Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720168/2/WEIPs

Linz, 06.12.2007

 

 

B E S C H L U S S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Berufung des A K, geb., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H B, M, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 7. Juli 2004, Zl. IV-1008680/FP/04, betreffend ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot beschlossen:

 

I. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreichs ist zur Entscheidung über diese Berufung sachlich nicht zuständig.

 

II. Die Berufung wird an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich weitergeleitet.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 iVm. § 6 Abs 1 AVG.

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

1.1. Der Berufungswerber, ein türkischer Staatsangehöriger, hatte - wie aus dem vorgelegten Fremdenpolizeiakt ersichtlich ist - am 14. März 2001 einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft" in der Türkei gestellt und dabei als Ehegattin die Österreicherin B W und als beabsichtigten Wohnsitz L, G, angegeben. Auf Grund der in der Türkei erfolgten Eheschließung wurde ihm eine befristete Niederlassungsbewilligung zunächst mit Gültigkeit bis 4. April 2003 erteilt.

 

Der Berufungswerber arbeitete in W ab 21. Mai 2001 bei einer Firma S und ab 24. September 2001 bei der Firma B. Gemeldet war der Berufungswerber mit Hauptwohnsitz in L, H, vom 14. März 2002 bis 15. Mai 2002 und danach in W, L. Dort befindet sich die Firma J B, wo der Berufungswerber eine Firmenunterkunft hatte. Einen Nebenwohnsitz seit 26. September 2001 hatte er in W, S.

 

Frau B W wurde nach einem aktenkundigen Meldezettel mit dem 11. Dezember 2001 in L, H, vom Unterkunftgeber H S mit Hauptwohnsitz angemeldet. Dabei wurde als bisheriger Wohnsitz G in L angegeben.

 

1.2. Als der Berufungswerber dann eine Verlängerung der Niederlassungsbewilligung anstrebte, wurden fremdenpolizeiliche Überprüfungen veranlasst. Eine Wohnungsüberprüfung der Bundespolizeidirektion Linz ergab damals den Verdacht der fehlenden Lebensgemeinschaft und Scheinehe. Nach dem die Wohnung H in L betreffenden fremdenpolizeilichen Erhebungsbericht vom 20. März 2002 behauptete Frau B W noch, die Wochenenden mit ihrem Ehemann in W zu verbringen, konnte aber nicht einmal dessen dortige Adresse oder eine Beschreibung der Örtlichkeit angeben. Auch eine schlüssige Zuordnung von vorgefundenen Kleidungsstücken zu einer bestimmten männlichen Person war nicht möglich gewesen. Dem ergänzendem Bericht vom 31. März 2002 ist dann zu entnehmen, dass ein anderer Polizeibeamter schon viermal Nachschau gehalten und niemanden angetroffen hatte. J S, der Vater des Hauseigentümers und Unterkunftgebers gab gegenüber dem erhebenden Polizeibeamten an, dass ihm nicht bekannt wäre, dass bei Frau W ein Mann wohnte.

 

Bei seiner Einvernahme am 12. April 2002 durch die Bundespolizeidirektion Wels (Niederschrift vom 12.04.2002, Zl. IV-1003339/FRB) bestritt der Berufungswerber das Vorliegen einer Scheinehe und behauptete, dass er wegen seiner Arbeit unter der Woche in W wohne und am Wochenende bei seiner Frau in L wäre. Er räumte ein, dass er fast nicht Deutsch spreche und seine Frau nicht Türkisch, weshalb die Verständigung nicht optimal sei. Gemeinsame Freizeitaktivitäten konnte er ebenso wenig angeben wie österreichische Bekannte seiner Frau.

 

