Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162011/14/Bi/Se

Linz, 05.10.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C P, Z, vertreten durch RA Dr. E D, K, vom 6. Februar 2007 gegen das Straf­erkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 12. Jänner 2007, VerkR96-17573-2005, wegen Übertretungen  der StVO 1960, aufgrund der Ergebnisse der am 27. September 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung Recht erkannt:

 

 

I.  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in allen Punkten vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von 1) 30 Euro, 2) 40 Euro und 3) 30 Euro, gesamt 100 Euro, ds 20 % der verhängten Strafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittel­verfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 15 Abs.4 iVm 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960, 2) §§ 4 Abs.1 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 und 3) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 150 Euro (70 Stunden EFS), 2) 200 Euro (99 Stunden EFS) und 3) 150 Euro (70 Stunden EFS) verhängt, weil er am 2. August 2005, 7.45 Uhr, den Kraftwagenzug ..... (Zugfahrzeug) und ......... (Anhän­ger) in der Gemeinde Traunkirchen, B145 bei Strkm 34.600, in Fahrtrichtung Gmunden gelenkt und am angeführten Ort einen in gleicher Richtung fahrenden Lkw überholt habe, wobei er

1) beim Überholen einen der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand vom Fahrzeug, das überholt worden sei, vorschriftswidrig nicht eingehalten habe, sodass es in der Folge zu einem Verkehrs­unfall mit Sachschaden gekommen sei. Obwohl er mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, habe er

2) es unterlassen, sein Fahrzeug sofort anzuhalten und

3) es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle zu ver­stän­digen, obwohl er auch dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nicht nachgewiesen habe. 

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 50 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 27. September 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters Mag. M D, des Zeugen E P (P) und des technischen AmtsSV Ing R H an Ort und Stelle bei km 34.600 der B145, das ist die Unfallstelle, durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet. 

 

3. Der Bw beantragt die Durchführung eines Ortsaugenscheines und die Beiziehung eines kraftfahrtechnischen Sachverständigen sowie die Beischaffung der Tacho­graphen­­scheibe des Lkw ....... vom 2.8.2005 und macht im Wesentlichen geltend, er habe den Lkw überholt, unmittelbar nachdem dieser in die B145 eingebogen gewesen sei und noch eine geringe Geschwindigkeit innegehabt habe. Die Behauptung des Zeugen, er habe das Rücklenkmanöver bereits begonnen, als sich das Ende des Lkws auf Höhe der Fahrerkabine des Lkw P befunden habe, sei technisch auszuschließen, da sich in diesem Fall ein wesentlich anderes Schadensbild und zwingend eine andere Situierung der Schäden ergeben hätte. An der Plane des von ihm gelenkten Lkw-Zuges sei überhaupt kein Schaden gewesen. Bei zeitgerechtem Bremsen und Ausweichen des Zeugen P wäre es zu keiner Fahrzeugberührung gekommen. Er habe vielmehr einen ausreichenden seitlichen Abstand eingehalten und sich vor dem Rücklenken durch einen Blick in den rechten Außenspiegel versichert, dass er den Lkw P bereits mit dem ganzen Lkw-Zug überholt gehabt habe. Eine allfällige Berührung, die nur durch eine vorschriftswidrige Beschleunigung Ps bedingt sein könnte, sei für ihn nicht wahrnehmbar gewesen. Ein Rückschluss darauf, dass der Seitenabstand zu gering gewesen sein könnte, sei nicht zulässig. Er habe objektive Umstände für eine Berührung weder sehen noch ein Geräusch dahingehend vernehmen noch eine Erschütterung bemerken können, sodass ihn an einem allfälligen Verstoß gegen § 4 Abs.1 lit.a oder Abs. 5 StVO kein Verschulden treffe. Er habe vielmehr keinerlei Möglichkeit gehabt, den Eintritt eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen. Beantragt wird daher Verfahrensein­stellung.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung bei km 34.600 der B145, bei der der Bw und sein rechts­freundlicher Vertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt, die Tachographenschau­blätter beider Lkw sowie die Ausführungen des technischen AmtsSV Ing R K (7. Mai 2007, VT-010191/1216-2007) dazu eingesehen, P unter Hinweis auf die Wahr­heits­pflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen und ein SV-Gutachten des technischen AmtsSV zur Nachvollziehbarkeit der beiden Tatvorwürfe eingeholt wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich.

