Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-541036/3/BMa/Mu/Se

Linz, 19.11.2007

 

 

 

 

                                                    E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung der R G, U, ver­treten durch RA Dr. K W, S, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 12. Oktober 2007, Zl. Vet-22/1-2007, wegen der Vorschreibung von Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Gebührenvorschreibung (für 31. Mai 2007 bis 31. Juli 2007) von insge­samt 76.690,19 Euro auf 61.332,69 Euro herabgesetzt wird; im Übrigen wird die Berufung hingegen als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 212 Oö. Landesabgabenordnung 1996 – Oö. LAO 1996

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem o.a. Bescheid der Oö. Landesregierung wurden der Beschwerdeführerin u.a. für die Durchführung von Schlachttier- und Fleischunter­suchungen, Trichinen­beschau bei Schweinen und Kontrolluntersuchungen für den Zeitraum 31. Mai 2007 bis 31. Juli 2007 die auf Grund des Oö. Fleischuntersuchungsgebühren­gesetzes, LGBl. Nr. 79/1996, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 84/2002, iVm der Oö. Fleischuntersuchungsge­bühren-Verordnung, LGBl. Nr. 116/1996, zuletzt geän­dert durch LGBl. Nr. 133/2001 (im Folgenden: FlUGV), fälligen Gebühren vorge­schrieben. Vom Unabhängigen Verwaltungssenat wurde erhoben, dass die Vorschreibung der Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung der Schweine und die Durchführung der Trichinenschau sich nur auf den Zeitraum Juli 2007 beziehen. Der Zeitraum Mai 2007 bis Juli 2007 wurde im erstinstanzlichen Bescheid angegeben, weil in diesem Kontrolluntersuchungen (Hygienekontrollen), die bei der Berechnung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung nicht beinhaltet sind und extra verrechnet werden, nachträglich verrechnet wurden.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass nach den EU-Richtlinien die Gebühren grundsätzlich in einer bestimmten Höhe festgelegt seien, die Mitgliedstaaten jedoch höhere Gebühren vorschreiben könnten, wenn deren Kosten tatsächlich höher seien. Dies habe auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. November 2002, 2000/17/0203, festgehalten.

 

Überdies sei in diesem Zusammenhang durch ein im Auftrag der belangten Behörde erstelltes "Gutachten zur Höhe der Fleischuntersuchungsgebühren in Ober­österreich" der (bescheidmäßig bestellten nichtamtlichen) Sachverständigen "K A-T GmbH" vom September 2004 (im Folgenden: [K‑]Gutachten [der Sachverständigen]) festgestellt worden, dass bei betriebs­wirtschaftlicher Betrachtung der nach den EU-Richtlinien festgelegte Gebührensatz insgesamt sogar zu niedrig bemessen sei. Denn die in der FlUGV mit 2,17 Euro verankerten Gebühren lägen deutlich unter den tatsächlichen Kosten der Fleischuntersuchung in Oberösterreich in Höhe von 2,62 Euro. Schließlich sei überdies ein 20%iger Abschlag für Schlachtbetriebe mit einer Schlachtkapazität von mehr als 50 Schweinen pro Stunde berücksichtigt worden.

 

Da mit diesem Gutachten der Umstand, dass die in der FlUGV festgesetzten Gebühren keines­falls über den tatsächlichen Kosten liegen, zweifelsfrei habe nachgewiesen werden können, liege sohin auch kein Widerspruch zu EU-rechtlichen Bestimmungen vor.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts des Bescheides infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Im Wesentlichen wird eingewendet, die Vorschreibung der Untersuchungsgebühren sei rechts- bzw. gesetzwidrig, weil sie das Deckungserfordernis sämtlicher tatsächlicher Kosten übersteigen würde und insbesondere zu den nach den EG-Richtlinien geltenden Rechtsgrundlagen in Widerspruch stehe. Auch seien die einschlägigen EU – Richtlinien nicht vollständig und auch nicht korrekt umgesetzt worden. Die Oö. Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung 1997 sehe als innerstaatliche Norm eine höhere Gebühr vor, als in der Richtlinie 96/43 EG festgesetzt sei. Strittig sei die Höhe der Gebühr für die Durchführung der Schlachttier- und Fleischuntersuchung von Schweinen.

