Linz, 31.12.2007
E R K E N N T N I S
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn P F, geb. 3.7.1967, p.A. M GmbH, S, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 28.8.2007, Zl. VerkR96-1754-2007-Fs, nach der am 31.12.2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
I. Der Berufung wird keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten wird dem Berufungswerber für das Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag von 18 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlage:
§ 64 Abs.1 und 2 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn wegen der Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 90 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden verhängt, weil er als das nach § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der M GmbH, etabliert in P, S, als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen, unterlassen habe, der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 6.3.2007, Zahl VerkR96-1574-2007, welche ihm am 12.3.2007 zugestellt wurde, nämlich binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tage der Zustellung dieses Schreibens – das war bis zum 26.3.2007 – schriftlich oder telegraphisch der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, nachzukommen, Auskunft darüber zu erteilen, wer das ggst. Kraftfahrzeug am 18.2.2007, um 14:09 Uhr, im Gemeindgebiet Lengau, Ortsgebiet Heiligenstatt, auf der B 147, bei km 6.900 lenkte oder wer diese Auskunft erteilen könne.
1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses führt die Behörde erster Instanz Folgendes aus:
"Die M GmbH, etabliert in P, S wurde als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 6.3.2007, Zahl VerkR9 6-1574-2007, welches am 12.3.2007 zugestellt wurde, aufgefordert, binnen zwei Wochen gerechnet vom Tage der Zustellung dieses Schreibens, das war bis 26.3.2007, schriftlich oder telegraphisch der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mitzuteilen, wer das ggst. Kraftfahrzeug am 18.2.2007, um 14:09 Uhr, im Gemeindgebiet Lengau, Ortsgebiet Heiligenstatt, auf der B 147, bei km 6.900 gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilen kann.
Da die M GmbH keine Auskunft iSd. § 103 Abs. 2 KFG erteilte und eine Anfrage an das zuständige Landesgericht ergab, dass Sie zur Vertretung der M GmbH nach außen berufen sind, wurde Ihnen mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21.5.2007, Zahl VerkR96-1754-2007 die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.
Gegen diese Strafverfügung erhoben Sie innerhalb offener Frist Einspruch und begründeten diesen dahingehend, dass Sie in P ein Boardinghaus betreiben würden und im Besitz von mehreren Mietfahrzeugen seien, die von verschiedenen Personen auch kurzfristig genutzt würden, weshalb Sie nicht nachvollziehen könnten, wer dieses Fahrzeug zum besagten Zeitpunkt genutzt hat.
Nach einem Einspruch gegen eine Strafverfügung tritt diese außer Kraft und ist das Strafverfahren, wenn die Tat erwiesen ist, mit der Erlassung eines Straferkenntnisses abzuschließen ist. Der im Straferkenntnis vorgeschriebene Verfahrenskostenbeitrag von 10 % gründet im § 64 VStG.
Mit Schreiben vom 27.7.2007, welches am 7.8.2007 zugestellt wurde, wurde Ihnen der Akteninhalt unter den rechtlichen Hinweis zu § 103 Abs. 2 KFG zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit eingeräumt, hiezu binnen einer Frist von 14 Tagen, ab Zustellung, Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurden Sie daraufhingewiesen, dass, sollte eine diesbezügliche Äußerung nicht erfolgen, das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren ohne die weitere Anhörung fortgeführt werden wird.
Im Telefonat vom 20.8.2007 teilten Sie der Behörde sinngemäß mit, dass Sie nicht verstehen würden warum Sie die Strafverfügung erhalten hätten, worauf Ihnen die Sach- und Rechtslage mitgeteilt wurde.
Mit Schreiben vom 20.8.2007 rechtfertigten Sie sich im wesentliche dahingehend, dass
- Sie das Fahrzeug Kennzeichen nie in Betrieb genommen hätten.
- da Ihnen keine Unterlagen als Beweismittel zur Verfügung gestanden seien, Sie keine Auskunft erteilen hätten können.
- Ihnen die entsprechenden Gesetzesstellen nicht bekannt seien und Sie auch nicht wüssten, wo diese eingesehen werden könnten.
Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt bzw. abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilten, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann (...). Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu fuhren. (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
Gemäß § 9 Abs.1 VStG: Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Die Auskunftspflicht wird durch die Erklärung der Partei, sie könne nicht mehr angeben, wer den Pkw gelenkt/abgestellt verwendet hat verletzt.
Tatort der Verweigerung der Auskunft nach § 103 Abs. 2 KFG ist der Sitz der anfragenden Behörde. VwGH, 31.1.1996, 93/03/0156 ZVR 1996/74.
Die von der österreichischen Kraftfahrbehörde an den in Deutschland wohnenden KFZ-Zulassungsbesitzer an den in Deutschland wohnenden KFZ-Zulassungsbesitzer veranlasste Zustellung einer Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers unmittelbar durch die Post ist zulässig und verstößt nicht gegen Bestimmungen des zwischen Österreich und Deutschland abgeschlossenen Rechtshilfevertrages in Verwaltungssachen. Das Vorbringen des Zulassungsbesitzers, die deutsche Rechtsordnung kenne eine „Lenkerauskunft" nicht, geht ins Leere, da der Tatort der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung in Österreich gelegen ist, so dass insoweit österreichisches Recht anzuwenden ist. VwGH, 27.6.1997, 97/02/0220.
Da keine Auskunft erteilt wurde, wer das Kraftfahrzeug zum besagten Tag gelenkt hat oder wer diese Auskunft erteilten kann, haben Sie so hin die Ihnen zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zu verantworten.
Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass Grundlage hiefür gem. § 19 VStG idgF. stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schute die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen. Der gesetzliche Strafrahmen des § 134 Abs. 1 KFG reicht bis zu 5.000 Euro.
Bei der Bemessung der Strafe wurde auf Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (laut Schätzung, mtl. Nettoeinkommen ca. 1.000 Euro, kein Vermögen, Sorgepflichten) Bedacht genommen. Strafmildernd war die bisherige Unbescholtenheit zu werten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung vermeint der Berufungswerber, die ihm angelastete Verwaltungsübertretung und die damit herangezogene Strafe in den Feststellungen der Behörde als unrichtig zu erachten.
Da er zum vorgeworfenen Straftatbestand das Fahrzeug nicht gelenkt und den Straftatbestand nicht begangen habe, erkenne er die Bestrafung nicht an.
Zum Vorwurf der Auskunftsverweigerung könne die Behörde den Tatbestand der Auskunftsverweigerung nicht daraus schöpfen, da ihm unbekannt sei, wer zu diesem Zeitpunkt das dem Unternehmen gehörende Fahrzeug gelenkt habe. Nachdem ihm die den Tatbestand feststellende Behörde keine entsprechenden Hilfsmittel zur Identifikation (Lenkerfoto durch Radar oder Derartiges) zur Verfügung stellen habe können, könne diese ihm nicht auferlegen, eine sachdienliche Aufzeichnung, die zur Tatbestandsfeststellung erforderlich wäre, zu führen. Dies würde ihm eine Last auferlegen, die einem Behördenorgan zukommen würde.
Aufgrund seines bereits getätigten Einspruchs und der jetzt getätigten Berufung im Rahmen dieses Straferkenntnisse stelle er im Rahmen der Berufung den Antrag, die Strafe einzustellen und ihm eine entsprechende Entscheidung zukommen zu lassen.
Für den Fall, dass es zu keiner Einstellung des Verfahrens komme, die seinem Standpunkt im angewandten Recht entspricht, würde er rechtlichen Beistand heranziehen.
2.1. Mit diesem Vorbringen vermag er jedoch vor dem Hintergrund der hier anzuwendenden Rechtslage dem Schuldspruch nicht mit Erfolg entgegen getreten.
3. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.
3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes und die Befragung des Berufungswerbers im Rahmen der am 31.12.2007 durchgeführten öffentlichen Berufungsverhandlung. Daran nahm auch eine Vertreterin der Behörde erster Instanz teil.
4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:
4.1. Unbestritten ist der Anfragegrund betreffend das von der Gesellschaft gehaltene Fahrzeug, deren Geschäftsführer der Berufungswerber ist.
Als unstrittig kann im Lichte des Ergebnisses der Berufungsverhandlung auch die persönliche Übernahme der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe per 12.3.2007 gelten (roter Rückschein über die Zustellung der Aufforderung). Darin findet sich eine ausführliche Rechtsbelehrung und der Hinweis, dass die Nichtbekanntgabe als Verwaltungsübertretung strafbar ist.
Der Berufungswerber verantwortete sich auch im Rahmen der Berufungsverhandlung im Ergebnis damit, dass er die Entlehnung eines Fahrzeuges durch seine Kunden allenfalls nur auf Grund der Tankrechnung rekonstruieren könnte. Immer, wenn ein Fahrzeug entlehnt würde, wird dieses vom Benutzer voll getankt und die Tankrechnung abgelegt. Ein Fahrtenbuch wird aber nicht geführt, dies sei mit der zuständigen Behöre (Finanzbehörde) so vereinbart.
Eine Nachschau auf einer solchen Tankrechung sei aber im Zuge der Lenkerauskunft nicht erfolgt. Der Berufungswerber verweist in diesem Zusammenhang auf die in Deutschland diesbezüglich fremde Rechtsvorschrift, wonach eine Mitwirkung an der Ausforschung eines Lenkers durch den Zulassungsbesitzer nicht vorgesehen sei.
Nicht darzulegen vermochte der Berufungswerber jedoch, dass er irgendwelche Anstrengungen unternommen hätte, um der an ihn gerichteten schriftlichen Aufforderung der Behörde erster Instanz vom 6.3.2007 nachzukommen.
Faktum ist andererseits jedoch auch, dass sich im Verfahrensakt kein Radarfoto befindet, welches auf die der Anfrage zu Grunde liegende Fahrt bzw. den Lenker dieser Fahrt rückschließen lassen könnte.
Zur Verfolgung dieses Lenkers wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 22 km/h) wäre die hierfür zuständige Behörde ausschließlich auf die an den Berufungswerber gerichtete Anfrage angewiesen gewesen, welche letztlich durch die Verweigerung der Auskunft verunmöglicht wurde.
Im Lichte der Verantwortung des Berufungswerbers ist davon auszugehen, dass eher keine dem Berufungswerber nahe stehende Person, auf die mit Blick auf eine Zeugenaussage ein allfälliges Entschlagungsrecht zugetroffen hätte, als Lenker namhaft zu machen gewesen wäre. Offenbar handelte es sich um eine Kundschaft der vom Berufungswerber als Geschäftsführer vertretenen Gesellschaft.
Letztlich kann sich der Berufungswerber vor dem Hintergrund der in der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe inhärenten Rechtsbelehrung auch nicht mit dem Hinweis entschuldigen, er könne nach einigen Monaten nicht mehr sagen, wer der Lenker zum fraglichen Zeitpunkt war. Dies hätte er wohl an den Tankrechnungen zu rekonstruieren vermocht.
5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:
5.1. Die Behörde erster Instanz weist zutreffend darauf hin, dass die Behörde Auskünfte darüber verlangen kann, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe‑ oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. Gemäß der dem Gesetz beigefügten sogenannten Verfassungsbestimmung treten gegenüber der Befugnis der Behörde derartige Auskünfte zu verlangen, Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.