Der Bw lenkte am 2. August 2005 gegen 7.45 Uhr den Planen-Lkw-Zug (....., dreiachsig,  und ....., zweiachsig mit Deichsel, beide beladen mit zusammen 20 Tonnen) auf der B145 aus Richtung Ebensee kommend in Richtung Gmunden und hielt nach eigenen (durch sein Tachographenschaublatt aber nicht bestätigten) Angaben bei der Einmündung der Buchberg-Landesstraße eine Geschwindigkeit von ca 50 km/h ein. Bei dieser Kreuzung bog der Zeuge P als Lenker des Lkw ...... (drei­achsig, leer) von der Buchberg Landesstraße kommend aus dem Stillstand in die B145 ein, nachdem er sich durch einen Blick nach links und im gegenüber befindlichen Verkehrsspiegel nach rechts vergewissert hatte, dass er frei Fahrt hatte, und beschleunigte langsam. Der Bw konnte seinen Lkw-Zug nicht mehr hinter dem Lkw P ausreichend abbremsen, sodass er, nachdem er keinen Gegenverkehr und auch sonst kein Hindernis wahrgenommen hatte, sich dazu entschloss, den Lkw P zu überholen. Nach der Kreuzung befindet sich links die Post und eine Linienbus-Haltestelle, bei der sich beide Fahrzeuge bereits mit dem Lenkerplatz in annähernd gleicher Höhe befanden und der Zeuge P den vom Bw gelenkten Lkw-Zug erstmals wahrnahm. Die Fahrbahnbreite von 6,60 m ebenso wie die Fahrstreifenbreite von jeweils 3,30 m reichten jedenfalls für ein gefahrloses Überholen aus, wobei von einem Abstand zwischen den ausladendsten Punkten beider Fahrzeuge (Außen­spiegel) von 0,5 m bzw der Karosserie beider Fahrzeuge von 0,70 m auszugehen ist.

 

Nach der glaubwürdigen Schilderung des Zeugen P bemerkte dieser gegen Ende des Überholmanövers des Bw etwa auf Höhe des links an die Post anschlie­ßenden Geschäftes Stummer zum einen im Gegenverkehr einen Pkw, der Zeichen mit der Lichthupe abgab, und zum anderen, dass der Anhänger des Lkw-Zuges, der sich immer noch im Zuge des Überholmanövers mit dem hintersten Abschnitt noch auf Höhe seines Führerhauses befand, immer näher kam. Er bremste daher den Lkw ab und fuhr zunächst äußerst rechts und dann mit dem rechten Vorderrad über den dortigen Randstein auf einen schmalen Grünstreifen, der den kombinierten Geh- und Radweg von der Fahrbahn der B145 trennt, wobei er einen dort befindlichen Plastik-Leitpflock mit der Stoßstange weg­schob. Trotzdem kam es zu einer Streifung zwischen dem letzten Abschnitt des Anhängers und dem Lkw P, wobei dessen linker Windschutz abgerissen und aus dem linken Außenspiegelgehäuse das Glas heraus­gebrochen wurde. Der Bw machte keine Anstalten anzuhalten, auch als der Zeuge P mit der Lichthupe Zeichen gab.

Beide Fahrzeuge fuhren aufgrund der nichts anderes zulassenden örtlichen Gegeben­heiten bis zum Krankenhausberg hintereinander – der Zeuge P hatte erfolglos versucht, den Bw über den Funk zu erreichen – und dort überholte der Zeuge P den Lkw-Zug und machte den Bw durch Handzeichen aufmerksam, er solle rechts auf dem dortigen Parkplatz anhalten. Der Bw bestätigte in der Verhandlung, er habe im Lkw keinen Funk und habe zwar die Handzeichen des Zeugen P bemerkt und als Zeichen zum Anhalten verstanden und sogar auf sich bezogen, aber keinen Grund gesehen, das auch zu tun, auch als der Lkw P auf den Parkplatz rechts zufuhr.

Der Zeuge P verständigte, als der Bw nicht auf seine Anhalteversuche reagierte, die Polizei, die den Bw aber nicht mehr anhalten konnte. Dieser wurde dazu erstmals von der Polizei in Zeltweg einvernommen.

