Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162787/11/Bi/Se

Linz, 29.01.2008

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau N O, W, vertreten durch Dr. B RA-Kommanditpartnerschaft, B S, vom 12. Dezember 2007 gegen das Straferkenntnis des Polizei­direktors von W vom 28. November 2007, 2-S-15454/07/G, wegen Übertretungen der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 24. Jänner 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsver­handlung sowie weiterer Erhebungen samt Parteien­gehör zu Recht erkannt:

 

 

I.  Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als im Punkt 1) von einem BAG zur Lenkzeit von mindestens 0,82 %o auszugehen ist und die Strafnorm auf § 99 Abs.1b StVO 1960 abgeändert wird; die Geldstrafe wird mit 650 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 8 Tagen neu bemessen.

     Im Punkt 2) des Straferkenntnisses wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage beträgt. 

 

II. Im Punkt 1) des Straferkenntnisses ermäßigt sich der Verfahrens­kosten­beitrag erster Instanz auf 65 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

     Im Punkt 2) hat die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 20 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 3 und 19 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 und 2) §§ 4 Abs.5 iVm 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.000 Euro und 2) 100 Euro sowie eine (Gesamt-)Ersatz­freiheitsstrafe von 22 Tagen verhängt, weil sie am 13. September 2007 um 22.35 Uhr in W, R in Höhe Haus Nr.  , den Golf mit dem behördlichen Kennzeichen WE- gelenkt habe, obwohl sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, weil bei der Alkomatuntersuchung durch ein besonders geschultes und von der Behörde ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht mit dem Alkomaten der Marke Siemens E894 am 13. September 2007 um 23.34 Uhr in W, E, ein Atemluftalkoholgehalt von 0,71 mg/l festgestellt worden sei und nach einem Verkehrsunfall, bei dem nur Sachschaden entstanden und mit dem ihr Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendar­merie­dienststelle verständigt habe, obwohl sie dem Geschädigten ihren Namen und ihre Anschrift nicht nachgewiesen habe und sie vom Beteiligten nach dem Verkehrsunfall ausdrücklich auf den Verkehrsunfall aufmerksam gemacht worden sei.

Gleichzeitig wurden ihr Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 110 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 24. Jänner 2007 wurde im Verbindung mit dem Berufungsverfahren betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung eine öffentliche mündliche Berufungsver­handlung in Anwesenheit der Bw, ihrer Rechtsvertreterin Frau Mag. D B, dem Vertreter der Erstinstanz Herrn K H und der Zeugen J G (G), B A (A), Meldungsleger GI E W  (Ml) und KI E K (KI K) durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet. Da sich im Nachhinein ergab, dass die in der Berufung als fehlend gerügten Eich- und Überprüfungsdaten des verwendeten Atemluftalkoholmessgerätes in der Verhandlung nicht erfragt worden waren, wurden die entsprechenden Unterlagen vom Ml eingeholt und der ­Rechtsvertreterin per Fax mit der Einladung zu einer Stellungnahme zur Kenntnis gebracht. Einwände wurden diesbezüglich nicht erhoben.

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, es sei keine Feststellung getroffen worden, ob der verwendete Alkomat ordnungsgemäß gewartet bzw geeicht gewesen sei. Die Anführung der Daten durch den Ml seien nicht ausreichend.

Die Erstinstanz habe ausgeführt, sie neige dazu, den Angaben der Bw dahin­gehend Glauben zu schenken, dass ein Nachtrunk stattgefunden habe; allerdings sei aufgrund der unbestimmt gebliebenen konsumierten Alkoholmenge, der Nicht­berücksichtigung der Körpergröße und des Rückrechungsmodus D K dessen Gutachten nicht schlüssig und werde weiterhin von einem AAG von 0,71 mg/l ausgegangen. Sie habe aber bei erster sich bietender Gelegenheit den Nachtrunk in Form von Prosecco eingewendet und bei der Nachschau habe sich die ca halb leere Flasche und ein ca halb leeres Glas auch gefunden. Ihre Behauptungen seien nicht wechselnd gewesen, wie die Erstinstanz darlege. Sie habe mit der Zeugin B (B) übereinstimmend den Konsum von weniger als zwei Gläsern Prosecco zwischen 19.30 Uhr und 22.30 Uhr angegeben. Bei ihrer Einvernahme habe sie zumindest vier Gläser Prosecco als Nachtrunk zuge­standen, wobei es sich um eine Mindestmenge handle und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine größere Menge konsumiert worden sei. Die in der Flasche verbliebene Restmenge sei noch in zwei Sektgläser aufgeteilt und eine Vergleichsmenge nachträglich mit 195 ml abgemessen worden, die vom Flascheninhalt abzuziehen sei.  Aus der Gesamtmenge von 750 ml ergebe sich damit eine Nachtrunkmenge von 505 ml. Das Gutachten D K berück­sichtige diese Menge sowie den Alkolholgehalt von 10,5 Vol% und ihr damaliges Körpergewicht von 50 kg. Wie dieses Gutachten unschlüssig sein könne, verwun­dere sie. Die Erstinstanz habe diesbezüglich aber keine gegen­teiligen Beweise erhoben und sei ohne Parteiengehör bzw Einladung zu weiteren Stellungnahmen überraschend von der Unschlüssigkeit des Gutachtens ausge­gangen, was einen groben Verfahrensmangel insofern darstelle, als die Erstinstanz nicht festgestellt habe, dass sie ihren Pkw mit einem "Atemluftalkoholgehalt von 0,54 Promille" gelenkt habe. In eventu sei von den Angaben des Beamten K auszugehen, wobei als "kleinster gemein­samer Nenner" eine Nachtrunkmenge von zumindest einer halben Flasche Prosecco, das sind 375 ml, anzunehmen sei. Daraus ergebe sich laut Dr. K nach der allgemein gültigen Widmarkformel ein BAG von 0,82 %o zur Lenkzeit. Aufgrund des geringeren Alkoholisierungsgrades sei auch die Strafe herab­zusetzen.

