Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300810/2/Gf/Mu/Ga

Linz, 15.01.2008

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine Mitglied Dr. Grof über die Berufung des C B, vertreten durch RA Dr. W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 24. Oktober 2007, Zl. Pol96-113-2007/WIM, wegen mehrerer Übertretungen des Oö. Spielapparate­gesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.               Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.             Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 und Z. 3 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 24. Oktober 2007, Zl. Pol96-113-2007/WIM, wurde über den Rechtsmittelwerber jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 33 Stunden) ver­hängt, weil er im Zeitraum vom 14. Mai 2007 bis zum 6. Juni 2007 als Verfügungsberechtigter geduldet habe, dass in einem Neben­raum seiner Wettannahmestelle in M ein Spielapparat "W" mit der Seriennummer H mit dem Spielprogramm "M F", ein Spielapparat "W" mit der Seriennummer E mit verschiedenen Spielprogrammen und drei Spielapparate "W" mit den Seriennummern F, T und T jeweils mit dem Spielprogramm "R" ohne die erforderliche Spielapparatebewilligung aufge­stellt worden seien. Dadurch habe er mehrere Übertretungen des § 10 Abs. 1 Z. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 Z. 4 und i.V.m. § 10 Abs. 2 des Oö. Spiel­apparategesetzes, LGBl. Nr. 53/1999 (im Folgenden: OöSpielappG), begangen, weshalb er nach der letztgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass der ihm zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmungen der einschreitenden Polizeibeamten und der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen als erwiesen anzu­sehen sei.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 31. Oktober 2007 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnisses richtet sich die vorliegende, am 12. November 2007 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung, mit der in der Hauptsache die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

2. Aus dem Straferkenntnis, dem Berufungsschriftsatz und dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt ergibt sich allseits unbestritten, dass anlässlich einer von Sicherheitsorganen am 14. Mai 2007 um 16.30 Uhr und am 6. Juni 2007 um 18.10 Uhr durchgeführten Kontrolle in der Wettannahmestelle des Rechtsmittel­werbers die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher bezeichneten Spielapparate funktionsfähig und betriebsbereit aufgestellt vorgefunden wurden, ohne dass hiefür eine entsprechende Bewilligung vorlag.

 

Von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 AVG abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 iVm § 10 Abs. 2 und iVm § 3 Abs. 1 Z. 4 des bis zum 31. Dezember 2007 in Geltung gestandenen OöSpielappG beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit einer Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der es als Verfügungsberichtigter über den Aufstellort duldete, dass einen Spielapparat ohne die dafür erforderliche Spiel­apparatebewilligung aufgestellt wurde.

 

Nach § 4 Abs. 1 Oö. SpielappG bedurfte das Aufstellen von Spielapparaten oder die Verwendung von Spielprogrammen an öffentlichen Orten einer Bewilligung der Behörde (Spielapparatebewilligung), wenn nicht eine Ausnahme nach § 4 Abs. 1 Z. 1 (unentgeltliches Anbieten und Vorführen in Verkaufsstellen) oder Z. 2 (Anzeigepflichten nach § 5 leg.cit.) in Betracht kam.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Oö. SpielappG waren als Spielapparate im Sinne dieses Landesgesetzes alle Vorrichtungen, die zur Durchführung von Spielen bestimmt waren und gegen Entgelt betrieben wurden, anzusehen, wobei nicht nur die Geldeingabe o.ä., sondern auch die Entrichtung einer vermögenswerten Leistung an Dritte, welche die Inbetriebnahme ermöglichte, ausreichte.

 

Als Geldspielapparate nach § 2 Abs. 2 Oö. SpielappG galten jene Spielapparate, bei denen das Spielergebnis oder ein Spielteilergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall und nicht von den persönlichen Fähigkeiten des Spielers abhing, d.h. jedenfalls Spielapparate mit Geldspielprogrammen sowie Spielapparate, deren Spielergebnis oder Spielteilergebnis für den Spieler nicht beeinflussbar oder nicht berechenbar war und die zur Herbeiführung des Spielergebnisses oder eines Spielteilergebnisses mit mechanisch oder elektromechanisch getriebenen rotierenden Walzen, Scheiben, Platten, Rädern oder dergleichen oder mit elektrisch oder elektronisch gesteuerten wechselweise blinkenden Leuchtsymbolen, wie z.B. mit Lichträdern, Lichtpyramiden, Leuchtdioden – gegebenenfalls mit zusätzlichen Halte-, Stepp- oder Stoppvorrichtungen – ausgestattet waren.

