Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400922/5/WEI/Ps

Linz, 13.12.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde der J (auch Y) D, geb., Staatsangehörige von Thailand, dzt. Schubhaft im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Wels, vertreten durch Mag. R S, Rechtsanwalt in F, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides vom 28. November 2007 und Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Gmunden zu Recht erkannt:

 

 

Der Beschwerde wird Folge gegeben und es werden der Bescheid vom 28. November 2007, Zl. Sich 40-38151, und die darauf beruhende Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft seit 28. November 2007 mit der Feststellung für rechtswidrig erklärt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Die Anträge auf Aufhebung des Schubhaftbescheides und der Schubhaft sowie auf Entlassung der Bfin aus der Schubhaft werden zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde vom nachstehenden S a c h v e r h a l t aus:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 28. November 2007, Zl. Sich 40-38151, zugestellt am gleichen Tage, ordnete die Bezirkshauptmannschaft Gmunden auf der Rechtsgrundlage des § 76 Abs 2 Z 3 FPG iVm § 80 Abs 5 FPG und § 57 AVG gegen die Beschwerdeführerin (Bfin) die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an. Die Bfin wurde zum Vollzug der Schubhaft ins PAZ Wels überstellt.

 

1.2. In ihrer Begründung schildert die belangte Behörde den folgenden S a c h v e r h a l t:

 

Die Bfin, eine thailändische Staatsangehörige, ist seit 11. September 2001 in Österreich polizeilich gemeldet. Sie hatte einen Aufenthaltstitel nach dem Fremdengesetz 1997 mit dem Aufenthaltszweck "Selbständig gemäß § 7 Abs 4 Z 4 FrG" zur Ausübung der Prostitution, die bis zum 30. Dezember 2005 gültig war.

 

Am 23. Dezember 2005 heiratete die Bfin den österreichischen Staatsangehörigen R D. Am 29. Dezember 2005 brachte sie einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittstaatsangehöriger-Ö, gem. § 49 Abs 1 FrG" ein. Der Ehegatte habe bei der niederschriftlichen Einvernahme am 3. Februar 2006 (Polizeiinspektion L) im Wesentlichen ausgesagt, dass es sich um eine Ehe aus Freundschaft gehandelt hätte, ein gemeinsames Familienleben iSd Art 8 EMRK aber nicht geführt werde.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels vom 17. März 2006, Zl. Sich 40-264-2001, wurde die Bfin aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich ausgewiesen  und die aufschiebende Wirkung einer Berufung dagegen ausgeschlossen. Der Berufung gab die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich mit Bescheid vom 25. Juli 2007, Zl. St 075/06, keine Folge und bestätigte den Ausweisungsbescheid. Diesen Bescheid habe die rechtsfreundliche Vertretung der Bfin am 1. August 2007 übernommen, womit er in Rechtskraft erwachsen sei.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels vom 17. Mai 2007, Zl. Sich 40-264-2001, wurde im Namen des Landeshauptmannes von Oberösterreich der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Familienangehöriger" nach Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) abgewiesen. Die dagegen eingebrachte Berufung sei dem Bundesministerium für Inneres vorgelegt worden, welches noch keine Entscheidung getroffen habe.

 

Die Ausweisung sei mit 1. August 2007 rechtskräftig und die Bfin habe bisher keine Anstalten gemacht freiwillig auszureisen. Mit 6. September 2007 sei sie umgezogen und habe ihren Hauptwohnsitz in D, gemeldet.

 

Am 30. Oktober 2007 sei von der belangten Behörde ein Ladungsbescheid für die Bfin hinterlegt worden. Als Ladungstermin sei der 6. November 2007 um 8 Uhr vorgeschrieben worden. Dieser Ladung sei die Bfin nicht nachgekommen, da ihre Rechtsvertretung zuerst Akteneinsicht wollte. Ein entsprechendes Ersuchen sei am 6. November 2007 schriftlich bei der belangten Behörde eingebracht worden. Daraufhin sei dem Rechtsvertreter der Akt in Kopie übermittelt worden, welche Sendung am 9. November 2007 nachweislich übernommen wurde.

 

Mit 19. November 2007 sei der Bfin über ihre rechtsfreundliche Vertretung ein weiterer Ladungsbescheid für den 26. November 2007 um 8 Uhr zugestellt worden, zu dem sie unentschuldigt nicht erschienen sei, obwohl sie von der den Termin wahrgenommen habenden Vertretung informiert worden wäre. Die Bfin sei daher ein zweites Mal einem Ladungstermin nicht nachgekommen. Zu dem mit der rechtsfreundlichen Vertretung vereinbarten Ladungstermin am 28. November 2007 um 9 Uhr sei die Bfin erschienen. Über diesen Termin wurde der folgende Inhalt zu Protokoll genommen (vgl Niederschrift vom 29.11.2007, Zl. Sich 40-38151):

 

"Frau Y D erscheint zum Ladungstermin in Begleitung von Frau Dr. Andrea Rabe für Mag. Schmied un gibt folgendes zu protokoll:

 

Ich stelle einen Asylantrag und werde Österreich nicht freiwillig verlassen.

