Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521731/2/Zo/Bb/Da

Linz, 15.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn A G, geb. , vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft W – H, G,  B, vom 5.6.2007, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 23.5.2007, Zl. VerkR21-216-2007/SD, betreffend Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid zur Gänze aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG iVm § 24 Abs.4 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat mit Bescheid vom 23.5.2007,              Zl. VerkR21-216-2007/SD, den Berufungswerber gemäß §§ 8 und 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich binnen drei Wochen ab Zustellung des Bescheides hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B ärztlich untersuchen zu lassen und hierüber ein amtsärztliches Gutachten vorzulegen. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in welcher der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter vorbringt, dass die Angaben in der Anzeige keinesfalls geeignet seien, eine taugliche Grundlage für begründete Bedenken im Sinne des § 24 Abs.4 FSG zu liefern. Der bloße Verdacht, Cannabisprodukte zu konsumieren, liefere keine Grundlage für einen Aufforderungsbescheid, vor allem deshalb nicht, weil dieser Verdacht nicht nach Konsumzeitraum, -frequenz und -intensität substantiert sei, sondern sich lediglich auf eine nicht belegte Behauptung einer polizeilichen Ermittlungsstelle stütze. Der Berufungswerber rügt ferner die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Sinne des § 64 Abs.2 AVG.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Schärding hat die Berufung und den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden              (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding. Die vom Berufungswerber beantragte öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war nicht erforderlich und konnte entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender entscheidungswesentliche Sachverhalt:

 

Laut Sachverhaltsbericht vom 4.4.2007 und Strafanzeige der Polizeiinspektion E vom 24.7.2007 sei der Berufungswerber verdächtig, im Zeitraum von September 2006 bis März 2007 regelmäßig – ca. viermal im Monat – Cannabis bzw. Marihuana konsumiert zu haben.

Diese Sachverhaltsdarstellung nahm die Führerscheinbehörde der Bezirkshauptmannschaft Schärding zum Anlass, um den Berufungswerber gemäß    § 24 Abs.4 FSG mit Bescheid vom 23.5.2007, Zl. VerkR21-216-2007/SD, aufzufordern, sich ärztlich untersuchen zu lassen. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Der Bescheid wurde am 25.5.2007 persönlich an den Berufungswerber an der aktenkundigen Adresse in  E, R, zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 5.6.2007 hat der Berufungswerber dagegen ‑ nunmehr anwaltlich vertreten - die oben näher bezeichnete Berufung erhoben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

§ 24 Abs.4 FSG lautet:

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Eine Aufforderung zur Überprüfung der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 24 Abs.4 FSG ist nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (im Fall einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung) von Seiten der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Es geht zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige Bedenken sind in einem Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen (vgl. z.B. VwGH 13.8.2004, 2004/11/0063; 13.12.2005, 2005/11/0191).

 

Im Zusammenhang mit einem Suchtmittelkonsum des Inhabers einer Lenkberechtigung wäre eine derartige Aufforderung rechtens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, dem Betreffenden fehle infolge Suchtmittelabhängigkeit oder gehäuftem Missbrauch (oder wegen Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung) die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Ein geringfügiger Suchtmittelgenuss berührt die gesundheitliche Eignung (noch) nicht. Erst dann, wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet ist oder wenn die Gefahr besteht, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) beeinträchtigt ist, liegt ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten - wenn auch verbotenen - Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen.

 

Der Berufungswerber ist verdächtig, im Zeitraum von September 2006 bis März 2007 ca. viermal pro Monat Suchtmittel (Marihuana, Cannabis) konsumiert zu haben, jedoch hat er dies selbst ausdrücklich in Abrede gestellt. Ein gehäufter Suchtmittelmissbrauch erscheint fraglich, es kann im konkreten Fall aber auch dahingestellt bleiben, ob der dem Berufungswerber vorgeworfene Suchtmittelkonsum in der oben genannten Zeitspanne als gehäufter Missbrauch oder noch als gelegentlicher Konsum im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu qualifizieren ist. Entscheidend ist nämlich, dass sich keinerlei Hinweise dahingehend finden, dass der Berufungswerber nach März 2007 den Suchtgiftkonsum fortgesetzt bzw. im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (noch) Suchtgift konsumiert hätte. Auch lässt sich nicht feststellen, dass er aktuell Suchtgift konsumiert oder er suchtgiftabhängig wäre. Er hat offenbar seit März 2007 keine weiteren ähnlichen Vergehen zu verantworten gehabt und auch - bezogen auf Suchtgiftdelikte – bis dato keinerlei Übertretungen straßenpolizeilicher bzw. führerscheinrechtlicher Bestimmungen in Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen begangen.

 

In Anbetracht dieser Umstände bestehen derzeit keine begründeten Bedenken, dass dem Berufungswerber infolge gehäuftem Missbrauch oder Suchtmittelabhängigkeit die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen fehlen könnte.

 

Der Berufung war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Bei diesem Ergebnis ist auch der Ausspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Sinne des § 64 Abs.2 AVG gegenstandslos und es erübrigte sich damit diesbezüglich abzusprechen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­­­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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