1.3. Bei der fremdenpolizeilichen Einvernahme der B W vom 14. Mai 2002 durch die Bundespolizeidirektion Linz (Niederschrift vom 14.05.2002, Zl. 1003339) gab diese als Zeugin zur Ehe befragt an, dass ihr jemand, den sie nicht nennen wollte und der von ihren Schulden wusste, den Bw als Ehegatten vermittelte. Am 8. März 2002 flog sie mit den Papieren zum Heiraten nach A. Den Flug hätte der Bekannte bezahlt und für die Kosten des Aufenthalts wäre der Berufungswerber aufgekommen. Am 13. März 2002 hätte sie den Berufungswerber vor dem Standesamt in S geheiratet. Bevor sie und der Bekannte nach Hause flogen, wäre noch ein Visum für den Berufungswerber bei der Botschaft in A beantragt worden. Dieser sei dann 2 bis 3 Wochen später nachgekommen, wobei ihn Verwandte in Wels aufgenommen hätten. Der Berufungswerber habe sie finanziell unterstützt und für die Wohnung in L, G, die Miete und ihren Unterhalt fürs Leben bezahlt. Seit die Zeugin in der H einzog, kümmerte sich der Berufungswerber nicht mehr um sie. Einen Geldbetrag für die Eheschließung habe sie aber nicht bekommen. Der Berufungswerber bestand auf einen Zweitschlüssel zur Wohnung, in der er zwei Mal übernachtete, als die Polizei aufmerksam geworden war und Kontrollen drohten. Die Zeugin habe bei einer Freundin geschlafen. Die Ehe sei nicht vollzogen worden, weshalb die Zeugin diese annullieren lassen wolle. Der Berufungswerber lebe in W und nicht in ehelicher Gemeinschaft bei der Zeugin in L.

 

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Landesgendarmeriekommando Oberösterreich vom 5. Dezember 2003, Zl. P 52/03 KA EB 11 (Ermittlungsbereich 11 Menschenhandel/Schlepperei), schilderte die unter Geldnöten leidende Frau W im Einzelnen, dass sie von ihrem Bekannten U Y zum Urlaub in die Türkei eingeladen und angeworben wurde, den Berufungswerber, mit dem sie sich nicht einmal richtig unterhalten konnte, zu heiraten. Ein unbekannter Anrufer hätte ihr sogar Geld für die Aufrechterhaltung der Ehe angeboten. Sie reichte aber die Scheidung ein und wurde am 25. November 2002 einvernehmlich geschieden. Im Nachhinein wäre der Zeugin bewusst, dass die Ehe nur dem Zweck diente, dem Berufungswerber einen Aufenthaltstitel für Österreich zu verschaffen. Sie hätte nie ein gemeinsames Eheleben geführt und die Ehe wäre auch nie vollzogen worden.

 

1.4. Ein am 25. November 2002 beim Magistrat Wels gestellter Verlängerungsantrag wurde nicht bewilligt, weil die Niederlassungsbehörde von einer Scheinehe ausging. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 7. Februar 2003, Zl. BZ-Auf-39-2002, teilte die Niederlassungsbehörde dies dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers mit. Sie verwies dabei nicht nur auf die Aussage der Zeugin W, sondern auch auf den Umstand, dass sich der Berufungswerber erst ein Jahr nach der Eheschließung in L anmeldete. Dass die Ehe nicht für nichtig erklärt wurde, könnte am Tatbestand der "Scheinehe" nichts ändern. Das Verfahren werde daher der Bundespolizeidirektion Wels zwecks Aufenthaltsbeendigung abgetreten.

 

1.5. In der Folge hat die Bundespolizeidirektion Wels mit Bescheid vom 7. Juli 2004, Zl. IV-1008680/FP/04, ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot auf der Grundlage des § 36 Abs 1 und Abs 2 Z 6 (Erschleichung der Einreise oder der Aufenthaltsberechtigung durch unrichtige Angaben über Zweck des Aufenthalts) und Abs 2 Z 9 Fremdengesetz 1997 (Scheinehe: Eheschließung ohne gemeinsames Familienleben und Leistung eines Vermögensvorteils dafür) gegen den Berufungswerber erlassen.

 

Gegen diesen dem Berufungswerber zu Händen seines Rechtsvertreters am 9. Juli 2004 zugestellten Bescheid hat dieser die vorliegende, am 23. Juli 2004 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung vom 22. Juli 2004 eingebracht. Diese wurde von der Erstbehörde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vorgelegt.

 

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für Oberösterreich vom 6. Oktober 2004, Zl. St 209/04, wurde der Berufung keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Nach Aufhebung des Berufungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (vgl Erkenntnis vom 13. März 2007, Zl. 2004/18/0341) hat die Sicherheitsdirektion mit Schreiben vom 7. Mai 2007 dem Oö. Verwaltungssenat ihren Verwaltungsakt "zur Berufungsentscheidung gemäß § 6 AVG" vorgelegt.

 

2. Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich er­wogen:

 

2.1. Nach der Verfassungsbestimmung des § 9 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 157/2005 (im Folgenden: FPG), entscheiden, sofern nicht anderes bestimmt ist, über Berufungen gegen Ent­scheidungen nach dem FPG im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und be­günstigten Drittstaatsangehörigen die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Län­dern, in allen anderen Fällen hingegen die Sicherheitsdirektionen (in letzter Instanz).

