Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280981/25/Py/Da

Linz, 03.01.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn G H, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L J K und Dr. J M, S, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 20. Februar 2007, AZ.: Ge96-36-2006, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21. November 2007, zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch anstelle des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen "GR-" das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen "RO-" angeführt wird.

           

II.                  Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von 74 Euro, das sind 20% der von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom                      20. Februar 2007, AZ.: Ge96-36-2006, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) Geldstrafen in Höhe von 150 Euro (zu Faktum 1) und von 220 Euro (zu Faktum 2) sowie Ersatzfreiheitsstrafen von 27 Stunden (zu Faktum 1) und von 40 Stunden (zu Faktum 2) wegen Verwaltungsübertretungen gem. Art.6 Abs.1 EG-VO 3820/85 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe und § 28 Abs.1a Z4 AZG (Faktum 1) und Art.8 Abs.1 EG-VO 3820/85 in Verbindung mit dem Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe und § 28 Abs.1 Z2 AZG (Faktum 2) verhängt, weil er es als für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes verantwortlicher Beauftragte der Firma S mit Sitz in B, gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass der im Güterbeförderungsbetrieb der Gesellschaft in B, B, beschäftigte Arbeitnehmer N L als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen GR-, das der Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht 3,5 Tonnen übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr

1. am 24.3.2006 zwischen 4.00 Uhr und 22.45 insgesamt 12 Stunden 55 Minuten zum Lenken des Kraftfahrzeuges herangezogen wurde, obwohl die tägliche Lenkzeit zwischen zwei Ruhezeiten von maximal 10 Stunden nicht überschritten werden darf;

2. innerhalb des Zeitraumes vom 24.3.2006, 4.00 Uhr bis 25.3.2006, 4.00 Uhr lediglich eine Ruhezeit von 5 Stunden 15 Minuten gewährt bekam, obwohl innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden eine ununterbrochene tägliche Ruhezeit von mindestens 9 Stunden zu gewähren ist.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis brachte der Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Berufung ein und führte im Wesentlichen aus, dass jeder Fahrer der Fa. S bei seiner Einstellung eine ausführliche Einschulung darüber, wie er sich während seiner Arbeit zu verhalten hat, erhält. Dazu wird ihm ein Fahrerhandbuch ausgehändigt und er wird ausdrücklich darauf hingewiesen, die Lenk- und Ruhezeiten genauestens einzuhalten. Die Einhaltung dieser Weisungen werde durch ein betriebsinternes Kontroll- und Überwachungssystem genauestens kontrolliert, bei Nichteinhaltung werden den Fahrern Strafen angedroht. Nach Rückkehr in die Firmen- und Konzernzentrale werden die Tachographscheiben bzw. -blätter vom Geschäftsführer der Fa. S regelmäßig kontrolliert. Bei Verletzung von Anweisungen hinsichtlich der gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten werden weiters dienstrechtliche Konsequenzen angedroht und auch vollstreckt. Hätte der Beschuldigte Kenntnis davon gehabt, dass der Fahrer N L den gegenständlichen Transport unter Nichteinhaltung der gesetzlichen Ruhe- und Lenkzeiten durchführt, was aber ausdrücklich bestritten werde, hätte er diesem sofort die Weiterführung des Transportes untersagt. Beim betreffenden Fahrer seien bisher noch keine Unzulänglichkeiten festgestellt worden, es habe sich um einen sehr verlässlichen Fahrer gehandelt. Darüber hinaus wurde der gegenständliche Fahrer so disponiert, dass ihm die Durchführung des Transportes auch unter Einhaltung der jeweils vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeit möglich gewesen wäre. Weiters wird ausgeführt, dass die Entlohnungsmethoden im Unternehmen dermaßen gestaltet sind, dass zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften keinerlei Anreiz bestehe und die Fahrer nach Kollektivvertrag bezahlt würden.

 

3. Mit Schreiben vom 12. März 2007 hat die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen als belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt, der gemäß § 51c VStG zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen ist.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21. November 2007, an welcher der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates als Parteien teilgenommen haben. Aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der den Verfahren zugrunde liegenden Verwaltungsübertretungen wurde die Berufungsverhandlung zum gegenständlichen Verfahren gemeinsam mit den beim Oö Verwaltungssenat zu VwSen-280979/2007 und VwSen-280980/2007 anhängigen Berufungsverfahren durchgeführt. Als Zeugen wurden der gegenständliche Fahrer N L und die im Unternehmen beschäftigten Disponenten R W und G S einvernommen.

