Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240246/2/Gf/Km

Linz, 25.03.1997

VwSen-240246/2/Gf/Km Linz, am 25. März 1997
DVR. 0690392
E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des J G, vertreten durch RA Dr. G D, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 10. März 1997, Zl. 101-6/1-53-3514.005, wegen Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als der angefochtene Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben wird.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wird abgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 10. März 1997, Zl. 101-6/1-53-3514.005, wurde der Antrag des Rechtsmittelwerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Berufung gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 13. Dezember 1996, Zl. 101-6/1-53-3514.4, abgewiesen.

1.2. Gegen diesen dem Rechtsmittelwerber am 14. März 1997 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 17. März 1997 - und damit rechtzeitig - im Wege der Telekopie bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

2.1. Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß das oben unter 1.1. angeführte Straferkenntnis dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nachweislich am 17. Dezember 1996 zugestellt, die Berufung dagegen jedoch erst am 3. Jänner 1997 - und somit verspätet - erhoben worden sei. Der gleichzeitig gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung habe sich deshalb als unbegründet erwiesen, weil der bevollmächtigte Rechtsanwalt seinen Kanzleibetrieb offenkundig nicht derart eingerichtet gehabt habe, daß auch die richtige Vormerkung bzw. Weitergabe von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von Verfahrenshandlungen sichergestellt war.

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber vor, daß die Kanzleileiterin seines Rechtsvertreters anläßlich der Zustellung des Straferkenntnisses zwar sowohl den letzten Tag der Frist richtig mit "31.12." als auch die Art des zu erhebenden Rechtsmittels - nämlich "Berufung" - zutreffend vorgemerkt habe. Am 30. Dezember 1996 habe sie jedoch dem zwischenzeitlich erkrankten Rechtsvertreter per Telefon fälschlich mitgeteilt, daß dies der "letzte Tag für eine Stellungnahme" sei. Dabei habe es sich offenkundig um ein bloßes Versehen einer immerhin bereits seit 1. Oktober 1985 in der verfahrensgegenständlichen Rechtsanwaltskanzlei als Kanzleileiterin tätigen Bediensteten gehandelt.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie beantragt, dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl.101-6/1-53-3514; da bereits aus diesem in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt hervorging und sich die vorliegende Berufung lediglich gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt wurde, konnte im übrigen gemäß § 51e Abs. 2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1.1.Gemäß § 71 Abs. 4 AVG ist jene Behörde zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung zuständig, bei der die versäumte Handlung vorzunehmen war.

4.1.2. Dies bedeutet, daß - auch wenn die Berufung nach § 63 Abs. 5 AVG bei der belangten Behörde einzubringen war - nicht jene, sondern der unabhängige Verwaltungssenat über den Wiedereinsetzungsantrag aus Anlaß der Versäumung der Berufungsfrist zu entscheiden hat. Andernfalls käme man nämlich - wie der Oö. Verwaltungssenat bereits in ständiger Rechtsprechung, von der abzugehen kein Anlaß besteht, klargestellt hat (vgl. VwSen-230074 vom 14.9.1992) - zu dem unvertretbaren Ergebnis, daß es in der Hand der Unterinstanz läge, das übergeordnete Entscheidungsorgan hinsichtlich der Prozeßvoraussetzungen seines Verfahrens zu binden. Dies ist jedoch schon nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers, wonach die Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat - wenngleich im Gesetz fälschlich als "Berufung" (vgl. § 67a Abs. 1 AVG; § 51 VStG) bezeichnet - ein außerordentliches Rechtsmittel (arg. "nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges" in Art. 129a Abs. 1 B-VG) darstellt, jedenfalls ausgeschlossen (vgl. in diesem Sinne auch VwGH v. 17.9.1981, 06/2335/79, u.v.a. zur insoweit vergleichbaren Rechtslage im gemeindeaufsichtsbehördlichen Verfahren: "Die Entscheidung über einen Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Vorstellung steht ungeachtet der Einbringungsstelle keinesfalls einer Gemeindeinstanz, sondern der Aufsichtsbehörde selbst zu, dies deswegen, weil der Gemeinde im aufsichtsbehördlichen Verfahren keine behördliche Befugnis, sondern lediglich die Stellung einer Partei des Verfahrens zukommt. Dadurch, daß die belangte Behörde die Unzuständigkeit des Gemeindevorstandes zur Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages verkannt hat, hat sie ihrerseits den Beschwerdeführer insoweit in seinen Rechten verletzt." und VwGH v. 26.6.1990, 89/05/0235: "War die Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde bei der Gemeinde einzubringen, so ist auch der Wiedereinsetzungsantrag bei der Gemeinde zu stellen, zu entscheiden hat aber die Gemeindeaufsichtsbehörde.").

4.1.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insofern stattzugeben, als der angefochtene Bescheid, mit dem der Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen wurde, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben war.

4.2.1. Gemäß § 24 VStG i.V.m. § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand u.a. dann zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

4.2.2. Inhaltlich bringt der Beschwerdeführer zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages vor, daß die Kanzleileiterin seinem Rechtsvertreter anstelle der Notwendigkeit der Erstellung eines Berufungsschriftsatzes fälschlich mitgeteilt habe, daß lediglich eine Stellungnahme abzugeben sei, weshalb auch tatsächlich nur ein Fristerstreckungsantrag gestellt wurde.

Dieser Irrtum kann nicht bloß als ein minderer Grad des Versehens i.S.d § 71 Abs. 1 Z.1 AVG qualifiziert werden. Denn gerade einer - wie im vorliegenden Fall - bereits seit über zehn Jahren in der Rechtsanwaltskanzlei des Beschwerdeführers und noch dazu in der Funktion einer Kanzleileiterin tätigen Angestellten muß der gravierende Unterschied zwischen einer Berufung, die an eine gesetzliche und daher gemäß § 33 Abs. 4 AVG nicht änderbare Frist gebunden ist, und einer mit einer bloß behördlichen - und damit auch erstreckbaren - Fristsetzung verbundenen Stellungnahme in gleicher Weise wie etwa das jedem Schulkind bekannte Verbot, daß bei Rotlicht die Straße nicht überquert werden darf, derart eindringlich ins Unterbewußtsein übergegangen sein, daß demnach eine diesbezügliche Verwechslung mit Sicherheit ausgeschlossen ist.

Da ein anwaltlich vertretener Beschwerdeführer das Verschulden seines Rechtsvertreters in gleicher Weise wie jener das Verschulden seiner Kanzleiangestellten zu vertreten hat (vgl. z.B. VwGH v. 3.4.1979, 3221/78) und sohin im Ergebnis kein bloß minderer Grad des Versehens i.S.d. § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG vorlag, war daher der Antrag des Rechtsmittelwerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G r o f

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