Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521753/2/Fra/Bb/RSt

Linz, 13.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn F B, geb. , R, 49 W, vom 3.10.2007, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 20.9.2007, Zl. VerkR21-81-2007, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen mangels gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 3 Abs.1 Z2, 8, 24 Abs.1 Z1, 29 Abs.3 und     32 Abs.1 Z1 FSG iVm § 13 FSG-GV

§ 64 Abs.2 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 20.9.2007, Zl. VerkR21-81-2007 wurde dem Berufungswerber (Bw) die bis 29.10.2007 gültige Lenkberechtigung für die Klasse B bis zur behördlichen Feststellung der gesundheitlichen Eignung, gerechnet ab Zustellung des Bescheides entzogen, das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten und den Bw aufgefordert, seinen Führerschein gemäß § 29 Abs.3 FSG unverzüglich der Behörde abzuliefern. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 3.10.2007, in welcher der Bw im Wesentlichen vorbringt, dass der vorliegende Bescheid in erster Linie eine Anhäufung von Beschuldigungen, zum Teil in verleumderischer Art und Weise, jedoch keine Sicherung des Straßenverkehrs darstellen würde.

Er habe die Zugmaschine niemals verkehrsbehindernd aufgestellt, sondern höchstens genauso geparkt wie viele Gäste des Freibades oder der Hauptschule. Die Festnahme selbst sei keine Amtshandlung, sondern nur der Besuch eines Polizisten gewesen, dem er schon 15 Jahre aus dem Weg gehe.

Zur psychiatrischen Stellungnahme von Herrn Dr. L führte der Bw aus, dass ihm in der Stellungnahme eine querulantische Reaktionsbereitschaft vorgeworfen werde, ohne dass genauer darauf eingegangen werde. Herr Dr. L habe auch nicht von einer paranoiden Erlebnisverarbeitung geschrieben. Dies sei eine weitere Unterstellung. Auch habe er am 9. September 2007 eine medikamentöse Behandlung bei einem Neurologen begonnen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hatte durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis.

Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und es wurde im vorliegenden Fall die Durchführung einer Verhandlung nicht für erforderlich gehalten, weil sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage ergibt (§ 67d Abs.1 AVG).

 

5. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

Der Bw ist/war laut Führerscheinzentralregister im Besitz einer bis 29.10.2007 befristetet erteilten Lenkberechtigung für die Klassen A und B mit der Auflage 01.01. (Tragen einer Brille). Der Führerschein mit der Seriennummer 2265345 wurde am 2.11.2004 zu Zahl VerkR20-1873-2004/RI von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis ausgestellt.

 

Laut entsprechender Strafanzeige der Polizeiinspektion W, wurde der Bw am 15.3.2007 wegen des Verdachtes des Widerstandes gegen die Staatsgewalt und schweren Körperverletzung im Sinne des StGB bei der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis angezeigt. Gemäß dieser Anzeige hat der Bw wiederholt seine Zugmaschine verkehrsbehindernd im Ortsgebiet von W auf einer näher bezeichneten Landesstraße abgestellt. Im Zuge der am 15.3.2007 verwaltungsstrafrechtlichen Einschreitung durch zwei Organe der Polizeiinspektion W verletzte der Bw bei der folgenden Amtshandlung die beiden Polizisten schwer, woraufhin er schließlich – nach Erteilung eines Haftbefehles durch das Landesgericht Ried im Innkreis - festgenommen und in die Justizanstalt Ried im Innkreis eingeliefert wurde. Diesen Vorfall nahm die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis zum Anlass, die gesundheitliche Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu überprüfen.

 

Am 23.5.2007 unterzog sich der Bw bei der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, Frau Dr. A L, der amtsärztlichen Untersuchung. Im Rahmen dieser Untersuchung verlangte die Amtsärztin zur Beurteilung der Fahr- bzw. gesundheitlichen Eignung eine verkehrspsychologische Testung sowie eine psychiatrische Untersuchung des Bw.

 

Die verkehrspsychologische Untersuchung des Bw am 9.7.2007 bei der Verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle Gute Fahrt, 50 S ergab zusammengefasst, dass der Bw in den kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen im Bereich der Wahrnehmung und im konzentrativen und reaktiven Bereich Defizite aufweist. Diese Defizite seien bereits eignungsausschließend. Die erhobene abstrakt-logische Intelligenz sei ebenfalls nur unterdurchschnittlich ausgeprägt. Ferner habe die Befundlage zur Persönlichkeit eignungsausschließenden Charakter, es fehle derzeit eine Problem- und Krankheitseinsicht. Der eigene Gesundheitszustand und mögliche Beeinträchtigungen der Fahrtauglichkeit könnten vom Bw nicht oder nur sehr eingeschränkt wahrgenommen werden. Zusammenfassend könne daher die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit in nicht ausreichendem Maße angenommen werden. Entsprechend der verkehrspsychologischen Stellungnahme gemäß § 17 FSG-GV vom 13.7.2007 ist der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B derzeit nicht geeignet.

 

Gemäß der psychiatrischen Stellungnahme des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Univ. Prof. Dr. W L vom 10.6.2007, besteht beim Bw ein leichter psychotischer Defektzustand, welcher auf die Emotionalität zu beziehen sei – eine gewisse querulatorische Reaktionsbereitschaft liege vor.

Da in der Anamnese des Facharztes vom Bw der Grund der Untersuchung falsch angegeben wurde, der Grund für die erforderliche Untersuchung aber der Verdacht auf eine Psychose im Rahmen des Defektzustandes war, wurde seitens der Amtärztin eine ergänzende Stellungnahme eingeholt. In dieser Ergänzung vom 29.7.2007 wird seitens des Facharztes die frühere diagnostische Einschätzung beibehalten, jedoch ergänzt, dass es offenbar auch zu einer gelegentlichen paranoiden Erlebnisverarbeitung komme. Bedenklich erscheine, dass der Bw sich keiner psychiatrischen Therapie unterziehe. Fachärztlicherseits wird es als sinnvoll erachtet eine ev. Verlängerung des Führerscheines mit der Auflage zu verbinden sich psychiatrisch (medikamentös) behandeln zu lassen.

 

Unter Berücksichtigung der verkehrspsychologischen Stellungnahme und des psychiatrischen Facharztbefundes gelangte die Amtsärztin der Bundespolizeidirektion Ried im Innkreis in ihrem Gutachten gemäß § 8 FSG vom 1.8.2007, Zl. San01-168-2007, zu dem Schluss, dass der Bw an einem psychotischen Defektzustand mit zumindest gelegentlicher paranoider Erlebnisverarbeitung leide. Er unterziehe sich derzeit keiner fachärztlich psychiatrischen Behandlung. Derzeit seien die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen nicht ausreichend, auch liege aufgrund der mangelnden Problem- und Krankheitseinsicht keine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung vor. Der Nachweis der erforderlichen Mindestsehleistung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 liege nicht vor. Die Amtsärztin befand den Bw derzeit als "nicht geeignet" zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A und B.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis entzog dem Bw in der Folge mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Lenkberechtigung für die Klasse B, wogegen die oben näher bezeichnete Berufung erhoben wurde.

 

6. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 erster Satz FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Ist der Begutachtete nach dem ärztlichen Befund zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nicht geeignet, so hat § 8 Abs.3 Z4 FSG das ärztliche Gutachten "nicht geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten.

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.2 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung die Dauer der Entziehung aufgrund des gemäß § 24 Abs.4 eingeholten Gutachtens für die Dauer der Nichteignung festzusetzen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.
 
Gemäß § 29 Abs.3 erster Satz FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzuliefern.

 

Gemäß § 13 Abs.1 FSG-GV gelten als ausreichend frei von psychischen Krankheiten im Sinne des § 3 Abs.1 Z1 Personen, bei denen keine Erscheinungsformen von solchen Krankheiten vorliegen, die eine Beeinträchtigung des Fahrverhaltens erwarten lassen. Wenn sich aus der Vorgeschichte oder bei der Untersuchung der Verdacht einer psychischen Erkrankung ergibt, der die psychische Eignung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges einschränken oder ausschließen würde, ist eine psychiatrische fachärztliche Stellungnahme beizubringen, die die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit mitbeurteilt.

 

6.2. Das von der Führerscheinbehörde der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis durchgeführte Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Bw derzeit gesundheitlich nicht geeignet ist, Kraftfahrzeuge der Klassen A und B zu lenken.

 

Das erstattete Amtsarztgutachten vom 1.8.2007 ist schlüssig und nachvollziehbar. Es berücksichtigt und stützt sich auf die entsprechende verkehrspsychologische Testung und die eingeholte fachärztliche psychiatrische Stellungnahme, wobei diese insgesamt ein einheitliches Bild ergeben. Die verkehrspsychologische sowie die fachärztliche Stellungnahme und die gutachtliche Äußerung der Amtärztin gelangen einhellig und nachvollziehbar zur Diagnose eines psychotischen Defektzustandes mit zumindest gelegentlicher paranoider Erlebnisverarbeitung. Auch die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen sind nicht ausreichend vorhanden, es liegt aufgrund der mangelnden Problem- und Krankheitseinsicht keine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung vor.

 

Einem schlüssigen Sachverständigengutachten kann mit bloßen Behauptungen, ohne Argumentation auf gleicher fachlicher Ebene, in tauglicher Art und Weise nicht entgegengetreten werden, sondern ein solches kann in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten bekämpft werden oder wenn es mit den Denkgesetzten oder den Erfahrungen des täglichen Lebens in Widerspruch steht (vgl. z.B. VwGH 25.4.1991, 91/09/0019; 31.1.1995, 92/07/0188; 21.9.1995, 93/07/0005). Ferner liegt es am vom Verfahren wegen Entziehung der Lenkberechtigung Betroffenen, dem amtsärztlichen Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten (VwGH 7.4.1992, 91/11/0010).

 

Der Bw ist dem ihm bekannten, schlüssigen und widerspruchsfreien Gutachten der amtsärztlichen Sachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Sein gesamtes Vorbringen und seine bloßen Behauptungen, die einer sachverständigen Grundlage entbehren, können das zugrunde liegenden amtsärztliche Gutachten nicht entkräften und sind nicht geeignet einen Mangel aufzuzeigen. Das Gutachten ist sohin beweiskräftig und war daher der Entscheidung zugrunde zu legen.

 

Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist ausreichend belegt, dass beim Bw die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derzeit nicht gegeben ist. Die Entziehung der Lenkberechtigung erschien aus Gründen der Verkehrssicherheit jedenfalls erforderlich, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass private und wirtschaftliche den Bw betreffende Belange nicht berücksichtigt werden können.

 

Das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges ist in § 32 Abs.1 Z1 FSG begründet. Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines ergibt sich aus § 29 Abs.3 FSG. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung ist in § 64 Abs.2 AVG begründet und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

 

Es war daher die Berufung abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Fall sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr.  F r a g n e r

 

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