 

Weiters wurde aufgrund des gleichgelagerten Sachverhaltes in die zu gleichgelagerten Sachverhalten aufgenommene Verhandlungsschrift vom 4. Oktober 2007 (VwSen-280982/2007 – 280987/2007) betreffend die Berufungsverfahren des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Firma S Einsicht genommen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

4.1. Der Bw war zum Tatzeitpunkt für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes durch den gegenständlichen Arbeitnehmer bestellter verantwortlicher Beauftragter der S mit Sitz in B, B.

 

Der bei der Firma S beschäftigte Arbeitnehmer N L, hat das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen RO-, das der Güterbeförderung dient und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht 3,5 t übersteigt, bei Fahrten im internationalen Straßenverkehr

1. am 24.3.2006 zwischen 4.00 Uhr und 22.45 Uhr insgesamt 12 Stunden               55 Minuten gelenkt;

2. innerhalb des Zeitraumes vom 24.3.2006, 4.00 Uhr bis 25.3.2006, 4.00 Uhr wurde von ihm lediglich eine Ruhezeit von 5 Stunden15 Minuten eingehalten.

 

Im Unternehmen der S besteht kein funktionierendes Kontrollsystem das sicherstellt, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie den Zeugenaussagen im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung vom 21. November 2007 über das Kontroll- und Sanktionssystem der Fa. S.

 

Vom Bw wurde nicht bestritten, dass durch den Lenker N L zum angegebenen Tatzeitpunkt die tägliche Lenkzeit über- und die Ruhezeit unterschritten wurde.

 

Der als Zeuge einvernommene Fahrer N L hat in der Berufungsverhandlung vom 21. November 2007 glaubwürdig dargelegt, dass es im Unternehmen keine Schulungen hinsichtlich der arbeitszeitgesetzlichen Bestimmungen gab. Auch wurde von ihm dargelegt, dass die Fahrer im Unternehmen bei Nichteinhaltung der Lenk- und Ruhezeiten mit keinen Konsequenzen rechnen mussten. Im Hinblick auf seine weitere Aussage, wonach sich das Entlohnungssystem des Unternehmens an der Anzahl der gefahrenen Touren orientiert, hat er auch dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen des Bw nachvollziehbar und glaubwürdig widersprochen. Die beiden bei der Berufungsverhandlung einvernommenen Disponenten gaben an, dass sie zwar die Fahrer vor einer Disposition nach den noch ausstehenden Lenk- bzw. Ruhezeiten befragen, ihnen eine Kontrolle dieser Angaben aber nicht möglich ist dies auch nicht in ihren Aufgabenbereich fällt. Das Vorliegen eines funktionierenden Kontrollsystems konnte daher auch ihren Aussagen nicht entnommen werden.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind gem. Abs.2 berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumliche oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutz­vorschriften wird erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist (§ 23 ArbIG).

 

Im vorliegenden Fall wurde nicht bestritten, dass der Bw zum Tatzeitpunkt hinsichtlich des Lenkers N L zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen seitens der S bestellt wurde.

 

5.2. Gemäß Art.6 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 darf die nachstehende "Tageslenkzeit" genannte Gesamtlenkzeit zwischen zwei täglichen Ruhezeiten oder einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden. Der Fahrer muss nach höchstens 6 Tageslenkzeiten eine wöchentliche Ruhezeit im Sinn von Art.8 Abs.3 einlegen. Die wöchentliche Ruhezeit kann bis zum Ende des 6. Tages verschoben werden, falls die Gesamtlenkzeit während der 6 Tage nicht die Höchstdauer übersteigt, die 6 Tageslenkzeiten entspricht.

 

Gemäß Art.8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens dreimal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zu Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird. Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabs.1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Std. in 2 oder 3 Zeitabschnitte genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Fall erhöht sich jedoch die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.

 

Gemäß § 28 Abs.1a Z4 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die Lenker über die gem. Art.6 Abs.1 Unterabs.1 und Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zulässige Lenkzeit hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 28 Abs.1a Z2 AZG sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die tägliche Ruhezeit gem. Art.8 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 2830/85 nicht gewähren, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

5.3. Die im Spruch angeführte Überschreitung der Lenkzeit und Unterschreitung der Ruhezeit durch Herrn L ist durch die Auswertung der Schaublätter erwiesen. Sie wird vom Bw auch nicht bestritten. Es hat damit der Bw als der im gegenständlichen Fall für die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften verantwortliche Beauftragte der S Herrn L die erforderliche Ruhezeit nicht gewährt und diesen über die zulässige Lenkzeit hinaus eingesetzt.

