Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521755/7/Fra/Bb/Ba

Linz, 22.01.2008

 

 

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn M B, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt J P, S, M, vom 10.10.2007 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Braunau am Inn vom 18.9.2007, GZ VerkR21-639-2006/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E und F mangels gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B, C, E und F unter folgenden  Auflagen gegeben ist:

 

 

Kontrolluntersuchungen der alkoholspezifischen Laborparameter CDT und GGT innerhalb eines Jahres in regelmäßigen Abständen von drei Monaten und Vorlage des darüber ausgestellten Facharztbefundes an die Behörde zu folgenden Terminen: erstmals am 15.2.2008, weiters am 15.5.2008, 15.8.2008, 15.11.2008 und am 15.2.2009.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; iVm. §§ 3 Abs.1 Z3, 8 und 24 Abs.1 Z2 Führerscheingesetz 1997 – FSG; iVm. § 14 Abs.5 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung 1997 - FSG-GV iVm. Anhang III Z14 der FührerscheinRL 91/439/EWG.

 


Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid vom 18.9.2007, GZ VerkR21-639-2006/BR, des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn wurde dem Berufungswerber (Bw) die Lenkberechtigung der Klassen A, B, C, E und F mangels gesundheitlicher Eignung entzogen. Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Bw durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter rechtzeitig die begründete Berufung vom 10.10.2007 erhoben.

Darin hat der Bw im Wesentlichen beantragt, den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu den Bescheid dahingehend abzuändern, dass ihm die Lenkberechtigung nicht entzogen, sondern nach § 24 Abs.1 Z2 FSG durch Auflagen eingeschränkt werde. 

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, Einholung einer weiteren verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 21.12.2007 sowie eines neuerlichen amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen für die Klassen A, B, C, E und F vom 8.1.2008 und Wahrung des Parteiengehörs an den Bw zu diesen Ermittlungsergebnissen, wobei der Rechtsvertreter des Bw mitteilte, mit den vorgeschlagenen Auflagen einverstanden zu sein.

 

4.1. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wurde nicht beantragt und erschien aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens auch nicht erforderlich (§ 67d Abs.1 AVG).

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:  

 

5.1. Der Bw wurde infolge eines am 28.10.2006 begangenen Alkoholdeliktes (Alkoholgehalt der Atemluft 0,72 mg/l) neben der Entziehung seiner Lenkberechtigung für die Dauer von sechs Monaten unter anderem verpflichtet, eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu absolvieren sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme und ein amtärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG beizubringen.

 

Am 4.5.2007 unterzog er sich bei der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle der A, M, der verkehrspsychologischen Untersuchung. Entsprechend der darüber erstatteten Stellungnahme vom 11.5.2007, ist der Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B, C, E und F nicht geeignet. Begründet wurde die Nichteignung mit nicht  ausreichender Bereitschaft zur Verkehrsanpassung.  

 

Unter Zugrundelegung dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 11.5.2007 erstattete die Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, N – nach Untersuchung des Bw – das amtsärztliche Gutachten nach § 8 FSG. Die Amtsärztin stützte ihr Gutachten vom 21.5.2007 auf die verkehrspsychologische Stellungnahme und attestierte dem Bw ebenso eine Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 und 2.  

 

Entsprechend dem amtsärztlichen Gutachten erließ die belangte Behörde am 29.5.2007 einen Mandatsbescheid und nach Einbringung der Vorstellung durch den Bw und weiteren Erhebungen den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18.9.2007, wogegen die oben näher bezeichnete Berufung eingebracht wurde.

 

5.2. Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde der Bw gemäß § 18 Abs.5 zweiter Satz FSG-GV zu einer neuerlichen verkehrspsychologischen Untersuchung bei einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle seiner Wahl zugewiesen.

 

Die verkehrspsychologische Testung am 19.12.2007, durchgeführt von der verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle F P, S, ergab nunmehr aus verkehrspsychologischer Sicht eine bedingte Eignung des Bw zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B, C, E und F.

Als Auflagen wurden eine zeitliche Befristung auf ein Jahr in Abhängigkeit von der Verkehrsbewährung empfohlen und die Beibringung von einschlägigen Laborkontrollen nach ärztlichem Ermessen vorgeschlagen.

 

Die amtsärztliche Sachverständige N erstellte in der Folge unter Zugrundelegung der nunmehr vorliegenden verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 21.12.2007 das amtärztliche Gutachten vom 8.1.2008. Gemäß diesem Gutachten ist der Bw nunmehr unter der Auflage von regelmäßigen Kontrolluntersuchungen (CDT, GGT) alle drei Monate innerhalb eines Jahres geeignet, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 und 2, zu lenken.

 

Dem Bw wurde das eingeholte amtsärztliche Gutachten vom 8.1.2008 sowie die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 21.12.2007 nachweislich zu Handen seines Vertreters zur Kenntnis gebracht, wozu er mit Schreiben vom 18.1.2008 ausdrücklich erklärte, mit der Auflage von Kontrolluntersuchungen in einem Abstand von drei Monaten über den Zeitraum eines Jahres einverstanden zu sein.

 

5.3. Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verfahrensakt und der im Rahmen des Berufungsverfahrens eingeholten verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 21.12.2007 und dem amtsärztlichen Gutachten vom 8.1.2008.