Der angefochtene Bescheid stütze sich als zentrales Beweismittel auf das K- Gutachten, das in inhaltlicher Hinsicht zahlreiche Mängel aufweise und auf zweifelhaften Annahmen basiere, sodass es insgesamt als zur Begründung und Rechtfertigung der Höhe der vorgeschriebenen Fleischuntersuchungsgebühr ungeeignet erscheine. Zur Festsetzung der Fleischuntersuchungsgebühr werde auf das Gutachten der Kanzlei L & L GmbH & Co KG (gemeint: eine im Auftrag des "Landesgremiums des Vieh- und Fleischhandels Oberösterreich" erarbeitete Stellungnahme der "L + L GmbH & Co KEG" vom April 2005, ergänzt durch das Schreiben vom 10. Mai 2005 [im Folgenden: L-Stellungnahme]), verwiesen.

 

In der Berufung wird auch ausgeführt, dass bei der Berechnung der Personalkosten eines Tierarztes im Zusammenhang mit deren kollektivvertraglicher Einstufung zu Unrecht die Verwendungsgruppe VI des Bundeskollektivvertrages für Angestellte im Fleischergewerbe herangezogen worden sei. Mittlerweile liege eine gesicherte Judikatur des Unabhängigen Verwaltungssenats für Oberösterreich vor, wonach insgesamt nicht ein Stundensatz von 77,24 Euro, sondern lediglich ein solcher von 57,83 Euro bei der Berechnung der Kosten zugrundegelegt werden dürfe.

 

Außerdem sei nicht nachvollziehbar, weshalb nunmehr – abweichend von früheren Annahmen der Sachverständigen – bloß von einer durchschnittlichen Untersuchungsgeschwindigkeit von 40 Schweinen pro Stunde ausgegangen werde. Die im angefochtenen Bescheid zur Berechnung der Fleischuntersuchungsgebühren zu Grunde gelegte Untersuchungsstückzahl von 50 Schweinen pro Stunde pro Tierarzt werde in nahezu allen Betrieben beträchtlich überschritten. Auch die Annahme bei kleineren Betrieben werde nicht einmal eine Stückzahl von 50 erreicht, sei nicht richtig. Nicht unerwähnt bleiben dürfe in diesem Zusammenhang, dass die verordnungsmäßig festgesetzte Höchstzahl von 50 Schweinen pro Stunde tatsächlich häufig überschritten werde.

Der Berechnung der Fleischuntersuchungsgebühren sei jedenfalls eine Stückzahl von 60 Schweinen pro Stunde pro Tierarzt zu Grunde zu legen.

 

Des weiteren wird angeführt, dass die Kosten für die Trichinenuntersuchung der Schweine mit 0,37 Euro pro Schwein zu hoch angesetzt seien. Bei der Berechnung sei die Abgabenbehörde erster Instanz von 50 Schweinen pro Stunde ausgegangen und habe zu den Untersuchungskosten eine Wegkostenentschädigung von 14% dazugerechnet. Im Zuge einer Besprechung am 18. August 2005 bei der zuständigen Landesrätin Dr. S habe der Landesveterinärdirektor Hofrat Dr. W jedoch nunmehr ausgeführt, dass die Trichinenuntersucher bei einem Ansatz 100 Schweine untersuchen und dazu 1 Stunde und 20 Minuten benötigen würden. Dies ergäbe eine Stundenleistung von 75 Stück.

