Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521655/12/Zo/Ps

Linz, 13.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn R F, geb. ,  W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, M, vom 5. Juni 2007 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 22. Mai 2007, Zl. 07/201118, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Berufungswerber die Laborwerte CDT, MCV und Gamma-GT bis zum 22. Februar 2008 sowie bis zum 22. Mai 2008 vorzulegen hat.

Der Nachweis über eine nervenfachärztliche Kontrolle ist bis 22. Mai 2008 vorzulegen.

 

Die Befristung bis 22. Mai 2008 sowie die Auflage der Verwendung einer Brille (Code 01.01) bleiben aufrecht.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a Abs.1 AVG iVm § 5 Abs.5 FSG und § 14 Abs.5 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B befristet bis zum 22. Mai 2008 erteilt. Als Auflagen wurden die Verwendung einer Brille (Code 01.01) sowie die Vorlage von Laborwerten (CDT, MCV und Gamma-GT) alle drei Monate, das ist bis 22. August 2007, 22. November 2007 und 22. Februar 2008 sowie der Nachweis über eine nervenfachärztliche Kontrolle bis zum 22. November 2007 vorgeschrieben.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber den bisherigen Verfahrensgang ausführlich aus und machte in weiterer Folge geltend, dass die nervenfachärztliche Stellungnahme  A vom 19. Februar 2006, welche eine Alkoholkrankheit ausschließe, im bisherigen Verfahren immer übergangen worden ist. Das Gutachten der Amtsärztin vom 22. Mai 2007 sei nicht nachvollziehbar. Aus dem gesamten bisherigen Beweisverfahren, insbesondere auf Grund der bisherigen Laborwerte und der Facharztstellungnahmen ergebe sich kein Anzeichen dafür, dass bei ihm eine Alkoholerkrankung vorliegen würde. Die Ausführungen der Amtsärztin, wonach bei ihm eine Einsicht in die Grunderkrankung fraglich scheine, vom Eindruck her eine gute psychische Stabilität nicht vorzuliegen scheine und eine weitere Gefährdung eines manifesten Alkoholrezidivs gegeben sein dürfte, seien durch keine Beweise gedeckt. Die Stellungnahme  A vom 19. Februar 2006 werde völlig übergangen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 Z2 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung einer weiteren fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahme  A vom 30. Juli 2007 und eines amtsärztlichen Gutachtens dazu vom 27. September 2007 sowie Wahrung des Parteiengehörs.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentlicher Sachverhalt:

 

Dem Berufungswerber wurde am 27. August 2004 die Lenkberechtigung wegen eines Alkoholdeliktes (1,14 mg/l) entzogen. Am 1. März 2005 wurde ihm die Lenkberechtigung befristet auf ein Jahr mit den Auflagen wiedererteilt, alle drei Monate die alkoholrelevanten Laborparameter sowie den Nachweis der regelmäßigen Teilnahme an einer Alkoholbetreuungseinrichtung oder Selbsthilfegruppe mindestens einmal pro Monat vorzulegen. Diesem Bescheid lag ein amtsärztliches Gutachten zu Grunde, welches sich auf die fachärztliche psychiatrische Stellungnahme  S vom 3. Jänner 2005 sowie das Ergebnis einer verkehrspsychologischen Untersuchung vom 9. November 2004 stützte. Demnach bestand beim Berufungswerber ein Alkoholabhängigkeitssyndrom, allerdings derzeit abstinent, F10.20. Dementsprechend war eben eine befristete Erteilung mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen möglich.

 

In weiterer Folge legte der Berufungswerber Laborwerte mit steigenden Gamma-GT-Werten, allerdings normwertigen CDT- und MVC-Werten vor. Weiters legte er die fachärztliche psychiatrische Stellungnahme  A vom 19. Februar 2006 vor, wonach eine Alkoholkrankheit auszuschließen sei und dementsprechend keine Therapie erforderlich sei. Auch weitere Kontrolluntersuchungen seien nicht erforderlich. Die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Freistadt führte dazu aus, dass zwei divergierende fachärztliche Stellungnahmen vorliegen würden, wobei die Stellungnahme  A nicht schlüssig sei und auch nicht berücksichtige, dass im letzten Beobachtungsjahr eine sukzessive Steigerung des Gamma-GT-Wertes erfolgt ist. Im Hinblick auf die zum damaligen Zeitpunkt weitgehend eingehaltene Abstinenz kam die Amtsärztin am 2. Juni 2006 zu dem Schluss, dass eine kurz befristete Wiedererteilung möglich ist. Dementsprechend wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten erteilt, wobei er verpflichtet wurde, alle zwei Monate CDT-, MCV- und Gamma-GT-Werte vorzulegen.