 

Ich wurde vom Verhandlungsleiter informiert, dass ich mich jetzt im Stande der Schubhaft befinde.

 

Ich habe derzeit keine gültige Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung für Österreich. Ich kann derzeit keinen gültigen Krankenversicherungsschutz nachweisen. Ich gehe derzeit in Österreich keiner Beschäftigung nach und bin mittellos.

Ich lebe derzeit in einer Wohnung in D. Ich lebe dort bei meiner Cousine. In Österreich habe ich weitere 7-8 Cousinen. Meine Eltern und meine Geschwister leben in Thailand. Ich war vor ca. 3,5 Jahren das letzte Mal in Thailand.

 

Ich verlange eine Kopie der Niederschrift.

 

Die Niederschrift wurde mir vorgelegt und ich habe alles verstanden."

 

Nach Aufnahme dieser Niederschrift sei die Bfin von Beamten der Polizeiinspektion Gmunden zur Aufnahme des Asylantrages abgeholt worden.

 

1.3. In der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhalts geht die belangte Behörde davon aus, dass die Bfin dem zweiten Ladungstermin völlig unentschuldigt nicht nachgekommen sei, womit sie zu erkennen gegeben habe, kein Interesse an der Einhaltung der Rechtsvorschriften ihres Gastlandes zu haben, und offensichtlich versuche, das fremdenpolizeiliche Verfahren, die Abschiebung, zu verhindern. Zu diesem Zweck habe sie am 28. November 2007 bekanntgegeben, einen Asylantrag zu stellen.

 

Die belangte Behörde geht weiter davon aus, dass die Bfin mittellos sei und über kein Einkommen verfüge. Auf Grund ihres Verhaltens sei zu befürchten, dass sie sich - auf freiem Fuß belassen - dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werde. Die Schubhaft sei zur Sicherung der Abschiebung im Falle des negativen Abschluss des Asylverfahrens unbedingt erforderlich, da die Bfin Österreich laut eigenen Angaben nicht freiwillig verlassen werde.

 

Von der Erlassung eines gelinderen Mittels hätte Abstand genommen werden müssen, da zu befürchten wäre, die Bfin würde noch vor Abschluss des Asylverfahrens in die Illegalität abtauchen. Um die drohende Abschiebung zu verhindern, könnte sie sich, wie in der Vergangenheit bereits mehrfach bewiesen, dem fremdenpolizeilichen Verfahren zu entziehen versuchen (Hinweis auf Nichtwahrnehmung von Ladungsterminen). Die Bfin wollte Österreich nicht freiwillig verlassen und hätte zur Verhinderung ihrer Abschiebung einen Asylantrag gestellt. Deshalb erscheine die Gefahr des Abtauchens in die Illegalität sehr groß. Im Falle eines gelinderen Mittels wäre auch die Gefahr sehr groß, dass die Bfin ihren Lebensunterhalt auch in Hinkunft auf illegale Weise bestreiten werde.

 

1.4. Die belangte Behörde nahm mit dem Ehegatten der Bfin am 14. März 2006 eine weitere Niederschrift auf, in der er angab, die Bfin Mai oder Juni 2005 in einem Kaffeehaus in L kennen gelernt und danach im Bordell S in L besucht zu haben. Er habe sie regelmäßig zwei bis drei Mal wöchentlich getroffen, mit ihr Ausflüge gemacht und Diskotheken aufgesucht. Seit 6. Dezember 2005 wohne er mit ihr in der Z in E bei L. Die Bfin führe den Haushalt, koche, wasche und putze die Wohnung regelmäßig. Dass sie der Prostitution nachgeht, störe ihn nicht. Sie hätten getrennte Kassen und Konten und würden die Kosten für den Lebensunterhalt teilen.

 

Dass er die Bfin heiratete, wäre sein freier Entschluss gewesen. Er persönlich hätte nicht den Eindruck, dass ihn die Bfin wegen der Aufenthaltsberechtigung heiratete. Er erklärte ausdrücklich, dass er mit seiner Frau in Familiengemeinschaft mit Geschlechts-, Wohn- und teilweiser Wirtschaftsgemeinschaft lebe. Die gegenteiligen Aussagen in der Niederschrift der Polizeiinspektion L vom 3. Februar 2006 widerrufe er. Zu diesem Zeitpunkt hätte er Streit mit seiner Frau gehabt und wäre auch alkoholisiert gewesen.

