Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162597/8/Fra/Ba VwSen-521759/7/Fra/Ba

Linz, 18.01.2008

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufungen des Herrn E B, O-G-Straße, S, vertreten durch Herrn M B, O-G-Straße, S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 24.9.2007, Zl.: 2/L-S6633/ST/07, betreffend Übertretungen des FSG (Fakten 1 und 2) und gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 24.9.2007, Zl.: 2/L-Fe-265/2007, 2/L-NSch-142/2007, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges sowie eines Invalidenkraftfahrzeuges sowie Anordnung weiterer Maßnahmen,  zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung gegen die Fakten 1 (§ 14 Abs.8 FSG) und 2 (§ 14 Abs.1 Z 1 erster Fall FSG) wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich dieser Fakten aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Der Berufungswerber hat zu diesen Verfahren weder einen Beitrag zu den Kosten erster Instanz noch einen Beitrag zu den Kosten vor dem Oö. Verwaltungssenat zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z 1 und 3 VStG;

§ 66 Abs.1 VStG.

 

II.      Der Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 24.9.2007,  Zl.: 2/L-Fe-265/2007, 2/L-NSch-142/2007, wird hinsichtlich der Aufforderung, eine fachärztliche Stellungnahme beizubringen (Pkt. III) stattgegeben. Diese Anordnung wird behoben. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

1) wegen Übertretung des § 14 Abs.8 FSG gemäß § 37a leg.cit. eine Geldstrafe von 220 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden),

2) wegen Übertretung des § 14 Abs.1 Z 1 erster Fall FSG gemäß § 37 Abs.1 und 2a leg.cit. eine Geldstrafe von 20 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Stunden) und

3) wegen Übertretung des § 99 Abs.1 lit. b zweiter Fall iVm § 5 Abs.5 und Abs.9 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit. b zweiter Fall leg.cit. eine Geldstrafe von 1.200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt, weil er

wie anlässlich einer verkehrspolizeilichen Kontrolle am 30.6.2007 ab 23.25 Uhr durch Organe des Straßenaufsicht festgestellt wurde, am 30.6.2007 um 23.25 Uhr im Gemeindegebiet von 4481 Asten, entlang der Hohenlohe-Privatstraße in Fahrtrichtung Asten (Zufahrt zum Ausee) bis etwa 400 m von der Kasse entfernt (Ort der Verkehrskontrolle) fahrend, das Fahrzeug, PKW, Marke: Nissan Almera, Farbe: rot, amtliches Kennzeichen: (A),

1.     mit einem nicht unter 0,5 Promille Blutalkoholgehalt (bzw. 0,25 mg/l Atemalkoholgehalt) liegenden Alkoholgehalt gelenkt hat, da der relevante und verwertbare Messwert zumindest 0,26 mg/l Atemalkoholgehalt betrug; zudem

2.     er entlang der angeführten Fahrtstrecke bis zum angeführten Tatzeitpunkt als Lenker den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein nicht mitgeführt hat. Weiters hat er

3.     sich am 1.7.2007 um 01.04 Uhr in den Amtsräumen der Polzeiinspektion Enns, 4470 Enns, Gendarmerieplatz 1 etabliert, gegenüber einem ermächtigten Organ der Straßenaufsicht mit den sinngemäßen Worten, "eine freiwillige Harnprobe verweigere ich, ebenso eine Vorführung zum Arzt"  geweigert hat, sich einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt vorführen zu lassen, obwohl die Voraussetzungen gemäß § 5 StVO gegeben waren, nämlich die Vermutung, sich als Lenker eines Kfz. in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand zu befinden.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig  durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Steyr legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 51c erster Satz VStG) zu entscheiden hat:

 

I.3.  Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Der Bw hat bei der Berufungsverhandlung am 8. Jänner 2008 sein Rechtsmittel gegen das Faktum 3 (§ 99 Abs.1 lit.b zweiter Fall iVm § 5 Abs.5 und Abs.9 StVO 1960) zurückgezogen. Dieses Faktum ist sohin im Schuld-, Straf- und Kostenspruch in Rechtskraft erwachsen, weshalb diesbezüglich eine Berufungsentscheidung entfällt.