Zur Verifizierung der Angaben des Zeugen G sei ein kfztechnisches Gutachten beantragt worden, außerdem die neuerlichen Befragung des Zeugen und Erhebungen, ob nicht eine leicht entfernbare Lackspur gegeben gewesen sei, sodass kein Sachschaden vorgelegen habe. Die Feststellung, dass es zu keinem Anstoß ihre Fahrzeuges am Pkw G gekommen sei und das Fahrzeug G nicht beschädigt worden sei, sei nicht getroffen worden. Auch das sei ein grober Verfahrensmangel. Eine Übertretung nach § 4 Abs.5 StVO habe nicht vorgelegen und sei auch von der Erstinstanz bei der Berechnung der Entziehungsdauer der Verkehrsunfall nicht verwertet worden. Sie habe einen Unfall nicht wahrge­nommen und sei daher nicht zum Datenaustausch verpflichtet gewesen. In eventu werde die Anwendung des § 21 VStG beantragt, zumal sie den Unfalls­ablauf anders geschildert habe, ihr Name durch die mitgeteilten Daten objekti­vier­bar gewesen sei und der Zeuge Ansprüche damit geltend machen hätte können. Sie habe sich vom Zeugen G bedroht gefühlt. Sie habe den Zeugen A als ihren Vertreter bestimmt. Sie beziehe außerdem ein geringes Gehalt als ange­geben und habe kein Vermögen. In eventu beantrage sie die Anwendung des § 20 VStG, da der Alkoholisierungsgrad weit unter der Grenze des § 99 Abs.1b StVO gelegen sei. Beantragt werde eine Gutachtensergänzung durch Dr. K und die Einholung eines kfztechnischen SV-Gutachtens sowie ihre Einvernahme.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die Bw als Beschuldigte sowie die genannten Zeugen – der Zeuge A aufgrund der nunmehr bejahten Lebensgemeinschaft mit der Bw gemäß § 36a Abs.1 Z5 AVG idf BGBl.I Nr.5/2008 nach ausdrücklicher Belehrung über sein Entschlagungsrecht – unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Die Bw besuchte am 13. September 2007 die Zeugin B und konsumierte dort in der Zeit von 19.30 bis 22.30 Uhr zwei Gläser Prosecco, von denen sie das letzte nicht ganz austrank. Sie hatte ihren Pkw, einen schwarzen Golf, in der R beim Haus Nr.   geparkt und parkte gegen 22.35 Uhr so aus, dass sie über die Hessenstraße zur Wohnung des Zeugen A gelangte, dh entgegen ihrer ursprünglichen Fahrtrichtung. Gegenüber beim Haus R      stand zu dieser Zeit der Zeuge G mit seinem Pkw, einem schwarzen Audi, nach seiner Beschreibung vor der Kreuzung mit der Hessenstraße in Fahrtrichtung Kreuzung, und ließ jemanden aussteigen.

Nach der Darstellung des Zeugen G bemerkte dieser den Pkw der Bw, weil der linke Außenspiegel seines Pkw infolge eines leichten Anstoßes des Pkw der Bw an seinem Pkw umklappte. Der Anstoß des Pkw der Bw erfolgte mit der rechten hinteren Stoßstangenecke des Golf, wobei sich das Rücklicht auf Höhe des Außenspiegels des Audi befand. Da das Fahrzeug ohne anzuhalten die Fahrt fortsetzte, fuhr der Zeuge G nach und versuchte mittels Hupen und Zeichen mit der Lichthupe den Lenker zum Anhalten zu bewegen - was der Bw in einer Unter­führung auch auffiel, aber da sie den Pkw G nicht kannte, und bemerkte, dass ihr dieser auch in die H nachfuhr, rief sie mittels Handy den Zeugen A an und teilte ihm dies mit. Auf der Suche nach einem Parkplatz fuhr die Bw in die E, parkte dort und sperrte, als sie bemerkte, dass der ihr nachfahrende Pkw ebenfalls stehen blieb und ein Mann ausstieg und um ihr Auto herumging, ihren Pkw ab und rief wieder den Zeugen A an, der ihr die schnellstmögliche Heimkehr zusagte.