 

1.5. Mit der am 7. Dezember 2007 beim Oö. Verwaltungssenat per Telefax eingebrachten Beschwerde gemäß § 82 FPG vom 6. Dezember 2007 erhob die Bfin durch ihren Rechtsvertreter Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft. Beantragt wird, den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes zu beheben sowie die Schubhaft aufzuheben und die Bfin aus der Schubhaft zu entlassen.

 

Die Beschwerde geht mit den im Folgenden angeführten Modifikationen vom oben dargestellten Sachverhalt aus. Dem Vorwurf der Nichtwahrnehmung von Ladungsterminen tritt die Beschwerde in tatsächlicher Hinsicht entgegen. Sie berichtet, dass der erste Termin vom 6. November 2007 nach Absprache zwischen der Behörde und dem Rechtsvertreter der Bfin auf den 26. November 2007 verschoben worden sei. Zu diesem Termin erschien dann die Bfin nicht, was aber einzig und allein darauf zurückzuführen gewesen wäre, das der vom Rechtsvertreter an die Bfin gesandte Brief auf dem Postweg verloren gegangen sein müsse. Keinesfalls hätte sich die Bfin dem Verfahren entziehen wollen. Den weiteren Termin am 28. November 2007 habe sie ordnungsgemäß wahrgenommen.

 

Die Tatsache der rechtsfreundlichen Vertretung sei schon ein eindeutiger Hinweis, dass die Bfin am Verfahren teilnehmen und mitwirken wolle. Sie habe seit ihrer Einreise im Jahre 2001 sämtliche behördlichen Anordnungen und Verfügungen erfüllt, sei es die Vorlage von Arbeits- und Versicherungsbestätigungen, sei es die korrekte Meldung an ihrem jeweiligen Wohnsitz und die ordnungsgemäße Abführung von Steuern.

 

Weiters widerlege die Tatsache, dass die Bfin auf legale Weise eingereist und sich von Anfang an um eine Aufenthaltserlaubnis bemüht und auch mehrfach erhalten habe, die Ansicht der belangten Behörde, die Bfin hätte keine Interesse an der Einhaltung der Rechtsvorschriften ihres Gastlandes. Die Bfin sei seit 2001 weder strafrechtlich noch verwaltungsstrafrechtlich auffällig geworden. In Anbetracht dessen müsse die Ansicht der belangten Behörde jedenfalls korrigiert werden. Die Bfin habe immer die offizielle Vorgangsweise eingehalten und nie versucht, behördliche Wege zu umgehen, was auch aus der Aktenlage hervorgehe.

 

2.1. In der Beschwerde wird zur rechtlichen Begründung zunächst angeführt, die Schubhaft hätte nicht verhängt werden dürfen, weil nach wie vor ein Verfahren zu Zl. Sich 40-264-2001 betreffend Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Familienangehöriger" anhängig ist, welches sich im Berufungsstadium (Berufungseinbringung am 25.05.2007) befindet, wobei die Entscheidung des Bundesministeriums für Inneres noch nicht vorliegt.

 

Aus diesem Grund halte sich die Bfin gemäß § 24 NAG nach wie vor rechtmäßig in Österreich auf. Dies bedeute, dass die rechtskräftige Ausweisung nicht durchsetzbar sei, solange über die Berufung nicht entschieden worden ist. Im konkreten Fall fehle es daher am Sicherungszweck der Ausweisung, weil diese nicht durchsetzbar "bzw. der Bescheid, mit dem die Ausweisung verfügt wurde," überhaupt rechtswidrig sei.

In rechtlicher Hinsicht argumentiert die Beschwerde weiter, dass die belangte Behörde bei Berücksichtigung des (oben unter 1.5. geschilderten) Gesamtverhaltens der Bfin von der Verhängung der Schubhaft hätte absehen müssen. Die Begründung mit Ladungen, denen die Bfin nicht Folge geleistet habe, erscheine geradezu willkürlich. Die belangte Behörde habe in keiner Weise das jahrelange vorbildliche Verhalten der Bfin in ihre Ermessensentscheidung einbezogen.

 

Für den Fall der Rechtmäßigkeit des Ausweisungsbescheides wird vorgebracht, dass der Sicherungszweck jedenfalls auch mit gelinderen Mitteln erreicht hätte werden können. Die Bfin wäre bereit, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen und sich regelmäßig beim zuständigen Polizeikommando zu melden.