 

Die Auswertung der beiden Tachographenscheiben für den 2.8.2005, 7.45 Uhr, allerdings ohne Kenntnis der genauen Unfallzeit und ohne Anhaltspunkt für einen Ort des Lenkens, ergab, dass der vom Bw gelenkte Lkw zum damaligen Zeitpunkt eine Geschwindigkeit 73 km/h (+/- 6 km/h, dh 67 bis 79 km/h) einhielt, dann kurz auf 40 km/h verzögerte und dann wieder auf 72 km/h beschleunigte. Der Lkw P beschleunigte um 7.45 Uhr aus dem Stillstand auf ca 80 km/h und bremste um 7.47 Uhr wieder bis zum Stillstand. Der Zeuge P gab dazu an, er habe etwa 500 m vor der Kreuzung Buch­berg Straße – B145 seine Firma, wisse aber nicht mehr, ob der damals von dort oder vom Lager weggefahren sei. Er habe nach dem Wegschieben des Leitpflocks nicht bis zum Stillstand gebremst, sondern sei gleich dem Lkw-Zug nachgefahren, da dieser weitergefahren sei.

 

Der SV Ing H stellte beim Ortsaugenschein nach Vermessung der Fahrbahnbreite fest, dass die Schilderungen beider Beteiligter vom Beginn des Überholmanövers bzw hinsichtlich der Geschwindigkeiten der Fahrzeuge schlüssig sind, führte jedoch aus, dass, selbst wenn die Streifung zwischen dem letzten Abschnitt des Planenanhängers und dem Außenspiegel des Lkw P im Zuge einer leichten Schrägstellung des Deichselanhängers für den Bw nicht direkt einzusehen gewesen sein sollte, das Fahrmanöver des Zeugen P, nämlich ein Nach-rechts-Ausweichen und Auffahren über den rechten Randstein samt Wegschieben des Leitpflocks für den Bw im Sichtfeld des rechten Außenspiegels liegen musste, in den dieser jedenfalls blicken musste, um sich vor Beginn des  Einschervorgangs auf den rechten Fahrstreifen entsprechend zu vergewissern, ob der Anhänger bereits zur Gänze am Lkw P vorbeigefahren war. Ein solches Wiedereinscheren dürfe erst begonnen werden, wenn die hintere Stoßstange des überholenden Anhängers die vordere Stoßstange des überholten Lkw sicher passiert habe. Das vom Zeugen P geschilderte Fahrmanöver war für den Bw jedenfalls im rechten Außenspiegel wahrzunehmen.

 

Aus der Sicht des UVS ist der Schilderung der in Rede stehenden Verkehrssituation durch den Zeugen P schlüssig, nachvollziehbar und auch von persönlichen Eindruck des Zeugen her Glauben zu schenken. Dieser hat eindrucksvoll seine Versuche, eine Streifung doch noch zu vermeiden, dargelegt und es besteht kein Zweifel am Wahr­heitsgehalt seiner Ausführungen, zumal sich der Außenspiegel des Lkw P auf Höhe des Lenkersitzes befand und damit für den Zeugen P die Streifung unmittelbar wahrzunehmen war. Als Grund für das übereilte Einschermanöver des Bw nannte der Zeuge den Pkw im Gegenverkehr, von dem er allerdings nicht sagen konnte, ob dieser aus Richtung Gmunden kam oder irgendwo von links eingebogen war – er schloss aber dezidiert eine Gefährdung dieses Pkw durch den Bw aus, weil der Abstand groß genug gewesen sei. 

