Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-110744/14/Kl/Rd/Pe

Linz, 17.12.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt in der Verwaltungsstrafsache des Herrn A S, vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei H O B, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz, zu Recht erkannt:

 

Das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 23.7.2007, VwSen-110744/5/Kl/Rd/Pe, wird von Amts wegen dahingehend abgeändert, dass der Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 24.11.2006, VerkGe96-182-1-2006, Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird. Weiters entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 52a VStG sowie  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a Z1, 45 Abs.1 Z2 und Z3, 51 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1. Von der Bezirkshauptmannschaft Schärding wurde über den Bw mit 24.11.2006, VerkGe96-182-1-2006, ein Straferkenntnis wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 7 Abs.1 Z1 iVm § 23 Abs.1 Z3  und Abs. 4 GütbefG erlassen. Dagegen wurde vom Bw rechtzeitig Berufung eingebracht.

Vom Oö. Verwaltungssenat wurde in der Folge mit Erkenntnis vom 23.7.2007, VwSen-110744/5/Kl/Rd/Pe, über die eingebrachte Berufung abgesprochen, indem der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde. Dagegen wurde vom Bw Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht und ist das Beschwerdeverfahren noch anhängig.

 

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 15.11.2007, Zl. 2007/03/0127-7, zu einem gleichgelagerten Sachverhalt ausgesprochen, dass eine Fahrerbescheinigung keine Gemeinschaftslizenz darstellt und sich daher die Rechtsansicht des Oö. Verwaltungssenates, wonach die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden Güterbeförderung, ohne dass – obgleich der Fahrer Drittstaatsangehöriger ist – eine Fahrerbescheinigung vorliegt, unter § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 GütbefG zu subsumieren sei, als nicht zutreffend erweist. Auch der Umstand, dass in § 25 Abs.2 GütbefG nunmehr die geänderte Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 881/2002 ausdrücklich zitiert ist, vermag daran nichts zu ändern, da bereits vor dieser Novelle des GütbefG mit der Bezugnahme auf die Verordnung (EWG) Nr. 881/1992 (ohne einzelne Änderungen ausdrücklich anzuführen) eine im Hinblick auf den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zulässige dynamische Verweisung auf die jeweils gültige Fassung dieser Verordnung gegeben war, wie sich auch aus dem zitierten Erkenntnis vom 19.10.2004, Zl. 2004/03/0087, ergibt.

Weiters vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass sich aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 23 Abs.1 Z8 GütbefG ergibt, dass der Unternehmer der ihn treffenden Verpflichtung auch dann nicht nachkommt, wenn er eine erforderliche Fahrerbescheinigung gar nicht besorgt hat, sodass er sie dem Fahrer bei der Güterbeförderung auch nicht übergeben kann. Auch in diesem Fall hat er nicht dafür gesorgt, dass eine erforderliche Fahrerbescheinigung mitgeführt wird.

Zwar trifft es zu, dass für die Durchführung einer der Gemeinschaftslizenz unterliegenden grenzüberschreitenden Güterbeförderung, ohne dass der Unternehmer über eine Gemeinschaftslizenz verfügt, eine gesonderte Strafnorm in § 23 Abs.1 Z3 iVm § 7 Abs.1 Z1 GütbefG vorgesehen ist; da jedoch im Hinblick auf die Fahrerbescheinigung keine dieser Bestimmung entsprechende Spezialnorm vorliegt, ist eine Bestrafung nach § 23 Abs.1 Z8 GütbefG nicht ausgeschlossen.

 

3. Gemäß § 52a VStG können von Amts wegen der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechts von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

Dieses Recht kommt im Hinblick auf seine eigenen Entscheidungen dem unabhängigen Verwaltungssenat zu.

 

In Anbetracht des oa jüngst ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts­hofes konnte die im eingangs angeführten Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vertretene Rechtsansicht nicht mehr aufrecht erhalten werden. Sohin war unter Anwendung des § 52a VStG diese Entscheidung abzuändern.

 

Gemäß  § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß  § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss  daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1522 ff).

 

Gemäß § 23 Abs.1 Z8 GütbefG begeht, abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der GewO 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen, eine Verwaltungsüber­tretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 7.267 Euro zu ahnden ist, wer als Unternehmer nicht dafür sorgt, dass die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 881/92 erforderlichen Gemeinschaftslizenzen oder Fahrerbescheinigungen mitgeführt werden.

 

Da im vorliegenden Fall entsprechend der eingangs zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs.1 Z3 GütbefG vorliegt, und innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsjährungsfrist (Tattag war der 5.10.2006) kein entsprechender Vorhalt durch die belangte Behörde erfolgte, nämlich "dass der Bw als Unternehmer mit dem Sitz in, am 5.10.2006 gegen 9.30 Uhr, ... nicht dafür gesorgt hat, dass eine Fahrerbescheinigung mitgeführt wird", war der Berufung daher in Entsprechung der oa Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungs­strafverfahren zur Einstellung zu bringen.

 

4. Weil der Berufung Erfolg beschieden war, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

 

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