 

2.2. Gemäß der – aus verfassungsrechtlicher Sicht bedenklichen[1] – Legaldefinition des § 2 Abs. 4 Z. 8 FPG ist unter einem EWR-Bürger ein Fremder zu verstehen, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

 

Dieses EWR-Abkommen (BGBl. Nr. 909/1993 i.d.F. 566/1994, zuletzt geändert durch BGBl. III Nr. 53/2006) wurde zwar von zahlreichen Staaten und Staaten-gemeinschaften[2], nicht jedoch von jenem Staat, dessen Angehöriger der Rechts­mit­telwerber ist (Türkei), ratifiziert. Eine Zuständigkeit des Oö. Verwal­tungssenates nach § 9 Abs. 1 Z. 1 erste Alternative FPG scheidet daher – ebenso wie eine solche gemäß § 9 Abs. 1. Z. 1 zweite Alternative FPG ("Schweizer Bürger") – schon von vorn­herein aus.

 

2.3. Es bleibt daher zu untersuchen, ob der Berufungswerber als ein "Begünstigter Dritt­staatsangehöriger" i.S.d. § 9 Abs. 1 Z. 1 dritte Alternative i.V.m. § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG anzusehen ist.

 

2.3.1. Unter einem (bloßen) "Drittstaatsangehörigen" ist gemäß § 2 Abs. 4 Z. 10 FPG jeder Fremde, der nicht EWR-Bürger ist (vgl. FN 2), zu verstehen.

 

2.3.2. Nach § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG gelten dem gegenüber als "Begünstigte Dritt­staatsangehörige" solche Fremde, die zwar selbst nicht EWR-Bürger, aber entwe­der der Ehegatte oder (eigene) geradlinig Verwandte (bzw. geradlinig Verwandte des Ehegatten) eines EWR-Bürgers, eines Schweizer Bürgers oder eines Öster­reichers, der – soweit überhaupt möglich – sein Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat, sind. Hinsichtlich derartiger geradlinig Verwandter ist weiters inso­fern zu unterscheiden, als den in gerader absteigender Linie Verwandten dieser Status jeweils bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres (bzw. darüber hinaus, sofern ihnen tatsächlich Unterhalt gewährt wird) zukommt; den in gerader aufsteigender Linie Verwandten hingegen nur, sofern ihnen Unterhalt tatsächlich gewährt wird und ein solcher Drittstaatsangehöriger den freizügigkeits­berechtigten EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder Österreicher, von dem sich seine gemeinschaftsrechtliche Begünstigung herleitet, tatsächlich begleitet oder diesem nachzieht.

 

Um die Stellung eines "Begünstigten Drittstaatsangehörigen" erlangen zu können, muss der EWR-Bürger oder der Österreicher sein "Recht auf Freizügigkeit" in An­spruch genommen haben.

 

Nach § 2 Abs. 4 Z. 15 FPG ist unter "Recht auf Freizügigkeit"[3] das gemeinschaftliche Recht eines EWR-Bürgers, sich in Österreich niederzulassen, zu verstehen. Das "Recht auf Freizügigkeit" für einen Österreicher lässt sich aus dem Gemeinschafts­recht oder den - umgesetzten - nationalen Vorschriften jenes Staates entnehmen, in dem er sein Niederlassungsrecht in Anspruch nehmen möchte.

 

Nur jene EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen und sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufgehalten haben, sind unter den Vor­aussetzungen des § 51 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2006 (im Folgenden: NAG), zur Nie­derlassung berechtigt und als freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger anzu­sehen. Auch Österreicher müssen, um als Freizügigkeitsberechtigte betrachtet werden zu können, ihr Recht auf Freizügigkeit in einem von ihnen gewählten EWR-Mitgliedstaat in Anspruch genommen und sich dort entsprechend den umgesetzten nationalen Rechtsvorschriften länger als drei Monate aufgehalten und in der Folge niedergelas­sen haben. 

 

2.3.3. Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt geht hervor, dass der Berufungswerber bis zum 25. November 2002 (Scheidungstermin gem. § 55a EheG vor dem BG Linz zu 20 C 81/02) mit einer Österreicherin verheiratet war. Diese hatte ihr gemeinschaftsrechtliches Recht auf Freizügigkeit nie in Anspruch genommen. Der Berufungswerber war daher auch nie ein "Begünstigter Drittstaatsangehöriger" i.S.d. § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG[4].