Die Bw stieg aus und der Zeuge G, der Lenker des ihr nachfahrenden Pkw, beschuldigte sie, in der R an seinem Pkw angefahren zu sein, was die Bw abstritt. In der Verhandlung schilderte der Zeuge G das Gespräch mit der Bw so, dass er ihr gesagt habe, auf welche Weise und mit welchen Fahrzeugteilen es zum Anstoß gekommen sei, dass der Pkw der Bw rechts hinten einen Schaden aufweisen müsse und sein Pkw links an der Fahrertür und am Außenspiegel. Dazu besichtigten beide beide Fahrzeuge bei allerdings schlechten Lichtver­hältnissen. Die Bw bestätigte in der Verhandlung, der Zeuge G habe ihr einen Schaden an seinem Pkw zeigen wollen und dazu mit einem Feuerzeug – laut Zeuge G mit dem beleuchteten Handy-Display - an der Tür herum­geleuchtet; sie habe jedenfalls bei diesem schlechten Licht nichts festgestellt. Die Bw bestritt schon den Standort des Pkw G beim Anstoß – G sei weiter vorne in der R gestanden, wo sie beim Heimfahren gar nicht hingekommen sei - und weigerte sich auch, dem Zeugen ihren Namen mitzuteilen. Sie gab ihm lediglich ihre Handynummer. Als sie in die Wohnung gehen wollte, wies sie der Zeuge G, der bei der Bw Alkohol gerochen und auch einen Kratzer im Lack der linken Fahrzeugtür seines Pkw festgestellt hatte, darauf hin, er wolle sich ohne Polizei mit ihr einigen, und versuchte sie am Weggehen zu hindern. Schließlich teilte er ihr mit , er werde die Polizei holen, worauf die Bw antwortete, dann solle er sie eben holen und ging ins Haus, in dessen 4. Stock sich die Wohnung des Zeugen A befindet. Die Bw legte in der Verhandlung dar, der Zeuge G habe sie bedrängt und bedroht; allerdings habe sie keinerlei Schaden an den Fahrzeugen gesehen und eigentlich nicht damit gerechnet, dass dieser wirklich die Polizei holen werde.

Als die Bw gegangen war, telefonierte der Zeuge G mit der Polizei. Kurz darauf traf der Zeuge A, den die Bw telefonisch über das Gespräch mit dem Zeugen G informiert hatte, in der E ein. Der Zeuge A beschuldigte den Zeugen G, seine Freundin, die Bw, bedrängt zu haben. Der Zeuge G zeigte dem Zeugen A den Schaden am Fahrzeug und A bestätigte in der Verhandlung, er habe einen leichten Kratzer an der Fahrertür des Audi gesehen, den der Zeuge G als Unfallschaden bezeichnet habe. Am Pkw der Bw sah der Zeuge A nur eine Staubwischspur. In der Verhandlung stellte sich heraus, dass der Zeuge A irrtümlich der Meinung war, der Zeuge G kenne den Namen der Bw, weil ihm diese die Handynummer mitgeteilt habe und man eine solche Nummer üblicher­weise mit dem dazugehörenden Namen abspeichere. Es kam dann zum laut G sogar handgreiflichen Streitgespräch zwischen den Zeugen A und G und G telefonierte nochmals mit der Polizei, deren Erscheinen beide abwarteten.

 

Als der Ml und der Zeuge KI K eintrafen, schilderte der Zeuge G seine Version vom Verkehrsunfall und der Zeuge A teilte mit, dass die Bw in die Wohnung gegangen sei, worauf er aufgefordert wurde, sie zu verständigen. Die Bw erschien um 23.05 Uhr im Pyjama und die beiden Fahrzeuge wurden mit Taschenlampen auf Schäden untersucht. Nach Darstellung des Ml waren insofern an beiden Fahr­zeugen Schäden feststellbar, als am Audi des Zeugen G der linke Außen­spiegel und die lackierte Zierleiste an der Fahrertür zerkratzt waren und am Pkw der Bw rechts hinten die Stoßstangenecke und das Rücklicht zerkratzt waren. Die Höhe der Schäden an beiden Fahrzeugen wurde abgemessen und stimmte laut Ml überein. Die Kratzer am Pkw G waren laut Ml nicht solche, die mit einem Reinigungsmittel entfernbar waren, sondern tatsächlich als Sachschaden zu qualifizierende Lackkratzer. Nach der Schilderung des Zustandekommens des Anstoßes war für den Ml der Unfalls­her­gang so, wie vom Zeugen G geschildert, aus den Schäden nachvoll­ziehbar.