 

Die Bfin sei in Österreich sozial verankert und mit R D verheiratet. Darüber hinaus leben sieben Cousinen der Bfin in Oberösterreich und der Steiermark, welche alle über gültige Aufenthaltstitel verfügen. Ihr Freundes- und Bekanntenkreis bestehe aus Österreichern.

 

Das von der belangten Behörde völlig substanzlos befürchtete Abtauchen in die Illegalität komme wegen der sozialen Bindungen der Bfin nicht in Betracht und würde ihrem bisherigen Gesamtverhalten zuwiderlaufen. Einer beruflichen Tätigkeit gehe die Bfin mangels Arbeitserlaubnis momentan nicht nach, doch habe sie Anspruch auf Unterhalt gegenüber ihrem Ehegatten.

 

Die Ausführungen der belangten Behörde über die Mittellosigkeit und den fehlenden Krankenversicherungsschutz der Bfin könnten keine Gründe für die Verhängung der Schubhaft sein. Die Ausführung der Behörde, sie habe sich mit der Überlegung gelinderer Mittel "sehr intensiv beschäftigt" sei eine reine Schutzbehauptung. Die belangte Behörde führe selbst im Schubhaftbescheid, Seite 3, 5. Absatz, aus, dass sie nach dem Asylantrag der Bfin die Schubhaft verhängte. Eine Auseinandersetzung mit der Frage gelinderer Mittel habe überhaupt nicht stattgefunden. Die belangte Behörde habe einfach pauschal als Reaktion auf den Asylantrag die Schubhaft verhängt.

 

2.2. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 7. Dezember 2007 ihre Verwaltungsakten zur Entscheidung übermittelt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie der Beschwerde entgegen tritt und deren kostenpflichtige Abweisung beantragt.

 

Die belangte Behörde hat auf den im Schubhaftbescheid angeführten Sachverhalt Bezug genommen und zum rechtlichen Hintergrund des § 76 Abs 2 Z 3 FPG erwähnt, dass eine rechtskräftige durchsetzbare Ausweisung gegen die Bfin vorliege. Die Antragstellung auf Niederlassungsbewilligung könne kein Aufenthaltsrecht verschaffen. Es wird auf § 25 NAG verwiesen, wonach ein Verfahren über einen Verlängerungsantrag formlos einzustellen sei, wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme in Rechtskraft erwächst. Die Ausführungen der rechtlichen Vertretung gehen somit ins Leere.

 

Aus der Sicht der belangten Behörde liege ein krasser Missbrauch des Asylrechts vor. Die Bfin habe durch Asylantragstellung ihre Abschiebung vereiteln wollen.

 

Das Bundesasylamt EASt West habe am 4. Dezember 2007 eine – gegenständlich nicht aktenkundige - Verständigung gemäß § 29 Abs 3 Z 5 AsylG zugestellt, der zufolge die Abweisung des Asylantrages geplant sei. Das Bundesasylamt sei nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 zu einer "verkürzten Entscheidung" verpflichtet.

 

Ein gelinderes Mittel sei für die belangte Behörde nicht in Betracht gekommen, weil die Bfin erst auf Bedrängen ihrer rechtlichen Vertretung bereit gewesen wäre, bei der Behörde zu erscheinen und die rechtliche Vertretung einen Asylantrag mehr oder weniger angekündigt habe, um die Außerlandesschaffung zu vereiteln. Es sei sehr wohl zu befürchten, dass die Bfin sogar während des Asylverfahrens in die Illegalität abtauche. Dies umso mehr, als ihr die beabsichtigte Abweisung von der Asylbehörde mitgeteilt worden sei.

 

Die sozialen Bindungen der Bfin wären bereits im Ausweisungsverfahren hinlänglich erörtert worden. Die Sicherheitsdirektion sei zum Schluss gekommen, dass die öffentlichen Interessen an der Außerlandesschaffung höher zu bewerten seien als allfällige private Interessen der Bfin. Diese Entscheidung sei in Rechtskraft erwachsen. Weiters habe die Bfin bekannt gegeben, dass sie keinesfalls Österreich freiwillig verlassen werde (Hinweis auf Niederschrift vom 28.11.2007). Diese Aussage weise darauf hin, dass die Bfin den Weg in die Illegalität nicht scheuen würde, sondern ernsthaft in Erwägung zöge.

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der wesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

1.      wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.      wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3.      wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der Unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl § 83 Abs 4 FPG).

 

Die Bfin wurde am 28. November 2007 in Gmunden festgenommen und wurde in der Folge ins PAZ Wels zum Vollzug der Schubhaft überstellt, wo sie noch angehalten wird. Ihre Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft ist zulässig.

