Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222107/2/Kl/Pe

Linz, 28.11.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn A S, vertreten durch Rechtsanwalts-Partnerschaft S – K – S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 26.9.2006, Ge-692/06, wegen einer Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 26.9.2006, Ge-692/06, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z25 GewO 1994 iVm Punkt I.14 des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 27.2.2006 (Zl. GeBA-40/04) verhängt, weil er als Gewerbeinhaber der Firma A S in, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten hat, dass

1.        die Türe der weiteren Betriebsstätte o.a. Firma in (Imbissstube), zumindest am 23.5.2006 um 18.15 Uhr aufgespreizt und somit festgestellt war. Dies stellt eine Übertretung des Punktes I.14 des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 27.2.2006 (Zl. GeBA-40/04) dar, in welchem als Auflage vorgeschrieben wurde: „Das Feststellen der Tür zu Lüftungszwecken ist nicht zulässig.“ Die Nichteinhaltung o.a. Bescheidauflage o.a. Bescheides stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar,

2.        die Türe der weiteren Betriebsstätte o.a. Firma in (Imbissstube), zumindest am 24.5.2006 um 17.15 Uhr aufgespreizt und somit festgestellt war. Dies stellt eine Übertretung des Punktes I.14 des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 27.2.2006 (Zl. GeBA-40/04) dar, in welchem als Auflage vorgeschrieben wurde: „Das Feststellen der Tür zu Lüftungszwecken ist nicht zulässig.“ Die Nichteinhaltung o.a. Bescheidauflage o.a. Bescheides stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar,

3.        die Türe der weiteren Betriebsstätte o.a. Firma in (Imbissstube), zumindest am 25.5.2006 in der Zeit von 18.30 Uhr bis 18.45 Uhr aufgespreizt und somit festgestellt war. Dies stellt eine Übertretung des Punktes I.14 des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 27.2.2006 (Zl. GeBA-40/04) dar, in welchem als Auflage vorgeschrieben wurde: „Das Feststellen der Tür zu Lüftungszwecken ist nicht zulässig.“ Die Nichteinhaltung o.a. Bescheidauflage o.a. Bescheides stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar,

4.        die Türe der weiteren Betriebsstätte o.a. Firma in (Imbissstube), zumindest am 26.5.2006 um 10.10 Uhr aufgespreizt und somit festgestellt war. Dies stellt eine Übertretung des Punktes I.14 des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 27.2.2006 (Zl. GeBA-40/04) dar, in welchem als Auflage vorgeschrieben wurde: „Das Feststellen der Tür zu Lüftungszwecken ist nicht zulässig.“ Die Nichteinhaltung o.a. Bescheidauflage o.a. Bescheides stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar,

5.        die Türe der weiteren Betriebsstätte o.a. Firma in (Imbissstube), zumindest am 11.6.2006 um 15.15 Uhr aufgespreizt und somit festgestellt war. Dies stellt eine Übertretung des Punktes I.14 des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 27.2.2006 (Zl. GeBA-40/04) dar, in welchem als Auflage vorgeschrieben wurde: „Das Feststellen der Tür zu Lüftungszwecken ist nicht zulässig.“ Die Nichteinhaltung o.a. Bescheidauflage o.a. Bescheides stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar,

6.        die Türe der weiteren Betriebsstätte o.a. Firma in (Imbissstube), zumindest am 12.6.2006 um 17.30 Uhr aufgespreizt und somit festgestellt war. Dies stellt eine Übertretung des Punktes I.14 des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 27.2.2006 (Zl. GeBA-40/04) dar, in welchem als Auflage vorgeschrieben wurde: „Das Feststellen der Tür zu Lüftungszwecken ist nicht zulässig.“ Die Nichteinhaltung o.a. Bescheidauflage o.a. Bescheides stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung dar.

Gegenständliche Tatbestände, welche ein fortgesetztes Delikt bilden, stellen eine Übertretung der Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 dar.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und der Bescheid seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschuldigte bereits mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 24.7.2006 zu Ge‑450/06 wegen Nichteinhaltung der Bescheidauflagenpunkte I.14 und I.15 des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 27.2.2006 für den Tatzeitraum 30.3.2006 bis 23.4.2006 bestraft wurde und dieses Straferkenntnis am 27.7.2006 zugestellt wurde. Sämtliche Einzeltathandlungen ab dem 24.4.2006 bis zum 27.7.2006 sind daher von diesem Straferkenntnis mit umfasst und dürfen nicht noch einmal bestraft werden, sodass ein Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot vorliegt. Mit diesem Sachverhalt war sowohl die Erstbehörde als auch der UVS bereits mehrfach konfrontiert und wird daher die Beischaffung der Akten beantragt. Es ist daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Steyr hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 367 Z25 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs.1 oder § 84d Abs.7 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 367 Z25 GewO 1994 um ein fortgesetztes Delikt. Unter einem fortgesetzten Delikt versteht man eine Mehrheit von an sich selbständigen, nach einander gesetzten Handlungen, deren jede für sich den Tatbestand des selben Delikts erfüllt. Sie ist durch ein gemeinsames Band zu einer rechtlichen Einheit verbunden und wird rechtlich als ein einziges Delikt gehandelt. Alle Teilakte der Handlungsreihe stellen somit rechtlich nur eine einzige Handlung dar. Die Einzelhandlungen müssen in einem zeitlichen Zusammenhang stehen, wobei die einzelnen Handlungen nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen werden dürfen. Auch müssen die Einzelakte von einem vorgefassten einheitlichen Willensentschluss, von einem sogenannten Gesamtvorsatz getragen sein.

 

Im Fall eines fortgesetzten Deliktes sind durch die Bescheiderlassung alle bis dahin erfolgten Einzelakte abgegolten, mögen sie auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt gewesen sein. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses durch die Behörde erster Instanz. Setzt der Täter nach diesem Zeitpunkt die verpönte Tätigkeit fort, so darf die neuerliche Bestrafung nur die nach der letzten Bestrafung gesetzten Tathandlungen umfassen (VwGH 18.3.1998, 96/09/0339, 15.3.2000, 99/09/0219). Ein Straferkenntnis ist erst zum Zeitpunkt der Zustellung als gefällt anzusehen, weshalb eine Bestrafung - im Zusammenhang mit dem Vorliegen eines fortgesetzten Deliktes - ungeachtet der Anführung eines vorher endenden Tatzeitraumes im Spruch des Straferkenntnisses auch die bis dahin erfolgten Einzeltathandlungen erfasst (VwGH 10.4.1987, 86/04/0170).

 

Es stellt daher einen Verstoß gegen das Verbot der mehrfachen Bestrafung dar, wenn der Täter noch vor der Erlassung des Straferkenntnisses (Zustellung des Straferkenntnisses) wegen Einzeltathandlungen, die zwar außerhalb des vorgeworfenen Tatzeitraumes, aber noch vor dem Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses liegen, noch einmal mit einem gesonderten Straferkenntnis bestraft wird.

 

Gegen dieses Verbot wurde mit gegenständlichem Straferkenntnis verstoßen. Bereits mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 24.7.2006, Ge‑450/06, wurde der Berufungswerber wegen Nichteinhaltung des Bescheidauflagepunktes I.14 des Bescheides des Magistrates der Stadt Steyr vom 27.2.2006 für den Tatzeitraum 1.4.2006 bis 23.4.2006 bestraft. Dieses Straferkenntnis wurde am 27.7.2006 zugestellt, sodass daher sämtliche Einzeltathandlungen ab dem 24.4.2006 bis zur Erlassung des Straferkenntnisses mit Zustellung des Straferkenntnisses am 27.7.2006 mit umfasst sind und nach der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht noch einmal bestraft werden dürfen.

 

Das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 26.9.2006 beinhaltet eine Einzeltathandlung innerhalb des Zeitraumes der Erfassungswirkung des Straferkenntnisses vom 24.7.2006, nämlich Tatzeitpunkte am 23.5., 24.5., 25.5., 26.5., 11.6. und 12.6.2006. Diese Tatzeitpunkte sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – weil noch vor der Zustellung des Erkenntnisses vom 24.7.2006 – mit umfasst, wenngleich auch diese Tatzeitpunkte im genannten Straferkenntnis nicht mehr ausdrücklich angeführt sind. Es verstößt daher das nunmehr angefochtene Straferkenntnis gegen das Doppelbestrafungsverbot und war das Straferkenntnis daher aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

Im Übrigen wurde bereits das Straferkenntnis zu Ge-619/06 aufgehoben, weil der dort genannte Tatzeitraum vom 15.5. bis 25.5.2006 vom Straferkenntnis vom 24.7.2006, Ge-450/06, mit umfasst ist.

 

Schließlich wird auf die diesbezüglichen Erkenntnisse des Oö. Verwaltungssenates zu VwSen-222099/8/Kl/Pe, VwSen-222100/8/Kl/Pe und VwSen-222102/8/Kl/Pe hingewiesen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

fortgesetztes Delikt, Erfassungswirkung

 

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