 

Wie in solchen Fällen üblich, wurde beim Zeugen G um 23.07 Uhr ein Alkoholvor­test gemacht, der 0,0 mg/l AAG ergab. Als die Bw vom Ml zum Alkoholvortest aufgefordert wurde, betonte sie, sie habe vor dem Lenken Prosecco getrunken und nach dem Lenken in der Wohnung erneut eine halbe Flasche Prosecco getrunken, wobei sie laut Ml auch deutlich merkbare Alkoho­lisierungssymptome aufwies. Der nach entsprechendem Zuwarten um 23.26 Uhr von der Bw absolvierte Alkohol­vortest war positiv, weshalb nach Aufforderung durch den für solche Amtshandlungen geschulten und behördlich ermächtigten Ml die Bw um 23.34 Uhr und 23.36 Uhr einen Alkotest mittels Alkomat Siemens E894 durch­führte, der einen günstigsten AAG um 23.34 Uhr von 0,71 mg/l ergab. Nach Beendigung der Unfallsaufnahme ging der Zeuge KI K in die Wohnung mit und bestätigte in der Verhandlung, dass ihm in der Wohnung auf dem Küchen­tisch ein ca halbvolles Sektglas und im Kühlschrank eine (unter Berück­sichtigung der Flaschenform) ca halbvolle Proseccoflasche gezeigt wurde. Auf Marke, Glasfarbe oder Volums% habe er nicht geachtet. Die Bw habe behauptet, das was fehle, als Nachtrunk konsumiert zu haben.

Nach den vorgelegten Unterlagen wurde das verwendete Alkomatgerät laut Eich­schein zuletzt vor dem Vorfall am 4. Juli 2007 von Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2009 geeicht. Die letzte Überprüfung bei der Fa Siemens war laut Überprüfungsprotokollen am 4. Juli 2007, die nächste nach dem Vorfall am 17. Dezember 2007; in beiden Fällen wurden keinerlei Funktionsmängel oder –ungenauigkeiten festgestellt, die Ist-Anzeige lag jeweils unter der Soll-Anzeige und konkrete Mängel des Gerätes wurden nicht einmal von der Bw behauptet. Am ordnungsgemäßen Zustande­kommen des günstigsten AAG-Wertes von 0,71 mg/l besteht damit kein Zweifel.     

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung gelangt der UVS zur Ansicht, dass zum einen aufgrund des - wenn auch eher geringen - Sachschadens am Pkw G ohne jeden Zweifel von einem Verkehrsunfall mit Sachschaden auszugehen ist. Ob die Bw den Anstoß beim Ausparken bemerkt hat oder aufgrund lauter Musik im Fahrzeug und/oder einer Alkoholbeeinträchtigung davon nichts bemerken konnte, ist insofern irrelevant, als keine Übertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 vorgeworfen wurde. Der Zeuge G hat ihr in der E unmissverständlich mitgeteilt, dass es zu einem Anstoß gekommen ist und er hat auch genauere Angaben, insbesondere hinsichtlich eventuell beschädigter Fahrzeugteile bei beiden Fahr­zeugen, gemacht. Dass sich der Zeuge G in der R nicht langwierig davon überzeugen konnte, ob er definitiv einen Schaden an seinem Fahrzeug findet, liegt auf der Hand, weil er sonst die ihm gänzlich unbekannte Bw nie eingeholt hätte. Die Bw hat sich auf die pauschale Bestreitung sämtlicher vom Zeugen G mitgeteilter Einzelheiten beschränkt, nämlich genauer Unfallsort, Unfallshergang, Beschädigung grundsätzlich, Herkunft vorhandener Lackkratzer, konnte aber, wie sie selbst zugibt, aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse nichts erkennen, aber eben deshalb auch nichts mit Sicherheit ausschließen. Sie hat dem Zeugen G nur die Telefonnummer genannt und auf die Ablesbarkeit ihres Kennzeichens verwiesen. Der Zeuge A befand sich insofern im Irrtum hinsichtlich einer Namensnennung, als er die Mitteilung einer Telefonnummer aus eigenem mit einem Namen verband, den der Zeuge G aber mit Sicherheit nicht erfahren hat. Die Bw ist vielmehr in die Wohnung gegangen, bevor der Zeuge A eintraf, und ein Ersuchen an den Zeugen A als Bote, den Identitätsnachweis für sie vorzunehmen, hat dieser definitiv nicht bestätigt.        

Die Bw hatte zu dem Zeitpunkt, als sie in die Wohnung ging, Kenntnis davon, dass sie mit nicht gänzlich von der Hand zu weisenden Argumenten beschuldigt wurde, an einem Verkehrsunfall mit Sachschaden beteiligt gewesen zu sein, wobei sie ihre ursächliche Beteiligung aufgrund des von ihr durchgeführten Aus­parkmanövers nicht mit Sicherheit ausschließen konnte. Der Zeuge G hatte ihr sogar eine Beschädigung seines Fahrzeuges im Bereich der linken Tür gezeigt, die sie im schlechten Licht des Handydisplays nicht als nicht vom geschilderten Verkehrsunfall herrührend qualifizieren konnte. Dass der Zeuge G bei der Bw Alkohol roch und sie ausdrücklich und geradezu entgegen­kommend darauf hinwies, er könne sich mit ihr auch ohne Polizei einigen, hat die Bw aus wie immer gearteten Gründen nicht verstanden, obwohl sie zuvor, wie unten darzulegen sein wird, offenbar größere Mengen Prosecco getrunken hatte.

