferscheine, datiert mit 1.2.2006 bzw 13.4.2006, als Adressat scheint die Firma R AG und als Absender die Firma M (R) auf, ein handschriftlicher "Bestellschein" vom 6.2.2007 sowie Kopien über die Bescheinigung über eine vorläufige Sicherheit/Beschlagnahme über 1.453 Euro (GütbefG) bzw 180 Euro (GewO)  angeschlossen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß  § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1522 ff).

 

4.2. Diesen  Anforderungen  wird aus nachstehenden  Gründen  nicht entsprochen:

Von der belangten Behörde wurde dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt, dass er als "Verantwortlicher der Firma I E-I ... zu vertreten hat, dass der Lenker P A P ... eine gewerbsmäßige Güterbeförderung in Österreich durchgeführt hat, ohne jedoch den Kontrollberechtigten eine beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz für den Güterkraftverkehr vorweisen zu können, obwohl im Sinne Art.5 Abs.4 der VO (EWG) Nr. 884/1992 eine beglaubigte Abschrift der Gemeinschaftslizenz in den Fahrzeugen mitgeführt werden muss und den Kontrollberechtigten auf Verlangen vorzuzeigen ist".

 

4.3. Gemäß § 7 Abs.1 GütbefG ist die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen von Orten, die außerhalb des Bundesgebietes liegen, in das Bundesgebiet  oder durch das Bundesgebiet hindurch, oder von innerhalb des Bundesgebietes liegenden Orten in das Ausland außer Inhabern von Konzessionen nach § 2 auch Unternehmern gestattet, die nach den im Staat des Standortes ihres Unternehmens geltenden Vorschriften zur Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen befugt sind und Inhaber einer der folgenden Berechtigungen sind:

1.         Gemeinschaftslizenz gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92,

2.         Genehmigung aufgrund der Resolution des Rates der Europäischen             Konferenz der Verkehrsminister (CEMT) vom 14.6.1973,

3.         Bewilligung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie für          den Verkehr nach, durch oder aus Österreich,

4.         aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen vergebene Genehmigung des       Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Eine solche Berechtigung ist jedoch nicht erforderlich, wenn eine anders lautende Anordnung nach Abs.4 ergangen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.1 GütbefG hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet mitgeführt werden.

 

Gemäß § 9 Abs.2 GütbefG hat der Lenker die Nachweise über die in § 7 Abs.1 angeführten Berechtigungen bei jeder Güterbeförderung über die Grenze während der gesamten Fahrt vollständig ausgefüllt und erforderlichenfalls entwertet im Kraftfahrzeug mitzuführen und den Aufsichtsorganen (§ 21) auf Verlangen auszuhändigen.

 

4.4. Als erwiesen steht fest, dass der Bw zum Tatzeitpunkt über keine Gemeinschaftslizenz verfügt hat. Dies wurde anlässlich der Amtshandlung am 6.2.2007 durch Kontrollbeamte der Grenzpolizeiinspektion Wullowitz festgestellt. Weiters ist aus der Anzeige zu entnehmen, dass der Lenker auf der Fahrt von Polen nach R und in weiterer Folge nach T unterwegs war und somit einen grenzüberschreitenden gewerblichen Güterverkehr durchgeführt hat.  

Die vom Bw anlässlich der Berufungserhebung vorgelegte "Bescheinigung Nr. 0066073 für Straßenbeförderung für Eigenbedarf", ausgestellt am 13.8.2002 - zu diesem Zeitpunkt war Polen noch kein Mitgliedstaat der Europäischen Union -  stellt keine Gemeinschaftslizenz, die bei einem grenzüberschreitenden gewerblichen Gütertransport erforderlich ist, dar. Ein diesbezüglicher Tatvorwurf, nämlich dass eine grenzüberschreitende gewerbliche Güterbeförderung ohne die in § 7 Abs.1 GütbefG genannten Berechtigungen durchgeführt wurde, wurde dem Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zur Last gelegt und findet sich im vorgelegten Verwaltungsstrafakt auch keine taugliche Verfolgungshandlung, die den Oö. Verwaltungssenat zu einer diesbezüglichen Spruchänderung berechtigen würde.

 

Weiters trifft die Verpflichtung des "Mitführens" und des "Aushändigens" der in § 7 Abs.1 GütbefG angeführten Unterlagen den Fahrer und nicht den Unternehmer. Vielmehr hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass die in § 7 Abs.1 GütbefG genannten Berechtigungen mitgeführt werden. Dies setzt aber voraus, dass der Unternehmer im Besitz einer dieser Berechtigungen ist. Dass der Bw über eine gültige Gemeinschaftslizenz verfügt,  wurde von ihm nicht einmal behauptet und geht im Übrigen das Vorhandensein einer solchen auch aus dem vorgelegten Akt nicht hervor.

 

Sohin deckt der Tatvorwurf laut Straferkenntnis den tatsächlichen Geschehnisablauf nicht ab und korrespondiert daher das angelastete Verhalten nicht mit der als verletzte Verwaltungsvorschrift angeführten Bestimmung des Güterbeförderungs­gesetzes.

 

Es war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

4.5. Darüber hinaus ist noch zu bemerken:

Die Bezeichnung des Bw als "Verantwortlicher" lässt offen, in welcher Funktion er nach außenhin vertretungsbefugt ist. Nach der Aktenlage bezeichnet sich der Bw selbst als Firmeninhaber der Firma I E-I, die laut seinen eigenen Angaben im polnischen Handelsregister eingetragen ist. Diese Konkretisierung hätte im Spruch des angefochtenen Straferkenntnis Eingang finden müssen.

 

Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie vom Bw vorgebracht, allenfalls eine Güterbeförderung im Werkverkehr stattgefunden hat oder nicht, zumal die Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes grundsätzlich auch auf den Werkverkehr Anwendung finden, zumindest dann, wenn Kraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5t verwendet werden; diesbezüglich müsste das Tatbestandselement des jeweiligen höchstzulässigen Gesamtgewichtes aber in den Spruch eines Strafbescheides aufgenommen werden, was gegenständlich nicht der Fall war.   

 

Bezüglich der verhängten Geldstrafe – wenn auch ohne Relevanz für den Ausgang des Verwaltungsstrafverfahrens – ist noch auszuführen, dass gemäß § 23 Abs.4 zweiter Satz GütbefG für Übertretungen nach § 23 Abs.1 Z3 und Z8 bis 11 sowie § 366 Abs.1 Z1 GewO eine Mindeststrafe von 1.453 Euro zu verhängen ist.

 

Die belangte Behörde hat jedoch im angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine Geldstrafe in der Höhe von 1.320,91 Euro, welche der Strafrahmen nicht vorsieht, verhängt.

 

Aufgrund des im Verwaltungsstrafverfahrens geltenden Verschlechterungsverbotes wäre es dem Oö. Verwaltungssenat auch verwehrt gewesen, die verhängte Geldstrafe auf die Mindeststrafe anzuheben.

 

Anlässlich der Amtshandlung am 6.2.2007 wurde eine vorläufige Sicherheit in der Höhe von 1.453 Euro, wie vom Gesetzgeber in solchen Fällen vorgesehen (§ 24 erster Satz GütbefG), eingehoben.  

 

Die weiteren Veranlassungen hinsichtlich der vom Bw angesprochenen Rückerstattung der vorläufigen Sicherheit werden von der belangten Behörde zu treffen sein.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Tatumschreibung, Mindeststrafe

 

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