Unter Zugrundelegung des (von der Abgabenbehörde erster Instanz) angegebenen Jahresgehalts von 23.876,28 Euro bei 1.640 Stunden und 75 untersuchten Schweinen pro Stunde sei von einer Stückgebühr für die Trichinenschau von 0,19 Euro auszugehen. Geht man jedoch von den tatsächlich durchgeführten und möglichen Untersuchungen von mindestens 60 Schweinen pro Stunde aus, ergebe sich bei den Kosten der Trichinenuntersuchung eine Gebühr (ohne Wegekostenentschädigung) von 0,24 Euro.

 

Die Höhe des in dem angefochtenen Bescheid angeführten Verwaltungskosten-anteils pro Stück in Höhe von 0,30 Euro sei unrichtig, da sich aus der L-Stellungnahme zu den Verwaltungskosten nur ein Verwaltungskostenanteil von 0,21 Euro pro Schwein ergebe.

 

In gleicher Weise entbehre auch der Zuschlag für Wegzeiten einer sachlichen Begründung.

 

Bei der Ermittlung des Anteils der Wegekostenentschädigung sei die Anzahl der jährlich insgesamt zurückgelegten Fahrtkilometer durch die Summe der Tierärzte und Tierbeschauer (also durch 357 anstatt durch 282) zu teilen.

 

Zusammenfassend werde festgestellt, dass die tatsächlichen Kosten mit insgesamt 1,23 Euro sogar unterhalb der Pauschalgebühr nach dem Gemeinschaftsrecht liegen würden.

 

Als allgemein methodischer Mangel werde gerügt, dass eine Überprüfung der Primärdaten des K –Gutachtens nicht möglich gewesen sei.

 

Beantragt wird, den angefochtenen Bescheid insoweit abzuändern, als keine höheren als die Gemeinschaftsgebühren vorgeschrieben werden und demgemäß die geforderte Einbringung dieses Differenzbetrages auszusetzen.

 

1.2.  Es werden daher folgende Anträge gestellt:

 

-          eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen

-          zur mündlichen Berufungsverhandlung Herrn Hofrat Dr. K W und Herrn Dr. R B von L + L GmbH & Co KEG zu laden

-          der Abgabenbehörde erster Instanz aufzutragen, sämtliche Primärdaten des Gutachtens K II offenzulegen und zu erläutern

-          der Berufungswerberin die Möglichkeit zu eröffnen, die Klassifizierungsprotokolle vorzulegen zum Beweis für eine Untersuchungsgeschwindigkeit von mindestens 50 Stück pro Stunden und mindestens 70 Stück pro Stunde bei der Trichinenschau

-          die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass für die Fleischuntersuchung von Schweinen nur 1,30 Euro vorgeschrieben wird

-          in eventu: den Bescheid aufzuheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung unter Bedachtnahme auf die geltenden EG-Richtlinien der Oö. Landesregierung zurückzuverweisen

-          die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Kostenmitteilung bis zu einer rechtskräftigen, abschließenden Entscheidung

-          der Berufung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und vom Vollzug der angefochtenen Kostenmitteilung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diese Berufung Abstand zu nehmen

-          die vorgelegten Urkunden, insbesondere die L – Stellungnahme, zu Grunde zu legen

-          Aussetzung der Einhebung einer Abgabe gemäß § 212a BAO

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Amtes der Oö. Landesregierung, aus dem sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt vollständig ermitteln ließ.

 

2.2. Von der Durchführung der ausdrücklich beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil der Akt erkennen lässt, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Darüber hinaus steht dem auch nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegen.

 

 

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach Art. 129a Abs. 1 Z. 3 B-VG iVm. § 8 Abs. 1 des Oö. Fleischunter­suchungs­gebührengesetzes, LGBl. Nr. 79/1996, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 84/2002 (im Folgenden: Oö. FlUGG 1997) ist der Oö. Verwaltungssenat Abgabenbehörde in zweiter Instanz; soweit im FlUGG nicht anderes bestimmt ist, findet für das Verfahren die Oö. Landesabgabenordnung 1996, LGBl. Nr. 107/1996, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 120/2005 (im Folgenden: Oö. LAO 1996) Anwendung (§ 8 Abs. 2 FlUGG 1997).

