Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521548/17/Zo/Ps

Linz, 17.01.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn H E, geb. , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, S, M, vom 16. Februar 2007, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 15. Februar 2007 2007, Zl. VerkR21-59-2007/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht erkannt:

 

I.          Die Berufung wird hinsichtlich der Entziehung der Lenkberechtigung abgewiesen und der angefochtene Bescheid insoweit bestätigt.

 

II.       Bezüglich des Verbotes zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen wird der Berufung stattgegeben und der angefochtene Bescheid insoweit aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d AVG iVm §§ 24 Abs.1 Z1, 3 Abs.1, 7 Abs.3 Z4, 26 Abs.3 und 32 Abs.1 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F und G für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab 9. Februar 2007, das ist bis einschließlich 23. Februar 2007, entzogen. Gleichzeitig wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für den selben Zeitraum verboten. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung wegen Gefahr im Verzug aberkannt.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht vorliegen würden. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 9. November 1999, Zl. 99/11/0225, festgestellt, dass in einem Fall, bei welchem sechs Monate nach der Tat eine Entziehung der Lenkberechtigung für zwei Wochen verfügt wird, Gefahr im Verzug nicht mehr in Betracht kommt. Bereits auf Grund der Bestimmung des § 26 Abs.4 FSG, wonach die Entziehung der Lenkberechtigung erst ausgesprochen werden darf, wenn das Strafverfahren in erster Instanz abgeschlossen ist, ergebe sich, dass der Rechtsschutz des Betroffenen im Verwaltungsstrafverfahren dem sofortigen Entzug der Lenkberechtigung vorgehe. Die vorzeitige Vollstreckung des Vorstellungsbescheides sei daher weder im Interesse der Partei noch des öffentlichen Wohles dringend gegeben und Gefahr im Verzug liege nicht vor.

 

Der Berufungswerber beantragte daher, dass die Erstinstanz im Rahmen einer Berufungsvorentscheidung der Berufung die aufschiebende Wirkung zuerkennen möge.

 

Richtig sei, dass eine Bindungswirkung an die Strafverfügung hinsichtlich der Lenkereigenschaft besteht, falsch sei aber die Ansicht der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, dass auch hinsichtlich des Ausmaßes der Geschwindigkeits­überschreitung kein Zweifel mehr bestehen würde. Es hätte daher die Kraftfahrbehörde den Verwaltungsstrafakt beischaffen und zur Höhe der Geschwindigkeitsüberschreitung entsprechende Erhebungen tätigen müssen. Diesbezüglich wurde die Einholung eines Kfz-technischen Amtsachverständigen­gutachtens beantragt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat
(§ 67a Abs.1 AVG) .

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, Durchführung ergänzender Erhebungen sowie einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 26. Juli 2007.

 


4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen  lenkte diesen am 10. Dezember 2006 um 08.08 Uhr auf der A1 bei Strkm. 170,000 in Fahrtrichtung Wien. Die Radarmessung mit dem geeichten Radargerät der Marke MUVR6FA, Nr. 1401, ergab eine Geschwindigkeit – nach Abzug der Verkehrsfehlergrenze – von 151 km/h. Im gegenständlichen Bereich ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h verordnet. Der Berufungswerber ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Pkw. Mit rechtskräftiger Strafverfügung der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land wurde er wegen dieser Geschwindigkeitsüberschreitung bestraft.

 

Die Erstinstanz hat vorerst einen Mandatsbescheid erlassen und diesen am 9. Februar 2007 durch die Polizeiinspektion F zugestellt. Am selben Tag wurde dem Berufungswerber der Führerschein abgenommen. Auf Grund der rechtzeitig eingebrachten Vorstellung erging ohne weitere Erhebungen der nunmehr angefochtene Bescheid, gegen welchen der Berufungswerber rechtzeitig eine Berufung eingebracht hat. Diese wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und ist am 26. Februar 2007 hier eingelangt.

 

Der Berufungswerber machte auf Aufforderung nähere Angaben, weshalb aus seiner Sicht eine Fehlmessung vorliegen müsse. Das Fahrzeug sei damals sicher nicht schneller als 140 km/h gefahren, es könnte zu einer sogenannten „Triple-Spiegel-Fehlmessung“ gekommen sein. Die Messung sei von einem Radargerät aus erfolgt, welches sich erheblich oberhalb der Fahrbahn befunden habe und es müssten die Verwendungsbestimmungen eingehalten werden. Dies sei aus der Aktenlage nicht nachvollziehbar, insbesondere sei der Messwinkel nicht besonders spitz. Es müssten die Reichweite und die Strahlrichtung entsprechend eingestellt sein und sogenannte Kalibrierfotos vorliegen, um nachweisen zu können, dass die Einstellung des Radargerätes den Verwendungsbestimmungen entspricht. Es wurde daher beantragt, das Messprotokoll samt Kalibrierfotos einzuholen und ein Kfz-technisches Amtsachverständigengutachten zur Einhaltung der Verwendungsbestimmungen und zur Verwertbarkeit des Messergebnisses einzuholen.

