Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161991/21/Bi/Se

Linz, 07.12.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn DI G P, L, vertreten durch Herrn RA Dr. A P, L, vom 24. Jänner 2007 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 10. Jänner 2007, S-25711/06-VS, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 29. November 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrens­kostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 1.Alt. und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen  Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 17 Abs.1 iVm 15 Abs.4 und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 2) §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 3) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs 3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 50 Euro (24 Stunden EFS), 2) 150 Euro (3 Tagen EFS) und 3) 90 Euro (42 Stunden EFS) verhängt, weil er am 14. Juli 2006, 12.00 Uhr, in Linz, den Kombi, Kz ...., gelenkt und 1) beim Vorbeifahren an einem anderen Fahrzeug nicht einen der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand vom Fahrzeug, an dem er vorbeigefahren sei, eingehalten habe, da er einen verkehrsbedingt anhal­tenden Pkw gestreift habe, 2) es als Lenker dieses Kfz unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammen­­­hang gestanden sei, sein Fahrzeug sofort anzuhalten, 3) es als Lenker dieses Kfz unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammen­­hang gestanden sei, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit der Unfallsbeteiligten (Unfallge­schädigten) unterblieben sei.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 29 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 29. November 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters RA Dr. A P, des Vertreters der Erstinstanz M A, der Zeugen Meldungsleger GI F R (Ml) und B E-A (EA) sowie des technischen Amtssachverständigen Ing R H durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3.  Der Bw macht im Wesentlichen geltend, selbst wenn zwei Schäden in der Höhe miteinander korrespondierten, bedeute das noch nicht, dass beide Schäden durch das selbe Schadensereignis entstanden seien. Sein Beweisantrag, sein ganzes Fahr­­zeug auf Schäden zu untersuchen, sei zumindest abstrakt geeignet gewesen, die Richtigkeit seines Vorbringens zu beweisen, ebenso sein Antrag auf Ergänzung des SV-Gutachtens. Damit hätte bewiesen werden können, dass die am anderen Fahrzeug ersichtlichen Schäden nicht durch das von ihm gelenkte Fahrzeug verur­sacht worden sein können.

Es sei nicht seine Aufgabe, Zweifel an der Richtigkeit des offenbar von vornherein angenommenen Sachverhalts zu wecken. Die Behörde habe ihm vielmehr nachzu­weisen, dass er die angelasteten Handlungen auch tatsächlich begangen habe. Die Unfallschilderung der Zeugin, insbesondere von der Wucht der Kollision, sei nicht mit den tatsächlichen Schäden und dem SV-Gutachten, wonach kein Stoß entstanden sein könne, in Einklang zu bringen. Die Situierung der Schäden am Fahrzeug der Zeugin sei auch nicht mit dem geschilderten Unfallshergang und den Schäden am von ihm gelenkten Fahrzeug in Einklang zu bringen. Die Erstinstanz habe zum beurteilten Sachverhalt im Hinblick auf das Bemerkenmüssen einer Kollision über­haupt keine Feststellungen getroffen, sodass der grundsätzlich richtige Hinweis auf die Judikatur diesbezüglich nicht geeignet sei, seine Verurteilung zu rechtfertigen.

Beantragt wird Verfahrenseinstellung nach mündlicher Verhandlung und Aufnahme der beantragten Beweise.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört, die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden, ein Orts­augen­schein an der genannten Örtlichkeit. durchgeführt und ein SV-Gutachten zur Frage der Nachvollziehbarkeit der Angaben der Zeugin EA zum Unfallshergang erstellt wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Zeugin EA lenkte nach eigenen Angaben am 14. Juli 2006 gegen 12.00 Uhr den Pkw ...., einen 8 Jahre alten roten Nissan A, vom Pöstling­berg (Hagen­straße) kommend in der Brennerstraße Richtung Auberg, wobei sie ihre beiden kleinen Kinder im Fahrzeug hatte. Im bergauf führenden Teil beim Haus Brenner­straße 2 befindet sich rechts eine Hauszufahrt, in der der ansonsten 8-10 cm hohe Gehsteig auf 3 cm abge­schrägt ist. Als der Zeugin von oben Fahrzeug entgegen­kamen, wich sie so auf den Gehsteig aus, dass sie den einzigen verbleibenden Fahrstreifen – links waren Fahrzeuge geparkt – freimachte, jedoch mit beiden linken Rädern auf der Fahrbahn stand.