 

Die Höhe der Gebühren ist gemäß § 2 Abs. 1 FlUGG 1997 nach der FlUGV festzusetzen; die mit dem angefochtenen Bescheid festgelegten Gebührensätze entsprechen – was auch von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen wurde – der FlUGV.

 

3.2. Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 85/73/EWG (vgl. die Kodifizierung durch die RL 96/43/EG; im Folgenden: RL 85/73/EWG) werden die Gemeinschaftsgebühren in der Weise festgelegt, dass sie die Löhne und Sozialabgaben der Unter­suchungs­stelle sowie die für die Durchführung der Untersuchungen und Kontrollen ent­stehenden Verwaltungskosten, denen noch die Kosten der Fortbildung des Untersuchungs­personals hinzugerechnet werden können, abdecken. Nach Art. 5 Abs. 3 RL 85/73/EWG können die Mitgliedstaaten aber auch – unbeschadet der Wahl jener Behörde, die zur Erhebung der Gemeinschafts­gebühr ermächtigt ist – insoweit einen höheren Betrag als die Gemeinschafts­gebühren einheben, als die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet.

 

Unter dem Aspekt, dass die Festlegung einer Gemeinschaftsgebühr für veterinär- und hygienerechtliche Kontrollen primär den Zweck der Schaffung gleichartiger Wettbewerbsbedingungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten verfolgt[1], ist jedoch an die durch Art. 5 Abs. 3 RL 85/73/EWG geschaffene Möglichkeit der Gebühren­erhöhung grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Dies derart, dass aus der Formulierung „sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungs­kosten nicht überschreitet“ im Art. 5 Abs. 3 RL 85/73/EWG nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates gleichzeitig folgt, dass jener Mitgliedstaat, der höhere Gebühren festlegt, diese Regelung als ausschließlich durch höhere Kosten iSd Art. 5 Abs. 1 RL 85/73/EWG bedingt nachzuweisen hat.

 

Dies deckt sich im Ergebnis auch mit der vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seinem Erkenntnis vom 20. November 2002, Zl. 2000/17/0203, geäußerten Rechts­auffassung, wo der VwGH unter Hinweis auf entsprechende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes davon ausgeht, dass die RL 85/73/EWG zwar nicht un­mittelbar anwendbar ist, aber eine Höchstgrenze derart bildet, dass der Betroffene einer höheren Vorschreibung als der gemeinschafts­rechtlichen Pauschalgebühr dann und insoweit widersprechen kann, wenn diese Überhöhung seitens der Behörde nicht entsprechend belegt werden kann.

Zum in der  Berufung gerügten Widerspruch zu den nach den EG-Richtlinien geltenden Rechtsgrundlagen bzw. der nicht vollständigen oder nicht korrekten Umsetzung der einschlägigen EU-Richtlinien wird auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 9. September 1999, Anton Feyrer gegen Landkreis Rottal-Inn, verwiesen, wonach sich – sollte ein Mitgliedstaat die einschlägige Richtlinie innerhalb der vorgeschriebenen Frist nicht umgesetzt haben -  ein einzelner der Erhebung von höheren Gebühren als den im Anhang Kapitel I Nummer 1 festgesetzten Pauschalbeträgen nicht widersetzen kann, sofern diese Gebühren die tatsächlich entstandenen Kosten nicht überschreiten.

Daraus folgt, dass die Abgaben­behörde keine höhere als die solcherart sachlich begründbare Gebühr festsetzen darf, und zwar auch dann nicht, wenn dies in Gesetzen oder Verordnungen ent­sprechend festgelegt wäre; der RL 85/73/EWG kommt demgemäß eine materielle, entgegenstehende Gesetze und Verordnungen zurückdrängende Bindungswirkung zu.