 

Das aktuelle amtsärztliche Gutachten ist schlüssig und nachvollziehbar. Es berücksichtigt die entsprechende verkehrspsychologische Stellungnahme vom 21.12.2007, wobei diese insgesamt ein einheitliches Bild ergeben und übereinstimmend Kontrolluntersuchungen der alkoholspezifischen Laborparameter (CDT, GGT) befürworten. Der Bw hat dem Gutachten auch nicht widersprochen, er erklärte sich mit den vorgeschlagenen Einschränkungen einverstanden. Das Amtsarztgutachten und verkehrspsychologische Stellungnahme sind daher beweiskräftig und sind daher der Entscheidung zu Grunde zu legen.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber wie folgt erwogen:

 

6.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

 

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat der Antragsteller vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als 18 Monate sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

 

Sind zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens besondere Befunde oder im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten eine Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle erforderlich, so ist gemäß § 8 Abs.2 FSG das ärztliche Gutachten von einem Amtsarzt zu erstellen; der Antragsteller hat diese Befunde oder Stellungnahmen zu erbringen.

 

Gemäß § 8 Abs.3 FSG hat das ärztliche Gutachten abschließend auszusprechen: "geeignet", "bedingt geeignet", "beschränkt geeignet" oder "nicht geeignet".

 

Ist der Begutachtete nach ärztlichem Befund gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer oder mehrerer Klassen nur unter der Voraussetzung geeignet, dass er Körperersatzstücke oder Behelfe oder dass er nur Fahrzeuge mit bestimmten Merkmalen verwendet oder dass er sich ärztlichen Kontrolluntersuchungen unterzieht, so hat das Gutachten "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen zu lauten und Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit anzuführen, unter denen eine Lenkberechtigung ohne Gefährdung der Verkehrsicherheit erteilt werden kann; dies gilt auch für Personen, deren Eignung nur für eine bestimmte Zeit  angenommen werden kann und bei denen amtsärztliche Nachuntersuchungen  erforderlich sind.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs.2 in den Führerschein einzutragen.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

Anhang III Z14 (Alkohol) der Führerschein Richtlinie 91/439/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 29.7.1991 lautet:

Alkoholgenuss ist eine große Gefahr für die Sicherheit im Straßenverkehr. Da es sich um ein schwerwiegendes Problem handelt, ist auf medizinischer Ebene große Wachsamkeit geboten. 
Gruppe 1: 14.1. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die alkoholabhängig sind oder das Führen eines Fahrzeuges und Alkoholgenuss nicht trennen können, darf eine Fahrerlaubnis weder erteilt noch erneuert werden. Bewerbern oder Fahrzeugführern, die alkoholabhängig waren, kann nach einem nachgewiesenen Zeitraum der Abstinenz vorbehaltlich des Gutachtens einer zuständigen ärztlichen Stelle und einer regelmäßigen ärztlichen Kontrolle eine Fahrerlaubnis erteilt oder erneuert werden. 
Gruppe 2: 14.2. Die zuständige ärztliche Stelle muss die zusätzlichen Risiken und Gefahren gebührend berücksichtigen, die mit dem Führen von Fahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind.

 

6.2. § 14 Abs.5 FSG-GV trifft nur zur gesundheitlichen Eignung ehemals alkoholabhängiger Personen zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 eine Aussage, hinsichtlich Gruppe 2 trifft diese Bestimmung keine Aussage. Damit kommt der allgemeine Grundsatz des FSG zum Tragen, dass die Eignung dieser Personen vom Arzt - in Ansehung der Besonderheiten von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 - zu beurteilen ist bzw. ist auf die oben angeführte Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 29.7.19991 über den Führerschein (91/439/EWG), Anhang III Z14 (Alkohol) Bedacht zu nehmen.

 

Das nunmehr durchgeführte Beurteilungsverfahren betreffend die gesundheitliche Eignung des Bw hat ergeben, dass er derzeit nur unter der Auflage von dreimonatigen Kontrolluntersuchungen (CDT, GGT) innerhalb des Zeitraumes von einem Jahr gesundheitlich geeignet ist, sowohl Kraftfahrzeuge der Führerschein-Gruppe 1 als auch Gruppe 2, Klassen A, B, C, E und F zu lenken. Das Amtsarztgutachten lautete daher folglich gemäß § 8 Abs.3 Z2 FSG "bedingt geeignet" für die entsprechenden Klassen. Gemäß § 24 Abs.1 Z2 FSG ist daher die Lenkberechtigung des Bw durch die vorgeschlagenen Auflagen im Sachverständigengutachten der Amtsärztin einzuschränken.

Die dreimonatigen Kontrolluntersuchungen erscheinen jedenfalls aus Gründen der Verkehrssicherheit sowohl hinsichtlich der Führerschein-Gruppe 1 als auch hinsichtlich des Lenkens von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2, womit zusätzliche Risiken und Gefahren verbunden sind, erforderlich und notwendig und ermöglichen der Behörde ein verlässliches Bild hinsichtlich der Alkoholkonsumgewohnheiten des Bw zu erlangen bzw. seine Abstinenz zu überwachen. Der Bw zeigte sich mit diesen Einschränkungen einverstanden.

 

Die Vorschreibung der in der verkehrspsychologischen Stellungnahme darüber hinaus vorgeschlagenen Auflage der zeitlichen Befristung der Lenkberechtigung auf ein Jahr, ist rechtlich nicht möglich, da sowohl in der verkehrspsychologischen Stellungnahme als auch im amtsärztlichen Sachverständigengutachten beim Bw keine "Krankheit" in dem Sinne festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl. z.B. VwGH 18.3.2003,  2002/11/0254). Es war damit spruchgemäß zu entscheiden und der Berufung mit den angeführten Auflagen Folge zu geben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Johann  F r a g n e r

 

 

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