Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-162680/4/Br/Ps

Linz, 21.11.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. P T, H, P, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Juni 2007, Zl. S-20580/06-3, zu Recht:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs.4 u. § 71 Abs.1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid des Polizeidirektors von Linz wurde der Antrag des Berufungswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, vom 25.05.2007, betreffend die in Rechtskraft erwachsene Strafverfügung vom 12.07.2006 und die dadurch bedingte Eintragung eines Vormerkdeliktes (§ 18 Abs.1 StVO iVm § 30a Abs.2 FSG), gestützt auf § 24 iVm § 71 Abs.1 Z1 AVG, als unbegründet abgewiesen.

 

1.1. Begründet wurde der abweisende Bescheid mit folgenden Ausführungen:

"Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG 1991 ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur mündlichen Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Verschuldens trifft.

 

Gemäß § 24 VStG 1991 ist diese Bestimmung im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden.

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Strafverfügung vom 12.6.2006 über Sie wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 18/1 iVm § 99/2c/4 StVO eine Geldstrafe von € 180,-, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden verhängt. Die Strafverfügung wurde am 14.7.2006 zugestellt und ist somit am 29.7.2006 in Rechtskraft erwachsen.

 

Mit Schriftsatz vom 24.2.2006 (richtig wohl 25.5.2007) brachten Sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung (in den vorigen Stand) ein. Begründend zitierten Sie einen Erlass des BMVIT 170.656/0032-II/ST4/2006, wonach Vormerkungen nur dann vorgenommen werden dürfen, wenn sich die Gefährlichkeit konkret ausgewirkt habe. Eine solche wäre nicht gegeben gewesen.

 

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen bewilligt werden. Da die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 AVG nicht vorliegen, musste spruchgemäß entschieden werden.

 

Dennoch darf zu Ihrer sachlichen Einwendung bemerkt werden, dass von Gesetzes wegen {§ 30a Abs. 2 Zi 5 FSG) Übertretungen des § 18 Abs. 1 StVO, sofern die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde und der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 Sekunden oder mehr aber weniger als 0,4 Sekunden betragen hat, vorzumerken sind. Eine konkrete Gefährdung ist nicht erforderlich."

 

2. Dem Bescheid tritt der Berufungswerber mit folgenden Ausführungen fristgerecht entgegen:

"Betr.: Berufung zum Bescheid Wiedereinsetzung vom 01.06.2007 betreffend Strafverfügung S 20.580/06-3 vom 12.Juli 2006

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich erhebe Einspruch gegen o.a. Bescheid ersuche ich um nochmalige Prüfung und Wiedereinsetzung und begründe dies wie folgt:

 

Die von Ihnen auf Seite 1 angegebene Begründung der Versäumung der Frist ist nach der mir bekannten Rechtsmeinung, nicht zielführend, da selbst bei zeitgerechtem Einspruch die Aussagen des lange nach der Strafverfügung begebenen Erlasses, also die Klärung zur bisher offensichtlich unterschiedlich gehandhabten Auslegung des §30a Abs.2, weder Ihnen noch mir bekannt sein konnte. Somit wäre damals ohnehin keine Änderung der Rechtsmeinung zu erwarten gewesen, also der Einspruch sinnlos gewesen.

 

Da also dieser Ergänzende Erlass" erst ca. ein halbes Jahr nach dem von mir begangenen Delikt (05.12.2006) begeben wurde, aber aus der Textierung meiner Ansicht nach klar hervorgeht, dass es sich um eine Klarstellung handelt, die Bezug auf den gesamten § 30a FSG nimmt, also bereits ab den Zeitpunkt der Begebung des §30a es so gemeint war und daher meiner Ansicht nach rückwirkend zu betrachten ist, ist die verstrichene Einspruchsfrist nicht zur Anwendung zu bringen. Daher mein ersuchen um Wiedereinsetzung und Prüfung meines Vorbringens in der o.a. Angelegenheit der Vormerkung.

 

Bezugnehmend auf Ihre Bemerkung zu meiner sachlichen Einwendung trifft die im Erlass festgestellte Meinung, dass Vormerkungen gemäß §30a FSG nur bei solchen Delikten nur dann vorgenommen werden dürfen, wenn sich die Gefährlichkeit konkret ausgewirkt hat, d.h. ein Unfall gerade noch vermieden worden ist, für den die von Ihnen zitierten §30a Abs.2 Zi5 FSG auch in Verbindung nach §18 Abs. 1 StVO zu, auch wenn die Übertretung mit technischen Messgeräten festgestellt wurde. Insbesondere deshalb, weil beide §§ zeitlich vor dem Erlass in Gültigkeit waren.

 

Für die Vormerkung der rechnerisch sich ergebende Zeit von 0,392 Sekunden Zeitdifferenz (also an der Obergrenze des von Ihnen genannten Bereiches) bei dem mir mitgeteilten Abstand von 11,0 m (die gemessene Zeitdifferenz wurde mir nicht mitgeteilt), ist jedenfalls meiner Ansicht nach, nun nachträglich auf Grund des Erlasses zu prüfen, ob die im Erlass angesprochene Gefährlichkeit gegeben war. Wie aus der Fotoserie erkenntlich, hat sich diese Gefährlichkeit jedenfalls nicht konkret ausgewirkt.

Es hat dort kein Bremsmanöver und daher in der Folge keine weiteren Auswirkungen gegeben.