5.1.1. Die Gestaltung des letzten Satzes des § 103 Abs.2 KFG 1967 als Verfassungsbestimmung erachtete der Verfassungsgerichtshof im Einklang mit den Baugesetzen des B‑VG stehend und (derzeit) nicht im Widerspruch zu Art. 6 EMRK. Der Verfassungsgerichtshof hebt das in dieser Bestimmung rechtspolitische Anliegen des Gesetzgebers, welchem dieser nur durch das Institut der Lenkerauskunft in dieser Form nachkommen zu können glaubt, besonders hervor, bemerkt jedoch auch kritisch die Problematik der Durchbrechung des Anklageprinzips gem. Art. 90 Abs.2 B‑VG und den durch eine Strafsanktion ausgeübten Zwang zur Ablegung eines Geständnisses (VfSlg. 9950/1984, 10394/1985 VfGH 29.09.1988, Zl. G72/88 u.a.). Nach bisher ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG die Absicht des Gesetzgebers zugrunde, sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Kraftfahrzeuges jederzeit festgestellt werden kann (vgl. u.a. Erk. vom 29. September 1993, 93/02/0191).
Da jedoch im Stadium der Lenkererhebung durch die Namhaftmachung eines Lenkers zumindest noch keine unmittelbare "Selbstbeschuldigung" bzw. die "Auslieferung" einer nahe stehenden Person in ein Strafverfahren noch nicht erfolgt und daher ein allenfalls nachfolgendes Strafverfahren gegen eine durch diese Anfrage namhaft zu machende (gemachte) Person jedenfalls (noch) nicht unmittelbar präjudiziert wird, scheinen in diesem Fall auch keine Gegensätze zu den Grundsätzen der EMRK gegeben.
In diesem Sinne ist auch das Urteil des EGMR v. 8.4.2004, Nr. 38544/97 – WEH gegen Österreich – begründet worden. Danach ist mit der Benennung des Fahrzeuglenkers noch nicht zwingend eine "strafrechtliche Anklage" und damit keine Konventionswidrigkeit hinsichtlich der wohl damit zum Teil verbundenen Durchbrechung des Rechtes im Falle einer drohenden Selbstbeschuldigung schweigen zu dürfen, verbunden.
Kein Widerspruch zur EMRK wurde bereits im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes – VfGH v. 29.09.1988, Zl. G72/88, zumindest nicht aus innerstaatlicher Sicht, erblickt.
Dieser Intention schließt sich auch der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in seiner Rechtsprechung an, weil aus der Sicht der Praxis eine effektive Verkehrsüberwachung sonst nicht ausreichend gewährleistet scheint.
In dieses Konzept müssen alle die österreichischen Straßen benützenden Fahrzeuge (auch Ausländer) einbezogen werden können (vgl. auch VwGH 28.2.1997, 96/02/0508). Gemäß § 2 Abs.1 VStG sind, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen – hier ist keine Ausnahme gegeben – nur die im Inland begangenen Verwaltungsübertretungen strafbar. Nach § 2 Abs.2 VStG ist eine Übertretung im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat ODER HÄTTE HANDELN SOLLEN ODER WENN DER – zum Tatbestand gehörende – ERFOLG IM INLAND EINGETRETEN IST. Bei Verweigerung der Erteilung der Lenkerauskunft gilt – anders als nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 7. Juli 1989, Zl. 89/18/0055) – nicht der Ort, an welchem etwa eine solche Aufforderung dem "Verpflichteten" zugekommen ist, sondern – als Tatort gilt – der Sitz der anfragenden Behörde, als Ort der geschuldeten Handlung (VwGH 14. Juni 1995, Zl. 95/03/0102 u. VwGH [verst. Senat] 31. Jänner 1996, Zl. 93/03/0156).
