Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162745/3/Br/Ps

Linz, 17.12.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch dessen Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Herrn J K, geb., B, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­haupt­mannschaft Perg vom 26. November 2007, AZ. VerkR96-721-2007, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

 

I.   Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/2004 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 117/2002 – VStG.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 200 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt und wider ihn folgenden Tatvorwurf erhoben:

"Es wird Ihnen zur Last gelegt, als Fahrzeuglenker folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

Datum, Zeit und           08.02.2007. 12:10 Uhr

Ort des Lenkers:          4030 Linz, StrKm. 1,6 Umfahrung Ebelsberg

Fahrzeug:                      LKW,

 

Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben weder ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienstselle verständigt, noch haben Sie den andern Beteiligten bzw. dem Geschädigten Ihren Namen und Ihre Anschrift nachgewiesen."

 

1.1. Begründet wurde der Schuldspruch mit folgenden Ausführungen:

"Der im Spruch genannte Sachverhalt wurde von Beamten der Bundespolizeidirektion Linz angezeigt. Außerdem wurden Übertretungen der §§ 61 Abs. 1 und 4 Abs. 1 lit. a StVO angezeigt.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 30.3.2007 wurden Ihnen die angezeigten Verwaltungsübertretungen angelastet. Sie wurden eingeladen innerhalb zwei Wochen ab Zustellung dieser Aufforderung eine Rechtfertigung bei der Bezirkshauptmannschaft Perg abzugeben. Gleichzeitig wurden Sie daraufhingewiesen, dass das Verwaltungsstrafverfahren ohne Ihre weitere Anhörung durchgeführt werde, wenn Sie keine Rechtfertigung abgeben.

 

Mit Schreiben vom 18.4.2007 gaben Sie im Wesentlichen folgende Stellungnahme ab:

 

Sie lenkten den LKW am Tatort, wobei Herr Z neben Ihnen an der Kreuzung anhielt und behauptete, dass ein Stein vom LKW herunter gefallen sei und seine Windschutzscheibe beschädigt habe. Sie sagten, dass der LKW nicht beladen ist, weshalb kein Ladegut herunter fallen könne. Weiters sagten Sie, dass Sie an der Kreuzung nicht stehen bleiben können und Richtung Voest abbiegen würden. Überraschender Weise fuhr Herr Z jedoch gerade weiter.

 

Am 21.6.2007 gab Herr Z unter Wahrheitsverpflichtung im Wesentlichen folgende Stellungnahme ab:

 

Seine Windschutzscheibe wäre durch einen Stein, der vom angezeigten LKW herunter fiel, beschädigt worden. Er habe an der Kreuzung mit dem LKW-Lenker gesprochen, wobei Sie nach dem Gespräch aufgrund der Verkehrssituation nicht mehr nach rechts abbiegen konnten, um den LKW zu folgen.

 

Mit Schreiben vom 14.8.2007 wurden Ihnen Gelegenheit gegeben, sich zum Ergebnis der Beweisaufnahme zu äußern. Da Sie diese Möglichkeit ungeachtet ließen, war nun aufgrund der Aktenlage zu entscheiden.

 

Die Übertretungen der §§ 4 Abs. 1 lit. a und 61 Abs. 1 StVO werden eingestellt, da Ihnen diese nicht erwiesen werden können.

Die im Spruch genannte Verwaltungsübertretung ist aufgrund der Aktenlage als erwiesen anzusehen, da Sie unabhängig vom Verschulden Ihre persönlichen Daten nicht unverzüglich bekanntgegeben haben bzw. nicht unverzüglich die nächste Polizeidienststelle verständigt haben.

Sie haben somit durch den vorliegenden Sachverhalt den im Spruch genannten Tatbestand verwirklicht und diesen verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, insofern keine Umstände vorliegen, die geeignet wären, Ihr gesetzwidriges Verhalten zu rechtfertigen oder zu entschuldigen.

 

Bei der Strafbemessung wurde von einem monatlichen Einkommen in Höhe von 1200,— Euro ausgegangen, da Sie trotz der Sie treffenden Pflicht, an der Erhebung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse mitzuwirken, dieser Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sind.

 

Mildernde oder erschwerende Umstände liegen nicht vor.

 

Die Vorschreibung der Kosten des Strafverfahrens ist in der im Spruch zitierten Gesetzes­stelle begründet."

 

2. In der dagegen fristgerecht protokollarisch bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung bestreitet der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden. Die im Akt erliegenden Fotos seien erst vier Stunden nach diesem Vorfall im beladenen Zustand des Lkw’s gemacht worden. Im Ergebnis vermeint der Berufungswerber unter Hinweis auf seine schriftliche Verantwortung vom 18.4.2007 bei dieser Fahrt nicht beladen gewesen zu sein und daher einen Steinschlag von der Ladung ausschließen zu können. Darauf habe er den Anzeiger nach dem angeblichen Vorfall im Zuge dessen verbalen Konfrontation bei einer auf rot geschalteten Kreuzung in Kenntnis gesetzt. Sowohl er als auch der B seien nach Umschalten der Ampel auf Grün wieder weitergefahren. Kurz nach dieser Konfrontation mit dem B-Fahrer habe er seinen Chef hiervon verständigt. Auch die Haftpflichtversicherung habe über die vorsichtshalber erstattete Schadensmeldung eine Schadenersatzleistung abgelehnt.