 

In weiterer Folge legte der Berufungswerber wiederum teilweise erhöhte Gamma-GT-Werte vor und es wurde eine neuerliche fachärztliche psychiatrische Stellungnahme  S vom 24. September 2006 erstellt. Diese kam wiederum zur Diagnose Alkoholabhängigkeit, wobei dennoch eine kurzfristige bedingte Eignung mit engmaschigen Kontrollen der alkoholrelevanten Parameter vorgeschlagen wurde. Dementsprechend wurde dem Berufungswerber mit Bescheid vom 4. Oktober 2006 die Lenkberechtigung befristet auf drei Monate erteilt und er verpflichtet, monatlich CDT-, Gamma-GT- und MCV-Befund sowie den Nachweis regelmäßiger Alkoholbetreuung vorzulegen.

 

Der Berufungswerber legte in weiterer Folge einen normwertigen sowie einen nur geringfügig erhöhten Gamma-GT-Wert mit völlig unauffälligem CDT-Wert vor. Im Hinblick darauf wurde ihm die Lenkberechtigung befristet für sechs Monate mit der Auflage erteilt, alle zwei Monate CDT, MCV und Gamma-GT nachzuweisen.

 

Vor Ablauf dieser befristet erteilten Lenkberechtigung beantragte der Berufungswerber wiederum die Verlängerung seiner Lenkberechtigung. Unter Berücksichtigung der vorgelegten Laborwerte kam die Amtsärztin zu dem Schluss, dass ein auffälliges Alkoholkonsumverhalten nicht nachweisbar ist. Ein kontrolliertes Trinken scheine derzeit möglich zu sein, wobei aber keine wirkliche Einsicht in die Grunderkrankung vorliege und die psychische Stabilität nicht unbedingt vorliegen dürfe. Unter Berücksichtigung der Vorgeschichte dürfte eine weitere Gefährdung eines manifesten Alkoholrezidivs gegeben sein. Es seien daher weiterhin kontrollierende und unterstützende Maßnahmen unbedingt erforderlich. Dem Berufungswerber wurde daher die Lenkberechtigung befristet auf ein Jahr erteilt, wobei ihm vorgeschrieben wurde, alle drei Monate CDT, MCV und Gamma-GT sowie alle sechs Monate den Nachweis einer nervenfachärztlichen Kontrolle vorzulegen.

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens legte der Berufungswerber eine weitere fachärztliche psychiatrische Stellungnahme  A vom 30. Juli 2007 vor. Demgemäß sei die Diagnose Alkoholabhängigkeitssyndrom falsch und es bestehe allenfalls ein Alkoholmissbrauch. Auf Grund der vorgelegten Laborwerte sei eine Alkoholabhängigkeit jedenfalls auszuschließen und es könne auch ein Missbrauch nicht nachgewiesen werden, wobei auf Grund der Laborwerte aber auch nicht davon auszugehen sei, dass der Berufungswerber abstinent sei.

 

Zu diesen widersprüchlichen fachärztlichen Stellungnahmen sowie unter Berücksichtigung der Laborbefunde wurde ein Aktengutachten einer Amtsärztin der Landessanitätsdirektion eingeholt. Diese führte zusammengefasst aus, dass es beim Berufungswerber bereits zweimal zu Alkoholdelikten mit Verkehrsunfällen gekommen ist, wobei im August 2004 ein Alkoholisierungsgrad von 1,14 mg/l festgestellt wurde. Dabei habe der Berufungswerber angegeben, dass er sich vor Antritt der Fahrt überhaupt nicht schlecht gefühlt hätte. Die damaligen Alkoholtrinkgewohnheiten seien mit ca. drei Halbe Bier pro Tag angegeben worden, dann wurde wiederum von einigen Jahren Abstinenz berichtet mit dann wiederum einer regelmäßigen Zunahme des Alkoholkonsums, welcher auch fallweise auf Probleme und arbeitsmäßigen Stress zurückzuführen war.