 

Laut Erlass muss es also auch einen Bereich geben, bei dem mit der Strafbarkeit allein das Auslangen zu finden ist.

Für das Delikt an sich habe ich die Strafe zeitgerecht erlegt.

Meiner Ansicht nach wäre dieser Bereich bereits damals gegeben gewesen, wenn im Juni 2006 sowohl Sie als Behörde als auch ich als Betroffener in Kenntnis der vom Gesetzgeber gemäß Erlass im Dezember 2006 gemachten Klarstellungen gewesen wären.

Es ist daher niemand ein Versäumnis von Fristen vorzuwerfen.

Ich ersuche daher nochmals um Prüfung und verbleibe

 

mit freundlichen Grüßen" (mit Unterschriftsparaphe).

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bundespolizeidirektion Linz. Dem Berufungswerber wurde ergänzend mit h. Schreiben vom 20.11.2007 die Sach- u. Rechtslage dargestellt und ihm Gelegenheit, sich dazu zu äußern, eröffnet.

 

3.1. Aus der Aktenlage und der ergänzenden Beweiserhebung im Rahmen des Berufungsverfahrens gilt folgender Sachverhalt als erwiesen:

 

Dem Berufungswerber wurde die Strafverfügung vom 12.07.2006 wegen einer Übertretung des § 18 Abs.1 StVO (der Sicherheitsabstand wurde mit einem technischen Messgerät bei einer Fahrgeschwindigkeit von 101 km/h mit 11,00 Meter zum Vorderfahrzeug festgestellt)  zugestellt. Auch die Strafe in Höhe von 180 Euro dürfte laut Vermerk im Akt bereits im Juli 2006 bezahlt worden sein.

In der Strafverfügung war ein Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 30a Abs.2 und § 30b Abs.3 FSG aufgenommen.

Am 25.05.2007 brachte der Berufungswerber den Antrag auf Wiedereinsetzung dieses mit der o.a. Strafverfügung rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ein. Er verweist darin auf einen Erlass des BMVIT vom 05.12.2006. Gemäß dem Inhalt des Erlasses dürfe die ihm zur Last gelegte Übertretung zu keiner Vormerkung führen.

 

In einer ergänzenden Mitteilung an den Oö. Verwaltungssenat vom 21.11.2007 übermittelte der Berufungswerber den besagten Erlass des BMVIT und erklärt abermals, nicht den Schuldspruch, sondern lediglich die Vormerkung, zu welcher es im Sinne dieses Erlasses nicht kommen dürfte bzw. hätte dürfen, anzufechten.

Erklärend zu bemerken ist an dieser Stelle, dass sich der Erlass in dem vom Berufungswerber relevierten Punkt nur auf Übertretungen des § 102 Abs.1 des KFG 1967 (Ladungssicherung u. techn. Mängel) bezieht. Von § 18 Abs.1 StVO 1960 ist darin nicht die Rede.

 

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

§ 71 Abs.1 AVG:
Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
  1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert  war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer  Grad des Versehens trifft, oder
  2. die Partei, die die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig  sei.

………

Nach Abs.3 leg.cit. hat im Fall der Versäumung einer Frist die Partei die versäumte Handlung gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag  nachzuholen.
 
4.1. Der vom Berufungswerber hier im Ergebnis ins Treffen geführte Irrtum über die mit dem Vormerksystem verbundenen Rechtsfolgen hätte er schon durch eine vollständige Lektüre der Rechtsbelehrung zu vermeiden vermocht (vgl. VwGH 18.10.2004, 2004/17/0152).
Ein fehlendes Verschulden kann in der Säumigkeit der Bekämpfung des Schuldspruches daher nicht erblickt werden (vgl. dazu VwGH 24.2.2006, 2005/12/0237 mwN).

In der vom Berufungswerber vermeinten Auslegung des Erlasses ist ebenfalls ein Wiedereinsetzungsgrund nicht  begründet. Abgesehen davon, könnte der Inhalt eines Erlasses nicht dem Gesetz (Führerscheingesetz) derogieren und  – offenbar in Verkennung des Inhaltes dieses Erlasses – ist darin auch nichts enthalten, was dem § 30 Abs.2 Z5 leg.cit. in Verbindung mit einer Übertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960  und einem technisch gemessenen Nachfahrabstand von unter 0,4 und über 0,2 Sekunden als sogenanntes Vormerkdelikt definiert, dagegen spräche. Diese Bestimmung normiert ein solches Verhalten als vormerkwürdig und ex lege als gefährlich. Aus zahlreichen vergleichbaren Verfahren ist bekannt, dass bei einem derartigen Abstand auf ein plötzliches Abbremsen nicht mehr wirkungsvoll reagiert werden kann. Darin sieht der Gesetzgeber offenbar die Gefährlichkeit einer Abstandsverkürzung, wobei unter 0,2 Sekunden Abstandsunterschreitung die Verkehrszuverlässigkeit iSd § 7 Abs.3 Z3 FSG weggefallen gilt, sodass dies einen Entzugsgrund von zumindest drei Monaten bildet.

 

4.2. Daher kann ausschließlich mit der Bekämpfung des Schuldspruches auch das Vormerkdelikt bekämpft werden. Ein gesondertes Rechtsmittel – abgesehen von einem Gesetzesprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof – ist diesem System fremd.

Der Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr.  B l e i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum