Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550378/12/Kl/Rd/Sta VwSen-550379/5/Kl/Rd/Sta

Linz, 09.01.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über den Antrag der K L GmbH, vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft L, E & T, S, V, vom 30.11.2007 auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren der Stadtgemeinde A-P betreffend das Vorhaben "Ankauf eines Kommunaltraktors mit Frontlader und Transportmulde"  zu Recht erkannt:

 

I.      Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung wird zurückgewiesen.

 

II.     Die Stadtgemeinde A-P wird verpflichtet, der K L GmbH die geleisteten Pauschalgebühren in Höhe von 1.200 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: §§ 1, 2, 3 und 5 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006 

zu II.: §  23 Abs.1 Oö. VergRSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit Eingabe vom 30.11.2007, beim Oö. Verwaltungssenat am 30.11.2007 nach Ende der Amtsstunden eingebracht, daher eingelangt am 3.12.2007, hat die K L GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 1.200 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben um einen Lieferauftrag im Unterschwellenbereich handelt. Entsprechend den Ausschreibungsunterlagen (kurz: AU) haben ua alle Preise auch die Montagekosten zu beinhalten und seien die Bieter bis zur Zuschlagsfrist (4 Monate) an ihr Angebot gebunden. Alternativangebote sowie Teilangebote seien nicht zulässig. Laut AU habe der Lieferant auf das gesamte Fahrzeug, Ausrüstung usw eine Gewährleistungsfrist von 2.500 Betriebsstunden zu gewähren, wobei auch sämtliche Mängel am Fahrzeug innerhalb der Gewährleistungsfrist für den Eigentümer/Besitzer kostenlos zu beheben seien.  Im Übrigen habe der Auftragnehmer die Vertragswerkstätte, welche sich in unmittelbarer Nähe des Einsatzortes befindet, anzugeben. Weiters enthalte die AU ein Leistungsverzeichnis, welches den Kommunaltraktor mit Frontlader und Transportmulde spezifiziere.

Die Vergabe erfolge anhand einer Bewertung nach Punkten. Dabei werden für das Kriterium Preis insgesamt 500 Punkte, für Synergien (Ausstattung, Funktionalität, Werkstatt, Ersatzteillagerung, geschultes Personal) insgesamt 450 Punkte, für Liefertermin insgesamt 80 Punkte, für Gewährleistung insgesamt 50 Punkte sowie Referenzen insgesamt 20 Punkte vergeben.

Eine Gewichtung der 5 Unterkategorien des Kriteriums Synergien sei den AU nicht zu entnehmen, sodass davon ausgegangen werden könne, dass die insgesamt 450 Punkte auf die jeweils 5 Unterkategorien gleichmäßig verteilt werden, sodass jede Unterkategorie jeweils insgesamt 50 Punkte (gemeint wohl: 90 Punkte) erhält.

Die Angebotsfrist endete am 19.11.2007 und habe die Antragstellerin fristgerecht ein Angebot gelegt.

Die Angebotsöffnung habe am 19.11.2007 stattgefunden und sei dabei festgestellt worden, dass lediglich zwei Angebote rechtzeitig eingelangt seien. Dabei handle es sich um das Angebot der Antragstellerin und um jenes der Fa. T-C Reg. GenmbH & Co KG.

Mit Schreiben vom 23.11.2007 sei der Antragstellerin bekannt gegeben worden, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der Fa. T-C Reg. GenmbH & Co KG mit einer Vergabesumme von 76.000 Euro, mit der Begründung, dass dieses in der Bewertungstabelle an erster Stelle gereiht sei, erteilen zu wollen. Ende der Stillhaltefrist sei der 1.12.2007. Eine darüber hinausgehende Begründung, insbesondere eine Bekanntgabe der für die Ablehnung des Angebots der Antragstellerin sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots, seien der Mitteilung nicht zu entnehmen.

 

Zum Interesse am Vertragsabschluss und drohenden Schaden wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin ein erfolgreiches Unternehmen für Landtechnik betreibe und ua über eine Werkstätte mit Ersatzteillager verfüge. Der Gesamtpreis des angebotenen Traktors samt Zubehör betrage 77.121 Euro und sei entsprechend der Ausschreibung eine Garantie/Gewährleistung für 2500 Betriebsstunden zugesagt worden. Die Antragstellerin sei die einzige ortsansässige Bieterin im gegenständlichen Vergabeverfahren und seien damit unmittelbar verbundene Vorteile verbunden und hätte dies bei der Kategorie Synergie berücksichtigt werden müssen. Die Antragstellerin sei am Erhalt des Zuschlages interessiert und drohe ein tatsächlicher Schaden bei Nichterhalt des Zuschlages. Der Antragstellerin seien bereits Kosten für die Zusammenstellung und Erstellung der Angebotsunterlagen sowie für die rechtliche Beratung und rechtsfreundliche Vertretung erwachsen. Im Übrigen drohe ein Deckungsbeitragsentgang in Höhe von ca 2.313,63 Euro. Zudem drohe der Verlust eines entsprechenden Werkstättenumsatzes und -ertrages und der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung bzw im Recht auf Zuschlagsentscheidung, auf Gleichbehandlung aller Bieter und gesetzmäßiger Durchführung des Vergabeverfahrens verletzt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit der Entscheidung bezeichnet die Antragstellerin, dass das Angebot der Zweitbieterin auszuscheiden gewesen wäre, da dieses nicht die Anforderungen des Ausschreibungsprofils vollinhaltlich erfülle. Es werde darauf hingewiesen, dass eine Garantie/Gewährleistung für 2 Jahre nicht der geforderten Garantie/Gewährleistung von 2500 Betriebsstunden entspreche. Aufgrund der der Antragstellerin vorliegenden Informationen sei auch nicht damit zu rechnen, dass der Traktor innerhalb von 2 Jahren eine Betriebsleistung von 2500 Betriebsstunden erreiche.

Im Übrigen brachte die Antragstellerin noch vor, dass die Vorwürfe, wonach die Komponenten des Traktors der Antragstellerin nicht langzeiterprobt seien sowie dass die Ausstattung und die Funktionalität des Traktors schlechter wären als jene der Zweitbieterin, unrichtig seien.               

Weiters sei auch die Punktevergabe im Vergabeverfahren nicht objektiv nachvollziehbar und sei insbesondere die Vergabe unter dem Kriterium Synergie weder nachvollziehbar, schlüssig noch objektiv überprüfbar.

 

Überdies wurde noch ausgeführt, dass die Entscheidung auch deshalb rechtswidrig sei, weil die Entscheidung offensichtlich aufgrund eines Schreibens der Zweitbieterin vom 15.10.2007 beeinflusst worden sei. Die Zweitbieterin habe mit diesem Schreiben versucht, außerhalb des standardisierten Vergabeverfahrens und Angebots "Stimmung" für das eigene Produkt zu machen, um sich im Vergabeverfahren Vorteile (vermeintliche Vorzüge des Produkts) zu verschaffen.

 

2.  Der Oö. Verwaltungssenat hat die Stadtgemeinde A-P als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt und wurden die Vergabe­unterlagen eingeholt. In ihrer Stellungnahme vom 4.12.2007 wurde von der Auftraggeberin die Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung beantragt.

Am 20.12.2007 teilte die Auftraggeberin dem Oö. Verwaltungssenat mit, dass die Zuschlagsentscheidung vom 23.11.2007 aufgehoben wurde und eine neuerliche Überprüfung der Angebote erfolgt.

Der Antragstellerin wurde im Rahmen des Parteiengehörs vom Oö. Verwaltungssenat die Aufhebung der Zuschlagsentscheidung seitens der Auftraggeberin mitgeteilt. Gleichzeitig wurde um Bekanntgabe dahingehend ersucht, ob aufgrund der Aufhebung der Zuschlagsentscheidung der Antrag auf Nichtigerklärung zurückgezogen wird. Mit Telefax vom 7.1.2008 wurde von der Antragstellerin mitgeteilt, dass der Antrag nicht zurückgezogen wird.  

 

3. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. VergRSG regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG kann ein Unternehmer bzw eine Unternehmerin bis zur Zuschlagsentscheidung bzw bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrags behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 5 Abs.2 Oö. VergRSG ist ein Nachprüfungsantrag jedenfalls unzulässig, wenn

1.         er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet,

2.         er nicht innerhalb der Fristen des § 4 gestellt wird oder

3.         er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt     wurde.

 

Gemäß § 2 Z16 lit.a sublit.dd BVergG 2006 stellt die Zuschlagsentscheidung in sonstigen Verfahren betreffend Lieferaufträgen eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar.

 

Die Zuschlagsentscheidung ist unter Zugrundelegung der Definition in § 2 Z48 BVergG 2006 als vorläufige Wissenserklärung iSe Nachricht über die Tatsache zu werten, an welchen Bieter die Erteilung des Zuschlags vorgesehen ist und enthält diese keine auf den Eintritt von Rechtsfolgen gerichtete Willenserklärung. Eine solche entfaltet somit keine Bindungswirkung und sind aus dieser auch keine zivilrechtlichen Ansprüche ableitbar. Eine Änderung oder Richtigstellung dieser Wissenserklärung durch den Auftraggeber ist daher bis zum Vertragsabschluss und damit bis zur Zuschlagserteilung zulässig (vgl. Möslinger-Gehmayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel Bundesvergabegesetz 2002 – Kommentar, RZ 79 zu § 166).

 

3.2. Der gegenständliche Antrag richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 23.11.2007. Diese Zuschlagsentscheidung wurde von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 20.12.2007 aufgehoben und somit zurückgenommen. Im Hinblick auf die obigen Ausführungen war dies zulässig. Andererseits bewirkt diese Zurücknahme, dass im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren die gesondert anfechtbare Entscheidung weggefallen ist und diese deswegen keinen zulässigen Anfechtungsgegenstand im Sinne des § 5 Abs.2 Oö. VergRSG mehr bilden kann. Der gegenständliche Antrag ist im Laufe des Nachprüfungsverfahrens durch die Aufhebung der Zuschlagsentscheidung unzulässig geworden, weshalb dieser zurückzuweisen war.   

 

4. Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Antragsteller bzw die Antragstellerin, der bzw die vor dem unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

 

Durch die Aufhebung der angefochtenen Zuschlagsentscheidung im laufenden Nachprüfungsverfahren durch die Auftraggeberin wurde der Antragsteller insofern klaglos gestellt. Im Sinne der Bestimmung des § 23 Abs.1 zweiter Satz Oö. VergRSG war daher der Antragstellerin der Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 1.200 Euro (800 Euro für den Nachprüfungsantrag und 400 Euro für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) zuzuerkennen.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 31,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Aufhebung der Zuschlagsentscheidung, Klaglosstellung