Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230712/2/Gf/Km

Linz, 09.04.1999

VwSen-230712/2/Gf/Km Linz, am 9. April 1999 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der M D, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 15. März 1999, Zl. Sich96-407-1998-OJ, wegen Übertretung des Fremdengesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 15. März 1999, Zl. Sich96-407-1998-OJ, wurde über die Rechtsmittelwerberin, eine tschechische Staatsangehörige, eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden verhängt, weil sie sich am 21. Dezember 1998 ohne gültiges Visum und ohne gültigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten habe; dadurch habe sie eine Übertretung des § 31 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 86/1998 (im folgenden: FrG), begangen, weshalb sie gemäß § 107 Abs. 1 Z. 4 FrG zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihr am 18. März 1999 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 31. März 1999 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der der Beschwerdeführerin angelastete Sachverhalt aufgrund der Wahrnehmungen eines Grenzkontrollorganes als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin entsprechend berücksichtigt und ihre bisherige Unbescholtenheit als mildernd gewertet worden, während die lange Zeitdauer der illegalen Ein- und Ausreise (täglich während ca. zwei Monaten) als erschwerend zu qualifizieren gewesen sei.

2.2. Dagegen bringt die Berufungswerberin vor, daß sie zwar gelegentlich im Lokal ihres Lebensgefährten als Kellnerin helfe, am Tattag aber lediglich zum Einkaufen nach Österreich gekommen sei und somit kein Visum benötigt hätte.

Daher wird - erschließbar - die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung zu Zl. Sich96-407-1998-OJ; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt sowie ein entsprechender Antrag von den Verfahrens-parteien nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 107 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 31 Abs. 1 Z. 1 bzw. 2 FrG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 10.000 S zu bestrafen, der sich ohne gültigen Sichtvermerk i.S.d. § 6 FrG bzw. ohne gültigen Aufenthaltstitel i.S.d. § 7 FrG im Bundesgebiet aufhält.

4.2. Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, daß die Rechtsmittelwerberin nicht über einen Sichtvermerk, insbesondere nicht über ein Reisevisum gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 FrG, verfügte.

Nach dem - gemäß Z. 35 der Kundmachung des Bundeskanzlers betreffend die zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen Republik geltenden Verträge, BGBl.Nr. III 123/1997, unverändert anzuwendenden - Abkommen über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl.Nr. 47/1990, dürfen die Staatsbürger der Vertragsstaaten zu einem nicht Erwerbszwecken dienenden und nicht länger als 30 Tage dauernden Aufenthalt ohne Sichtvermerk einreisen (vgl. Art. 1 Abs. 1).

Da der Beschwerdeführerin mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nur angelastet wird, sich am 21. Dezember 1998 - somit bloß an einem (konkreten) Tag - unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten zu haben, hätte daher die Beschwerdeführerin nur dann eines Sichtvermerkes bedurft, wenn sie sich an diesem Tag zu Erwerbszwecken im Bundesgebiet aufgehalten hätte.

Ihrer Verantwortung, an diesem konkreten Tag - einem Montag - jedoch nur zum Einkaufen nach Österreich eingereist zu sein, ist die belangte Behörde aber trotz des Umstandes, daß dieses Vorbringen schon deshalb als glaubwürdig erscheint, weil jenes Lokal, in dem sie vorgeblich bei ihrem Lebensgefährten arbeiten soll, jedenfalls immer montags geschlossen ist (Ruhetag), nicht einmal entgegengetreten, geschweige denn, daß entsprechende, diese Einwendung widerlegende Beweise vorlägen.

Mit Bezug auf den konkreten Tatzeitpunkt kann aber bei einer derartigen Beweislage offenkundig gerade keine Rede davon sein, daß die der Beschwerdeführerin angelastete "Übertretung hinlänglich erwiesen" ist.

4.3. Vielmehr war der vorliegenden Berufung unter Zugrundelegung der Unschuldsvermutung (vgl. Art. 6 Abs. 2 MRK) gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren mangels Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens der Rechtsmittelwerberin nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Rechtsmittelwerberin gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. G r o f

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