 

Nach den durch die aktenkundigen Indizien gestützten, glaubhaften Angaben der Exgattin des Berufungswerbers handelte es sich bei der am 13. März 2001 in S eingegangenen Ehe um eine bloße "Scheinehe", die nur den Zweck hatte, dem Bw einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitsbewilligung in Österreich zu verschaffen. Nach seinen Angaben arbeitete er in Österreich bereits seit dem 21. Mai 2001.

 

Nach der Judikatur des EuGH kann sich der Berufungswerber nicht auf eine Rechtsposition nach dem Assoziationsrecht EU/Türkei berufen, weil er seinen Aufenthaltstitel durch Täuschung über den Zweck seines Aufenthalts unter Berufung auf eine Scheinehe erschlichen hatte und damit das Erfordernis der ordnungsgemäßen Beschäftigung nicht erfüllt (vgl dazu unter Punkt 3.1.)

 

2.3.4. Im Ergebnis ist daher – weil auf den vorliegenden Fall keine der dort angeführ­ten Alternativen zutrifft – eine Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates nach § 9 Abs. 1 Z. 1  FPG nicht gegeben; vielmehr fällt es nach dem in § 9 Abs. 1 Z. 2 FPG normierten Auffangtatbestand in die Kompetenz der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich, über die vorliegende Berufung zu entscheiden.

 

2.4. Aus allen diesen Gründen hatte der Oö. Verwaltungssenat daher – weil die ge­genständliche Berufung bereits an ihn weitergeleitet worden war (s.o., 1.4.) – in sinn­gemäßer Anwendung des § 66 Abs 4 iVm. § 6 Abs 1 AVG bescheidmäßig seine Unzuständigkeit festzustellen und das Rechtsmittel an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich weiterzuleiten (vgl. e contrario VwGH v. 30. Mai 1996, 94/05/0370 – verst. Senat).

 

3. Diesem Ergebnis kann auch nicht eine vermeintlich gegenteilige Judikatur des EuGH und des VwGH, die im Ergebnis eine auf dem sog. "Assoziationsrats­be­schluss"[5] basierende Stärkung der Rechtsstellung türkischer Staatsangehöriger zu bezwecken scheint, entgegen gehalten werden.

 

3.1. Der Beschluss des Assoziationsrates Nr. 1/80 vermittelt nämlich lediglich jenen türkischen Arbeitnehmern weitergehende Rechte auf Arbeit und Aufenthalt, die zu­vor den ersten Integrationsschritt eines rechtmäßigen Zugangs zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaats vollzogen haben. Hingegen ist damit ein allgemeines Zuzugs­recht eines türkischen Arbeitnehmers aus seinem Heimatstaat in die Gemeinschaft nicht verbunden. Der genannte Beschluss lässt vielmehr die Kompetenz der Mit­gliedsstaaten, über die Einreise bzw. die erstmalige Erteilung einer Arbeits- und Auf­enthaltserlaubnis autonom zu befinden, grundsätzlich unbe­rührt (stRsp des EuGH, vgl. z.B. im Fall Günaydin, 30. September 1997, Rs C-36/96, Rz 36 bis 38, und im Fall Birden, 26. November 1998, Rs C-1/97, Rz 37; s.a. Feik, Das Aufenthaltsrecht türkischer Arbeitnehmer, ZfV 1995, 8, mwN; Akyürek, Das Assoziationsabkommen EWG–Türkei, Wien 2005, 47 f;).

 

Im Urteil vom 7. Juli 2005, C-383/03 (Fall Dogan), Rz 13, hat der EuGH ausdrücklich darauf hingewiesen, "dass sich aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 ergibt, dass ..... ein türkischer Arbeitnehmer, der rechtmäßig in das Ho­heitsgebiet eines Mitgliedstaates eingereist ist und dort die Erlaubnis erhalten hat, eine Beschäftigung auszuüben, seine Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat ausüben kann".  

 

Die Zugehörigkeit zum "regulären Arbeitsmarkt" setzt daher eine rechtmäßige (lega­le) Beschäftigung voraus (vgl. nochmals EuGH vom 26. November 1998, Rs C‑1/97 [Fall Birden], Rz 50).

