Linz, 07.01.2008
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn M W, geb. , H, E, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei H, F, S, R, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 06.11.2007, VerkR21-799-2007 und VerkR21-800-2007, zu Recht erkannt:
I.
Der Berufung wird insofern stattgegeben, als
- die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung
- das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades und eines
vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges
- die Aberkennung des Rechts von einer allfällig erteilten
ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen auf 8 Monate – vom 08.08.2007 (= Datum der Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides) bis einschl. 08.04.2008 – herab- bzw. festgesetzt wird.
Rechtsgrundlagen:
§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1 und
7 Abs.4 FSG, BGBl. I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I/153/2006
§ 32 Abs.1 Z1 FSG
§ 30 Abs.1 FSG
II.
Betreffend die Anordnung einer Nachschulung wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§ 24 Abs.3 FSG
III.
Betreffend die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens wird der Berufung stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.
Rechtsgrundlage:
§ 24 Abs.3 FSG
IV.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wird als rechtmäßig bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§ 64 Abs.2 AVG
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG
- die Lenkberechtigung für die Klassen AV, A, B, B+E, C1, C1+E, C, C+E und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von 18 Monaten – gerechnet ab 08.08.2007 – entzogen
- das Lenken von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verboten
- während der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen
- verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer
·eine Nachschulung zu absolvieren
·ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG beizubringen.
Weiters wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG einer allfällig eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 27.11.2007 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Der Rechtsvertreter des Bw hat in der Berufung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (mVh) beantragt, diesen Antrag jedoch mit Schreiben (E-Mail) vom 21.12.2007 zurückgezogen.
Gemäß § 67d Abs.3 AVG ist somit die Durchführung einer mVh nicht erforderlich.
Dem Bw wurde – jeweils wegen der Begehung eines sogenannten "Alkoholdeliktes im Straßenverkehr" – die Lenkberechtigung wie folgt entzogen:
- vom 15.08.1999 bis 13.10.1999 und
- vom 23.02.2002 bis 30.12.2002.
Der Bw lenkte am 21.07.2007 gegen 23.00 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in der Gemeinde R.
Anlässlich einer Verkehrskontrolle wurde beim Bw die Messung der Atemluft mittels Alkomat vorgenommen, welche einen Atemluftalkoholgehalt von (niedrigster Wert) 0,67 mg/l ergeben hat.
Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit Straferkenntnis vom 13.09.2007, VerkR96-8491-2007 über den Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1a StVO eine Geldstrafe verhängt.
Der Schuldspruch dieses Straferkenntnisses ist – da der Bw eine Berufung nur gegen das Strafausmaß eingebracht hat – in Rechtskraft erwachsen.
Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist an diese rechtskräftige Entscheidung gebunden;
VwGH vom 20.9.2001, 2001/11/0237; vom 23.4.2002, 2002/11/0063; vom 8.8.2002, 2001/11/0210; vom 26.11.2002, 2002/11/0083; vom 25.11.2003, 2003/11/0200; vom 6.7.2004, 2004/11/0046 jeweils mit Vorjudikatur uva.
Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.
Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.
Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden wird.
Gemäß § 7 Abs. 3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs. 1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß (§ 5 iVm) § 99 Abs.1a StVO begangen hat.
Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema;
Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;
vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;
vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.
Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;
VfGH vom 14.3.2003, G203/02; vom 11.10.2003, B1031/02; vom 26.2.1999, B 544/97
VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108; vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341; vom 6.4.2006, 2005/11/0214.
Gemäß § 7 Abs.5 FSG gelten "Alkoholdelikte im Straßenverkehr",
- welche der Betreffende innerhalb der letzten 5 Jahre begangen hat,
als "bestimmte Tatsache" iSd § 7 Abs.3 Z1 leg.cit. und
- welche länger als 5 Jahre zurückliegen, zwar nicht mehr als "bestimmte
Tatsachen" iSd § 7 leg.cit.; diese sind jedoch bei Bemessung der
Entziehungsdauer zu werten; VwGH vom 16.12.2004, 2004/11/0139
Auf den gegenständlichen Fall bezogen bedeutet dies:
- das Alkoholdelikt vom 21.07.2007 gilt als "bestimmte Tatsache"
- die Alkoholdelikte vom August 1999 und Februar 2002 gelten nicht als bestimmte Tatsache, diese sind jedoch bei Festsetzung der Entziehungsdauer zu werten.
Insgesamt gesehen hat der Bw somit "nur" eine einzige bestimmte Tatsache iSd § 7 FSG verwirklicht!
Alkoholdelikte zählen zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit;
VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011; vom 20.3.2001, 2000/11/0089;
vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 24.9.2003, 2001/11/0285;
vom 27.2.2004, 2002/11/0036; vom 20.4.2004, 2003/11/0143 uva.
Hätte es sich bei dem vom Bw am 21.07.2007 begangenen "Alkoholdelikt im Straßenverkehr" um das erste derartige vom Bw begangene Delikt gehandelt, so wäre gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von drei Monaten festzusetzen gewesen.
Der Bw hat jedoch – wie ausführlich dargelegt – auch im August 1999 sowie im Februar 2002 ein "Alkoholdelikt im Straßenverkehr" begangen;
diese gelten zwar – wie ebenfalls ausführlich dargelegt – nicht als bestimmte Tatsachen, sind jedoch bei Festsetzung der Entziehungsdauer zu werten.
Für den UVS ist es daher gerechtfertigt und vertretbar, die Entziehungsdauer auf acht Monate – gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides
(= 08.08.2007), somit bis einschließlich 08.04.2008 – herab- bzw. festzusetzen.
Personen, welche nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad oder ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde gem. § 32 Abs.1 Z1 FSG das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.
Dem Bw war daher das Lenken eines Motorfahrrades oder eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges für den Zeitraum 08.08.2007 bis einschließlich 08.04.2008 zu verbieten.
Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von – allfällig erteilten – ausländischen Lenkberechtigungen das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen; VwGH vom 17.03.2005, 2005/11/0057.
Dem Bw war daher für den Zeitraum 08.08.2007 bis einschließlich 08.04.2008 das Recht abzuerkennen, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.
Lenkt jemand in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungsgrad: 0,60 mg/l oder mehr) ein KFZ, so ist gemäß § 24 Abs.3 Z3 FSG eine Nachschulung anzuordnen.
Die belangte Behörde hat daher den Bw völlig zu Recht verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer eine Nachschulung zu absolvieren.
Lenkt jemand in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungsgrad: 0,8 mg/l oder mehr) ein KFZ, so ist gemäß § 24 Abs.3 FSG die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 leg.cit. anzuordnen.
Beim Bw hat der Alkoholisierungsgrad "nur" 0,67 mg/l betragen.
Betreffend die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens wird daher der Berufung stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid in diesem Punkt aufgehoben.
Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen sowie die Beschlüsse des
VfGH vom 21.10.2005, B 1282/05 und des VwGH vom 6.10.2005, AW 2005/11/0053.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.
Mag. Kofler