 

Im Hinblick auf den behaupteten Nachtrunk ist der Bw zuzugestehen, dass sie, nachdem sie aufgrund der Aussagen des Zeugen G, bei ihr schon bei der ersten Kontaktaufnahme Alkoholgeruch bemerkt zu haben, und der offensichtlichen Alkoholisierungssymptome bei ihrem Erscheinen zur Unfallsaufnahme auf Alkohol angesprochen worden war, gegenüber dem Ml sofort Alkoholkonsum zugegeben hat, wobei genaue mengenmäßige Angaben weder zum Alkoholkonsum bei der Freundin noch beim Nachtrunk vorlagen. Der Zeuge KI K hat das Vorhandensein einer halbvollen Proseccoflasche im Kühlschank und eines halbvollen Glases auf dem Tisch bestätigt, allerdings ohne genauere Angaben dazu. Die Bw hat erst­mals in der Berufungsverhandlung geschildert, dass es sich um eine blaue Flasche mit Korkverschluss gehandelt hat, die sie am 13. September 2007 im Kühlschrank stehen hatte  und aus der sie "mindestens vier Gläser" jeweils aus dem Kühlschrank einschenkte und zwar in "größere" Sektgläser, deren Fassungs­vermögen sie nicht nennen konnte. Die Bw konnte in der Berufungsverhandlung aber weder die Vol% des Prosecco nennen noch wusste sie, ob die Flasche 0,7 l oder 0,75 l beinhaltet. Die von Dr. K, dem Amtsarzt der BH W-Land, errechneten Varianten für die Nachtrunkmengen und ihren Alkoholgehalt gehen jeweils vom günstigsten Alkoholgehalt, nämlich 10,5 Vol% oder 8,4 g Alkohol für 100 ml Prosecco, aus. Dass die Bw am 13. September 2007 50 kg wog und an diesem Tag offenbar außer Prosecco nichts zu sich genommen hatte, entspricht ihren eigenen und den Angaben des Zeugen A und wird nicht angezweifelt.

 

Die Bw legte zum Nachtrunk befragt in der Berufungsverhandlung dar, sie habe in der im 4. Stock gelegenen Wohnung erst die Flasche öffnen müssen, wobei aus der Sicht des UVS ausgehend von der Unfallzeit 22.35 Uhr die unter Berück­sichtigung der Wegzeit von der R in die E samt Einparken, die Zeit der Schadens­besichtigung und des Streits mit dem Zeugen G bis zum Erscheinen um 23.05 Uhr auf der Straße aus dem 4. Stock für das Trinken verbleibende Zeit höchstens 5 bis 10 Minuten betragen haben kann, in denen sich die Bw auch noch umzog, so deutet ein derartiger Alkoholkonsum – die Bw betonte, sie habe sich über den Zeugen G so geärgert, dass sie das 1. Glas "ex" getrunken habe – auf einen jedenfalls bedenklichen Umgang mit Alkohol hin. Dass die Bw nach dem Lenken des Pkw Alkohol getrunken hat, ist schon nach ihren Schilderungen in der Berufungsverhandlung nicht unglaubwürdig. Aller­dings bestehen Zweifel an den nach dem 13. September 2007 behaupteten Nachtrunk-Mengenangaben.       

 

Ursprünglich war bei der Beanstandung durch den Ml von einer halben Flasche Prosecco als Nachtrunk die Rede, das sind je nachdem 0,35 l oder 0,375 l, wobei das "ca halbvolle größere" Glas – der Zeuge A bestätigte, es handle sich um Gläser der Fa Leonardo, kannte aber das Fassungs­vermögen auch nicht – abzuziehen wäre. Damit geht aber ohne Zweifel die Version der Bw von einem Nachtrunk von "mindestens vier" Gläsern ins Leere.

Erstmals bei ihrer Einvernahme am 29. Oktober 2007 teilte die Bw mit, sie und der Zeuge A hätten nach Abschluss der Amtshandlung den in der Flasche verbliebenen Rest Prosecco ausgetrunken, wobei das Glas des Zeugen voll und ihres aufgefüllt worden sei und die nachträglich aus der Erinnerung abgemessene Proseccomenge habe 195 ml betragen, ergibt mangels feststehendem Fassungs­ver­mögen der Gläser damit ebenfalls keinen Sinn.

Die angebotene von Dr. K errechnete Variante 1 beruht auf diesen nach­träg­lichen, aber nicht schlüssig nachvollziehbaren Abmessungen, nämlich der Trinkmenge abzüglich der im Glas verbliebene Restmenge, dh 700 ml minus 195 ml, das sind 505 ml. Diese Variante ist ebenfalls mangels Nachvollziehbarkeit des Fassungsvermögens der Gläser nicht heranziehbar. 