 

3.3. In diesem Zusammenhang resultiert als Sukkus des im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens eingeholten K-Gutachtens, dass die im Vergleich zur RL 85/73/EWG höheren Gebührensätze der FlUGV dadurch bedingt sind, dass in Oberösterreich einerseits ausschließlich Tierärzte zur Fleischunter­suchung herangezogen werden und andererseits die Verrechnung mit diesen nicht direkt, sondern über einen eigenständigen Verwaltungsträger (die Fleischunter­suchungs- und Ausgleichskasse, im Folgenden: FlUAK) erfolgt.

 

Wie der Oö. Verwaltungssenat – beginnend mit VwSen-540089 vom 16. März 2004 –in zahlreichen Entscheidungen dargetan hat, hindert die RL 85/73/EWG einen Mitgliedstaat nicht schon von vornherein daran, vergleichsweise höher- oder gar überqualifizierte Fachkräfte zur Fleischuntersuchung heranzuziehen (so nunmehr auch explizit VwGH v. 24. Jänner 2005, Zl. 2003/17/0226) und in diesem Zusammen­hang eine eigenständige Verrechnungsstelle einzurichten; die solcherart höheren Kosten müssen jedoch nachweisbar ausschließlich durch die Untersuchung selbst begründbar sein. Die Beweislast trifft dabei offenkundig jene Behörde, die die vergleichsweise höheren Gebühren vorschreibt, also die Oö. Landesregierung.

 

3.3.1. Soweit es die von der Abgabenbehörde für die Trichinenuntersuchung mit 0,33 Euro pro Schlachttier ermittelten Kosten betrifft, hält dem die Rechtsmittel­werberin unter Hinweis auf die Angaben der belangten Behörde bei der Besprechung am 18. August 2005 entgegen, dass man von einer Untersuchungskapazität von 75 Schweinen pro Stunde auszugehen habe. Demnach käme man nur auf eine Stückgebühr von 0,19 Euro.

 

Da aber die Angaben der belangten Behörde - Untersuchungszahl von 75 Schweinen pro Stunde - nur für den Idealfall bei optimalsten Bedingungen und entsprechend hohen Schlachtkapazitäten zutreffen und die oberösterreichischen Schlachtbetriebe tatsächlich unterschiedliche Schlachtbandgeschwindigkeiten erreichen, ist, wie der Landesveterinärdirektor in den bisherigen Vorlageschreiben dargelegt hat, realistischerweise auch von einem Mittelwert von 60 Schweinen pro Stunde auszu­gehen.

 

Im Übrigen trifft auch das Argument der Berufungswerberin, dass hinsichtlich der Ermittlung des Anteils der Wegekostenentschädigung die Anzahl der jährlich insgesamt zurückgelegten Fahrtkilometer (936.306) durch die Summe der Tierärzte und Trichinenbeschauer (also durch 357 anstatt durch 282) zu teilen ist, zu.

 

Insgesamt resultiert demnach bei Zugrundelegung einer durchschnittlichen Beschaurate von 60 Schweinen pro Stunde und einer Wegekostenentschädigung von (lediglich) 10,8% für die Trichinenbeschau ein tatsächlicher Aufwand von 0,27 Euro (8.021,85 : 551 : 60 = 0,24 + 0,026) bzw. 0,22 Euro (bei Fließbandbe­trieben) pro Schlachttier.

 

3.3.2. Hinsichtlich des von der K ermittelten Verwaltungskostenanteils der FlUAK in Höhe von 0,29 Euro pro Schlachttier wird seitens der Rechtsmittelwerberin nicht dargetan, weshalb in diesem Zusammenhang Positionen "Forderungs­abschreibungen" oder "Rechts- und Beratungsaufwendungen" nicht in Ansatz gebracht werden dürfen, sondern nur dargestellt, inwieweit sich deren Nichtein­beziehung aufwandsminimierend auswirken würde (was wiederum zu einer niedrigeren Gebührenvorschreibung zu führen hätte).

 

Es ist ihr damit aber schon im Ansatz nicht gelungen, dem Sachverständigen­gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten; vielmehr liegt auch diesbezüglich bloß ein unsubstantiiertes Bestreiten vor.

 

Daher sieht der Oö. Verwaltungssenat keine Veranlassung, den mit 0,29 Euro pro Schlachttier ermittelten tatsächlichen Verwaltungskostenanteil in Zweifel zu ziehen.

 

3.3.3. Hinsichtlich der Angemessenheit der Höhe der Kosten eines Fleisch­untersuchungstierarztes erscheint dem Oö. Verwaltungssenat (auch im Hinblick auf das bereits zuvor angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 2005, Zl. 2003/17/0226) ein Abstellen auf den "Bundeskollektivvertrag für Angestellte im Fleischergewerbe vom 1. Juli 2007" (im Folgenden: KV), grundsätzlich als zielführend.

 

Diesbezüglich wurde im Gutachten zwar schlüssig ermittelt, dass insoweit ein Stundensatz von 77,24 Euro anzusetzen sei. Allerdings liegt diesem Ergebnis die Einreihung der Tierärzte in die Verwendungsgruppe VI des KV zu Grunde. Diese Qualifikation ist jedoch schon deshalb unzutreffend, weil der Kollektivvertrag selbst davon ausgeht, dass Tierärzte in die niedrigere Gehaltsansätze aufweisende Ver­wendungsgruppe V einzureihen sind (vgl. S. 17). Dass aber in diesem Zusammen­hang auch auf deren Tätigkeit im Zusammenhang mit der Fleischuntersuchung, die sie nach dem K-Gutachten faktisch zu mehr als einem Drittel in Anspruch nimmt, ausreichend Bedacht genommen wurde, kann wohl nicht ernsthaft bezweifelt  werden.

 

Davon ausgehend resultiert aber unter Zugrundelegung der in der Anlage A, rechte Spalte, zur Stellungnahme vom 10. Mai 2005 angestellten Berechnung, modifiziert durch die zwischenzeitlich mit Wirkung vom 1. Juli 2007 valorisierten kollektiv­vertraglichen Werte und – in Konsequenz der Heranziehung eines Angestelltentarifs (anstelle eines kalkulatorischen Unternehmerlohnes) – unter Außerachtlassung eines Ansatzes für Verdienstentgang, bloß ein Stundenhonorar von 61,29 Euro (anstelle von 77,24 Euro).

 

Hinsichtlich der durchschnittlichen Schlachtkapazität wurden von der Rechtsmittel­werberin als Beweis dafür, dass die verordnungsmäßig festgelegte Höchstzahl von 50 Schweinen pro Stunde tatsächlich erreicht werde, Schlachtdatenauswertungen und Wiegeprotokolle eines Betriebes vorgelegt und weitere zwar in Aussicht gestellt, aber auch mit der gegenständlichen Berufung nicht vorgelegt. Es ist ihr damit aber nicht gelungen, dem von der Sachverständigen nunmehr auf Grund einer repräsentativen Befragung ermittelten Durchschnittswert von 40,32 Schweinen pro Stunde auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten.

 

Im Ergebnis resultiert somit als nachvollziehbarer Tierarztkostenanteil ein Betrag in einer Höhe von 1,52 Euro (61,29 : 40,32), der im Falle eines Fließbandbetriebes um 20% zu vermindern ist (1,22 Euro).

 

3.3.4. Dies zu Grunde legend kann daher unter jeweiliger Einbeziehung eines Verwaltungskostenanteils in Höhe von 0,29 Euro eine Gebühr in Höhe von insgesamt 2,03 Euro (mit Trichinenuntersuchung) bzw. 1,73 Euro (mit Trichinen­untersuchung bei Fließbandbetrieben [wie im vorliegenden Fall]) bzw. 1,51 Euro (ohne Trichinenuntersuchung) pro Schlachttier als plausibel angesehen werden.