 

Die Anträge, den Schubhaftbescheid ersatzlos sowie die Schubhaft aufzuheben und die Bfin zu entlassen, waren unzulässig und daher zurückzuweisen. Der unabhängige Verwaltungssenat kann im Beschwerdeverfahren gemäß §§ 82 f FPG nur über die Rechtmäßigkeit absprechen, nicht aber Bescheide aufheben. Gemäß dem § 81 Abs 1 Z 2 FPG ist die Schubhaft durch Freilassung formlos aufzuheben, wenn der unabhängige Verwaltungssenat festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für ihre Fortsetzung nicht vorliegen. Dann gilt der zugrunde liegende Bescheid gemäß § 81 Abs 2 FPG als widerrufen.

 

4.2. Nach § 76 Abs 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

 

gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides nicht bloß kurzfristig aus anderem Grund in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Gemäß § 80 Abs 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden, es sei denn, es läge ohnehin auch ein Verlängerungsfall nach § 80 Abs 4 Z 1 bis 3 leg.cit. vor.

 

4.3. Gemäß § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (Art 2 des Fremdenrechtspaketes 2005, BGBl I Nr. 100/2005) ist ein Antrag auf internationalen Schutz das - auf welche Weise immer artikulierte - Ersuchen eines Fremden in Österreich, sich dem Schutz Österreichs unterstellen zu dürfen; der Antrag gilt als Antrag auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (vgl Z 15) und bei Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten als Antrag auf Zuerkennung des subsidiär Schutzberechtigten (vgl Z 16).

 

Asylwerber ist nach § 2 Abs 1 Z 14 AsylG 2005 ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.

 

Gemäß § 13 AsylG 2005 ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Entzug des Aufenthaltsrechts (§ 62 Abs 1 FPG) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. Wird Asylwerbern gemäß § 62 FPG ihr Aufenthaltsrecht entzogen, kommt ihnen faktischer Abschiebeschutz (§ 12) zu.

 

Nach § 28 Abs 1 Satz 1 AsylG 2005 ist das Verfahren zuzulassen, wenn der Antrag voraussichtlich nicht zurückzuweisen ist und soweit das Verfahren nicht vor Zulassung inhaltlich entschieden wird. Gemäß § 28 Abs 1 Satz 2 AsylG 2005 erfolgt die Zulassung durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 51), eines Bescheides bedarf es nicht.

 

Nach § 28 Abs 2 AsylG 2005 ist der Antrag zuzulassen, wenn das Bundesasylamt nicht binnen zwanzig Tagen nach Einbringen des Antrags auf internationalen Schutz entscheidet, dass der Antrag zurückzuweisen ist, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Dublin - Verordnung oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt. Das Führen solcher Konsultationen ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen. Diesfalls gilt die 20-Tages-Frist nicht. Diese gilt überdies nicht, wenn der Asylwerber am Verfahren nicht mitwirkt, dieses gegenstandslos wird oder er sich diesem entzieht. Ist der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage, am Verfahren mitzuwirken, ist der Lauf der Frist nach Satz 1 gehemmt.

 

4.4. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist bei Eingriffen in das Recht auf persönliche Freiheit stets das unmittelbar anwendbare Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl Erk. des VfGH vom 24.6.2006, B 362/06). Die zuständige Fremdenpolizeibehörde ist stets dazu verpflichtet, die einzelnen Schubhafttatbestände verfassungskonform auszulegen und eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (vgl Erk. des VfGH vom 15.6.2007, B 1330 und 1331/06).

 

Dementsprechend judiziert der Verwaltungsgerichtshof mittlerweile in ständiger Judikatur, dass die Gründe, aus denen über einen Asylwerber gemäß § 76 Abs 2 FPG Schubhaft angeordnet werden kann, im Lichte des Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen sind, wobei eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist. Hieraus folge die Verpflichtung der die Schubhaft anordnenden Behörde nachvollziehbar darzulegen, inwiefern die Anordnung der Schubhaft erforderlich ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. In diesem Sinn seien auch Überlegungen anzustellen, ob dem Sicherungszweck bereits durch die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG entsprochen werden kann (vgl je mwN VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0051 unter Hinweis auf Erk. des VfGH 24.6.2006, Zl. B 362/06; VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0091; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0027). Im Erkenntnis vom 30. August 2007, Zl. 2007/21/0043, hat der Verwaltungsgerichtshof zudem ausgeführt, dass dies im Ergebnis bedeute, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 Abs 2 FPG gestützt werden soll, stets nur ultima ratio sein darf.