Nach ihren Aussagen habe sich hinter ihrem der Pkw des Bw befunden, der ihr schon vorher beim Bergab­fahren auf der Hagenstraße wegen eines geringen Abstandes aufgefallen sei. Dieser Pkw sei hinter ihr in geringem Abstand zum Nissan ebenfalls auf den Gehsteig ausgewichen, möglicherweise etwas weiter mit den linken Rädern auf der Fahrbahn. Als der Gegenverkehr passiert gehabt habe, habe sie wegfahren wollen, als erneut ein Pkw bergab gekommen sei, sodass sie erneut warten habe müssen, worauf der Lenker hinter ihr ungeduldige Hand­zeichen gegeben habe. Daraufhin habe sie ihm ein Zeichen gegeben, nach ihren Angaben mit der Bedeutung, "wenn er es besser könne, solle doch er fahren", was dieser auch getan habe. Die Zeugin schilderte in der Verhandlung, sie habe im Innenspiegel gesehen, dass der Bw daraufhin nach links gelenkt habe, wobei er sich aufgerichtet habe, ihrer Ansicht nach um zu sehen, dass er an der linken Stoßstangenecke ihres Pkw vorbeikomme. Das sei auch gut gegangen und er sei weitergefahren, jedoch habe sie plötzlich ein Geräusch gehört, "als ob etwas angeschlagen hätte", und ihre kleine Tochter habe "bum" gesagt. Der Bw sei im Schritttempo weitergefahren – dabei habe sie gesehen, dass sich auch ein Kind im Fahrzeug des Bw befunden habe – und habe nicht reagiert, als sie ihm Zeichen gegeben habe, er möge stehenbleiben. Sie habe sich daraufhin das Kennzeichen gemerkt, sei ausgestiegen und habe links hinten Schleifspuren an der lackierten Stoßstange des Nissan gefunden. Daraufhin sei sie sofort zum VUK gefahren, wo der Ml die von der Zeugin gezeigten Lackschäden links hinten am Nissan fotografiert habe.

 

Der Ml bestätigte in der Verhandlung, er habe (nur) die von der Zeugin genannten Schäden, nachdem er den regennassen Pkw in diesem Bereich abgewischt habe, fotografiert. Der Nissan habe insgesamt einen gepflegten Eindruck gemacht, er habe den Pkw aber nicht als Ganzes näher untersucht und die Zeugin habe auch nicht gesagt, wo der andere Pkw Schäden haben müsste. 

Am nächsten Tag besichtigte der Ml den Pkw des Bw, einen dunkelblauen Audi 80, vor dessen Garage, da sich der Bw beim Telefonanruf geweigert habe, mit seinem Pkw zum VUK zu kommen – der Bw hat ausgeführt, der Ml habe ihn beschuldigt, unrechtmäßig überholt zu haben, was in der Brennerstraße unmöglich sei; außer­dem habe er sich an so einen Vorfall nicht erinnern können und sein 13 Jahre alter Pkw habe viele Lackschäden, auch rote Abriebe von den Fahrrädern seiner Kinder, sowie Schäden an der Kunststoffstoßstange, weil er öfters an der Garagenmauer anfahre.  

Als der Ml am Tag nach dem Vorfall zum Bw kam, besichtigte er dessen Pkw, fand in der Höhe der Schäden am Pkw EA, das ist der Bereich zwischen 50 und 53 cm, sowohl Schleif- bzw Abriebspuren am Kunststoffteil der Stoßstange rechts vorne als auch Lackspuren am anschließenden Lackteil zum Radkasten, wobei auch ein Kratzer mit rotem Lackabrieb zu erkennen war. Die vom Ml nach der Vorfalls­schilderung des Zeugin EA für schlüssig befundenen Schäden an beiden Fahr­zeugen sind durch Fotos mit angehaltenem Messstab dokumentiert.