 

3.3.5. Geht man von diesen Gebührensätzen aus, ergeben sich für die vorliegenden Fälle folgende Berechnungen der Vorschreibungen für den Zeitraum 31. Mai 2007 bis 31. Juli 2007 (Gesamt­vorschreibung laut Bescheid erster Instanz: 76.690,19 Euro):

 

Menge

Art

Gebühr (Euro)

96

Kontrolluntersuchungen C2

1.360,32

34.204

Schweine

51.648,04

271

Schweine mit 100 % Zuschlag

739,83

34.475

Trich. Verdauungsmethode

7.584,50

Summe

 

61.332,69

 

 

4.1. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 2. Mai 2006, 2005/17/0201, in vergleichbaren Fällen diese Berechnungsmethode insofern be­stätigt, als er die Behandlung der dortigen Beschwerden abgelehnt hat.

 

5.1. Aus allen diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 212 Abs. 2 Oö. LAO 1996 insoweit stattzugeben, als die Gebührenvorschreibung wie aus dem Spruch ersichtlich herabgesetzt wird.

 

5.2. Bei diesem Ergebnis war es – entgegen dem Antrag der Berufungswerberin – nicht notwendig, zusätzliche Zeugen zu vernehmen; diese hätten im Übrigen nur zu Tatsachen aussagen können, die ohnehin durch die schriftlichen Beweismittel feststehen.

 

Zu den Anträgen, der Berufungswerberin die Möglichkeit zu eröffnen, bestimmte Dokumente (Klassifizierungsprotokolle) vorzulegen, ist festzuhalten, dass es der Berufungswerberin im Verfahren jederzeit frei steht, alle – aus ihrer Sicht – ihren Standpunkt stützenden Beweismittel vorzulegen. Es braucht dazu weder eines besonderen Antrags noch einer wie immer gearteten Zustimmung oder Bewilligung der Behörde.

 

5.3. Die Anträge, der Behörde erster Instanz aufzutragen, sämtliche Primärdaten des Gutachtens K II offen zu legen und zu erläutern, sind zurückzuweisen, weil es für einen solchen Auftrag keine gesetzliche Grundlage gibt.

 

5.4. Zur Entscheidung über die darüber hinaus gestellten Anträge auf Aussetzung der Einhebung des festgesetzten Gebührenbetrags ist (vorläufig) nicht der Oö. Verwal­tungs­senat, sondern (zunächst) die Oö. Landesregierung als Abgaben­behörde erster Instanz zuständig.

Für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den unabhängigen Verwaltungssenat findet sich in der LAO keine Grundlage.

 

5.5. Die mit der Berufung vorgelegten Unterlagen wurden, wie oben ausgeführt, bei der Festsetzung der Fleischuntersuchungsgebühren berücksichtigt.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1.       Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

2.       Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 



[1] Vgl. die fünfte Begründungserwägung zur RL 96/43/EG vom 26. Juni 1996 zur Änderung und Kodi­fizierung der RL 85/73/EWG: „Diese Untersuchungen und Gesundheitskontrollen werden in den einzelnen Mitgliedstaaten in unterschiedlicher Art und Weise durchgeführt; sie werden insbesondere über Gebühren finanziert, die unterschiedlich hoch sein können. Diese Diskrepanzen können sich auf den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Produktionen auswirken, die überwiegend unter eine gemeinsame Marktorganisation fallen. Bei den Einfuhren lebender Tiere aus Drittländern in die Gemeinschaft kann die Tatsache, dass den Wirtschaftsteilnehmern unterschiedlich hohe Gebühren auferlegt werden, zu Verkehrsverlagerungen führen. Um dies zu verhindern, sind harmonisierte Regeln für die Finanzierung dieser Untersuchungen und Kontrollen vorzusehen. Diese Untersuchungen und Kontrollen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Staates; um ihre Finanzierung sicherzustellen, sollten jedoch die Wirtschaftsteilnehmer eine Gebühr entrichten.

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