 

Die Radarmessung erfolgte bei der Überkopfradaranlage auf der A1 bei Strkm. 170,000 in Fahrtrichtung Wien, wobei auf der vierten Spur gemessen wurde. Beim verwendeten Radargerät handelte es sich um jenes mit der Nr. 1401, dieses war zum Tatzeitpunkt gültig geeicht. Die gegenständliche Messstelle wurde vom Eichamt genehmigt. Beim Filmtausch wird die Kamera auf Knopfdruck aus der Messposition automatisch herabgefahren und dann ebenfalls auf Knopfdruck wieder automatisch zurück in die Messposition gebracht. Dabei hat der Polizeibeamte auf die exakte Einrichtung der Kamera keinen Einfluss.

 

Bezüglich des Kalibrierfotos ist anzuführen, dass beim gegenständlichen Radargerät die Fotos mittels Digitaltechnik angefertigt wurden. Bei Verwendung einer Digitalkamera ist entsprechend der Zulassung des Eichamtes vom 11. Oktober 2002, Zl. 4265/2002, die Anfertigung von Kalibrierungsfotos nicht mehr erforderlich. Als Ausgleich dafür dürfen Radarbilder nur dann zur Auswertung herangezogen werden, wenn durch eine intakte Signatur der Nachweis erbracht werden kann, dass sie nicht manipuliert oder elektronisch beschädigt wurden. Dazu gab der Zeuge bereits in der Verhandlung an, dass auf dem Originalfoto links oben ein Vorhangschloss eingeblendet ist und dann, wenn auf dem Foto irgendein Pixel fehlt, das Vorhangschloss geöffnet ist und in diesem Fall das Foto nicht ausgewertet werden darf.

 

Der Sachverständige führte eine fotogrammetrische Auswertung der beiden Radarfotos durch, diese ergab rechnerisch eine Geschwindigkeit von 158,4 km/h, sodass der Sachverständige eine Fehlmessung ausschließen konnte.

 

Die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen hinsichtlich der Verwendung der Digitalkamera wurde dem Vertreter des Berufungswerbers per E-Mail am 18. Dezember 2007 zur Abgabe einer Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt, er hat sich dazu aber nicht mehr geäußert.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z2 die Verkehrszuverlässigkeit.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z4 hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 insbesondere zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h oder eine Geschwindigkeit von 180 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.

 

Gemäß § 26 Abs.3 hat im Falle der erstmaligen Begehung einer im § 7 Abs.3 Z4 genannten Übertretung – sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs.3 Z3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs.1 oder 2 vorliegt – die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.

 

Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass der Berufungswerber tatsächlich die ihm vorgehaltene Geschwindigkeit eingehalten hat. Diesbezüglich wird insbesondere auf die fotogrammetrische Auswertung der Radarfotos verwiesen, welche die Richtigkeit der Radarmessung bestätigt. Es gibt auch sonst keine Hinweise auf eine Fehlmessung, weshalb von einer korrekten Geschwindigkeits­messung auszugehen ist. Die Lenkereigenschaft des Berufungswerbers ist auf Grund der Rechtskraft der Strafverfügung erwiesen. Es handelte sich um die erste derartige Übertretung des Berufungswerbers, weshalb die Erstinstanz die Lenkberechtigung zu Recht für die Dauer von zwei Wochen entzogen hat.

 

Das Verbot zum Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen ist allerdings sachlich nicht gerechtfertigt, weil mit derartigen Fahrzeugen ähnliche Übertretungen nicht begangen werden können. In diesem Punkt war der angefochtene Bescheid daher aufzuheben. Ein ausdrücklicher Abspruch über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erübrigt sich, weil die Entziehung der Lenkberechtigung bereits mit dem erstinstanzlichen Bescheid wirksam geworden ist und zum Zeitpunkt des Einlangens der Berufung beim Unabhängigen Verwaltungssenat die Entzugsdauer bereits abgelaufen war. Diese Tatsache hätte daher mit einer Aufhebung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht mehr aus der Welt geschafft werden können. Im Ergebnis würde der Berufungswerber dadurch schlechter gestellt (vgl. dazu die Entscheidungen des VwGH vom 09.11.1999, Zl. 99/11/02225, sowie vom 24.06.2003, Zl. 2003/11/0122). Im Übrigen sind im vorliegenden Fall zwischen der Geschwindigkeitsüberschreitung und der Entziehung der Lenkberechtigung nur zwei Monate vergangen, weshalb im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht zwingend hätte aufgehoben werden müssen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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