 

Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 3 Oö. SpielappG waren als Geldspielpro­gramme solche, in deren Spielverlauf rotierende Walzen, Scheiben, Platten, Räder oder dergleichen oder wechselweise blinkende Leuchtsymbole, wie Lichträder, Lichtpyramiden oder dergleichen zur Herbeiführung des für den Spieler nicht beeinflussbaren oder nicht berechenbaren Spielergebnisses oder Spielteiler­geb­nisses auf Bildschirmen, Display oder Projek­tionseinrichtungen von Videospiel­apparaten dargestellt wurden, anzusehen.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ging die belangte Behörde ohne geeignete Tatsachengrundlage in rechtlicher Hinsicht davon aus, dass es sich bei den gegenständlichen Spielapparaten um einen der Bewilligungspflicht nach § 4 Abs. 1 OöSpielappG unterliegenden Spielapparat und nicht um einen Geldspielapparat im Sinne der oben wiedergegebenen Begriffs­bestimmungen handelte.

 

Für diese Annahme fehlen jedoch jegliche Bezug habenden Tatsachenfeststellungen. Im vorliegenden Verwaltungsstrafakt ist nämlich nur von einem "Spielautomat W mit dem Spiel 'M F'", von einem "Spielautomat W mit verschiedenen Spielprogrammen" und drei "Spielautomaten mit dem Spiel 'R'" die Rede. Dies lässt in Wahrheit alle entscheidungswesentlichen Fragen offen.

 

Beim Oö. Verwaltungssenat ist zwar auf Grund zahlreicher gleich gelagerter Verfahren amtsbekannt, dass Spielapparate mit fast beliebiger Bezeichnung immer wieder mit Spielprogrammen wie "M C", "M C Q" oder "M F" in verschiedenen Programm­versionen ausgestattet werden, bei denen es sich entweder um Geldspielprogramme (Pokerspiele) oder Apparate im Sinne des Glücksspielgesetzes (BGBl Nr. 620/1989 i.d.F. BGBl I Nr. 145/2006, im Folgenden: GSPG) handeln könnte. Dem entsprechend käme daher jeweils entweder eine Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z. 5  GSpG oder eine Übertretung nach § 3 Abs. 1 Z.1 und Z. 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 Z. 1 OöSpielappG in Betracht. Zudem muss auch das Verbot des Aufstellens von Geldspielapparaten nach § 3 Abs. 1 Z. 1 OöSpielappG in Betracht gezogen werden. Ein Geldspielapparat i.S.d. § 2 Abs. 2 OöSpielappG wäre schließlich von vornherein nicht bewilligungsfähig und kann somit auch nicht der Bewilligungspflicht unterliegen.

 

Angesichts dessen hätte die belangte Behörde alle diese Vorfragen zwingend aufklären müssen, bevor sie einen Tatvorwurf nach § 3 Abs. 1 Z. 4 Oö. SpielappG erhebt. Umso wichtiger wäre es daher auch gewesen, die verwendeten Spielprogramme "M F", "verschiedene Spielprogramme" und "R" näher zu beschreiben und deren Funktionsweise detailliert darzustellen. Auf eine Verletzung der Mitwir­kungspflicht des Beschwerdeführers konnte sich die belangte Behörde hingegen nicht erfolgreich berufen, zumal sie von Gesetzes wegen selbst dazu verpflichtet gewesen wäre, den objektiven Tatbestand festzustellen und die erforderlichen Beweise aufzunehmen.

 

Im Ergebnis rügt die Berufung daher zu Recht, dass dem angefochtenen Straferkenntnis keine hinreichende sachverhaltsmäßige Feststellung des Tatbildes zu entnehmen ist und Nachweise darüber fehlen, auf Grund welcher Eigenschaften überhaupt davon ausgegangen werden kann, dass eine gesetzliche Norm im Zusammenhang mit Spielapparaten verletzt wurde. Das liegt zunächst schon daran, dass in Bezug auf die Funktionsweise der gegenständlichen Spielapparate eben keinerlei Ermittlungen vorliegen, die gesicherte und gut nachvollziehbare Beweisergebnisse erkennen ließen.