 

Das Erfordernis einer ordnungsgemäßen (legalen) Beschäftigung ist aber jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn eine Beschäftigung auf Grund eines Aufenthaltstitels ausgeübt wurde, der unrechtmäßiger Weise – insbesondere durch eine Täuschung (zB Scheinehe) – erlangt wurde (vgl. EuGH vom 5. Juli 1997, Rs C-285/95, Rz 24ff).

 

Der EuGH hat in seinem auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens des VwGH ergangenen Urteil vom 2. Juni 2005, C‑136/03[6], daher auch lediglich ausgeführt, dass (nur) hinsichtlich türkischer Staatsangehöriger, die rechtmäßig[7] eingereist sind und dem regulären[8] Arbeitsmarkt angehören[9], zwar Art. 8 der Richtlinie 64/221/EWG (im Folgenden: RL 64/221) für aufenthaltsbeendende Maßnahmen grundsätzlich eine derartige Ausgestaltung des Rechtsschutzes erfordern würde, dass solche Entscheidungen einer gerichtsförmigen Kontrolle unterliegen und einem dementsprechenden Rechtsbehelf auch aufschiebende Wirkung zukommen muss. Wenn jedoch eine Garantie in diesem Umfang – wie zum damaligen Zeitpunkt in Österreich allseits unbestritten – nicht bestand, musste nach Art. 9 Abs. 1 RL 64/221 zumindest gewährleistet sein, dass eine von jener, die letztlich über die aufenthalts­beendende Maßnahme zu entscheiden hat, verschiedene Stelle eingerichtet ist, vor der sich der Fremde entsprechend den innerstaatlichen Rechtsvorschriften ver­tei­di­gen, unterstützen oder vertreten lassen kann und die zur Abgabe einer Stellung­nahme berechtigt ist.

 

Diesem Erfordernis (war und) ist aber auch dann Rechnung getragen, wenn im gegenständlichen Fall – wie zuvor dargetan – die Sicherheitsdirektion als Berufungs­be­hörde zuständig ist. Denn z.B. nach § 15a Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 158/2005 (im Folgenden: SPG), obliegt es dem Menschenrechtsbeirat explizit, u.a. die Tätigkeit der Sicher­heits­behörden, die die Sicherheitsverwaltung – wozu gemäß § 2 Abs. 2 SPG auch die Fremdenpolizei zählt – zu besorgen haben (vgl. § 2 Abs. 1 SPG), unter dem Gesichts­punkt der Wahrung der Menschenrechte zu beobachten und begleitend zu überprüfen. Europarechtskonform, nämlich unter dem Blickwinkel des Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221 interpretiert, bestünde daher für die Sicherheitsdirektion nicht nur kein Hindernis, sondern sogar die Verpflichtung, vor ihrer Entscheidung über eine Beru­fung aus Anlass einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme jeweils eine Stellung­nah­me des Menschenrechtsbeirates abzuwarten, sofern sich der Rechtsmittelwerber an diesen gewandt hat[10].

 

3.2. Dem entsprechend hat der VwGH in seinen zahlreichen im Anschluss an dieses Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Erkenntnissen[11] die angefochtenen Be­scheide gerade nicht wegen Unzuständigkeit der belangten Behörden (nämlich: der Sicherheitsdirektionen), sondern vielmehr jeweils wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.

 

3.3. Das auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens des VwGH ergangene Urteil des EuGH vom 2. Juni 2005, C‑136/03, bezog sich auf die Rechtslage vor der Umsetzung der Richtlinie 2004/38/EG (im Folgenden: Unionsbürger-RL 2004/38)[12] durch den österreichischen Gesetzgeber. Unter Punkt 2 des Beschlusses vom 18. März 2003, Zlen EU 2003/0001, 0002-1, hatte der VwGH dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob "die Rechtsschutzgarantien der Art 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Son­dervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, auf türkische Staatsangehörige anzuwenden sind, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses des – durch das Abkommen zur Gründung der Assoz­i­ation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten – Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Ent­wicklung der Assoziation zukommt".

 

Die RL 64/221 wurde durch Art. 38 Abs. 2 der Unionsbürger-RL 2004/38 mit Wirkung vom 30. April 2006 aufgehoben.

