Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300709/28/Gf/Ga

Linz, 14.12.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der R, vertreten durch RA Mag. R H, L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 17. November 2005, Zl. Sich96-929-2003 (mitbeteiligte Partei: C B, F), betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen einer Übertretung der Rechtsanwaltsordnung, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 17. November 2005, Zl. Sich96-929-2003, wurde ein wegen des Verdachtes einer Übertretung des § 57 Abs. 2 der Rechtsanwaltsordnung, BGBl. Nr. 96/1868, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 98/2001 (im Folgenden: RAO), gegen die mitbeteiligte Partei (im Folgenden: Beschuldigte) geführtes Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der der Beschuldigten angelastete Sachverhalt auf Grund des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens insbesondere deshalb als nicht erwiesen angesehen werden könne, weil im Ergebnis keine Gewerbsmäßigkeit i.S.d. § 1 Abs. 2 der Gewerbeordnung zu erkennen gewesen sei.

 

1.2. Gegen diesen der Beschwerdeführerin am 22. November 2005 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 6. Dezember 2005 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass im vorliegenden Fall davon auszugehen sei, dass die Beschuldigte jeweils entgeltlich rechtliche Auskünfte erteilt sowie Schriftsätze verfasst und dadurch unbefugt eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit ausgeübt habe, wie dies auch klar aus den Satzungen jenes Vereines, dessen Obfrau sie ist, hervorgehe.

 

Daher wird beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass über die Beschuldigte eine Verwaltungsstrafe wegen einer Übertretung des § 57 Abs.  RAO verhängt wird.

 

2.1. Mit Erkenntnis vom 10. März 2006, Zl. VwSen-300709/Gf/Mu/Sta, hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich diese Berufung als unbegründet abgewiesen. Dagegen hat die Rechtsmittelwerberin fristgerecht eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

 

2.2. Mit Erkenntnis vom 23. Oktober 2007, Zl. 2006/06/0125-10, hat der VwGH den vorangeführten Bescheid vom 10. März 2006 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und dazu begründend ausgeführt, dass auch die bloße Erteilung von Rechtsauskünften dann unter den Begriff der Parteienvertretung i.S.d. § 57 Abs. 2 RAO zu subsumieren ist, wenn diese lediglich die Vertretung eines Klienten in Rechtsangelegenheiten gegenüber Dritten im Zuge einer vor- oder nachprozessualen Korrespondenz betrifft und dies gewerbsmäßig erfolgt.

 

Gegenständlich richtet sich der von der Verfolgungshandlung erfasste Sachverhalt jedoch nicht auf eine strafbare Handlung des verfahrensgegenständlichen Vereines, für den allein der Obmann dieses Vereines als Vertretungsbefugter i.S.d. § 9 VStG verantwortlich wäre, sondern auf eine strafbare Handlung der Beschuldigten, weshalb im fortgesetzten Verfahren zu ermitteln wäre, ob sie in dem Sinne gewerbsmäßig gehandelt hat, ob sie mit den vorgeworfenen Handlungen die Absicht verfolgt hat, "einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil für sich zu erzielen".

 

3.1. Unter Bindung an diese Rechtsansicht (vgl. § 63 Abs. 1 VwGG) hat der Oö. Verwaltungssenat daher Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu Zl. Sich96-929-2003 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 11. Dezember 2007, zu der als Parteien Mag. R H als Vertreter der Beschwerdeführerin, die Beschuldigte C B und K D als Vertreter der belangten Behörde sowie die Zeugen Hofrat Dipl.Ing. R G (Obmann des verfahrensgegenständlichen Vereines) und H O (Vereinskassier) erschienen sind.

 

3.2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

 

Zum Tatzeitraum (Sommer 2003) war die Beschuldigte Obmann-Stellvertreterin der "Bürgerinnen- und Bürgerselbsthilfevereinigung", eines Vereines im Sinne des Vereinsgesetzes 2002. Nach außen wurde (und wird) dieser Verein satzungsgemäß durch den Obmann, also den ersten Zeugen – nicht jedoch (ausgenommen es läge, was jedoch gegenständlich nicht zutraf, ein Fall der Verhinderung vor) durch die Obmann-Stellvertreterin, also die Beschuldigte – im Sinne einer Alleinvertretungsbefugnis vertreten (vgl. § 13 Abs. 2 i.V.m. § 13 Abs. 8 der als "Vereinsstatuten" bezeichneten Satzungen).

 

Am 29. Juli 2003 richtete die Beschuldigte auf einem Briefpapier des verfahrensgegenständlichen Vereines ein mit "Obmann-Stellvertreterin" unterzeichnetes Schreiben an eine Dritte, in dem sie diese namens eines anderen, einen Privatkonkurs anstrebenden Vereinsmitgliedes zur Übermittlung von forderungsbegründenden Nachweisen aufforderte.

 

In ähnlicher Weise (nämlich auf Vereinspapier und ausdrücklich in ihrer Funktion als Obmann-Stellvertreterin) wandte sich die Beschuldigte in einem Schreiben vom 20. August 2003 an den Rechtsvertreter der Dritten.

