Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162542/8/Zo/Ps

Linz, 03.12.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau P C, geb. , vom 2. Oktober 2007, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 11. September 2007, Zl. VerkR96-29401-2007, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22. November 2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.                     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51e und § 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie als wartepflichtige Lenkerin des Pkw mit dem Kennzeichen LL- durch Einbiegen auf der Kreuzung, vor der sich das Vorschriftszeichen „Vorrang geben“ befindet, einem im Vorrang befindlichen Fahrzeug den Vorrang nicht gegeben und dieses dadurch zu unvermitteltem Bremsen genötigt habe. Der Vorfall habe sich in St. Florian von der Autobahnabfahrt Asten kommend beim Kreisverkehr der Kreuzung der L568 mit der B1 am 14. Juni 2007 um 11.27 Uhr zugetragen.

Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs.7 iVm § 19 Abs.4 StVO 1960 begangen, weshalb über sie eine Geldstrafe von 58 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 5,80 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte die Berufungswerberin geltend, dass sie dem Anzeiger den Vorrang nicht genommen habe. Sie habe sich bereits im Kreisverkehr befunden, als der Anzeiger hinein gefahren sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22. November 2007. Bei dieser wurde die Berufungswerberin befragt sowie der Anzeiger als Zeuge einvernommen. Die Erstinstanz hat entschuldigt an der Verhandlung nicht teilgenommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Berufungswerberin lenkte zum Vorfallszeitpunkt ihren Pkw von der L568 kommend zum Kreisverkehr bei der Kreuzung mit der B1. Vor dem Kreisverkehr ist das Vorschriftszeichen „Vorrang geben“ angebracht. Gleichzeitig lenkte der Anzeiger seinen Pkw von der Autobahnabfahrt Asten kommend zum gleichen Kreisverkehr.

 

Zur Frage, ob die Berufungswerberin beim Einfahren in den Kreisverkehr den Vorrang des Anzeigers verletzt hat, weichen die Aussagen stark voneinander ab. Die Berufungswerberin führte aus, dass sie in den Kreisverkehr eingefahren sei, als sich der Berufungswerber noch vor dem Kreisverkehr befunden habe. Sie habe daher gefahrlos in den Kreisverkehr einfahren können, der Anzeiger habe sich zu schnell angenähert. Er habe sein Fahrzeug jedenfalls nicht stark abbremsen müssen, möglicherweise habe er aber seine Geschwindigkeit verringern müssen. Er habe sie dann angehupt und sei ihr hupend ca. 400 m lang nachgefahren.

 

Der Anzeiger schilderte den Vorfall dahingehend, dass sich aus seiner Fahrtrichtung vor dem Kreisverkehr bereits eine kurze Kolonne gebildet hatte, er war das dritte oder vierte Fahrzeug dieser Kolonne. Sie konnten dann wegfahren, weil von links keine Fahrzeuge mehr in den Kreisverkehr eingefahren sind und er sei eben als drittes oder viertes Fahrzeug in den Kreisverkehr eingefahren. Dabei habe er im Kreisverkehr bereits auf den dritten Gang geschaltet gehabt und sei mit einer Geschwindigkeit zwischen 20 km/h und 30 km/h gefahren. Der Abstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug habe nur ca. 2,5 m betragen. Trotz diesem geringen Abstand sei die Angezeigte zwischen dem vor ihm fahrenden Fahrzeug und ihm in den Kreisverkehr eingefahren und er habe stark abbremsen müssen, um der Angezeigten nicht hinaufzufahren.

 

Zu den örtlichen Verhältnissen ist festzuhalten, dass der Kreisverkehr einen Außendurchmesser von mehr als 30 m aufweist. Vom Einfahren in den Kreisverkehr bis zu jener Stelle, wo die Berufungswerberin dem Angezeigten angeblich den Vorrang genommen hat, beträgt die Fahrstrecke daher ca. 15 m bis 18 m.

 

Zu den unterschiedlichen Schilderungen des Vorfalls ist in freier Beweiswürdigung Folgendes festzuhalten:

Sowohl die Angaben der Berufungswerberin als auch die Angaben des Anzeigers können jeweils für sich den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechen. Beim Anzeiger ist aber doch zu berücksichtigen, dass er nach seinen Angaben das dritte oder vierte Fahrzeug einer Kolonne war und daher nur 15 m bis 20 m vom Kreisverkehr entfernt war. Dennoch hat er spätestens nach 15 m im Kreisverkehr, also nach einer Fahrtstrecke von 30 m bis maximal 35 m bereits den dritten Gang eingelegt und dabei aber nur eine Geschwindigkeit zwischen 20 km/h und 30 km/h erreicht. Ein derartiges Fahrverhalten ist zwar technisch sicherlich möglich, muss aber doch als eher außergewöhnlich bezeichnet werden. Wenn jemand auf einer derart kurzen Fahrtstrecke bereits in den dritten Gang geschaltet hat, so würde dies auf eine sehr sportliche Fahrweise schließen lassen, sodass eine wesentlich höhere Geschwindigkeit als 30 km/h zu erwarten wäre. Das Befahren eines Kreisverkehrs im dritten Gang, wenn man unmittelbar vor dem Kreisverkehr noch gestanden ist, ist doch ein eher untypisches Fahrverhalten. Weiters ist zu berücksichtigen, dass der Anzeiger nach seinen Angaben bei einer Geschwindigkeit zwischen 20 km/h und 30 km/h zum Vorderfahrzeug nur einen Abstand von 2,5 m eingehalten hat. Dies entspricht einem Abstand von weniger als einer halben Sekunde (bzw. bei 30 km/h sogar von weniger als einer Drittel Sekunde). Ein derart geringer Abstand würde einerseits massiv gegen die Bestimmung des § 18 Abs.1 StVO verstoßen, andererseits kann bei einem derart minimalen Abstand wohl ausgeschlossen werden, dass die Berufungswerberin versucht hätte, sich in diese Lücke, welche nicht einmal einer Fahrzeuglänge entspricht, zu zwängen. Die Angaben des Anzeigers mögen daher durchaus seiner subjektiven Wahrnehmung entsprechen, erscheinen bei einer objektiven Betrachtung aber doch eher unwahrscheinlich. Es gibt zwar auch keinen sicheren Hinweis darauf, dass die Behauptungen der Berufungswerberin den Tatsachen entsprechen, auch sie konnte naturgemäß nur ihren subjektiven Eindruck schildern, es verbleiben aber keine objektiv verifizierbaren Tatsachen, welche ihre Schilderung widerlegen könnten. Es ist daher im Zweifel für die rechtliche Beurteilung davon auszugehen, dass ihre Schilderung des Vorfalls den Tatsachen entspricht.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 19 Abs.7 StVO darf der Wartepflichtige durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang weder zu unvermitteltem Bremsen noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen.

 

5.2. Wie sich aus den oben geschilderten Überlegungen zur Beweiswürdigung ergibt, ist davon auszugehen, dass der Anzeiger noch nicht in den Kreisverkehr eingefahren war, als die Berufungswerberin von L568 kommend in den Kreisverkehr einfuhr. Dementsprechend betrug der Abstand des Anzeigers zum Fahrzeug der Berufungswerberin, als diese in den Kreisverkehr einfuhr, ca. 15 m bis 18 m. Für diese Fahrtstrecke benötigte der Anzeiger bei der von ihm angegebenen Geschwindigkeit ca. 2,5 sek. bis 3 sek. und in dieser Zeit konnte die Angezeigte ihr Fahrzeug bei einem normalen Fahrverhalten auf ca. 15 km/h beschleunigen, wobei sei dabei auch eine Strecke von 5 m bis 6 m zurücklegte. Es hätte also durchaus ausgereicht, wenn der Anzeiger zu jenem Zeitpunkt, als er das Einfahren der Berufungswerberin in den Kreisverkehr wahrnehmen konnte, seine Geschwindigkeit durch bloßes Wegnehmen von Gas reduziert hätte. Damit hat die Berufungswerberin – unter Zugrundelegung ihrer eigenen Angaben – den Anzeiger nicht zum unvermittelten Bremsen genötigt und damit auch keine Vorrangverletzung begangen.

 

Da – wie oben dargestellt – doch erhebliche Zweifel an der Schilderung des Anzeigers bestehen, konnte die der Berufungswerberin vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen werden. Es war daher ihrer Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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