 

Durch die Unionsbürger-RL 2004/38 wurde der besondere Rechtsschutz der Unions­bürger[13] in Bezug auf Aufenthalt und freie Bewegung im Hoheitsgebiet der Mitglieds­staaten ausgeweitet und die wesentlichen europarechtlichen Bestimmungen geändert, ersetzt oder sogar aufgehoben[14]. Dieser Ansatz lässt schon a priori nicht erwar­ten, dass der EuGH eine solche Rechtsposition auch den – wenngleich im Wege spezifischer Abkommen mitunter begünstigten – Bürgern von Drittstaaten wie den türkischen Staatsangehörigen zubilligen wird[15]. Dies würde nämlich zu dem unver­ständlichen Ergebnis führen, dass türkische Staatsangehörige – ohne dass die Türkei Mitglied der EU ist – den Unionsbürgern vollkommen gleichgestellt wären.

 

Denn das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben wohl in Kenntnis der einschlägigen Entscheidungspraxis des EuGH und vor allem der damit verbundenen "Rechtsfortbildung durch den EuGH"[16] in der Frage des Rechts­schutzes türkischer Staatsangehöriger – denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder 7 des Beschlusses Nr. 1/80 vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation zukommt und auf die der EuGH die verfahrensrechtlichen Mindest­garantien in Art. 8 und 9 der mit 30. April 2006 weggefallenen RL 64/221 ausgedehnt hat – die in Rede stehende Unionsbürger-RL 2004/38 deshalb erlassen, um das Freizügigkeits- und Aufenthaltsrecht aller Unionsbürger zu vereinfachen und zu verstärken[17].  Weder in der Richtlinie selbst noch in den vorab dargestellten Über­legungen der Kommission, des Europäischen Wirtschafts- und Sozialaus­schusses und des Ausschusses der Regionen findet sich irgendein Hinweis, dass der nunmehr wesentlich erweiterte Rechtsschutz in gleicher Weise auch auf bloß "Assoziierte" Anwendung finden sollte. Vor diesem Hintergrund und den weiteren einleitenden Erwägungen zur Unionsbürger-RL 2004/38, wo sehr wohl auch auf die Judikatur des EuGH[18] hingewiesen und gerade auf Grund dieser Rechtsprechung und der damit verbunden Rechtsfortentwicklung eine entsprechende Umsetzung vorgenommen wurde, ist davon auszugehen, dass bei der Erlassung dieser Richtlinie der den Unionsbürgern zukommende Rechtsschutz nicht auch auf "Assoziierte" aus­ge­dehnt werden sollte.

 

Auch die Regierungsvorlage zum "Fremdenrechtspaket 2005" (vgl 952 Blg. Nr. 22. GP, Seite 2) führt aus, dass mit dem vorgeschlagenen Entwurf u.a. die RL 2004/38/EG umgesetzt werden sollte. Da aber, wie bereits zuvor dargetan, der Ge­setzestext des FPG 2005, mit dem der Unionsbürger-RL 2004/38 entsprochen wer­den sollte[19] und auch tatsächlich entsprochen wurde, nicht einmal ansatzweise zum Ausdruck bringt, dass auch jenen türkischen Staatsangehörigen, die vom Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80 erfasst werden, der an sich nur Unions­bürgern garantierte erweiterte Rechtsschutz zukommen soll, ist davon auszu­gehen, dass die Umsetzung der Unionsbürger-RL 2004/38/EG eben nur jenen in § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG 2005 genannten Personenkreis erfasst und mangels ent­sprechender Mehrheitsfindung in der gesetzgebenden Körperschaft den türkischen Staats­angehörigen diese "privilegierte", den Rechten eines Unionsbürgers voll ent­sprechende Stellung nicht gewährt werden sollte.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  W e i ß

 

 



[1] Weil auf diese Weise der Inhalt einer Verfassungsbestimmung durch eine einfachgesetzliche Norm näher konkretisiert wird, noch dazu, wo es um eine zuständigkeitsbegründende Vorschrift zwi­schen unterschiedlichen Gebietskörperschaften, nämlich letztlich um die Klärung der Frage "Unmittel­bare oder  mittelbare Bundesverwaltung?" geht.

[2] Mittlerweile - d.h. seit dem 6. Dezember 2005 - insgesamt 30, darunter zwölf Staaten (im Folgenden kursiv), die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des EWR-Abkommens (1. Jänner 1994) schon Mitglied der EG waren, sowie drei derzeitige Nicht-EU-Mitglieder (im Folgenden fett): Belgien, Dänemark, Deutschland, EGKS, EWG, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Island, Italien, Liechtenstein, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien, Tschechien, Estland, Zypern, Lettland, Litauen, Ungarn, Malta, Polen, Slowenien, Slowakei.

[3] Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art 39 EGV, Niederlassungsfreiheit nach Art 43ff EGV, Dienst­leistungs­freiheit nach Art 49ff EGV und "Allgemeines Freizügigkeitsrecht" des Art 18 Abs.1 EGV (Fa­milienangehörige von Unionsbürgern, die selbst die Staatsangehörigkeit eines Drittstaates besitzen, können sich nicht auf Art. 18 EGV berufen; ihnen wird ein Aufenthaltsrecht aber sekundär­recht­lich gewährleistet [Winfried Kluth, in: Calliess/Ruffert {Hrsg.}, EUV/EGV, Art 18, Rn. 7]).

[4] Dem widerspricht auch nicht die – neben dem offiziellen Ausschussbericht und im Übrigen bloß mit Stimmenmehrheit getroffene – Feststellung des Ausschusses für Innere Angelegenheiten, 1055 Blg. Nr. 22. GP, S 9 f., wonach "die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG für türkische Staatsangehörige, denen die Rechtsstellung nach Artikel 6 oder Artikel 7 des Beschlus­ses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation zukommt, gelten". Offensichtlich fand diese Auffassung nämlich dann in der gesetz­gebenden Körper­schaft nicht die erforderliche Mehrheit, hätte doch ansonsten keinerlei Hindernis bestanden, diese Wendung ausdrücklich in den Gesetzestext aufzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist daher diese Feststellung nicht als - insbesondere auch nicht als interpretativ erschließbarer - Inhalt des Geset­zestextes anzusehen, weil die tragfähige Grundlage für eine historische Interpretation entfällt. Denn unter den dargestellten Umständen ist die Annahme einer fiktiven Zustimmung der beschluss­fassen­den Mehrheit der Parlamentarier zu dieser (Mehrheits-)Feststellung des Ausschusses für Innere An­gelegenheiten nicht mehr vertretbar, sondern erschiene als rein willkürlich (zu dieser Hypothese bei der historischen Interpretation vgl. Öhlinger, Verfassungsrecht, 3. Aufl., Wien 1997, 30). Nach herrschender Meinung zum Verhältnis der Auslegungsmethoden im Öffentlichen Recht ist aber ohne­hin stets vom Vorrang des Gesetzeswortlauts und damit von der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung bei äußerster Zurück­haltung gegen­über Methoden "berichtigender" Interpretation auszugehen (vgl. mit zahlreichen Nachw. Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Wien 1996, 101 f). Für eine prinzipiell objektive Ausle­gung treten daher auch Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Bundes­verfassungsrechts, 9. Auflage, Wien 2000, RN 132 ("Wenn also der objektive Ausdruck deutlich ist, so ist er maßgeblich, unabhängig davon, ob der [subjektive] Wille damit übereinstimmt, divergiert oder über­haupt undeut­lich ist") unmissverständlich ein. Deshalb ist auch nach übereinstimmender Recht­sprechung der Gerichtshöfe des Öffentlichen Rechts bei einem Widerspruch zwischen dem klaren Gesetzes­wortlaut und den an sich unverbindlichen Materialien ausschließlich das Gesetz maß­geblich und ent­scheidend (vgl. schon VfSlg 4340/1963, 4442/1963 5153/1965 und 7698/1975 sowie VwSlg 5362 A/1960). Auf andere Erkenntnisquellen (wie Regierungsvorlage und Stenographische Protokolle) außer­halb des Gesetzeswortlauts, die für sich allein nichts über den Inhalt aussagen, darf nur bei zweifelhafter Ausdrucksweise des Gesetzgebers zurückgegriffen werden (vgl. die Nach­weise aus der Judikatur bei Antoniolli-Koja, a.a.O., 102 FN 38). Dies ist jedoch gegenständlich, wie oben im Text bereits dargelegt, keineswegs der Fall.

[5] Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei über die Entwicklung der Assoziation vom 19. September 1980.

[6] Abgedr. in EuGRZ 2005, 319 ff.

[7] In den Schlussanträgen des Generalanwalts vom 21. Oktober 2004 hat dieser unter Punkt V (Ergeb­nis) Abs. 61 Z 2 ausgeführt, dass "die in Artikel 8 und 9 der Richtlinie 64/221 vorgesehenen verfah­rensrechtlichen Garantien auf türkische Arbeitnehmer Anwendung finden, denen die Rechts­stel­lung nach Artikel 6 oder 7 des Beschlusses Nr. 1/80 vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation zukommt".

[8] Vgl. dazu auch EuGH v. 7. Juli 2005, C-383/03.

[9] Vgl. Art. 6 und 7 des Assoziationsratsbeschlusses (FN 4).

[10] Art. 9 Abs 1 RL 64/221 bestimmte: "Sofern keine Rechtsmittel gegeben sind oder die Rechtsmittel nur die Gesetzmäßigkeit der Entscheidung betreffen oder keine aufschiebende Wirkung haben, trifft die Verwaltungsbehörde die Entscheidung über die Verweigerung der Verlängerung der Aufent­haltser­laubnis ..... außer in dringenden Fällen erst nach Erhalt der Stellungnahme einer zuständigen Stelle des Aufenthaltslandes, vor der sich der Betroffene entsprechend den innerstaatlichen Rechts­vorschriften verteidigen, unterstützen oder vertreten lassen kann."

[11] Vgl. VwGH v. 11. Oktober 2005, Zl. 2005/21/0165; v. 15. Dezember 2005, Zl. 2005/18/0357; u.v.a.

[12] Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhe­bung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73//148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158 vom 30.4.2004).

 

[13] Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates besitzt (Art. 17 EGV). Obwohl die Unionsbürgerschaft an die Staatsangehörigkeit in den Mitgliedstaaten anknüpft, handelt es sich um ein unmittelbar statusbegründendes Rechtsverhältnis. Die mit dem Status als Unionsbürger ver­bundenen Rechte und Pflichten werden nicht durch die staatliche Rechtsordnung vermittelt, sondern ergeben sich unmittelbar aus dem Recht der Union (Winfried Kluth, in: Calliess/Ruffert (Hrsg.), EUV/EGV, Art 17, RN. 6).

[14] vgl. näher Ralf Ramin, Die Rechtsstellung der Unionsbürger nach dem Fremdenrechtspaket 2005, migralex 2006, 13.

[15] Hinsichtlich der türkischen Staatsangehörigen iSd Assoziationsratsbeschluss Nr. 1/80 müsste wie­derum zwischen legal eingereisten und in den Arbeitsmarkt integrierten und solchen Türken, auf die dies nicht zutrifft, unterschieden werden; vgl. EuGH in FN 4.

[16] Die autonome richterliche Rechtsfortbildung durch den EuGH wirft im Hinblick darauf, dass Öster­reich – etwa im Gegensatz zur BRD – der EG vorbehaltlos beigetreten ist, besondere Probleme auf. Einerseits war dem Bundesvolk bei der Abstimmung über das "Bundesverfassungsgesetz über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union" (BGBl. Nr. 744/1994) dessen Inhalt und Dynamik nicht einmal ansatzweise klar, und andererseits kann sich diese Ermächtigung nur auf einen bestimmten Status quo, jedoch nicht auch auf alle daraus für die Zukunft resultierenden, damals noch gar nicht abschätzbaren Änderungen im Hinblick auf die Baugesetze der österreichischen Verfassung bezogen haben. Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis VfSlg 13839/1994 unter Hinweis auf seine inso­weit fehlende Zuständigkeit eine inhaltliche Prüfung dieses Beitritts-BVG abgelehnt (vgl. dem­gegenüber VfSlg 11500/1987, S. 363, zu Art. 6 EMRK: "..... erweist sich mithin als offene Rechts­fortbildung, die wohl erwogene Gründe haben mag, den Staaten aber Verpflichtungen auferlegt, die einzugehen sie niemals gewollt und erklärt haben."). Damit scheint im Ergebnis jedenfalls kein dem­entsprechendes Fehlerkalkül zu bestehen, weshalb – juristisch besehen – jede Unvereinbarkeit mit den Baugesetzen der Verfassung unmittelbar zur absoluten Teilnichtigkeit des Beitritts-BVG führen müsste (zur Frage der Bedenklichkeit des Beitritts-BVG im Hinblick auf Art. 44 Abs. 3 B-VG vgl. auch Winkler, Integrationsverfassungsrecht, Wien 2003, 44 f., mwN). Rechtspolitisch betrachtet scheint die vorbehaltlose Übernahme des Sekundärrechts der EG auf eine schleichende Beeinträchtigung von Baugesetzen des B-VG hinauszulaufen, was im Ergebnis als ein "stiller Staatsstreich" angesehen werden kann.

[17] Pkt. 3 der Erwägungen zur RL 2004/38.

[18] Pkt. 27 der Erwägungen zur RL 2004/38.

[19] Mitteilung nationaler Vorschriften - Dokument Nr. 72004L0038.

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