 

Übrig bleibt die erste Version der Bw von der halben Flasche Prosecco, die auch KI K bestätigt hat, das wären günstigstenfalls 0,375 l oder, gerechnet mit 8.4 g/100 ml, 31,5g Alkohol, die bei der Bw bei einem reduzierten Körpergewicht von 35 kg (50x 0,7) einen BAG von 0,9 %o ergäben.

Wenn die Bw um 23.05 Uhr bereits auf die Straße kam, ist das Trinkende mit ca 23.00 Uhr anzunehmen. Die Resorption beginnt mit Trinkbeginn und ist üblicher­weise erst nach ca 1 Stunde abgeschlossen. Der günstigere AAG von 0,71 mg/l wurde um 23.34 Uhr erzielt, dh etwa eine halbe Stunde nach Trink­ende, sodass die Resorption noch nicht abgeschlossen gewesen sein konnte. Da der Übergang von Alkohol ins Blut nicht linear verläuft, kann keine dezidierte Aussage darüber getroffen werden, welcher Anteil dieser Alkoholmenge um 23.34 Uhr bereits in die Atemluft bzw ins Blut der Bw übergegangen war. Dr. K hat seiner Variante 2 eine Resorption von 2/3 der konsumierten Alkohol­menge zugrunde­gelegt, dh 21 g Alkohol oder 0,6 %o und damit, ausgehend vom AAG von 0,71 mg/l, der einem BAG von 1,42 %o entspricht, einen BAG von 0,82 %o angenommen. Diese Berechnung ist nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens insofern nicht unschlüssig, weil die von Anfang an behauptete Nachtrunkmenge auch aus den Wahrnehmungen des Zeugen KI K so weit nachvollziehbar ist, auch wenn der Flasche naturgemäß nicht anzusehen war, wann sie geöffnet wurde. Die Bw hat dargelegt, sie habe die Flasche Prosecco im Kühlschrank stehen gehabt und aus dem Kühlschrank nachgeschenkt, wobei sie ca 1 m neben dem Kühl­schrank gesessen sei. Deshalb habe sich die Flasche auch bei der Nachschau durch KI K im Kühlschrank befunden.

            

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 99 Abs.1a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkohol­gehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

Gemäß § 99 Abs.1b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer in einem Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt. - In der Zusammenschau der Alkoholbestimmungen der StVO 1960 und des FSG umfasst diese Bestimmung einen Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,2 g/l (1,2 Promille) oder einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l, aber weniger als 0,6 mg/l.   

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens steht außer Zweifel, dass die Bw um 22.35 Uhr des 13. September 2007 ein Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr in W gelenkt hat, wobei der um 23.34 Uhr bei einer Atemluftalkohol­messung mittels geeichtem und einwandfrei funktionierendem Atemluftalkohol­messgerät erzielte günstigste Atemluftalkoholgehalt von 0,71 mg/l zugrunde­zulegen ist, der einem BAG von 1,42 %o entspricht.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat, wer sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des solcherart konsumierten Alkohols dezi­diert zu behaupten und zu beweisen (vgl E 25.4.1985, 85/02/0019; 26.4. 1991, 91/18/0005; uva), wobei in Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunks davon auszugehen ist, dass bei erster sich bietender Gelegenheit von sich aus auf einen allfälligen Nachtrunk hingewiesen wird (vgl E 26.11.1996, 95/02/0289; 28.3. 2003, 2001/02/0031; uva).

 

Dem hat die Bw insofern entsprochen, als sie sofort bei ihrem Erscheinen bei der Unfallsaufnahme auf den Nachtrunk in Form einer halben Flasche Prosecco hingewiesen hat, wobei ihr, da sie sich beim Alkoholkonsum alleine in der Wohnung aufhielt, naturgemäß keinen Zeugen dafür benennen konnte. Die vom Zeugen KI K bei der späteren Nachschau vorgefundene halbvolle Flasche Prosecco spricht aber für die Glaubwürdigkeit der Bw diesbezüglich, sodass zu ihren Gunsten der unter Berücksichtigung einer Resorption von 2/3 der konsu­mierten Alkoholmenge – die 50 kg schwere Bw hat sich an diesem Tag offenbar aus­schließlich von Prosecco ernährt - von einem Alkoholgehalt zur Lenkzeit von mindestens 0,82 %o BAG auszugehen war. Dieser Wert erklärt sich zwar nicht aus der von der Bw angegebenen Trinkmenge bei der Zeugin B, jedoch war die Bw diesbezüglich nicht beweispflichtig.    

 

Aus der Sicht des UVS war damit davon auszugehen, dass die Bw den ihr zur Last gelegten Tatbestand mit der Maßgabe erfüllt hat, dass umgerechnet ein geringerer Blut­alkoholgehalt, nämlich 0,82 %o, zum Zeitpunkt des Lenkens des Pkw um 22.35 Uhr zugrundezulegen war. Der Spruch war daher im Sinne einer Einschränkung des Tatvorwurfs gemäß § 44a Z1 VStG und auch hinsichtlich der rechtlichen Qualifikation gemäß § 44a Z3 VStG im Sinne des Vorliegens einer Übertretung gemäß § 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1b StVO 1960 abzuändern.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass § 99 Abs.1b StVO 1960 einen Straf­rahmen von 581 Euro bis 3.633 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbring­lichkeit von einer bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe vorsieht.