Der Bw ist Berufskraftfahrer, dh mit den Maßen des von ihm gelenkten Lkw-Zuges, mit dem er damals offensichtlich bereits jedenfalls von Judenburg bis Gmunden gefahren war, vertraut. Seine Behauptungen, er habe vor Beginn des Wiederein­scherens nach dem Überholmanöver des Lkw P in den rechten Außenspiegel gesehen und nichts wahrgenommen, was für ein Zustandekommen einer Streifung gesprochen hätte, wohl aber festgestellt, dass er bereits mit dem Hinterende des Anhängers am Lkw P zur Gänze vorbeigefahren war, kann daher nicht der Wahrheit entsprechen. Spätestens als der Zeuge P seine Fahrlinie noch im Zuge des Umspurens des Lkw-Zuges nach rechts in Richtung äußerst rechten Fahrbahnrand, ja sogar über den Randstein auf den Grünstreifen hinauf änderte und der Leitpflock weggeschoben wurde, hätten dem Bw bei Aufwendung der erforderlichen und bei einem Berufungskraftfahrer vorauszusetzenden Sorgfalt Zweifel kommen müssen, ob dieses eher nicht den Gewohnheiten von Lkw-Lenkern entsprechende Fahr­verhalten nicht auf sein (in Bezug auf den Lkw P) übereilt abgeschlossenes Fahr­manöver zurückzuführen sein könnte. Spätestens bei den Zeichen des Zeugen P mittels Lichthupe hätte der Bw entsprechend reagieren und sich vergewissern müssen; die Noch-immer-nicht-Reaktion des Bw auf die Handzeichen des Zeugen P beim Überholen auf dem Krankenhausberg, die dieser nach eigenen Bestätigungen auch tatsächlich bewusst wahrgenommen und als Aufforderung zum Anhalten auf dem rechts befindlichen Parkplatz auch eindeutig verstanden hat, sind in diesem Zusammenhang schon als bewusste Ignoranz anzusehen. Dass der Zeuge P den Bw daraufhin angezeigt hat, verwundert keineswegs.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 15 Abs.4 StVO 1960 ist beim Überholen ein der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechender seitlicher Abstand vom Fahrzeug, das überholt wird, einzuhalten.

Der vom Bw im Zuge des Überholmanövers eingehaltene Seitenabstand vom Lkw P reduzierte sich letztlich auf Null, als es zur Streifung zwischen dem Planenaufbau und dem linken Seitenspiegel und dem Windschutz kam. Dass dieser Seitenabstand nicht nur beim Beginn eines Überholmanövers, sondern vor allem auch bei dessen Beendigung, beim Wiedereinordnen, einzuhalten ist, dürfte wohl nicht ernsthaft in Frage stehen. Von der Fahrbahn­bahnbreite der B145 her wäre an der Unfallstelle ein Seitenabstand von jedenfalls 0,5 m möglich und dem Bw auch zumutbar gewesen.

 

Gemäß § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfalls­ort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.

Gemäß § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, diese Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht der lit.a und des Abs.5 ist als objektives Tatbestandsmerkmal der Eintritt eines Sachschadens und in objektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, uva).

 

Nach den Ausführungen des SV besteht zwar aufgrund des Umstandes, dass der Lkw-Anhänger mit einer Deichsel versehen war, die Möglichkeit, dass, wenn der Anstoß am Lkw P an den Windabweiser und den Seitenspiegel – beides ragt etwa 15 bis 20 cm über die Karosserie des Lkw-Führerhauses hinaus – mit dem letzten Meter des Anhängers erfolgt ist und sich der vom Bw gelenkte Lkw bereits weitgehend wieder auf dem rechten Fahrstreifen befand, der Bw die konkrete Anstoßstelle wegen der Sichtbehinderung durch den eigenen Lkw nicht sehen konnte. Dass er sie weder hören noch spüren konnte, besteht kein Zweifel.

Nachvollziehbar ist aber, dass der Bw im rechten Außenspiegel, in den zu sehen er beim Wiedereinordnen zweifellos verpflichtet ist, aufgrund des dort bestehenden Sichtwinkels sehen konnte und auch musste, dass sich die Fahrlinie des Lkw P insofern drastisch verändert hatte, als dieser nicht geradeaus mit einem Seiten­abstand zum Randstein bzw zum Grünstreifen weiterfuhr, sondern mit dem Lkw zunächst an den äußerst rechten Fahrbahnrand auswich, schließlich über den Randstein auf den Grünstreifen fuhr und sogar den dortigen Leitpflock mit der rechten vorderen Stoßstange umschob. Da dieses doch eher untypische Fahrmanöver unmittelbar zeitgleich mit dem Ende des Überholmanövers des Bw stattfand, hätte es dem Bw, der sich selbstverständlich davon überzeugen muss, dass er bereits einen ausreichenden Abstand zum überholten Lkw einhält, um ein gefahrloses Umspuren bzw Wieder­einordnen bzw Einscheren zurück auf den rechten Fahrstreifen zu gewähr­leisten, im rechten Außenspiegel auffallen müssen. Aufgrund des unmittelbaren Passierens seines Lkw-Zuges hätte der Bw dieses auffällige Ausweichen über den Randstein hinaus auch mit seinem Überholmanöver in Verbindung bringen müssen, noch dazu wenn ihm der Zeuge P anschließend Zeichen mit der Lichthupe gab. Die Versuche des Bw, die Glaubwürdigkeit der Zeugen P grundsätzlich in Frage zu stellen, vermochten den UVS jedenfalls nicht zu überzeugen, auch wenn die Aufzeichnungen auf den Tachographenschaublättern beider Lkw für die Zuordnung zu einer bestimmten Verkehrssituation nicht aussage­kräftig genug waren und offenbar der Schaden am Lkw P nicht fotografiert, wohl aber in der Anzeige vom Meldungsleger RI F nach Besichtigung bestätigt, wurde. Im übrigen hat der Rechtsvertreter zugestanden, dass der Arbeitgeber des Bw den Schaden bezahlt hat.      

