Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240339/3/Gf/Km

Linz, 16.08.1999

VwSen-240339/3/Gf/Km Linz, am 16. August 1999 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Konrath über die Berufung des F H, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. M S und Dr. H L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 12. Juli 1999, Zl. UR96-62-1998-RE, wegen einer Übertretung des Chemikaliengesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 12. Juli 1999, Zl. UR96-62-1998-RE, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 70.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 96 Stunden) verhängt, weil er es handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, daß von dieser am 21. Oktober 1997 an ihrem Unternehmenssitz insgesamt 69 Lackspraydosen vorrätig gehalten worden seien, obwohl auf deren Verpackung das Gefahrensymbol "Xn" nicht angebracht gewesen sei und die Bezeichnungen "mindergiftig" oder "gesundheitsschädlich" sowie die R-Sätze 20/21-38 und die S-Sätze 25-29-38-46 gefehlt hätten bzw. der R-Satz 3/9 nur als R-Satz 9 angegeben gewesen sei; dadurch habe er eine Übertretung des § 24 Abs. 1 i.V.m. § 71 Abs. 1 des Chemikaliengesetzes, BGBl.Nr. I 53/1997 (im folgenden: ChemG), begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 14. Juli 1999 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 28. Juli 1999 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im wesentlichen begründend aus, daß der dem Rechtsmittelwerber angelastete Sachverhalt aufgrund entsprechender Wahrnehmungen einer Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers entsprechend sowie zwei einschlägige Vormerkungen als erschwerend berücksichtigt worden.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer zunächst vor, daß nicht er, sondern eine zum verantwortlichen Beauftragten bestellte Person für das angelastete Delikt einzustehen habe, wobei es die belangte Behörde von vornherein gänzlich unterlassen habe, die hiezu angebotenen Beweise aufzunehmen. Im übrigen sei es weder seine Sache noch die seines Vertreters, sich von der erhobenen Anschuldigung freizubeweisen; vielmehr hätte die belangte Behörde den Schuldnachweis zu liefern gehabt. Schließlich sei die verhängte Geldstrafe hinsichtlich des Umstandes, daß er bloß Hälfteeigentümer eines - überdies mit Schulden belasteten - Einfamilienhauses sei, zu hoch bemessen.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt zu Zl. UR96-62-1998; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Die Bestimmung § 24 Abs. 1 ChemG enthält zunächst einen Verweis auf § 3 Abs. 1 ChemG und damit die Anordnung, einen gefährlichen Stoff oder eine gefährliche Zubereitung nach dem in der bezogenen Norm enthaltenen, insgesamt 15 Kategorien umfassenden Katalog von gefährlichen Eigenschaften zu klassifizieren und das Ergebnis dieser Prüfung auf der Verpackung anzubringen. Darüber hinaus verpflichtet § 24 Abs. 1 ChemG dazu, auf der Verpackung mindestens 10 weitere Kategorien von Hinweisen - z.B. den Namen des gefährlichen Stoffes, die Herstellerfirma, etc. bis hin zur Angabe der Nennmenge (der Nennmasse bzw. des Nennvolumens) - anzubringen. Normtechnisch besehen enthält § 24 Abs. 1 ChemG somit zwei völlig unterschiedliche Deliktstatbestände, die zueinander nur insoweit in Beziehung treten, als eine Verpflichtung zur Bezeichnung gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 bis 10 ChemG erst dann eintritt, wenn zuvor eine Bezeichnungspflicht wegen der Gefährlichkeit des Produktes i.S.d. § 3 Abs. 1 ChemG gegeben ist.

§ 71 Abs. 1 ChemG enthält in Z. 1 bis Z. 21 zahlreiche Verwaltungsstraftatbestände, darunter in Z. 8 u.a. eine Strafdrohung gegen denjenigen, der als Verantwortlicher gemäß § 27 ChemG den Vorschriften über die Verpackung oder Kennzeichnung (§§ 23, 24 und 26 ChemG) zuwiderhandelt.

4.2. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses demnach unzutreffenderweise auf die Verantwortlichkeit gemäß § 9 Abs. 1 VStG abstellt, fehlt es diesem zudem an einer entsprechenden Konkretisierung der übertretenen Verwaltungsvorschrift i.S.d. § 44a Z. 2 VStG.

Dieses dem Schutz des Beschuldigten vor einer Doppelbestrafung dienende Erfordernis erlangt aber gerade dann umso größere Bedeutung, wenn hier - wie gezeigt - zahlreiche einander überlappende Verwaltungsstraftatbestände nebeneinander existieren, vornehmlich auch deshalb, damit so nach außen hin nachvollziehbar wird, daß die Strafbehörde in diesem Zusammenhang echte einerseits und bloß scheinbare Deliktskonkurrenzen andererseits zutreffend beurteilt hat.

Daß der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses im gegenständlichen Fall diesem Anliegen nicht gerecht zu werden vermag, ist offenkundig, wenn in diesem eine Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 ChemG überhaupt, im übrigen aber auch jeglicher Hinweis darauf, welche der - wie gezeigt - jeweils in zahlreiche Einzeltatbestände untergliederten Deliktstypen herangezogen wurden, fehlt und so die Entscheidung dieser Frage im Ergebnis zur Gänze auf den Normadressaten verlagert wird.

So kann beispielsweise weder aus § 24 Abs. 1 ChemG noch aus § 3 Abs. 1 ChemG und endlich auch nicht aus § 23 Abs. 1 ChemG abgeleitet werden, daß die verfahrensgegenständlichen Spraydosen - wie in lit. a des Spruches des Straferkenntnisses bemängelt - mit dem Gefahrensymbol "Xn" zu kennzeichnen gewesen wären. Wo die belangte Behörde dies hernimmt (allenfalls aus einer Bestimmung der Chemikalienverordnung, BGBl.Nr. 208/1989 i.d.F. BGBl.Nr. 620/1993; dann hätte aber - vorausgesetzt, daß diese insoweit überhaupt noch gilt - eine Bestrafung offenkundig gemäß § 71 Abs. 1 Z. 4 [und nicht nach Z. 8] erfolgen müssen), muß für den Beschuldigten ein Rätsel bleiben.

4.3. Der vorliegenden Berufung war daher schon deshalb gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Mag. Gallnbrunner

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