Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600071/6/Bm/Sta VwSen-600072/3/Bm/Sta

Linz, 27.12.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine
VI. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Berichterin: Mag. Bismaier; Beisitzerin:
Dr. Panny)  über die Devolutionsanträge der Frau H F, S, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. O H, D, K, vom 14.11.2007, betreffend 1.) gewerbebehördliches Änderungs­genehmi­gungsverfahren, 2.) Einleitung eines Strafverfahrens und 3.) Einleitung eines Verfahrens gemäß § 360 GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

I.                    Die Devolutionsanträge zu 1.) und 2.) werden als unzulässig zurückgewiesen.

II.                  Dem Devolutionsantrag zu 3.) wird stattgegeben.

           Der Antrag der Frau H F auf Einleitung eines Verfahrens 

           gemäß § 360 GewO 1994 wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 73 AVG; § 360 GewO 1994, § 24 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Nach Schilderung der Antragstellerin in der Eingabe vom 14.11.2007 sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 15.3.2004, Ge20-127-2003, Herrn S die Errichtung und der Betrieb einer Gaststätte mit Gastgarten auf Gst. Nr. , , je KG. U, bewilligt worden. Mit Antrag vom 10.3.2006 habe Herr H S um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der gegenständlichen gastgewerblichen Betriebsanlage durch Abänderung des Zu- und Abfahrtsweges für Lieferanten angesucht. Das Verfahren zu gegenständlichem Änderungsantrag vom 10.3.2006 sei noch nicht rechtskräftig beendet worden. Die Zufahrt der Lieferanten sei sohin nur in der Form zulässig und konsensgemäß wie sie im Bescheid vom 15.3.2004, Ge20-127-2003, festgestellt worden sei. Herr H S halte sich jedoch nicht an die gewerbebehördliche Genehmigung laut diesem Bescheid. So würden die Lieferanten fast immer südöstlich an die gegenständliche Betriebsanlage zufahren und an der Ostseite der Betriebsanlage ihre Liefertätigkeit ausüben. Diese Art und Weise der Zulieferung sei in der Eingabe vom 10.3.2006 über die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage beschrieben.

Durch die geschilderte Zufahrts- und Lieferweise verstoße der Beschuldigte gegen die Betriebsanlagengenehmigung. Er habe ohne Genehmigung die Lieferwege abgeändert und begehe somit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.2 Z3 GewO. Die Gesundheit der Antragstellerin werde durch den ständigen Verkehr stark beeinträchtigt.

Mit Eingabe vom 10.5.2007, 25.6.2007 und zuletzt 14.9.2007 habe die Antragstellerin der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. Informationen über die konsenswidrige Zufahrts- und Lieferweise mitgeteilt. Es sei außerdem beantragt worden, als einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme gemäß § 360 Abs.1 GewO dem Beschuldigten aufzutragen, den gesetzeskonformen Zustand herzustellen, indem die Zulieferung über den südöstlichen Teil des gegenständlichen Grundstücks sowie über den östlichen Hauseingang mit sofortiger Wirkung eingestellt werde. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. habe bis zu gegenständlichem Devolutionsantrag über die Anträge der Anzeigerin nicht bescheidmäßig entschieden, obwohl keine Hindernisse der Behörde vorgelegen seien. Die Behörde habe lediglich eine Einvernahme des Ehemanns der Antragstellerin durchgeführt. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat bereits mit Erkenntnis vom 14.2.2007 die erste Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. über den Abänderungsantrag aufgehoben. Neuerliche Messungen der Schallpegel und Lärmentwicklungen hätten nicht stattgefunden.

Der Antragstellerin komme auf Grund ihrer Nachbareigenschaft und ihrer unmittelbaren Betroffenheit auf Grund des neben ihrem Hauses stattfindenden Verkehrs, Parteistellung zu. Im gewerberechtlichen Verfahren habe sie zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 25.6.2007 Einwendungen gegen die Änderung der Betriebsanlage erhoben. Der Unabhängige Verwaltungssenat habe bereits mit Erkenntnis vom 14.2.2007 ausgesprochen, dass der Anzeigerin Parteistellung zukomme und kein vereinfachtes Verfahren zur Anwendung komme.