5.1.2. Wenngleich dem Berufungswerber in seinem Vorbringen durchaus gefolgt werden kann, wo nach der deutschen Rechtslage eine solche Pflicht nicht nur fremd, sondern diese darüber hinaus dort mit dem Grundgesetz nicht in Einklang steht, gewinnt er damit nichts angesichts der hier anzuwendenden österreichischen Rechtslage. Wegen des Hinweises der Strafbarkeit bereits im Auskunftsbegehren könnte sich der Berufungswerber ebenfalls nicht auf § 52 und § 55 d StPO – wonach ein Zeugenentschlagungsrecht auch bei bloßen Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten besteht, falls mit einer solchen Zeugenaussage die Gefahr wegen eines solchen Deliktes belangt zu werden einherginge – auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum oder ein mangelndes Verschulden mit Erfolg berufen.
Auch dem hier sinngemäß vorgetragenen Einwand auf die Einschränkung des staatlichen Gebotsbereiches (Territorialitätsprinzip) vermag den Berufungswerber nicht zum Erfolg verhelfen (VwGH 26.5.1999, 99/03/0074).
Der staatliche Gebotsbereich erstreckt sich in der Figur des "Schutzprinzips" auch auf außerhalb des Staates befindliche Personen, sofern sich deren Handeln gegen ein inländisches Rechtsgut richtet (Walter‑Mayer, Grundriss des Bundesverfassungsrechtes, 8. Auflage, RZ 176). Anknüpfungsfaktum ist hier die offenkundig zumindest vom Willen des Berufungswerbers getragene Verwendung seines Pkw`s im Bundesgebiet der Republik Österreich. Aus dieser Verwendung leiten sich jedenfalls Ingerenzpflichten gegenüber der österreichischen Rechtsordnung ab (vgl. etwa VwGH 11.5.1993, Zl.90/08/0095). Ausgelöst wurde die Lenkeranfrage durch die mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers vermutlich begangene Verletzung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften. Diese am Gesetzeszweck orientierte Auslegung ist einerseits gemäß der obzitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Zl. G72/88) bindend, andererseits ergibt sich mit der Verwendung eines Kraftfahrzeuges im Hoheitsgebiet eines anderen Staates ein Ingerenzverhältnis zu den einschlägigen Gesetzen dieses Staates, was wiederum einen ausreichenden inländischen Anknüpfungsgrund begründet. Die Einbeziehung auch ausländischer Fahrzeugverantwortlicher in dem vom § 103 Abs.2 KFG erfassten Regelungsinhalt ist hier als Ausübung der staatlichen Souveränität in Form der Berufung auf das völkerrechtlich anerkannte Schutzprinzip begründet.
Der Berufungswerber vermag sich angesichts des Hinweises bezüglich der Strafbarkeit der Verweigerung der Lenkerbekanntgabe bereits in der Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers nicht iSd § 6 VStG entschuldigend auf einen diesbezüglichen Rechtsirrtum berufen.
6. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
6.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, dass die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe in der Höhe von 72 Euro als sehr niedrig bemessen bewertet werden muss. Selbst wenn hier angesichts des Vertrauens auf die in Deutschland herrschende Rechtslage bloß von einem geringen Verschulden auszugehen sein mag, kann der hier verhängten Geldstrafe nicht mit Erfolg entgegen getreten werden.
Immerhin reicht der Strafrahmen bis 5.000 Euro. Selbst das hier nicht zur Verfolgung gelangende Grunddelikt wäre – trotz eines nur bis 726 Euro reichenden Strafrahmens – durchaus höher zu bestrafen gewesen. Der Unwertgehalt einer Verweigerung der Lenkerbekanntgabe kann wegen des öffentlichen Interesses, insbesondere dem Interesse der Pflege der Verkehrssicherheit und der sich daraus ableitenden Pflicht zur Ahndung von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr in einer solcherart herbeigeführten Vereitelung der Strafverfolgung nicht bloß als geringfügig abgetan werden. Daher kann hier trotz des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit eine Überschreitung des Ermessensspielraumes in der Strafzumessung seitens der Behörde erster Instanz nicht erblickt werden. Der Berufung musste daher ein Erfolg sowohl in der Schuld- als auch in der Straffrage versagt bleiben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r