 

Der Zweck des verfahrensgegenständlichen Vereines ist (sowohl nach den Satzungen als auch faktisch) primär mediatorisch-psychologisch geprägt und besteht dem entsprechend vornehmlich darin, seinen Mitgliedern bei Problemen in allen Bereichen des täglichen Lebens eine Art erste Anlaufstelle zu bieten und diese zu beraten, insbesondere auch darüber, an welche zuständigen Stellen, Behörden und Institutionen sich diese in rechtlichen Fragen wenden können, jedoch ausdrücklich unter Ausschluss jener Tätigkeiten, die kraft Gesetzes den Rechtsanwälten und Notaren vorbehalten sind.

 

Zum Tatzeitraum verfügte der Verein über knapp mehr als 10 Mitglieder (derzeit ca. 35), der Mitgliedsbeitrag betrug 40 Euro (nunmehr 50 Euro; Familientarif: 62 Euro) pro Jahr und das jährliche Budget liegt zwischen 1.300 und 2.000 Euro. Damit werden die administrativen Ausgaben des Vereines (z.B. Telefon, Druckkosten, Papier) und sonstige nachgewiesene Aufwände der Vorstandsmitglieder (z.B. Barauslagen, Fahrtspesen) bestritten. Von diesem – in der Regel nur anteiligen – Spesenersatz abgesehen erfolgt die Tätigkeit des Vorstandes rein ehrenamtlich, d.h. ohne jegliche finanzielle Gegenleistung.

 

Soweit Rat suchende Personen die Tätigkeit des Vereines häufiger in Anspruch nehmen, wird diesen nahe gelegt, dem Verein als Mitglied beizutreten (was im Regelfall auch geschieht); ein dementsprechender Zwang wird jedoch nicht ausgeübt. Faktisch ist die Mitgliedschaft jedenfalls nicht immer eine unbedingte Voraussetzung für eine entsprechende Betreuungstätigkeit durch den Verein.

 

3.3. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen, in sich und untereinander widerspruchsfreien Aussagen der Beschuldigten und der einvernommenen Zeugen und werden auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 57 Abs. 2 RAO begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 6.100 Euro zu bestrafen, der unbefugt eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig anbietet oder ausübt.

 

Nach § 8 Abs. 2 und 3 RAO ist den Rechtsanwälten – abgesehen von den in dieser Bestimmung näher angeführten Ausnahmen – die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung vorbehalten.

 

4.2. Im gegenständlichen Fall wurden innerhalb der in § 31 Abs. 1 und 2 festgelegten (und durch die RAO nicht modifizierten) Verjährungsfrist von 6 Monaten ausschließlich gegenüber der Beschuldigten (mehrere) Verfolgungshandlungen (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. Jänner 2004; Niederschrift über die Beschuldigtenvernehmung vom 12. Jänner 2004; Niederschrift über die Beschuldigtenvernehmung vom 11. Februar 2004) gesetzt. Darin wurde ihr jeweils angelastet, Mitgliedern ihres Vereines wiederholt und gewerbsmäßig einschlägige rechtliche Auskünfte erteilt zu haben.

 

Dies stellt unter der Voraussetzung, dass dies auch tatsächlich gewerbsmäßig – darunter ist insbesondere nicht nur die Erzielung eines Gewinnes, sondern auch bereits die regelmäßige Erwirtschaftung von Einnahmen zur Deckung entstandener Kosten zu verstehen – erfolgte, nach der zuvor referierten Rechtsansicht des VwGH (vgl. oben, 2.2.) eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit dar, die sohin – von einem Nicht-Rechtsanwalt ausgeübt – gemäß § 57 Abs. 2 RAO behördlich strafbar ist.

 

4.3. Wenngleich daher im vorliegenden Fall das Tatbild des § 57 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 2 und 3 RAO offenbar erfüllt zu sein scheint, ist jedoch im Ergebnis eine Strafbarkeit der Beschuldigten deshalb nicht gegeben, weil sie selbst offenkundig keinen "Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil für sich zu erzielen" beabsichtigt hat (vgl. VwGH v. 23. Oktober 2007, Zl. 2006/06/0125, Seite 9), sondern – wenn überhaupt – allenfalls für den verfahrensgegenständlichen Verein. Insoweit hätte aber gemäß § 9 Abs. 1 VStG lediglich der nach den Vereinsstatuten allein außenvertretungsbefugte Obmann dieses Vereines, nämlich der erste Zeuge, verwaltungsstrafrechtlich in Anspruch genommen werden dürfen (der dann seinerseits die Beschuldigte im Innenverhältnis wegen satzungswidriger Vertretung – allerdings nur zivilrechtlich – hätte belangen können). In diese Richtung existiert jedoch keinerlei behördliche Verfolgungshandlung, sodass diesbezüglich zwischenzeitlich bereits Verjährung eingetreten ist.

 

4.4. Im Ergebnis erfolgte daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen die mitbeteiligte Partei mit Blick auf § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG zu Recht, weshalb die vorliegende Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. G r o f

 

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