Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521757/2/Zo/Ps

Linz, 12.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn D C, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H B, vom 28. September 2007 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 10. September 2007, Zl. VerkR21-699-2006, wegen Erteilung eines Fahrverbotes für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge sowie Invalidenkraftfahrzeuge und begleitende Maßnahmen zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und die Dauer des Fahrverbotes für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge sowie Invalidenkraftfahrzeuge auf 11 Monate, gerechnet ab 17. Jänner 2007, herabgesetzt.

Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und § 67a Abs.1 AVG iVm § 7, Abs.1, Abs.3 Z11, Abs.4, § 24 Abs.3, § 25 Abs.1, § 30 Abs.1 und § 32 Abs.1 FSG, § 14 Abs.5 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer von 16 Monaten, gerechnet ab 17. Jänner 2007 (Zustellung des Mandatsbescheides), verboten. Es wurde angeordnet, dass vor Ablauf der Lenkverbotsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werden darf. Weiters wurde der Berufungswerber verpflichtet, sich vor Ablauf der Lenkverbotsdauer auf eigene Kosten amtsärztlich untersuchen zu lassen und ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung beizubringen. Die Lenkverbotsdauer endet nicht vor Befolgung dieser Anordnung. Es wurde ihm das Recht aberkannt, für die Dauer des Lenkverbotes von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Der Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Dies begründete die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land damit, dass der Berufungswerber wegen verschiedener Suchtgiftdelikte nicht verkehrszuverlässig sei.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung räumte der Berufungswerber ein, dass er zwar nach dem Suchtmittelgesetz verurteilt worden sei, dadurch aber seine Verkehrszuverlässigkeit nicht beeinträchtigt sei. Er habe in der Türkei zwei Entziehungskuren in der Dauer von zwei bzw. drei Monaten gemacht und sei nun nicht mehr abhängig. Er stehe jetzt in keinerlei Zusammenhang mehr mit Suchtgiftdelikten. Deshalb sei er nicht mehr verkehrsunzuverlässig, weshalb das Lenkverbot nicht hätte ausgesprochen werden dürfen. Jedenfalls sei auch die Verbotsdauer unverhältnismäßig lange.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 Z2 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich war. Eine solche wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 16. Jänner 2007 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, davon drei Monate unbedingt, verurteilt. Diesem Urteil liegt zu Grunde, dass er im Zeitraum von Oktober/November 2005 bis Anfang Februar 2006 gewerbsmäßig in einer mehrfachen großen Menge Suchtgift in Verkehr gesetzt habe, indem er

1.       im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit W Z und A V

a)    ca. 215 g Heroin ankaufte und

b)    ca. 25 bis 30 g Heroin, das von einer erworbenen Gesamtmenge von 50 g nach dem Eigenkonsum verblieb,

gewinnbringend sowohl an bekannte als auch unbekannte Abnehmer verkaufte, wobei er selbst an Heroin, Kokain und Speed gewöhnt war und die Verkäufe vorwiegend deshalb beging, um sich für den eigenen Gebrauch Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen.

 

Weiters habe er im Zeitraum Sommer 2005 bis Mitte Oktober 2005 an A V ca. 30 g Cannabis verkauft, im Februar 2006 an S O 1 g Kokain verkauft, am 31. Dezember 2005 3,5 g Kokain zum Eigenkonsum angekauft;

Im Zeitraum vom 4. Juni 2001 bis Anfang 2004 gelegentlich unbekannte Mengen Cannabis, Kokain, Amphetamine und Ecstasy erworben;

Im Zeitraum von Anfang 2004 bis 19. Februar 2006 ca. 156 g Speed, ca. 365 g Kokain, 1.540 g Heroin sowie unbekannte Mengen Cannabis erworben und bis zum Eigenkonsum bzw. gemeinsamen Konsum mit Anderen besessen.

 

Er habe dadurch die Verbrechen nach § 28 Abs.2 vierter Fall, Abs.3 zweiter Fall Suchtmittelgesetz und eine Vielzahl von Vergehen nach § 27 Abs.1 erster, zweiter und sechster Fall, Abs.2 Z2 zweiter Fall SMG begangen.

 

Wegen dieser Vorfälle verhängte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mit Mandatsbescheid vom 18. Dezember 2006 vorerst ein Lenkverbot für die Dauer von 24 Monaten, ordnete vor dem Ende der Lenkverbotsdauer eine amtsärztliche Untersuchung an und erkannte dem Berufungswerber das Recht ab, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Auf Grund der vom Berufungswerber eingebrachten Vorstellung wurde mit Schreiben vom 13. Februar 2007 um Übermittlung des Gerichtsaktes zur kurzfristigen Einsichtnahme ersucht, der Akt langte letztlich erst am 29. Juni 2007 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ein. Daraufhin erging der nunmehr angefochtene Bescheid.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 32 Abs.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht iSd § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, unter Anwendung der §§ 24 Abs.3 und 4, 25, 26, 29 sowie 30a und 30b entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

  1. ausdrücklich zu verbieten,
  2. nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Auflagen eingehalten werden oder
  3. nur für eine bestimmte Zeit oder nur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen

zu gestatten.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 hat gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG insbesondere zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 oder 31 Abs.2 Suchtmittelgesetz begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Gemäß § 24 Abs.3 erster Satz FSG kann die Behörde bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dergleichen) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit ist gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen.