 

In der fachärztlichen Stellungnahme  S vom 3. Jänner 2005 sei die Diagnose Alkoholabhängigkeitssyndrom, derzeit abstinent F10.20, gestellt worden, wobei dies durch die verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich Beginn, Beendigung und Menge des Alkoholkonsums, ein mildes körperliches Entzugssyndrom nach Ablauf der Beendigung des Konsums sowie durch die festgestellte Toleranzentwicklung auf Grund des hohen Blutalkoholspiegels bei der Führerscheinabnahme und des Kontrollverlustes begründet sei.

 

Dr. A beschreibe in seiner Stellungnahme die Alkoholabhängigkeit auf Grund anderer Kriterien, welche nicht im Einklang mit den international festgelegten ICD 10 Kriterien stünden.

 

Nach den ICD 10 Kriterien sei von Missbrauch insbesondere in folgenden Fälle auszugehen:

-       In jedem Fall, wenn wiederholt ein Fahrzeug unter unzulässig hoher Alkoholwirkung geführt wurde;

-       nach einmaliger Fahrt unter hoher Alkoholkonzentration ohne weitere Anzeichen einer Alkoholwirkung;

-       wenn aktenkundig belegt ist, dass es bei den Betroffenen in der Vergangenheit in Zusammenhang mit der Verkehrsteilnahme zu einem Verlust der Kontrolle des Alkoholkonsums gekommen ist.

 

Dr. A habe in seiner nervenfachärztlichen Stellungnahme festgestellt, dass bestenfalls ein immer wieder auftretender Alkoholmissbrauch stattgefunden hätte, andererseits beschreibe er, dass ein Missbrauch nicht nachgewiesen werden könne. Das sei bereits in sich widersprüchlich.

 

Insgesamt sei die Stellungnahme  S eindeutig klar und nachvollziehbar, während die Stellungnahme  A nicht nachvollziehbar sei. Es liege jedenfalls ein Fall von einem wiederholten Alkoholmissbrauch vor, wobei der Übergang in eine Alkoholabhängigkeit oft fließend ist. Es sei jedenfalls erforderlich, dass der Berufungswerber seine weitere Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen durch den engmaschigen Nachweis seiner Abstinenzfähigkeit begründet.

 

Zu diesem Gutachten gab der Berufungswerber keine weitere Stellungnahme ab.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wieder zu erteilen.

 

5.2. Es liegen hier einander widersprechende fachärztliche psychiatrische Stellungnahmen vor. Die Amtsärztin der Landessanitätsdirektion hat zu diesen nachvollziehbar ausgeführt, dass die Stellungnahme  A in sich widersprüchlich ist, während die Stellungnahme  S nachvollziehbar ist. Jedenfalls liegt aber ein gehäufter Alkoholmissbrauch vor, wobei der Übergang zur Alkoholabhängigkeit fließend ist. Die Amtsärztin hat auch die ICD 10 Kriterien angeführt und begründet, weshalb die Stellungnahme  A diesen Kriterien nicht entspricht. Letztlich darf auch nicht übersehen werden, dass der Berufungswerber jahrelang – obwohl ihm die Notwendigkeit von normwertigen Laborwerten bekannt war – immer wieder erhöhte Gamma-GT-Werte vorgelegt hat, was eben den klaren Schluss darauf zulässt, dass er trotz des Bewusstseins der engmaschigen Kontrollen die Alkoholabstinenz nicht einhalten konnte oder wollte. Das Gutachten der Amtsärztin der Landessanitätsdirektion vom 27. September 2007 ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei und der Berufungswerber hat diesem auch nicht mehr widersprochen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war seine Berufung daher abzuweisen. Soweit ihm die Vorlage von Nachweisen bis 22. August bzw. 22. November 2007 vorgeschrieben wurde, war der Bescheid abzuändern, weil der erste Termin bereits abgelaufen ist und auch der zweite Termin bis zur Zustellung der Berufungsentscheidung nicht mehr eingehalten werden kann. Der Berufungswerber ist aber nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass bei der nächsten Verlängerung seiner Lenkberechtigung die bis dahin vorzulegenden Laborwerte sowie die erforderliche nervenfachärztliche Stellungnahme von wesentlicher Bedeutung sein werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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