Der Ml schilderte in der Verhandlung, er habe den Pkw des Bw im Freien besichtigt und der Bw habe ihn auf umfassende Schäden am gesamten Fahrzeug hingewiesen und etwas vom Anstreifen an der Mauer gesagt, aber nichts von roten Kinderfahr­rädern. Er habe nur die Schäden fotografiert, die mit dem Schaden am Pkw EA korrespondiert hätten; die anderen habe er trotz entsprechendem Hinweis des Bw nicht fotografiert, weil sie ihm nach der Schilderung der Zeugin EA für den ggst Vorfall irrelevant erschienen seien.

In der Verhandlung führte der Ml aus, er habe die Schleifspuren am Kunststoffteil der Stoßstange des Audi als Streifspuren von einer Garagenmauer zugeordnet, aber der Audi habe eine rote Lackspur aufgewiesen, die mit einem Kratzer an der Stoßstan­gen­­kante des Pkw EA der Höhe nach übereingestimmt habe.    

 

Der Bw betonte in der Verhandlung, er könne sich damals wie heute an einen Vorfall, wie von der Zeugin geschildert, überhaupt nicht erinnern, zumal er diese Strecke, die sich in der Nähe seiner Wohnung befindet, bis zu 4mal täglich befahre und die Situation bei Gegen­verkehr dort immer schwierig sei. Er schloss nicht aus, dass es dort zu einer engen Situation beim Ausweichen gekommen sei, und die festgestellten Schäden befänden sich auch in gleicher Höhe, was aber nicht bedeute, dass er den Schaden am Pkw EA verursacht habe. Er sei jedenfalls nicht am Pkw EA angefahren und habe auch keine Fahrerflucht begangen. Eine Konstellation, dass die linke hintere Stoßstangen­ecke des Pkw EA unbeschädigt sei, sich aber daran anschlie­ßend Lackschäden befänden, sei für ihn aus der Ausweichsituation heraus nicht vorstellbar.     

 

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde in Anwesenheit des SV ein Ortsaugenschein an der von der Zeugin genannten Ausweichstelle beim Haus Brennerstraße 2 durchgeführt. Die Schilderung der bei der Besichti­gung nicht mehr anwesenden Zeugin vom Aus­weichen wegen Gegenverkehr mit nur einer verblei­benden Fahrspur ist von der Örtlichkeit her völlig nachvoll­ziehbar, ebenso, dass beim Ausweichen auf den Gehsteig die linken Räder beider Pkw auf der Fahrbahn standen.

 

Der Sachverständige Ing. Hagen hat angesichts der örtlichen Verhältnisse ausge­führt, eine einzige Konstellation sei denkbar, die ein Nachvollziehen der Zeugen­angaben ermögliche, nämlich wenn der Pkw EA nicht parallel zum Fahrbahnrand sondern in einem Winkel von 5-6 Grad mit der Front Richtung Fahrbahn gestanden sei, gehe sich ein Streifen durch den Audi aus, wobei das Schadensbild aber nur dann schlüssig sei, wenn der Audi in diesem Moment parallel zum Nissan gefahren sei; für das Erreichen einer solche Position sei ein Weg von einem halben Meter beim Auslenken ausreichend.

Die Schäden wurden in der Verhandlung im Negativbild angesehen, um Verfälschungen durch glänzen­den Lack zu vermeiden. Dabei lässt sich ersehen, dass der damals 13 Jahre alte Audi ebenso wie der damals 8 Jahre alte Nissan "Gebrauchsspuren" aufwiesen, wobei daraus auch die Erklärung der Schleifspuren am Pkw des Bw durch Streifen am Putz der Garagen­wand absolut glaubhaft ist. Am Audi waren zwischen Radkasten und Kunststoff­teil der Stoßstange vier unter­einander liegende Kratzer zu sehen, von denen die zwei unteren vom SV eindeutig als Spuren von Steinschlägen qualifiziert wurden. Der Kratzer in Höhe von 53 cm weist zweifelsfrei eine rote Lackspur auf, wobei nach den Ausführ­ungen des SV eine sichere Zuordnung zum Lack des Nissan nur durch eine Lackauswertung möglich wäre.     

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates sind die Schilderungen des Bw vom Zustand seines 13 Jahre alten Pkw auch auf der Grundlage der Zeugen­aus­sagen des Ml glaubhaft. Der Pkw weist eindeutige "Gebrauchsspuren" auf, lediglich die Lackspur wäre relevant für die Beurteilung des Tatvorwurfs. Die Aussage des Bw, er könne sich nicht an einen solchen Vorfall erinnern und ihm sei nichts besonderes aufgefallen, zumal er auch täglich mehrmals dort fahre, ist insofern glaubwürdig, als dort bei Gegenverkehr praktisch ständig teils haar­sträubende Ausweichmanöver erforderlich sind, nicht zuletzt weil die tatsäch­lich nur einen einzigen Fahrstreifen für den fließenden Verkehr (der andere ist erfahrungs­gemäß immer verparkt) aufweisende, aber nicht als Einbahn geführte Brennerstraße für den Durchzugsverkehr nun einmal nicht geeignet ist, aber von vielen Nichtlinzern, die eigentlich auf den Pöstlingberg wollen oder von dort kommen (wie auch die Zeugin EA, die nach eigenen Angaben auf dem Weg zur Donaulände war, was den Umweg über die Brennerstraße und den Auberg völlig unerklärlich macht), als "Schleichweg" zur Vermeidung von Wartezeiten in der Rudolfstraße benutzt wird. 

 

Die Zeugin EA, die im Hinblick auf die Schadensbereinigung nicht als unvoreinge­nommen angesehen werden kann, machte in der Verhandlung einen etwas "übervor­sichtigen" Eindruck, zum einen wegen des "garagengepflegten Pensionistenautos", das aller­dings bereits 8 Jahre alt war und nach den Ausführungen des SV nach den Negativbildern eben­falls "Gebrauchsspuren" aufwies und zum andern wegen ihrer doch eher überzogen anmutenden Abstandsbedenken im Hinblick auf den bereits auf der Hagenstraße hinter ihr fahrenden Bw. Dass der Bw, wenn sich der Vorfall so ereignet haben sollte, wie sie ihn schildert, nicht so dicht hinter ihrem Pkw auf den Gehsteig ausgewichen sein kann, ergibt sich daraus, dass er dann wohl nicht in einem Zug auf die Fahrbahn der Brennerstraße hinausfahren hätte können – davon dass er ein Stück zurückge­fahren wäre, war nie die Rede.

Die Zeugin EA hat ausdrücklich betont, sie habe den Vorfall nur im Innenspiegel gesehen und sie habe ein Geräusch gehört, "als ob etwas angeschlagen hätte", dann habe ihre kleine Tochter "bum" gesagt. Wäre der Vorfall so passiert, wie dem Bw zur Last gelegt wurde, hätte die Zeugin im linken Außenspiegel den Grund für das "Anschlagen" geradezu mitverfolgen können, zumal ihre alleinige Aufmerk­samkeit zu diesem Zeitpunkt ausschließlich auf den Pkw des Bw gerichtet war. Sie hat aber aus­drücklich verneint, einen Anstoß gesehen zu haben. Dass das "Anschlagen" auch von einem der beiden mitfahrenden Kinder verursacht worden sein könnte und das "bum" der Tochter darauf bezogen war, ist jedenfalls nicht auszuschließen. 

 