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu bewerten.

 

Die Überschreitung der Lenkzeit und das Unterschreiten der Ruhezeit sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zwei selbständige Delikte, weshalb die belangte Behörde zu Recht zwei Strafen verhängt hat (vgl. VwGH vom 28.6.2005, Zl. 2004/11/0028).

 

5.4. Hinsichtlich des Verschuldens ist festzustellen, dass die dem Bw angelasteten Taten sogenannte Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs.1 VStG darstellen, zu deren Strafbarkeit, sofern die Verwaltungsvorschrift nicht anderes bestimmt, Fahrlässigkeit genügt. Fahrlässigkeit ist nach der zitierten Gesetzesstelle bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft machen kann, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Bw nicht gelungen.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der/die Arbeitgeber/In durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden und den Anordnungen auch entsprochen wird. Es bedarf konkreter Behauptungen, durch welche innerbetriebliche organisatorische Maßnahmen eine Übertretung des AZG hätte verhindert werden sollen, wobei die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen nicht ausreicht (vgl. VwGH vom 20.7.1992, Zl. 91/19/0201). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt ist. Dabei reichen nur kurzfristige, stichenprobenartige Kontrollen nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, es liege ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die tatsächliche Einhaltung des AZG sicherstellt, vor.

 

Die Verantwortung des Bw, wonach im Betrieb ein Kontrollsystem installiert ist, nämlich durch Aushändigen eines Fahrerhandbuches, Einschulung bei Einstellung, Androhung von Sanktionen bei Nichteinhaltung und Überprüfung der Tachographscheiben bzw. –blätter durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer bei Rückkehr der Fahrer in die Konzernzentrale, stellt kein solches effizientes Kontrollsystem, wie dies vom Verwaltungsgerichtshof gefordert wird, dar. Es wurde vom Bw nicht einmal behauptet, dass regelmäßige Schulungen über die Arbeitszeitvorschriften abgehalten werden. Dies hat auch die Befragung des Zeugen L in der Berufungsverhandlung ergeben. Auch die Aussagen der als Zeugen einvernommenen Disponenten, wonach die Fahrer grundsätzlich über die noch zur Verfügung stehende Lenk- und Ruhezeit vor einer neuerlichen Disposition befragt werden, vermag das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems nicht darzulegen, da seitens der Disponenten selbst angegeben wurde, dass ihnen eine Überprüfung dieser Angaben nicht möglich ist sondern sie sich auf die Angaben der Fahrer verlassen müssten und deren Angaben in der Folge Grundlage für eine neuerliche Disposition sind. Hinzu kommt, dass das im Unternehmen vorliegende Entlohnungssystem, nämlich eine Entlohnung nach Anzahl der gefahrenen Touren, ebenfalls keine Maßnahme darstellt, die Arbeitszeitüberschreitungen hintanhält (vgl. VwGH vom 30.5.1989, Zl. 88/08/0007).

 

Auch ist es dem Bw nicht gelungen darzulegen, welche wirksamen Schritte den Arbeitnehmern für den Fall festgestellter Verstöße gegen Arbeitszeitvorschriften in Aussicht gestellt werden, um solchen vorzubeugen (vgl. z.B. VwGH 4.7.2002, Zl. 2000/11/0123). Der als Zeuge einvernommene Fahrer hat vielmehr ausgesagt, dass die Fahrer bei Verstößen gegen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes mit keinen Konsequenzen rechnen mussten.

 

Das Vorbringen des Bw und das durchgeführte Beweisverfahren haben daher ergeben, dass der Bw bei weitem nicht ausreichend dafür Sorge getragen hat, dass Verwaltungsübertretungen wie die gegenständliche hinangehalten werden. Selbst wenn die Verwaltungsübertretung, wie vom Bw vorgebracht, durch eine eigene Initiative des Fahrers zu Stande gekommen wäre, vermag dies den Bw nicht zu entlasten. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH muss ein Kontrollsystem insbesondere auch eigenmächtige Handlungen der Arbeitnehmer verhindern (vgl. z.B. VwGH vom 25.1.2005, Zl. 2004/02/0293). Es ist daher unerheblich, ob Herr L allenfalls aus privaten Interessen gegen die Anordnungen seines Arbeitgebers verstoßen hat. Es wäre Aufgabe des Bw gewesen, im Vorfeld diesbezügliche Vorkehrungen zu treffen, zumal Lenker ständig in solche Situationen gebracht werden.