Er fühlte sich für diesen behaupteten Schaden daher nicht verantwortlich.

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da hier kein sachverhaltsspezifisches Bestreiten von Tatsachen vorliegt, kann selbst in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung unterbleiben (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Perg. Ergänzend wurde im Wege der Haftpflichtversicherung die Schadenserledigung erhoben und das Ablehnungsschreiben beigeschafft. Ebenfalls wurde bei dem Geschädigten über eine anhängige Schadenersatzklage gg. die Ablehnung des Anspruches der Haftpflichtversicherung rückgefragt.

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

4.1. Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit einen Lkw der Firma K GesmbH. Das Fahrzeug war auf einer Leerfahrt anlässlich eines Einsatzes bei der Brückbaustelle E, wohin er von der V den ganzen Tag über Schlacke transportierte. Nachdem der Berufungswerber an der Kreuzung Umfahrung Ebelsberg – Lunzerstraße ampelbedingt anhalten musste, wurde er vom Lenker eines B mit der Behauptung, einen Stein von der Ladefläche verloren und seine Windschutzscheibe beschädigt zu haben, konfrontiert. Dies stellte der Berufungswerber mit dem Hinweis auf die Leerfahrt und den Transport von Schlacke in Abrede. Anschließend fuhren beide Fahrzeuge in verschiedener Richtung weiter.

Nach einer Stunde hatte sich die Polizei bei der Firma gemeldet. Am Abend wurden von der Polizei dann die im Akt erliegenden Fotos aufgenommen.

In der Aufforderung zur Rechtfertigung wurden dem Berufungswerber zusätzlich noch Übertretungen nach § 61 Abs.1 u. § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 zur Last gelegt, welche jedoch in der Folge offenbar formlos und ohne diesbezüglich gesonderte Einstellungsverfügung nach § 45 Abs.1 Z1 VStG fallen gelassen wurden (s. Begründung des SE).

Die Haftpflichtversicherung des vom Berufungswerber gelenkten Lastkraftwagens lehnte die Leistung eines Schadenersatzes bereits per Schreiben vom 15.2.2007 mit dem Hinweis ab, dass der betreffende Lkw zum Schadenszeitpunkt unbeladen und gereinigt gewesen sei. Eine Beschädigung der Windschutzscheibe des Fahrzeuges des Anzeigers durch verlorenes Ladegut sei daher technisch auszuschließen.

Ein eventuell hochgeschleuderter Stein von der Fahrbahn stelle sich für den Lenker des haftpflichtversicherten LKW’s als ein unabwendbares Ereignis dar und habe vom Versicherer daher mangels Verschulden des Versicherungsnehmers die Forderung dem Grunde nach als unberechtigt zurückgewiesen werden müssen.

 

4.2. Vor diesem Hintergrund kann auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. keine Verletzung einer Meldepflicht erblicken. Die Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO 1960 kann nicht so ausgelegt werden, dass alleine schon eine auf Zuruf auf der Straße behauptete Schadensverursachung eine Meldepflicht auszulösen in der Lage wäre. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass hier offenbar der Berufungswerber mit gutem Grund davon ausgehen konnte, keine Ladung verloren haben zu können und darüber hinaus auch der Anzeiger seine Fahrt nach dem anlässlich eines Ampelstopps getätigten Zurufes über das angebliche Ereignis selbst fortsetzte.

Der Anzeiger bzw. der Geschädigte hat hinsichtlich der Ablehnung des Schadenersatzanspruches durch den gegnerischen Haftpflichtversicherer auch keine Klage bei Gericht erhoben, obwohl ihm der Nachweis einer Schadensverursachung durch den Berufungswerber auf diesem Weg als primäres Ziel der Verfolgung seines rechtlichen Interesses offen wäre.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Der § 4 Abs.5 StVO 1960 lautet:

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Da hier weder ein vom Berufungswerber kausal verursachter Schaden an einem anderen Verkehrsteilnehmer nachvollziehbar und ferner die diesbezüglich unterbliebene Meldung durch die Fahrtfortsetzung auch des Zweitbeteiligten wohl kaum als Verschulden qualifiziert werden könnte, kann von einem Verstoß im Sinne dieser Gesetzesbestimmung nicht die Rede sein (VwGH 6.4.1978, 754/77, ZVR 1978/253, VwGH v. 20.11.1990, Zl. 90/18/161, sowie s. unter vielen h. Erk. v. 28.12.1999, VwSen-106649/9/Ki/Ka).

Das Verwaltungsstrafverfahren ist daher nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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