 

4.5. Im vorliegenden Fall hat die Bfin bei der Vernehmung durch die belangte Behörde am 28. November 2007 einen Asylantrag geäußert, worauf sie offenbar unmittelbar in Schubhaft genommen wurde. Diese Annahme scheint die nicht ganz klare Niederschrift nahe zu legen. Die belangte Behörde hat sich auf den Schubhaftgrund nach § 76 Abs 2 Z 3 FPG berufen, zumal gegen die Bfin mit dem - im Berufungsverfahren durch die Sicherheitsdirektion bestätigten - Bescheid der belangten Behörde vom 17. März 2006, Zl. Sich 40-264-2001, eine durchsetzbare Ausweisung schon vor der Asylantragstellung erlassen worden war.

 

Richtig ist dabei zunächst entgegen der Beschwerde, dass die Bfin seit 1. Jänner 2006 keinen Aufenthaltstitel mehr für Österreich hat, weil wegen der Änderung der gesetzlichen Grundlagen durch das NAG eine Verlängerung ihres bisherigen Titels nach dem FrG 1997 nicht mehr möglich war und ihr Niederlassungserstantrag als "Familienangehöriger" eines Österreichers unter Hinweis auf eine bloße Aufenthaltsehe nicht bewilligt worden ist. Das Berufungsverfahren ist allerdings noch anhängig. Die Beschwerde übersieht mit ihrem sinngemäßen Hinweis auf die Rechtsfolge des rechtmäßigen Aufenthalts im § 24 Abs 2 NAG (bis zur Entscheidung über den Antrag), dass diese nur bei Verlängerungsanträgen, nicht aber bei Erstanträgen wie bei der Bfin denkbar ist.

 

Die belangte Behörde hat zum Sicherungsbedarf begründend ausgeführt, dass die Bfin unentschuldigt Ladungen nicht nachgekommen wäre und damit zu erkennen gegeben hätte, kein Interesse an der Einhaltung der Rechtsvorschriften ihres Gastlandes zu haben. Dieser pauschalen Argumentation kann der Oö. Verwaltungssenat nach Ausweis der Aktenlage nicht folgen. Wie in der Beschwerde schlüssig und unwiderlegt ausgeführt wurde, ist der erste Ladungstermin am 6. November 2007 im Einvernehmen und nach Absprache mit dem Beschwerdevertreter, dem die belangte Behörde zunächst auch noch Akteneinsicht durch Übersendung einer Aktenkopie gewährte, auf den 26. November 2007 verschoben worden. Zu diesem Termin wurde die Bfin durch Ladungsbescheid zu Händen ihres Rechtsvertreters und nicht auch persönlich geladen. Ihr Nichterscheinen zum festgesetzten Termin erklärt der Beschwerdevertreter damit, dass seine Verständigung der Bfin auf dem Postweg verloren gegangen sein müsse. Dieser denkmöglichen Darstellung hat die belangte Behörde nichts entgegen gesetzt. Sie muss daher als wahr unterstellt werden, weshalb die Behauptung der belangten Behörde nicht zutrifft, die Bfin wäre zum Termin am 26. November 2007 unentschuldigt nicht erschienen. Tatsächlich ist sie in der Folge vereinbarungsgemäß am 28. November 2007 zur Einvernahme persönlich mit ihrer Rechtsvertretung erschienen.

 

Die belangte Behörde argumentiert weiter damit, dass die Bfin mittellos und ohne Krankenversicherungsschutz sei, und daher sinngemäß gezwungen wäre, ihren Lebensunterhalt zumindest teilweise auch auf illegale Weise zu bestreiten. Dem ist zu entgegnen, dass die Ehe der Bfin mit R D nach wie vor aufrecht ist, weshalb sie einen gerichtlich durchsetzbaren Unterhaltsanspruch gegen ihren Ehegatten hat. Außerdem hat sie mehrere Cousinen in Österreich und besteht ihr Bekannten- und Freundeskreis aus Österreichern.

 

Die Bfin ist auch nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats als sozial integriert zu betrachten. Sie hatte nach dem FrG 1997 einen Aufenthaltstitel mit einer Arbeitserlaubnis als selbständige Prostituierte und war nach dem aktenkundigen Versicherungsdatenauszug per 26. November 2007 zur Vers.Nr.          bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft in der Zeit vom 1. Oktober 2001 bis 31. März 2006 sozial versichert. Sie ist seit 11. September 2001 kontinuierlich mit Wohnsitz in Österreich gemeldet und hat zuletzt seit 6. September 2007 als Hauptwohnsitz D (Gemeinde O; Unterkunftgeber J F) angegeben. Nach ihren niederschriftlichen  Angaben und dem Bericht der Polizeiinspektion Gmunden vom 29. November 2007, Zl. E 1/19084/2007-vi, betreffend Asylantragstellung der Bfin (AIS-Zahl       ) lebte sie zuletzt bei ihrer Cousine mit Vornahmen N. Wie die Beschwerde mit Recht betont, ist die Bfin während ihres jahrelangen Aufenthalts in Österreich auch in strafrechtlicher Hinsicht nicht auffällig geworden. Offenbar trifft es auch zu, dass sie in der Vergangenheit immer den offiziellen Weg beschritt und nie versuchte, behördliche Wege zu umgehen. Aus der Aktenlage lässt sich nicht Gegenteiliges ableiten und ist die belangte Behörde diesem Beschwerdevorbringen auch nicht entgegen getreten.

 

Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift meint, die sozialen Bindungen wären im Ausweisungsverfahren schon hinlänglich und rechtskräftig erörtert und dort geringer bewertet worden als das öffentliche Interesse an der Außerlandesschaffung, so verkennt sie offenbar, dass diese Einschätzung für die Prüfung des Sicherungserfordernisses bei Anordnung der Schubhaft weder präjudiziell noch sonst entscheidungswesentlich ist. Eine Interessenabwägung im Ausweisungsverfahren zum Nachteil des Fremden begründet noch keinen aktuellen Sicherungsbedarf. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist beim Sicherungserfordernis die konkrete Situation des Beschwerdeführers (Einzelfallprüfung) zu prüfen. Deswegen verbietet sich auch ein Abstellen auf allgemeine Erfahrungen im Umgang mit Asylwerbern oder aus anderen Fällen (vgl VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0051; VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0091).

 

4.6. Als wesentliches Argument für den Sicherungsbedarf führt die belangte Behörde weiter an, dass die Bfin niederschriftlich bekannt gegeben hat, dass sie Österreich nicht freiwillig verlassen werde. Zur Verhinderung ihrer Abschiebung habe sie auch noch einen Asylantrag gestellt. Die Gefahr des Abtauchens in die Illegalität sei daher sehr groß.

 

Auch diese Argumentation der belangten Behörde erweist sich als grundsätzlich verfehlt. Nach der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vermag die fehlende Ausreisewilligkeit eines Fremden für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht zu rechtfertigen. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland, die allerdings in einem mängelfreien Verfahren abzuklären und nachvollziehbar zu begründen wäre, bejaht werden könnte (ständige Rspr; vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107).

 

Der Hinweis der belangten Behörde auf den Asylantrag zur Verhinderung der Abschiebung ist im Zusammenhang mit dem vorletzten Satz des § 1 Abs 2 FPG zu sehen, wonach die Durchsetzung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes gegen einen "Asylwerber" erst zulässig, wenn die Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 durchgesetzt werden kann. Es wird wohl zutreffen, dass die Bfin mit ihrem Asylantrag die Verhinderung der Abschiebung bezweckt. Daraus den Schluss zu ziehen, dass sie den Weg in die Illegalität nicht scheuen werde, ist aber unvertretbar. Die Bfin hat nämlich nur die ihr gesetzlich zur Verfügung stehenden Mittel ergriffen. Es kann ihr deswegen noch keine rechtsfeindliche Gesinnung unterstellt werden. Die sinngemäße Kritik der Beschwerde, dass die belangte Behörde die Schubhaft unmittelbar nach und wegen der Stellung des Asylantrages verhängte, erscheint auch dem erkennenden Mitglied nach Lektüre der Begründung des Schubhaftbescheides und der Niederschrift vom 28. November 2007 plausibel. Eine solche Vorgangsweise hinterlässt eine schiefe Optik und kann auch durch die konkreten Umstände des Falles nicht gerechtfertigt werden.

 

Im Ergebnis teilt der Oö. Verwaltungssenat die Ansicht der Beschwerde, dass die belangte Behörde ein Abtauchen der Bfin in die Illegalität substanzlos, weil nach den aktenkundigen Umständen ohne konkrete Anhaltspunkte befürchtet hat. Auf Grund des bisherigen Gesamtverhaltens der Bfin erscheint eine solche Annahme nicht naheliegend.

 

4.7. Gemäß § 77 Abs 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Auch vor Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 FPG hat die Fremdenbehörde auf § 77 Abs 5 FPG Bedacht zu nehmen und darf die Schubhaft nur bei konkretem Sicherungsbedarf anordnen.

 

Aus der Aktenlage ergibt sich, dass die Bfin im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerberin war. Nach Darstellung in der Gegenschrift hat das Bundesasylamt EASt West eine Verständigung gemäß § 29 Abs 3 Z 5 AsylG 2005 zugestellt, wonach die Abweisung des Asylantrages geplant sei. Somit wäre ex lege gemäß dem § 27 Abs 1 Z1 AsylG 2005 auch ein Ausweisungsverfahren eingeleitet worden, weshalb auch an den Schubhaftgrund nach § 76 Abs 2 Z 2 FPG zu denken ist. Da die obigen Ausführungen im Punkt 4.5. für die Gründe des § 76 Abs 2 FPG im Allgemeinen gelten, ändert sich aber nichts an der Einschätzung des fehlenden Sicherungsbedarfes. Die Anordnung der Schubhaft muss weiterhin ultima ratio sein, was gegenständlich keinesfalls zutrifft.

 

Gemäß § 28 Abs 3 Satz 1 AsylG 2005 ersetzt eine Abweisung des Asylantrages im Zulassungsverfahren die Zulassungsentscheidung. Gemäß § 28 Abs 3 Satz 2 AsylG 2005 gilt der im Zulassungsverfahren abgewiesene Asylantrag als zugelassen, wenn oder sobald der Berufung gegen diese Entscheidung aufschiebende Wirkung zukommt. Gemäß dem § 27 Abs 4 Satz 1 AsylG 2005 ist ein gemäß Abs 1 Z 1 eingeleitetes Ausweisungsverfahren einzustellen, wenn das Verfahren zugelassen wird. Mit Zulassung hätte die Bfin gemäß § 13 AsylG 2005 ein vorläufiges Aufenthaltsrecht.

 

Der weitere Gang des Asylverfahrens ist derzeit noch völlig offen. Nach den Bestimmungen des AsylG 2005 könnte das Verfahren zugelassen werden oder als zugelassen gelten und der Bfin sogar ein befristetes Aufenthaltsrecht zukommen.

 

Aus der Begründung des Schubhaftbescheides und der Aktenlage erscheint es für den Oö. Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar, wieso die belangte Behörde nicht zumindest mit der Anwendung eines gelinderen Mittels iSd § 77 Abs 3 FPG das Auslangen gefunden hat.

 

Soweit die Bfin als hilfsbedürftige Fremde angesehen werden müsste, weil sie etwa keinen ausreichenden Unterhalt von ihrem Ehegatten erlangen könnte, hätte sie auch Anspruch auf Grundversorgung in einer Betreuungseinrichtung des Bundes und nach Zulassung in einer solchen des Landes. Gemäß § 2 iVm § 9 Grundversorgungsgesetz – Bund 2005 besteht ein durchsetzbarer Anspruch auf Grundversorgung im asylrechtlichen Zulassungsverfahren. Danach hätte das Land Oberösterreich die Grundversorgung zu leisten, solange nicht rechtskräftig über den Asylantrag der Bfin abgesprochen oder diese aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden kann (vgl näher §§ 1 und 2 Oö. Grundversorgungsgesetz 2006 iVm Art 2 und 4 Grundversorgungsvereinbarung nach Art 15a B-VG, BGBl I Nr. 80/2004 = LGBl Nr. 93/2004).

 

Es stellt sich demnach die von der belangten Behörde vollkommen ignorierte Frage, wieso die Bfin nicht am Asylverfahren mitwirken und damit eine Einstellung verbunden mit einem Festnahmeauftrag durch die Asylbehörde und den Verlust ihrer Position als Asylwerberin sowie des Anspruchs auf Grundversorgung in Kauf nehmen sollte. Es kann ihr ohne konkrete tatsächliche Hinweise nicht unterstellt werden, dass sie ein gelinderes Mittel nützen würde, um in die Anonymität oder Illegalität abzutauchen.

 

Die belangte Behörde hätte sich daher unter den gegebenen Umständen mit der Anordnung an die Bfin, sich in periodischen Abständen bei einem bekannt zu gebenden Polizeikommando zu melden, begnügen müssen. Da die Verhängung der Schubhaft jedenfalls als nicht zwingend erforderlich angesehen werden konnte, war auch die Ermessensentscheidung der belangten Behörde, von gelinderen Mitteln abzusehen, unvertretbar.

 

4.8. Im Ergebnis war daher der vorliegenden Schubhaftbeschwerde Folge zu geben, der Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft von Beginn an für rechtswidrig zu erklären und beim derzeitigen Sachstand für die Zukunft iSd § 83 Abs 4 FPG festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

5. Eine Entscheidung über den Aufwandersatz zugunsten der Bfin als obsiegender Partei nach § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl II Nr. 334/2003) war mangels eines entsprechenden Antrags nicht zu treffen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Bundesstempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro für die Beschwerde angefallen.

 

 

 

 

Dr. W e i ß

 

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