 

Dem Berufungsvorbringen des Bw, dass ein taugliches und hinreichendes Kontrollsystem zur Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften im gegenständlichen Fall eingerichtet war, kann daher nicht gefolgt werden, zumal der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13.11.1996, Zl. 96/03/0232, ausführt, dass ein besonders strenger Maßstab bezüglich des Kontrollsystems anzulegen ist.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Schuld in beiden Fakten zu bestätigen.

 

6. Zur Strafbemessung ist zu bemerken:

 

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides hinsichtlich der für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

6.2. Schutzzweck der Einhaltung der Bestimmungen des AZG hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeit ist neben dem Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer/Innen jener, dass der Einsatz von übermüdeten Lenker/Innen hintangehalten wird, stellen sie doch ein immenses Gefahrenpotential für andere Verkehrsteilnehmer/Innen, etwa auf Grund erhöhter Unfallgefahr durch Sekundenschlaf, dar. Es besteht somit ein besonderes öffentliches Interesse an der Einhaltung der diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen.

 

Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen in Höhe von 150 Euro (Faktum 1) sowie 220 Euro (Faktum 2) bei einem Strafrahmen von 72 Euro bis zu 1.815 Euro über den Bw verhängt, wobei als erschwerend der Umstand gewertet wurde, dass hinsichtlich des Bw bereits eine Verwaltungsvormerkung wegen gleichartiger Übertretungen aufscheint. Im Übrigen wurde von der Erstbehörde mangels Angaben durch den Bw ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 2.500 Euro sowie das Nichtvorliegen von Sorgepflichten und Vermögen der Strafbemessung zugrunde gelegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat teilt die Ansicht der belangten Behörde, dass die verhängten Geldstrafen dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden des Bw angemessen sind. Sowohl die zu Faktum 1 verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 8% der im Gesetz vorgesehen Höchststrafe und die zu Faktum 2 verhängte Geldstrafe im Ausmaß von 12% der gesetzlichen Höchststrafe ist im vorliegenden Fall im Hinblick auf die festgestellte Lenkzeitüberschreitung bzw. Ruhezeitunterschreitung jedenfalls gerechtfertigt, zumal das gegenständliche Berufungsverfahren neuerlich gezeigt hat, dass im Unternehmen die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems zur Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften dringend erforderlich ist und somit sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiven Gründen die Verhängung von Geldstrafen, die sich ohnehin im unteren Bereich des Strafrahmens bewegen, durchaus gerechtfertigt ist.   

 

7. Im Zuge der Berufungsverhandlung hat sich nach Einsicht in die im Akt in Kopie einliegende Tachographscheibe ergeben, dass durch den Lenker N L die gegenständliche Lenkzeitüber- und Ruhezeitunterschreitung nicht mit dem im Straferkenntnis angeführten LKW mit dem Kennzeichen GR-, sondern mit dem LKW mit dem Kennzeichen RO- hervorgerufen wurde. Diese Verwechslung kam offenbar im Zuge der Anzeigenlegung durch das Arbeitsinspektorat zustande. Diese irrtümlich fälschliche Bezeichnung des verwendeten Fahrzeuges konnte jedoch anlässlich der Berufung richtiggestellt werden, da die Individualisierung der Tat im angefochtenen Straferkenntnis dem Bestimmtheitsgebot des § 44a VStG entspricht: auf Grund der namentlichen Nennung des bei der S beschäftigten Lenkers, des Datums der Verwaltungsübertretung und der Bezeichnung des Gesamtausmaßes der Lenkzeit ist die dem Berufungswerber vorgeworfene Tat ausreichend umschrieben. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH vom 25.Juli 2007, Zl. 2004/11/0100), ist die konkrete Bezeichnung des verwendeten Kraftfahrzeuges zur Beschreibung der Tat nicht erforderlich. Dies versetzte den Unabhängigen Verwaltungssenat in die Lage, die - entsprechend dem Ergebnis des Berufungsverfahrens erforderliche - Auswechslung des im Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde angegebenen Kraftfahrzeuges vorzunehmen.

 

8. Der Kostenausspruch ist in den angeführten Verwaltungsvorschriften begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Panny

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum