Linz, 16.01.2008
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn M M, geb. , G, L, vertreten durch Herrn Notar Dr. J M, K, N gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 05.12.2007, AZ: FE-1229/2007 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen und Aberkennung des Rechts, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, zu Recht erkannt:
I.
Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die/das
- Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung
- Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, vierrädrigen
Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeugen und
- Aberkennung des Rechts, von einer allfällig bestehenden
ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen
auf 15 Monate – vom 28. Oktober 2007 bis einschließlich 28. Jänner 2009 –
herab- bzw. festgesetzt wird.
Rechtsgrundlagen:
§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z1 und
7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008
§ 32 Abs.1 Z1 FSG
§ 30 Abs.1 FSG
II.
Betreffend die
- Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker
- Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens sowie
- Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme
ist der erstinstanzliche Bescheid – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG
- die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, B+E wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit für die Dauer von 18 Monaten, gerechnet ab 28.10.2007 entzogen;
- für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Lenken eines Motor-fahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges verboten;
- für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen;
- verpflichtet, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer
·eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren,
·ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen gemäß § 8 FSG beizubringen und
·eine verkehrspsychologische Stellungnahme beizubringen.
Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 22.12.2007 eingebracht.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:
Die Berufung richtet sich nur gegen die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, nicht jedoch gegen die
- Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker
- Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens sowie
- Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme.
Betreffend die
- Anordnung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker
- Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme
- Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens
ist somit der erstinstanzliche Bescheid in Rechtskraft erwachsen.
Dem Bw wurde bislang – jeweils wegen der Begehung eines sog. "Alkoholdeliktes im Straßenverkehr" – die Lenkberechtigung wie folgt entzogen:
- 29.08.1990 bis 19.01.1991
- 18.10.1997 bis 18.02.1998
- 18.02.2005 bis 18.08.2005
Der Bw lenkte am 28.10.2007 um 13.50 Uhr einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in Linz.
Anlässlich einer Verkehrskontrolle verweigerte der Bw die Vornahme des Alkotests.
Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 04.12.2007,
S-39.909/07, über den Bw wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2
iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO eine Geldstrafe verhängt.
Dieses Straferkenntnis ist – mangels Anfechtung – in Rechtskraft erwachsen.
Im Übrigen hat der Bw in der Berufung ausdrücklich zugestanden, am 28.10.2007 das ihm zur Last gelegte Alkoholdelikt im Straßenverkehr begangen zu haben.
Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung ist an diese rechtskräftige Entscheidungen gebunden;
VwGH vom 20.9.2001, 2001/11/0237; vom 23.4.2002, 2002/11/0063; vom 8.8.2002,
2001/11/0210; vom 26.11.2002, 2002/11/0083; vom 25.11.2003, 2003/11/0200;
vom 6.7.2004, 2004/11/0046 jeweils mit Vorjudikatur uva.
Gemäß § 24 Abs.1 Z.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.
Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.
Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. Wurden begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs.3 leg.cit. angeordnet, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.
Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch Trunkenheit gefährden wird.
Gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit. zu gelten, wenn jemand ein KFZ gelenkt und hiebei eine Übertretung gemäß (§ 5 i.V.m.) § 99 Abs.1 lit.b StVO begangen hat.
Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema;
Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;
vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;
vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176
Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;
VfGH vom 14.3.2003, G203/02; vom 11.10.2003, B1031/02; vom 26.2.1999, B 544/97
VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108; vom 6.4.2006, 2005/11/0214; vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mwH.
Der Bw hat – wie dargelegt – in den Jahren 1990, 1997, 2005 und 2007 jeweils ein "Alkoholdelikt im Straßenverkehr" begangen.
Alkoholdelikte zählen zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrssicherheit;
VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011; vom 20.3.2001, 2000/11/0089;
vom 23.5.2000, 2000/11/0102; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;
vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 24.9.2003, 2001/11/0285;
vom 27.2.2004, 2002/11/0036; vom 20.4.2004, 2003/11/0143
Bei der Beurteilung der Verkehrs(un)zuverlässigkeit sind auch länger zurückliegende und sogar getilgte Verwaltungsübertretungen zu berücksichtigen;
VwGH vom 16.12.2004, 2004/11/0139; vom 21.1.2003, 2002/11/0227;
vom 22.2.2000, 99/11/0341; vom 28.9.1993, 93/11/0142;
vom 28.9.1993, 93/11/0132 mit Vorjudikatur
Auch mehrere Bestrafungen wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 StVO sowie mehrere Entziehungen der Lenkberechtigung haben den Bw nicht davon abgehalten, neuerlich einen derart schweren Verstoß gegen die Verkehrssicherheit zu begehen.
Dies ist bei der Bemessung der Entziehungsdauer besonders zu berücksichtigen
VwGH vom 7.10.1997, 96/11/0268; vom 18.11.1997, 97/11/0285;
vom 24.8.1999, 99/11/0216 mit Vorjudikatur; vom 23.5.2000, 2000/11/0102;
vom 20.3.2001, 2000/11/0189; vom 23.4.2002, 2000/11/0182 uva.
Betreffend die Festsetzung der Entziehungsdauer wird auf die ausführliche und grundsätzlich zutreffende Begründung im erstinstanzlichen Bescheid – insbesondere die dort zitierte Judikatur des VwGH – verwiesen.
Die vom Bw in den Jahren 2005 und 2007 begangenen Alkoholdelikte sind als "bestimmte Tatsache" iSd § 7 Abs.3 Z1 FSG zu werten.
Die vom Bw in den Jahren 1990 und 1997 begangenen Alkoholdelikte liegen mehr als zehn Jahre zurück und sind daher bei der Festsetzung der Entziehungsdauer nur noch in sehr geringem Umfang zu werten.
Für den UVS ist es daher gerade noch vertretbar, die Entziehungsdauer auf 15 Monate – vom 28.10.2007 (= Datum der vorläufigen Führerscheinabnahme) bis einschließlich 28.1.2009 – herab- bzw. festzusetzen.
Personen, welche nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG das Lenken eines derartigen KFZ ausdrücklich zu verbieten.
Dem Bw war daher das Lenken eines in § 32 Abs.1 FSG genannten KFZ für die – nunmehr neu festgesetzte – Entziehungsdauer zu verbieten.
Besitzern von – allfällig erteilten – ausländischen Lenkberechtigungen kann gemäß
§ 30 Abs.1 FSG das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, wenn Gründe für eine Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen; VwGH vom 17.03.2005, 2005/11/0057.
Dem Bw war daher für die Dauer der – nunmehr neu festgesetzten – Entziehung der Lenkberechtigung das Recht abzuerkennen, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wurde vom Bw nicht bekämpft. Der Ordnung halber wird jedoch festgestellt, dass dieser Ausspruch im erstinstanzlichen Bescheid zu Recht erfolgte;
siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen sowie die Beschlüsse des
VfGH vom 21.10.2005, B 1282/05 und des VwGH vom 6.10.2005, AW 2005/11/0053.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.
Mag. Kofler
Beschlagwortung:
Alkoholdelikte – Wertung