Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110731/11/Kl/Rd/Pe

Linz, 13.12.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des O K, vertreten durch Rechtsanwälte H-U S, S D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10.10.2006, VerkGe96-244-2006, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz,  zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 10.10.2006, VerkGe96-244-2006, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 7 Abs.1 Z1 iVm § 23 Abs.1 Z3 GütbefG verhängt,  weil er als Inhaber des Güterbeförderungsbetriebes in, zu verantworten hat, dass am 9.8.2006, 15.30 Uhr, durch sein Unternehmen auf der A8-Innkreisautobahn, bei Straßenkilometer 24.900 im Gemeindegebiet von Kematen/Innbach, Oberösterreich, mit dem Lastkraftwagen mit dem deutschen Kennzeichen sowie dem Anhänger mit dem deutschen Kennzeichen eine gewerbsmäßige grenzüberschreitende Beförderung von Gütern (Sammelgut) von Dormagen (Deutschland) nach Halkali und Traky Serbest Bölgesi (Türkei) durch den türkischen Fahrer A E ohne Fahrerbescheinigung durchgeführt wurde, obwohl der grenzüberschreitende Verkehr einer Gemeinschaftslizenz in Verbindung – sofern der Fahrer Staatsangehöriger eines Drittstaates ist – mit einer Fahrerbescheinigung unterliegt.

 

Über die dagegen eingebrachte Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 4.4.2007, VwSen-110731/2/Kl/Rd/Pe, dahingehend entschieden, dass der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde.

 

2. Mit Erkenntnis vom 15.11.2007, Zl. 2007/03/0093-8, hat der Verwaltungsgerichtshof den vom Bw in Beschwerde gezogenen Bescheid des Oö. Verwaltungssenates wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde hiezu vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass, wie  schon im Erkenntnis vom 19.10.2004, Zl. 2004/03/0087, ausgesprochen wurde, sich aus der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 idF Verordnung (EG) Nr. 484/2002 ergibt, dass eine Fahrerbescheinigung keine Gemeinschaftslizenz im Sinne von § 7 Abs.1 Z1 GütbefG darstellt. Bei der im Beschwerdefall nicht mitgeführten Fahrerbescheinigung handelt es sich daher nicht um eine der in § 7 Abs.1 GütbefG – im vorliegenden Kontext käme nur die Gemeinschaftslizenz im Sinne der Z1 des § 7 Abs.1 GütbefG in Frage – angeführten Berechtigungen.

Mit dieser Frage noch näher auseinandergesetzt hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 15.11.2007, Zl. 2007/03/127-7. Dort heißt es in diesem Zusammenhang, dass eine Fahrerbescheinigung keine Gemeinschaftslizenz darstellt und sich daher die Rechtsansicht des Oö. Verwaltungssenates, wonach die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden Güterbeförderung, ohne dass – obgleich der Fahrer Drittstaatsangehöriger ist – eine Fahrerbescheinigung vorliegt, unter § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 GütbefG zu subsumieren sei, als nicht zutreffend erweist. Auch der Umstand, dass in § 25 Abs.2 GütbefG nunmehr die geänderte Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 881/2002 ausdrücklich zitiert ist, vermag daran nichts zu ändern, da bereits vor dieser Novelle des GütbefG mit der Bezugnahme auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/1992 (ohne einzelne Änderungen ausdrücklich anzuführen) eine im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zulässige dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Fassung dieser Verordnung gegeben war, wie sich auch aus dem zitierten Erkenntnis vom 19.10.2004, Zl. 2004/03/0087, ergibt.

Weiters vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass sich aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 23 Abs.1 Z8 GütbefG ergibt, dass der Unternehmer der ihn treffenden Verpflichtung auch dann nicht nachkommt, wenn er eine erforderliche Fahrerbescheinigung gar nicht besorgt hat, sodass er sie dem Fahrer bei der Güterbeförderung auch nicht übergeben kann. Auch in diesem Fall hat er nicht dafür gesorgt, dass eine erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wird.

Zwar trifft es zu, dass für die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden grenzüberschreitenden Güterbeförderung, ohne dass der Unternehmer über eine Gemeinschaftslizenz verfügt, eine gesonderte Strafnorm in § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 Z1 GütbefG vorgesehen ist; da jedoch im Hinblick auf die Fahrerbescheinigung keine dieser Bestimmung entsprechende Spezialnorm vorliegt, ist eine Bestrafung nach § 23 Abs.1 Z8 GütbefG nicht ausgeschlossen.

 

3. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß  § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1522 ff).

 

Da im vorliegenden Fall innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsjährungsfrist (Tattag war der 9.8.2006) kein entsprechender Vorhalt durch die belangte Behörde erfolgte, nämlich "dass der Bw als Inhaber des Güterbeförderungsbetriebes in, am 9.8.2006, 15.30 Uhr, ... nicht dafür gesorgt hat, dass eine Fahrerbescheinigung mitgeführt wird", war der Berufung daher in Entsprechung der oa Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren wegen eingetretener Verfolgungs­verjährung zur Einstellung zu bringen.

 

4. Weil der Berufung Erfolg beschieden war, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

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