 

Aufgrund der Einschränkung des Tatvorwurfs hinsichtlich des niedrigeren Blut­alkoholgehalts und der damit verbundenen Änderung des Strafrahmens war die Strafe neu zu bemessen, wobei zugrunde­zulegen war, dass die Bw derzeit ein Einkommen von ca 1.100 Euro bezieht und weder Vermögen noch Sorgepflichten hat; zukünftige Sorgepflichten – die Bw erwartet ein Kind – sind noch nicht zu berücksichtigen.

Die Bw ist aufgrund einer nicht einschlägigen Vormerkung aus dem Jahr 2005 nicht unbescholten, sodass mildernd nichts zu berücksichtigen war; erschwerend war aber die Verursachung eines Verkehrsunfalls beim Lenken des Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand.

Von einem geringfügigen Verschulden im Sinne des § 21 VStG kann keine Rede sein, zumal der Bw bewusst war, dass sie noch würde heimfahren müssen, und für eine Unterschreitung der gesetzlichen Mindeststrafe im Sinne des § 20 VStG fehlt es gänzlich an den Voraussetzungen.

Die nunmehr herabgesetzte Strafe entspricht den Kriterien des § 19 VStG, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll die Bw in Zukunft zur genau­esten Einhaltung der Alkoholbestimmungen anhalten. Es steht ihr frei, unter Nachweis ihres tatsächlichen Einkommens bei der Erstinstanz die Bezahlung der Geldstrafe in Teilbeträgen zu beantragen.

Am Rande zu bemerken ist, dass die Verfolgungsverjährungsfrist hinsichtlich eines Tatvorwurfs im Hinblick auf den von der Bw glaubwürdig konsumierten Nachtrunk noch nicht abgelaufen ist.

 

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, diese Personen die nächste Polizeidienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Voraussetzung für die Meldepflicht des § 4 Abs.5 ist als objektives Tatbestands­merkmal der Eintritt eines Sachschadens und in objektiver Hinsicht das Wissen vom Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden zu erkennen vermocht hätte (vgl VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, uva).

 

Der UVS hegt keine Zweifel daran, dass sich der Anstoß des Pkw der Bw an den Pkw G so ereignet hat, wie vom Zeugen G glaubhaft und nachvollziehbar geschildert. Der Zeuge hat seinen Standort nicht nur unter Orientierung an Geschäften und Lokalen geschildert, sondern auch in das ihm in der Verhandlung vorgelegte Luftbild eingezeichnet und, auch wenn sich dort vor der Kreuzung mit der Hessenstraße tatsächlich kein Schutzweg befindet, so ist seine Aussage, dort gehen die Leute über die R, daher habe er gemeint, dort sei ein Schutzweg, glaubwürdig. Die Bw hat von ihrem Parkplatz gegenüber beim Haus Nr. ausgeparkt und ist in Richtung H zurückgefahren, sodass ihre Behauptung, am Standort des Pkw G sei sie gar nicht vorbeigekommen, der Realität entbehrt. Auch wenn der Pkw G schwarz ist, hätte ihr auffallen müssen, dass sie diesem Pkw beim Rückwärts-Ausparken bedrohlich nahe gekommen ist, zumal sie ihre Aufmerksamkeit beim Rückwärtsfahren auf den Bereich hinter ihrem Pkw zu richten hatte und schlechte Lichtverhältnisse in der R nicht behauptet wurden. Dass sie von einem Anstoß möglicherweise aufgrund ihrer Alkoholisierung nichts bemerkt hat, entschuldigt sie nicht. Die vom Ml objektiv festgestellten Schäden an beiden Fahrzeugen sind aus der Lage der beschädigten Fahrzeugteile beim Anstoß schlüssig erklärbar und sind zweifelsohne als Sachschaden anzusehen, zumal eine Entfernung mittels Reinigungstuch ohne besonderen Kostenaufwand (vgl VwGH 15.2.1980, 2403/79) bei den am Pkw G vorhandenen Lackkratzern nach den glaubwürdigen Aussagen des Ml, eines gelernten KFZ-Mechanikers, unmöglich war. Da auch bloß geringfügige Lackschäden die Verständigungspflicht des § 4 Abs.5 StVO auslösen (vgl VwGH 4.10.1973, 1229/72), wäre die Bw jedenfalls zur Meldung verpflichtet gewesen, nachdem sie der Zeuge G in der E wegen des von ihr verursachten  Verkehrsunfalls mit Sachschaden angesprochen hatte. Dieser hat im Licht seines Handy-Displays an der Fahrertür einen Lack­kratzer gesehen, den er offensichtlich der Bw zeigen wollte, die sein Ansinnen aber lediglich als Belästigung abgetan und sein "Herumleuchten" an der Fahrer­tür als sinnloses Bemühen, ihr die Verursachung eines Sachschadens vorzu­werfen, angesehen hat. Da sie selbst aber die vom Zeugen G nicht bloß substanz­los behauptete Verursachung eines Sachschadens bei den gegebenen Lichtver­hältnissen in keinster Weise widerlegen konnte, hätte ihr daraus bei gehöriger Aufmerk­samkeit die Möglichkeit der Verursachung eines Verkehrs­unfalls mit Sachschaden durch sie zu Bewusstsein kommen müssen. Sie hat den Zeugen A nur angerufen, weil sie vor dem Zeugen G Angst hatte; von einer vertretungsweisen Vornahme eines Identitätsnachweises kann in diesem Zusammen­hang keine Rede sein. Der Zeuge A hat in der Verhandlung einge­räumt, er sei zunächst irrtümlich der Meinung gewesen, die Bw habe dem Zeugen G ihren Namen genannt, weil man den brauche, um eine Telefonnummer abzuspeichern. Dass er dem Zeugen G den Namen der Bw genannt hätte, hat nicht einmal der Zeuge A in der Verhandlung behauptet.