 

Hinsichtlich der Fakten 1 (§ 14 Abs.8 FSG) und 2 (§ 14 Abs.1 Z 1 erster Fall FSG) hat der Bw sein Rechtsmittel aufrecht erhalten.

 

Der Bw bestreitet ausdrücklich die richtige Anführung des Tatortes.

Laut Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat der Bw das in Rede stehende Kraftfahrzeug im Gemeindegebiet von 4481 Asten, entlang  der Hohenlohe-Privatstraße in Fahrtrichtung Asten (Zufahrt zum Ausee) bis etwa 400 m von der Kasse entfernt (Ort der Verkehrskontrolle) gelenkt. Dieser Schuldspruch stützt sich auf die Anzeige der PI Enns vom 18.7.2007, GZ.: 17725/1/2007DAN.

 

Der Meldungsleger Insp. D gab bei der Berufungsverhandlung zeugenschaftlich an, diese Anzeige verfasst zu haben. Die relevanten Informationen habe ihm Insp. M, PI St. Georgen, mitgeteilt. Er habe sich die Stelle, wo die Verkehrskontrolle stattgefunden hat, gemerkt und zu einem späteren Zeitpunkt die Entfernung zum Kassenhäuschen ausgemessen und mit dem Autotacho nachgeprüft.

 

Diese Aussage steht hinsichtlich der Tatörtlichkeit in Widerspruch zu den Aussagen des Insp. M, PI St. Georgen/Gusen, der das Ausparkmanöver des Bw beobachtet hat (zum Zeitpunkt des Eintreffens des Insp. D, PI Enns, wurde das in Rede stehende Kraftfahrzeug weder gelenkt noch fand eine Inbetriebnahme statt). Herr Insp. M gab zeugenschaftlich bei der Berufungsverhandlung an, dass sich sein Standort ca. 50 m vor dem Eingang zum Kassenhäuschen befand und der Bw das in Rede stehende Kraftfahrzeug ca. 20 bis 30 m schräg vis a vis rückwärts ausgeparkt habe. Auf näheres Befragen verneinte er, dass der Ausparkvorgang 400 m von der Kasse entfernt war.

 

Für den Oö. Verwaltungssenat stellt sich sohin die Frage, ob eine Änderung des Tatortes auf "ca. 70 bis 80 m vom Kassenhäuschen entfernt" nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist zulässig ist (während der Verfolgungsverjährungsfrist wäre eine derartige Vorgangsweise rechtlich unproblematisch).

 

In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Judikatur des VwGH zu den Spruchanforderungen im Sinne des § 44a Z1 VStG zu verweisen. Vorweg ist festzustellen, dass das Erfordernis der Tatortkonkretisierung nicht isoliert gesehen werden darf, sondern in Verbindung mit der Tatzeitangabe zu betrachten ist (so zB VwGH 29.11.1989, 88/03/0154). Dennoch darf nicht das Erfordernis übersehen werden, Tatort und Tatzeit entsprechen dem konkreten Fall möglichst präzise anzugeben. Der Spruch muss insbesondere geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens noch einmal zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Nun hat der Meldungsleger Insp. M angegeben, dass der Bw ca. 70 bis 80 m vom Kassenhäuschen entfernt, sein Fahrzeug ausgeparkt hat (davon, wie dies im angefochtenen Schuldspruch zum Ausdruck kommt, dass der Bw ca. 400 m von der Kasse entfernt fahrend angetroffen wurde, liegt kein Indiz vor). Wenn man nun bedenkt, dass auf Grund der Menschenmassen, die zur Tatzeit unterwegs waren und wie dies Insp. M zum Ausdruck brachte, zu diesem Zeitpunkt "kein zweites Auto fahren hätte können" hätte das Ausparkmanöver 400 m von der Kasse entfernt zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden müssen. Ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang wäre sohin unter diesen Umständen nicht mehr gegeben. Im Hinblick darauf kommt der Oö. Verwaltungssenat zur Ansicht, dass eine Spruchkorrektur insoferne, als der Tatort korrekt bezeichnet wurde, es sich nicht mehr um eine Spezifizierung eines (wesentlichen) Tatelementes, sondern bereits um eine (unzulässige) Tatauswechslung handeln würde.