 

3.3. Die belangte Behörde hat daher nach Ausweis der Aktenlage weder entsprechende Erhebungen durchgeführt noch ausreichende Tatsachenfest­stellungen getroffen, um anhand der Funktionsweise der Spielapparate die entscheidungswesentliche Frage der Abgren­zung zwischen dem OöSpielappG und dem GSpG des Bundes beantworten zu können. Im Hinblick auf die salvatorische Klausel des § 1 Abs. 2 OöSpielappG wäre dies aber unbedingt erforderlich gewesen. Gemäß § 4 Abs 2 GSpG liegt nämlich nur dann eine Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes vor, wenn die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 0,50 Euro und der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 20 Euro nicht übersteigt. Deshalb können schon aus kompetenz­rechtlichen Gründen durch das OöSpielappG nur solche Geldspielapparate erfasst sein, mit denen ausschließlich Bagatellausspielungen i.S.d. § 4 Abs. 2 GSpG durchgeführt werden können (näher dazu bereits die h. Erkenntnisse VwSen-230233/15 vom 18.10.1993, VwSen-230253/7 vom 23.08.1994, VwSen-300207/3 vom 29.10.1998 und VwSen-300230/5 vom 25.06.1999).

 

3.4. Die belangte Behörde hat es somit verabsäumt, die entscheidungswesentlichen Tatsachen zu ermitteln und festzustellen. Deshalb ist der Tatvorwurf nicht hinrei­chend durch fallbezogene Umstände konkretisiert, sondern unergiebig und unschlüssig geblieben. Die Anlastung der belangten Behörde genügt daher auch nicht den durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Spruch­erfordernissen gemäß § 44a Z. 1 VStG, wonach durch die Umschreibung eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen möglich sei und die unver­wechselbare Identität der Tat feststehen muss (vgl. dazu grundlegend VwSlg 11466 A/1984 und VwSlg 11894 A/1985).

 

Die belangte Behörde hätte wohl nur im Wege der Befundaufnahme und Begut­achtung durch einen Amtssachverständigen den entscheidungswesentlichen Sach­verhalt zuverlässig aufklären können. Eine solche fachkundige Beweissicherung ist aber unterblieben.

 

Die für die Strafbarkeitsentscheidung wesentlichen Rechtsfragen konnten so nicht gelöst werden. Deshalb kann der Oö. Verwaltungssenat nur mehr im Zweifel zugunsten des Rechtsmittelwerber feststellen, dass die ihm im Straferkenntnis zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nach dem § 3 Abs. 1 Z. 4 i.V.m. § 10 Abs. 1 Z. 3 und i.V.m. § 10 Abs. 2 Oö. SpielappG nicht feststeht. Im Übrigen ist mittlerweile mangels einer tauglichen Verfolgungshandlung auch Verjährung nach § 31 Abs. 2 VStG eingetreten.

 

3.5. Darüber hinaus liegt ein weiterer wesentlicher Spruchmangel des ange­foch­tenen Straferkenntnisses darin, dass der Vorwurf der Duldung des Aufstellens in zeitlicher Hinsicht nicht konkretisiert wurde. Es genügt nämlich nicht, den Zeitpunkt der Spielapparatekontrolle anzugeben, weil dieser – wie auch hier – regelmäßig ein ganz anderer ist als jener des Aufstellens. Die belangte Behörde hat diesen Kontroll­zeitpunkt wohl nur deshalb "ersatzweise" angeführt, weil sie tatsächlich nicht ermittelt hat, wann der Videospielapparat mit angeblicher Duldung des Rechtsmittel­werbers öffentlich zugänglich aufgestellt worden ist.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates wird vom gesetzlichen Verbot des Aufstellens nach § 3 Abs. 1 Z. 1 oder Z. 4 (erster Fall) SpielappG der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Spielapparaten, nicht aber der Zustand des Aufgestelltseins zu einem bestimmten Zeitpunkt erfasst. Das gesetzliche Verbot des Aufstellens betrifft ein aktives Verhalten des Täters, während das Dulden ein bloßes Gewährenlassen durch eine verfügungsberechtigte Person meint, die etwas dagegen unternehmen müsste. Diese beiden Tatbestände sind daher streng auseinanderzuhalten (vgl. z.B. zuletzt VwSen-300736 v. 3. Juli 2007 m.w.N.).

 

Die belangte Behörde hat diese jedoch in eigenartiger Weise vermengt und so einen eigenständigen, dem SpielappG nicht entsprechenden Tatvorwurf erhoben.

 

3.6. Da der Beschwerdeführer somit im Ergebnis wegen eines Tatvorwurfs belangt wurde, der nicht unter Strafe gestellt ist, war der gegenständlichen Berufung schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 und Z. 3 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  Grof

 

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