 

Da der Bw einen Verkehrsunfall mit Sachschaden aufgrund der oben dargelegten Umstände jedenfalls für möglich halten musste und nicht verlässlich ausschließen konnte, wäre er verpflichtet gewesen, sofort anzuhalten, um sich zu vergewissern, dass eben gerade kein Verkehrsunfall mit Sachschaden stattgefunden hat.

Der Bw hat sich um den geschnittenen Lkw P überhaupt nicht gekümmert, den Zeugen gänzlich ignoriert und ist weitergefahren, obwohl er die Zeichen zum Anhalten des Zeugen auf dem Krankenhausberg nach eigenen Angaben so verstanden hat, dass ihm dieser etwas sagen wollte. Da in der Regel nicht anzunehmen sein, wird, dass ein Verkehrsteilnehmer, der gerade vom Lkw-Zug des Bw überholt und zum Überfahren des rechten Randsteines genötigt wurde und der derartige Zeichen über eine längere Zeit bzw Strecke gibt, nur unwesentliches damit beabsichtigt, ist das Verhalten des Bw schlichtweg unverständlich; auch im Hinblick darauf, dass der Bw mit einem Firmenfahrzeug unterwegs war, für das in der Regel eine entsprechende Versicherung besteht.

Der Bw war gemäß § 4 Abs.5 StVO zwar nicht zu einer Kontaktaufnahme verpflichtet. Wenn er sich aber entschlossen hat, den Zeugen P zu ignorieren, hätte er zumindest ohne unnötigen Aufschub Meldung bei der nächsten Polizeidienststelle erstatten müssen. Der Bw hat nichts von alledem getan, sondern musste vielmehr über die Polizei in Zeltweg ausgeforscht werden. Seine Verantwortung, er wisse von nichts, habe nichts gesehen und keinen Anlass gesehen, den auf sich bezogenen Zeichen des Zeugen P nachzugehen, und überhaupt hätte der Zeuge eher bremsen und ausweichen können, dann wäre nichts passiert, ist schlichtweg zynisch.

 

Für den UVS besteht kein Zweifel, dass der Bw die ihm zur Last gelegten Tatbe­stände erfüllt und sein Verhalten jeweils als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, zumal von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs. 3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, der Strafrahmen des § 99 Abs.2 StVO von 36 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe (24 Stunden bis sechs Wochen EFS), reicht.

 

Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Bw als mildernd berücksichtigt und die vom Bw selbst angegebenen finanziellen Verhältnisse zugrunde­gelegt (1.500 Euro n/m, kein Vermögen, Sorgepflichten für die Gattin und 2 Kinder). Im Punkt 1) war allerdings die Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden als erschwerend zu werten. Für eine Herabsetzung der verhängten Strafen bleibt kein Raum, auch wenn zugunsten des Bw noch von fahrlässiger Begehung auszugehen ist. Es steht ihm allerdings frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit der Bezahlung der Strafen in Teilbeträgen anzusuchen.

Die Strafen entsprechen den Kriterien des § 19 VStG, liegen noch im untersten Bereich des jeweiligen Strafrahmens, halten generalpräventiven Überlegungen stand und sollen den Bw in Zukunft zur Einhaltung seiner gesetzlichen Verpflichtungen anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Zeuge glaubwürdig – Streifvorgang beim wiedereinordnen nach Überholvorgang (Sachschaden), Nichtanhaltung + Nichtmeldung des Verkehrsunfalls -> Bestätigung

 

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