Abgesehen davon, dass die Bw dem logischerweise hartnäckigen Zeugen G - die Bw befand sich nicht einmal an ihrer Wohnadresse, der Zeuge hätte mit einer bloßen Handynummer keine Möglichkeit gehabt, sie ausfindig zu machen – nach dessen Angaben keine Versicherung genannt hat und selbst wenn sie ihm ihren Namen richtig genannt hätte, solches nicht als Identitätsnach­weis im Sinne des § 4 Abs. 5 StVO anzusehen wäre - dazu ist es nämlich erforderlich, Name und Adresse durch geeignete Dokumente (zB Führerschein) nachzuweisen (vgl VwGH 24.6.1976, 1033, 1034/76; uva) – hätte auch der Zeuge A die Bw dabei nicht "vertreten" können (vgl VwGH 22.5.1979, 1989/77, uva).   

 

Die Bw war gemäß § 4 Abs.5 StVO zwar nicht zu einer Kontaktaufnahme mit dem Zeugen G zur Nachtzeit auf einer menschenleeren Straße verpflichtet; wenn sie sich aber schon entschlossen hat, den Zeugen G weitgehend zu ignorieren, hätte sie zumindest ohne unnötigen Aufschub Meldung bei der nächsten Polizei­dienststelle erstatten müssen, gleichgültig, ob ihr beim Verlassen der E bekannt war, dass der Zeuge G die Polizei verständigen würde. Der Zeuge G ist seiner Meldepflicht umgehend nachgekommen und hat die erkennbar alkoholisierte Bw noch darauf hingewiesen, man könne sich auch ohne Polizei einigen. Die Bw hat diesbezüglich nichts unter­nommen; ihre Verantwortung, sie wisse von nichts, sei zur Meldung eines Eigenschadens nicht verpflichtet, habe nichts von einem (ev auch nicht von diesem Vorfall herrührenden) Schaden am Pkw G gesehen und sich vielmehr vom Zeugen G belästigt, wenn nicht gar bedroht gefühlt, geht daher völlig ins Leere. Auch wenn im Nachhinein aus welchen Überlegungen immer – der Zeuge G selbst ist nicht Zulassungsbesitzer des von ihm gelenkten Pkw – kein Schaden­ersatz geltend gemacht wurde, verfolgt die Bestimmung des § 4 Abs.5 StVO den Zweck, dem Geschädigten die Durchsetzung von Schadener­satz­ansprüchen grundsätzlich zu ermöglichen, und dient nicht dazu, das Verschulden an einem Verkehrsunfall an Ort zu Stelle zu klären oder die Aussagen des Unfallgegners einer Beweiswürdi­gung zu unter­ziehen (vgl VwGH 25.1.2002, 2001/02/0240; uva).

 

Die Bw hat daher ohne Zweifel den ihr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihr die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, ihr Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verant­worten.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die von der Erstinstanz verhängte Strafe – der Vertreter der Erstinstanz hat in der Verhandlung die im Straferkenntnis angeführte "Gesamtersatzfreiheitsstrafe" so dargelegt, dass im Punkt 2) eine EFS von zwei Tagen gemeint war – liegt an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens, ist unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG angemessen und hält general- sowie spezialpräventiven Überlegungen stand, wobei hinsichtlich der nicht einschlägi­gen Vormerkung der Bw und ihrer derzeitigen finanziellen Verhältnisse auf die Ausführungen zu Punkt 1) verwiesen wird.

Eine Strafherabsetzung war damit nicht gerechtfertigt, für die Anwendung des § 21 VStG bleibt mangels Vorliegens eines geringfügigen Verschuldens kein Raum und § 20 VStG ist nicht anwendbar, weil keine Mindeststrafe vorgesehen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Nachtrunke abgezogen -> niedrigerer AAG -> Spruchänderung + Strafherabsetzung bei Alkoholdelikt, 4/5 bestätigt

 

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