 

Die spruchgemäße Entscheidung resultiert sohin aus der Bestimmung des § 45 Abs.1 Z1 VStG (der Bw hat an der angeführten Tatörtlichkeit die Übertretungen nicht begangen) und aus der Bestimmung des § 45 Abs.1 Z3 VStG (Verfolgungsverjährung).

 

 

I.4.  Die Kostenentscheidung resultiert aus der angeführten gesetzlichen Bestimmung.

 

 

II.1. Die Bundespolzeidirektion Steyr hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid vom 24.9.2007,  Zl.: 2/L-Fe-265/2007, 2/L-NSch-142/2007,

I.                   dem Bw die Lenkberechtigung für die Klassen A und B (Führerschein ausgestellt von der Bundespolizeidirektion Steyr am 14.4.2006, Zl. 06112412) für den Zeitraum von vier Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides (27.9.2007) entzogen,

II.                 folgende begleitende Maßnahmen angeordnet:

verkehrspsychologische Nachschulung für sonstige beeinträchtigte Lenker gemäß § 4 FSG –NV, erfolgreich zur absolvieren bei einer hiezu ermächtigten Stelle vor Ablauf des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit;

III.              den Bw aufgefordert, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, einschließlich einer verkehrspsychologischen sowie einer fachärztlichen Stellungnahme, vor Ablauf des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit beizubringen;

IV.              dem Bw ausdrücklich das Lenken eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftzeuges sowie eines Invalidenkraftfahrzeuges für die Dauer des Zeitraumes der prognostizierten Verkehrsunzuverlässigkeit, gerechnet ab der Zustellung des Bescheides, verboten.

V.                 dem Bw das Recht aberkannt, von einem im Ausland ausgestellten Führerschein, umfassend alle Klassen, für die Dauer des Zeitraumes der Verkehrsunzuverlässigkeit in Österreich Gebrauch zu machen;

VI.              den Bw aufgefordert, seinen allfällig vorhandenen Führerschein unverzüglich bei der Behörde abzuliefern;

VII.            einer Berufung gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

II.2.  In sachverhaltsmäßiger Hinsicht geht die belangte Behörde unter anderem davon aus, dass der Bw den Sachverhalt laut Punkt 3 des oa. Straferkenntnisses verwirklicht hat. Mit diesem Sachverhalt hat der Bw – siehe oben – eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit. b zweiter Fall in Verbindung mit § 5 Abs.5 und Abs.9 StVO 1960 zu verantworten und sohin eine Tatsache gemäß § 7 Abs.3 Z 1 FSG verwirklicht. Daraus resultiert aus der Bestimmung des § 26 Abs.2 FSG die Entziehung der Lenkberechtigung für die Dauer von vier Monaten, gemäß § 24 Abs.3 Z. 3 FSG iVm § 4 FSG-NV die Anordnung der Nachschulung, gemäß § 24 Abs.3 Z 3 zweiter Satz FSG die Aufforderung zur Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme, gemäß § 32 Abs.1 Z 1 FSG das Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges sowie eines Invalidenkraftfahrzeuges, gemäß § 30 Abs.1 FSG die Aberkennung des Rechtes von einem im Ausland ausgestellten Führerschein Gebrauch zu machen sowie in Verbindung mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung (§ 64 Abs.2 AVG) gemäß § 29 Abs.3 FSG die unverzügliche Ablieferungspflicht eines allfällig vorhandenen Führerscheines bei der Behörde.

 

Aus der Aktenlage ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Bw suchtmittelabhängig war und/oder damit gehäuften Missbrauch begangen hat.

Die Aufforderung zur Beibringung einer fachärztlichen Stellungnahme ist daher rechtlich nicht möglich. Sollte sich bei der amtsärztlichen Untersuchung der Verdacht eines gehäuften Missbrauches ergeben, kann vom Bw die Beibringung entsprechender Befunde noch immer verlangt werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

 

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