Nach den Ausführungen des SV ist die für eine solche Berührung zweier Fahrzeuge wie die dem Bw zur Last gelegte, nämlich dass es bei einem solchen Vorbeifahren nicht zu einer Streifung der Stoßstangenecken mit entsprechenden Schadensbildern kommt, sondern an den Stoßstangenecken kein Kratzer entstanden ist, wohl aber bei beiden Fahrzeugen am seitlichen Ende der jeweiligen Stoßstangen, erforderlich, dass sich beide Fahrzeuge genau in diesem Moment in einer Position parallel zueinander befinden und der Pkw der Bw 5 bis 6 Grad mit der Front nach links steht. Dass der Pkw der Zeugin, wenn sie wegfahren wollte, sich dann aber zum Abwarten erneuten Gegenverkehrs entschlossen hat, vielleicht nicht mehr exakt parallel zum Gehsteig stand, ist möglich. Die Zeugin hat aber nicht ausgesagt, dass sie bereits mit dem Wegfahren begonnen hätte und wieder stehengeblieben wäre; sie sei weiter stehengeblieben. Wenn der Bw am Pkw des Zeugin vorbeifuhr, wobei der Pkw EA (aus der Örtlichkeit nachvollzieh­bar) annähernd zu 2/3 auf dem Gehsteig stand, blieb ihm nur ein Fahrstreifen, nämlich der ihm zunächst liegende, um die Fahrt in der Brennerstraße fortsetzen zu können, sodass ein relativ enges Einschlagmanöver nachvollziehbar ist, insbeson­dere, wenn gegenüber ein Fahrzeug in einem groß­zügigeren Abstand zum Rand­stein geparkt war. Der Bw musste aber, um am Pkw EA vorbeizukommen, nach links auslenken, sodass er von der Fahrlinien her  nicht in eine Position parallel zum Pkw EA gelangen konnte, wenn er nicht (zB wegen Gegenverkehr) gezwungen war, sofort wieder möglichst weit rechts zu fahren. Dass der Bw aber ein Vorbeifahren trotz Gegenverkehr begonnen hätte, ist zum einen im Beweisverfahren nicht zutage getreten und auch aus logischen Überlegungen angesichts der dortigen Platzver­hältnisse weitgehend auszuschließen, sodass es auch nicht erforderlich war, möglichst weit an den Pkw EA heranzufahren. Abgesehen davon würde es sich nach der Schilderung des Vorfalls durch die Zeugin um eine Streifung – speziell dann, wenn man die vom Ml bezeichneten Schäden am Pkw EA über mehrere Zentimeter bedenkt – handeln, die ein Geräusch "als ob etwas anschlagen würde" nicht wirklich schlüssig zu erklären vermag. Das "bum" des Kindes kann auch ganz andere Gründe gehabt haben.        

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist auf dieser Grundlage nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit der Schluss zu ziehen, dass der von der Zeugin geschilderte Sachverhalt sich auch tatsächlich so zugetragen hat, dass der Bw den von der Zeugin bezeichneten Kratzer mit rotem Lackabrieb verursacht hat – die Darstellung des Bw vom Anfahren an den Pkw mit den roten Kinderfahrrädern ist jedenfalls nicht unglaubwürdig, zumal ein aussage­kräftiges Gesamt­bild vom Audi nicht vorliegt, der Ml aber bestätigt hat, dass der Pkw einen "nicht so guten" Gesamteindruck machte und einige Schäden hatte und er in der Verhandlung rote Lackabriebe an anderen, nicht 53 cm hohen Stellen letztlich nicht ausschließen konnte – und daraus folgend, dass er einen von ihm tatsächlich verursachten Verkehrsunfall schuldhaft nicht bemerkt und nicht gemeldet hätte. Allein weil es nach den schlüssigen Überlegungen des SV eine mögliche Variante von der Position beider Fahrzeuge zueinander gibt, die zwar vorhandene aber zeitlich nicht zuzuordnende Schäden an den Stoßstangen­enden, nicht aber an den (viel lebenswahrschein­licheren) -ecken erklären könnten, kann nicht mit der notwendigen Sicherheit  geschlossen werden, der Bw habe diese zum in Rede stehenden Zeitpunkt verursacht. Ein Eingehen auf die Frage des Bemerkenmüssens bzw Nichtmeldens erübrigt sich damit.

 

In rechtlicher Hinsicht war daher im Zweifel zugunsten des Bw wegen Nicht­erweisbarkeit des Tatvorwurfs gemäß § 45 Abs.1 Z1 1.Alt. VStG spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenkostenbeiträge nicht vorzuschreiben waren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Einstellung des Verfahrens im Zweifel zugunsten des Beschuldigten aufgrund der Beweiswürdigung

 

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