 

 

Es werden sohin gemäß § 73 AVG die Anträge gestellt,

1. der Unabhängige Verwaltungssenat für Oberösterreich möge als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde dem Devolutionsantrag stattgeben,

2. anstelle der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. über die Anträge der Anzeigerin vom 10.5.2007, 25.6.2007 und zuletzt 14.9.2007 entscheiden und über den Beschuldigten eine Verwaltungsstrafe verhängen sowie als einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahme gemäß § 360 Abs.1 GewO dem Beschuldigten auftragen, den gesetzeskonformen Zustand herzustellen, indem die Zulieferung über den südöstlichen Teil des gegenständlichen Grundstücks sowie über den östlichen Hauseingang mit sofortiger Wirkung eingestellt wird und

3. anstelle der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. über den Antrag der Anzeigerin auf Abweisung des Antrages des H S vom 14.3.2006 (gemeint wohl 10.3.2006) auf Abänderung der mit Bescheid vom 15.3.2004 genehmigten Betriebsanlage im Bereich des Zu- und Abfahrtsweges für Lieferanten ebenfalls im Sinne einer Abweisung des Antrages entscheiden.

 

2. Die Devolutionsanträge wurden unmittelbar beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht; von der Bezirkshauptmannschaft wurde über Aufforderung der  Verfahrensakt zu Ge20-127-2003 ohne Abgabe einer Stellungnahme zu den Devolutionsanträgen vorgelegt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verfahrensakt und in die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen.

Da sich bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Vorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Anträge zurückzuweisen waren, konnte gemäß § 67d Abs. 2 Z 2 AVG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entfallen.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Mit Eingabe vom 10.3.2006 hat Herr H S, L,  S, um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage durch Abänderung der Zufahrts- und Abfahrtswege für Lieferanten auf Gst. Nr. , , KG. U, Gemeinde S, angesucht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 9.11.2006, Ge20-127-1-2003, wurde im Grunde des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 festgestellt, dass die Änderung der Zu- und Abfahrtswege für Lieferanten das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflusst und somit eine gewerbebehördliche Genehmigungspflicht nicht gegeben ist, wenn bestimmte Bedingungen eingehalten bzw. erfüllt werden.

 

Gegen diesen Bescheid hat Frau H F Berufung erhoben und wurde mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14.2.2007 der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 9.11.2007 aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde I. Instanz mit der Begründung zurückverwiesen, dass die Voraussetzungen für die Durchführung eines Anzeigeverfahrens nach § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 nicht vorliegen; über Einwendungen der Nachbarin wurde nicht abgesprochen.

Mit diesem Erkenntnis ist das Verfahren in das Stadium vor Erlassung des erstbehördlichen Bescheides zurückversetzt worden und ist das diesbezügliche gewerbebehördliche Genehmigungsänderungsverfahren bei der Bezirkshaupt­mannschaft Kirchdorf/Kr. noch anhängig.

Mit Eingaben vom 10.5.2007, 25.6.2007 und 14.9.2007 hat Frau H F bei der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. Beschwerde darüber geführt, dass die beantragte Änderung der gastgewerblichen Betriebsanlage durch Abänderung der Zufahrts- und Abfahrtswege für Lieferanten bereits betrieben werde, ohne dass hiefür eine gewerbebehördliche Genehmigung bestünde und gleichzeitig einen Antrag auf Einleitung eines Strafverfahrens und eines Verfahrens nach § 360 GewO 1994 gegen Herrn H S gestellt.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 73 Abs.1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 6 Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

 

Gemäß § 73 Abs.2 leg.cit. geht, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird, auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über. Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim Unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

4.2.

Zu I.:

Eine Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 Abs.1 AVG, deren Verletzung die Partei zu einem Devolutionsantrag im Sinne des Abs.2 dieser Gesetzesstelle berechtigt, ist jedenfalls nur dann gegeben, wenn die Behörde den Antrag bescheidmäßig zu erledigen hat (vgl. VwGH vom 28.8.1997, 97/04/0097).

Die Antragstellerin beantragt in ihrem Devolutionsantrag unter Punkt 3. über das Ansuchen des Herrn H S vom 10.3.2006 um gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage zu entscheiden.

Dieser Antrag ist jedoch nicht geeignet, eine Entscheidungspflicht im Sinne des § 73 Abs.1 AVG auszulösen, da die Antragstellerin damit lediglich das Begehren gestellt hat, über den Antrag einer anderen Person in einer bestimmten Weise zu entscheiden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, reicht die verfahrensrechtliche Stellung eines Nachbarn als Partei im gewerblichen Betriebsanlagenverfahren noch nicht aus, um die behördliche Pflicht zur Entscheidung über den Genehmigungsantrag des Bewilligungswerbers geltend zu machen. Erst wenn durch die Säumigkeit der Behörde in die Rechtssphäre des Nachbarn eingegriffen wird, besteht ihm gegenüber auch eine Entscheidungspflicht der Behörde. Ein solcher Eingriff liegt solange nicht vor, als nicht über Einwendungen des Antragstellers in einem auf Antrag eines Dritten eingeleiteten erstinstanzlichen Bewilligungsverfahrens abgesprochen wurde.

 

Wie oben bereits ausgeführt, ist durch die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 14.2.2007, VwSen-530591/2/Bm/Sta, der Antrag des Herrn H S vom 10.3.2006 um gewerbebehördliche Genehmigung für die Abänderung der bestehenden gastgewerblichen Betriebsanlage im Standort Gst. Nr. , , KG. U, durch Abänderung der Zufahrts- und Abfahrtswege für Lieferanten noch offen; eine Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. ist bislang hierüber nicht erfolgt und wurde damit auch nicht über die Einwendungen der Antragstellerin abgesprochen. Da somit der in Rede stehende Devolutionsantrag zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, indem eine Entscheidung  erster Instanz über den Antrag des Herrn H S bzw. über allfällige von der Antragstellerin erhobene Einwendungen noch nicht ergangen ist, steht der Antragstellerin entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht das Recht zu, die Entscheidungspflicht der Behörde geltend zu machen und war somit der Devolutionsantrag als unzulässig zurückzuweisen.

 

Ausdrücklich  wird nochmals festgehalten, dass entgegen den Ausführungen der Antragstellerin mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 14.2.2007 lediglich ausgesprochen wurde, dass die Voraussetzungen eines von der Behörde durchgeführten Anzeigeverfahrens nach § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 nicht vorliegen; über subjektiv-öffentliche Einwendungen wurde nicht abgesprochen.

 

Was den Devolutionsantrag hinsichtlich Einleitung eines Strafverfahrens betrifft ist festzustellen, dass die Verfahrensvorschriften mangels Anwendbarkeit des § 73 AVG im Verwaltungsstrafverfahren zufolge § 52b VStG eine Entscheidungspflicht der Strafbehörde I. Instanz nicht vorsehen, folglich auch keine Verpflichtung der Behörde besteht, innerhalb von 6 Monaten zu entscheiden, weshalb der Devolutionsantrag auch in dieser Hinsicht als unzulässig zurückzuweisen war.

 

Zu II.

Im Lichte des VwGH - Erkenntnisses vom 15.9.1999, 99/04/0079, ist davon auszugehen, dass es sich hingegen bei dem erstmals mit Eingabe vom 10.5.2007 gestellten Antrag auf Vorschreibung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen um einen selbstständigen Antrag handelt, über den die Behörde jedenfalls abzusprechen hat, möge die Entscheidung auch in einer Zurückweisung liegen. Da die Behörde ihrer Entscheidungspflicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist  nicht nachgekommen ist, ist der Devolutionsantrag zulässig.

Allerdings sind Maßnahmen nach § 360 von Amts wegen zu treffen und steht Nachbarn einer Betriebsanlage kein Rechtsanspruch und damit auch kein Antragsrecht auf Einleitung eines Verfahrens nach § 360 zu, weshalb der Antrag selbst als unzulässig zurückzuweisen ist.  

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

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