 

5.2. Der Berufungswerber hat strafbare Handlungen nach § 28 Abs.2 und Abs.3 SMG begangen und damit eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z11 FSG zu verantworten. Bei der Wertung dieser Tatsachen ist einerseits die Gefährlichkeit und Verwerflichkeit der Suchtmitteldelikte, andererseits die seither verstrichene Zeit und das Verhalten des Berufungswerber in dieser Zeit zu berücksichtigen.

 

Der Berufungswerber hat über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten Heroin in einer mehrfachen großen Menge gewinnbringend in Verkehr gesetzt, wobei er gewerbsmäßig gehandelt hat. Weiters hat er von Sommer 2005 bis Mitte Oktober 2005 30 g Cannabis sowie 1 g Kokain verkauft und seit Juni 2001 bis zu seiner Verhaftung im Februar 2006 größere Mengen Speed, Kokain, Heroin und Cannabis zum Eigenkonsum besessen.

 

Suchtmitteldelikte stellen eine besonders verwerfliche Form der Kriminalität dar, das gilt insbesondere für die sogenannten „harten Drogen“, zu denen auch Heroin zählt, weil dieses andere Personen leicht süchtig macht. Der Berufungswerber hat eine mehrfache große Menge, nämlich insgesamt ca. 240 g Heroin über einen Zeitraum von etwas mehr als drei Monaten an andere Personen verkauft. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass zumindest einer seiner „Kunden“, nämlich M P zum Tatzeitpunkt noch nicht einmal 17 Jahre alt war. Er hat also einem Jugendlichen den Zugang zu harten Drogen ermöglicht. Dies weist auf eine besonders rücksichtslose Einstellung des Berufungswerbers hin. Der Umstand, dass er die Suchtmittelverkäufe im Wesentlichen zur Finanzierung seiner eigenen Sucht durchführte, macht seine Handlungen nicht weniger verwerflich.

 

Zu Gunsten des Berufungswerbers ist zu berücksichtigen, dass seit dem Abschluss der strafbaren Handlungen bereits 21 Monate vergangen sind. In dieser Zeit sind keine weiteren Vorfälle bekannt geworden, wobei aber nicht unberücksichtigt werden darf, dass sich der Berufungswerber mehrere Monate in der Türkei aufgehalten hat und vom 20. November 2006 bis 16. Jänner 2007 in Untersuchungshaft war. Dieser Zeitraum erscheint daher noch zu kurz, als dass der Berufungswerber seine Verkehrszuverlässigkeit bereits wiedererlangt hätte.

 

Die verhängte Freiheitsstrafe wurde zum Großteil (9 Monate) bedingt nachgesehen, wobei dies damit begründet wurde, dass nach Ansicht des Gerichts die Androhung der Strafe ausreiche, um den Berufungswerber vor weiteren strafbaren Handlungen zu bewahren. Auch die in der Türkei absolvierte Suchtgifttherapie würde zeigen, dass der Berufungswerber nun bestrebt sei, ein drogenfreies und damit auch deliktfreies Leben zu führen. Dazu ist aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates festzuhalten, dass die Frage der Suchtmittelabhängigkeit in erster Linie die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers betrifft. Die Suchtgifttherapie hat daher in erster Linie Auswirkungen auf die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers, jedoch nur eingeschränkt auf seine Verkehrszuverlässigkeit. Bei Suchtmitteldelikten ist die Rückfallgefahr bekanntermaßen besonders groß und es werden diese durch die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbundene erhöhte Mobilität wesentlich erleichtert. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die Annahme durchaus begründet, dass der Berufungswerber weitere schwere strafbare Handlungen begehen würde, sofern ihm dies durch die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen verbundene Mobilität ermöglicht würde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich kommt daher zusammengefasst zu der Ansicht, dass der Berufungswerber zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides und auch derzeit noch nicht als verkehrszuverlässig anzusehen ist. Unter Abwägung aller Umstände konnte der Zeitraum seiner Verkehrsunzuverlässigkeit aber herabgesetzt werden. Es war daher seine Berufung bezüglich des Lenkverbotes sowie des Verbotes, von einer allfälligen im Ausland erteilten Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, teilweise stattzugeben.

 

Die Verpflichtung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens ist dadurch begründet, dass der Berufungswerber über einen längeren Zeitraum suchtmittelabhängig war. Auch wenn er in der Zwischenzeit eine Suchtmitteltherapie absolviert hat, ändert dies nichts an der Notwendigkeit einer amtsärztlichen Untersuchung. Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die suchtmittelabhängig waren, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung zu erteilen oder wieder zu erteilen. Diese Bestimmungen sind auch hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Motorfahrrädern heranzuziehen. Dementsprechend ist auch bei einer überstandenen Suchtmittelabhängigkeit ein amtsärztliches Gutachten unter Berücksichtigung einer fachärztlichen Stellungnahme erforderlich. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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